Protokoll der Sitzung vom 17.12.2019

Einen besonderen Akzent haben wir im Jahre 2019 auch im Bereich der Pflege gesetzt. Immer mehr Menschen wollen im hohen Alter in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung leben. Hierfür benötigen sie gerade im Bereich Pflege und Betreuung ambulante Hilfen. Im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege in Niedersachsen haben während einer Pflegekonferenz im Oktober dieses Jahres alle an der Pflege beteiligten Institutionen eine Vereinbarung miteinander geschlossen, die

die Arbeitsbedingungen und Rahmenbedingungen in der Pflege nachhaltig verbessern und zu einer fairen und wertschätzenden Bezahlung der Pflegekräfte führen wird. Darüber hinaus hat es Vereinbarungen gegeben, die, wenn sie wie vereinbart gelebt werden, zu einem neuen Vertrauensverhältnis aller an der Pflege Beteiligten führen werden. Wir sind guter Dinge, dass diese Vereinbarungen im Jahre 2020 ihre ersten positiven Wirkungen zeigen werden und sich alle Pflegebedürftigen in Niedersachsen darauf verlassen können, dass sie auch im Alter gut gepflegt werden.

Mit der Novellierung des Niedersächsischen Pflegegesetzes im Jahre 2020 werden wir weitere Akzente zur Stärkung der Pflege in Niedersachsen setzen. Außerdem haben wir mit der Finanzierung der Beiträge zur Pflegekammer dafür gesorgt, dass die Arbeit der Kammer zunächst einmal in Ruhe evaluiert werden kann. Ich bin davon überzeugt, dass uns der Abschluss des Evaluationsprozesses weiteren Reformbedarf aufzeigen wird. Dies werden wir dann sicherlich in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres angehen.

Weiterhin unterstützen wir die Freie Wohlfahrtspflege, die Hospizarbeit, den Kinderschutzbund, die Familienbildungsstätten, die Familienverbände, die Schuldnerberatungen, Frauenschutzeinrich

tungen, die sozialpädagogische Betreuung jugendlicher Straftäter und die Aidshilfe mit zusätzlichen Mitteln von insgesamt über 2,5 Millionen Euro.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie bereits gestern angekündigt, noch einige Anmerkungen zu den politischen Listen der Oppositionsfraktionen, über die wir heute Morgen schon kritisch miteinander diskutiert haben:

Ich bin der Überzeugung, dass eine erfolgreiche Sozialpolitik sich dadurch auszeichnet, dass sie mit Rücksicht auf andere Politikfelder versucht, den Menschen Unterstützung zu geben, die auf Unterstützung angewiesen sind, und sie fördert, damit sie wieder selbstständig gesellschaftliche Teilhabe erleben dürfen.

Dies schafft man nicht, indem man Randgruppen ausgrenzt, die dringend Unterstützung brauchen, wie es die AfD hier vorschlägt, oder indem man Politikfelder ideologisch bevorzugt, was dann dazu führt, dass man z. B. gute wirtschaftliche Entwicklungen und damit die Finanzierung eines gut funktionierenden Sozialstaates gefährdet, wie ich es aus den Anträgen der Grünen entnehme.

Ich bin davon überzeugt, dass diese Koalition mit ihrem Entwurf Wirtschaftspolitik mit sozialer Sicherheit genauso gut verknüpft wie Ökonomie mit Ökologie, ohne dabei auch nur eine Personengruppe auszugrenzen.

Bedanken möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialministeriums und der Landtagsverwaltung sowie bei Frau Ministerin Reimann und Herrn Staatssekretär Scholz für die Zusammenarbeit bei den Haushaltsberatungen und für die immer sachliche und faire Zusammenarbeit im Jahre 2019. Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, danke ich ebenfalls für die konstruktive Zusammenarbeit.

Ich habe Ihnen, meine Damen und Herren, eine Vielzahl von Maßnahmen aufgezählt, mit denen wir Antworten auf die großen sozialpolitischen Herausforderungen unser Zeit - vor allen Dingen in den Bereichen medizinische Versorgung, Pflege und gesellschaftliche Teilhabe - geben. Viele Punkte unserer Koalitionsvereinbarung haben wir bereits abgearbeitet und in konkretes politisches Handeln umgesetzt. Damit schaffen wir Verlässlichkeit und Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern in Niedersachsen. Diese Arbeit werden wir in den nächsten Jahren fortführen und damit unsere erfolgreiche Regierungsarbeit fortsetzen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Für die FDPFraktion hat nun Frau Kollegin Bruns das Wort. Bitte, Frau Kollegin!

Vielen Dank. - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal - ganz vorab und nicht hintendran - meinen großen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialministeriums, die uns den Haushalt in so vortrefflicher Weise vorbereitet haben und jederzeit für Fragen zur Verfügung gestanden haben. Besonders hervorheben möchte ich die zusätzlichen Ordner mit den politischen Einzelmaßnahmen, die Ihnen wahrscheinlich unglaublich viel Arbeit gemacht haben, die mir aber die Arbeit unglaublich erleichtert haben. Vielen Dank dafür!

Ein weiterer Dank geht an die Fraktionen der SPD und der CDU. Unsere Haushaltssitzung im Ausschuss ließ mich zunächst etwas sprachlos zurück. Ich hatte noch nie so viele gelbe Klebchen an dem Haushaltsplanentwurf wie in diesem Jahr. Alle Projekte, die im letzten Haushalt über die politische Liste eingeführt worden waren, waren gekürzt oder verschwunden. Zum Glück für die Betroffenen haben Sie das Geld über die politische Liste wieder eingestellt, obwohl das zuständige Finanzministerium dies anfänglich anscheinend nicht für wichtig befunden hatte.

Der Etat des Sozialministeriums ist mit einem Ausgabevolumen von 5,196 Milliarden Euro der zweitgrößte, nach dem Etat des Bildungsministeriums. Der Anteil des Personalvolumens ist von 4,61 % im Jahr 2005 auf aktuell 2,29 % gesunken. Vielen Dank an dieser Stelle! Wir wissen, was das für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet.

Kommen wir nun zu den Inhalten. Der größte inhaltliche Posten sind die Leistungen für Menschen mit Behinderungen nach dem Bundesteilhabegesetz mit rund 2,3 Milliarden Euro. Das, was uns im letzten Jahr besorgt hat, ist abgeräumt und vorübergehend gelöst worden. Wir finden es richtig, dass der Mensch mit seiner Beeinträchtigung nun im Mittelpunkt steht. Für das Jahr 2020 sind dafür im Haushalt 52,5 Millionen Euro, für die Folgejahre 37,5 Millionen Euro veranschlagt. Wir sehen gerade in unseren Nachbarbundesländern, was passiert, wenn man es nicht schafft, die Einigung herbeizuführen.

Wie sich die Situation entwickelt - gerade mit der Zuständigkeitsänderung ab Vollendung des

18. Lebensjahres -, bleibt abzuwarten. Wir Freien Demokraten hätten uns eine vollständige Zuständigkeit des Landes gewünscht. Aber selbstverständlich haben wir dem Lösungsvorschlag zugestimmt.

Gestatten Sie mir ein paar Anmerkungen zum Thema Wettbewerb. Das hat uns im Ausschuss sehr beschäftigt, da sich das Thema in unserem Pflegeantrag wiederfindet.

Ja, wir Freien Demokraten befürworten den Wettbewerb, aber nicht den Wettbewerb, wie er jetzt stattfindet. Wir haben jetzt einen Wettbewerb über den Preis und nicht über die Qualität, auf Kosten des Pflegepersonals und anderer Beschäftigter im Gesundheitswesen.

Und ja, die damalige Gleichstellung von privaten und öffentlichen Akteuren bleibt für uns richtig. Dennoch sind die Weichen bei der Gleichstellung Anfang der 90er-Jahre nicht richtig gestellt worden. Wettbewerb braucht immer Regeln. Mit den Regeln, die er jetzt hat, kann er nicht funktionieren. So geht er auf Kosten der Menschen.

(Beifall bei der FDP sowie Zustim- mung bei der SPD und von Susanne Menge [GRÜNE])

Wir sollten und müssen hier aber auch Weichen stellen, und wir haben das auch schon fraktionsübergreifend in der Enquete diskutiert und Ansätze gefunden.

Ein wichtiger Schritt wäre für mich, im Bereich der ambulanten Pflege das SGB V genauso auszustatten wie das SGB XI, nämlich mit dem Zwang, Tariflöhne zu refinanzieren. Das ist zwar eine Aufgabe für Berlin. Aber als Land sollten wir da durchaus die Stimme erheben.

Die Einigung, die Sie mit der KAP.Ni herbeigeführt haben, kann man kleinreden. Das sollte man aber nicht tun. Denn jeder, der die Entwicklung in Niedersachsen kennt, weiß, dass das tatsächlich ein großer Schritt ist. Auch dafür darf man einmal Danke sagen.

Nun geht es aber um die Umsetzung. Am 13. Dezember fand in Burgdorf vor der AOK eine Demo gegen die Tarifblockade der Kassen statt. Wir müssen also gemeinsam immer wieder nachhaken.

Kommen wir nun zu dem dritten Thema, das ich auf jeden Fall ansprechen will - Sie können es sich sicherlich denken -: die Pflegekammer. Am

Schluss einer Rede in der 17. Legislaturperiode habe ich gesagt, Sie würden die Auswirkungen politisch vertreten müssen. - So ist es nun.

Zum Grundsätzlichen kurz eine Anmerkung. Es wird immer wieder mantraartig wiederholt: „eine starke Stimme für die Pflege“. - Ich möchte von der Internetseite des DBFK zitieren:

„Im Fokus der Pflegekammern steht die sichere Qualität der pflegerischen Versorgung der Menschen im jeweiligen Bundesland.“

Im Fokus stehen also nicht die Pflegekräfte, sondern die zu Pflegenden. Auch das ist wichtig. Aber warum sollen das die Pflegekräfte bezahlen?

Selbst die Befürworter der Kammer kommen ins Grübeln. Es gibt Fragen: Wann haben wir den Kontakt zur Basis verloren - wenn wir ihn jemals hatten? Wie soll es weitergehen? So wie bisher mit Sprechblasen wie „auf Augenhöhe“, „starke Stimme“ oder „Macht im Gesundheitswesen“? - So ist das zu lesen.

Natürlich braucht die Pflege eine starke Stimme. Die Kammer ist das für mich aber immer noch nicht.

(Beifall bei der FDP)

Aber spannend ist an dieser Stelle die neueste Entwicklung, die Einstellung von 6 Millionen Euro zur Begleichung der bereits gezahlten Beiträge. Diese 6 Millionen Euro sollen komplett zur Finanzierung der Beiträge dienen, war zu lesen. Davon erhoffen Sie sich Ruhe.

Aber damit, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, haben Sie immer noch nicht verstanden, worum es den protestierenden Pflegekräften geht. Die stören sich an der Zwangsmitgliedschaft. Auch wenn im Ausschuss behauptet wird, das sei ein Kampfbegriff: Das ist der Begriff, den die Menschen benutzen, weil er einfach zutrifft.

Wie Sie wissen, haben wir Anfragen zu diesem Thema gestellt. Aus den Fragen und Antworten möchte ich gerne zitieren.

Die Frage:

„Welche rechtlichen und tatsächlichen

Schritte sind erforderlich, um eine Rückerstattung der Beiträge … vorzunehmen?“

Die Antwort hat mich irritiert:

„Die Erstattung bereits gezahlter Beiträge wird im Anschluss an eine verwaltungsrechtliche Individualentscheidung im Regelfall durch Überweisung erfolgen.“

Wie sollen wir uns das denn jetzt vorstellen? Soll jetzt über jeden Bescheid individuell verwaltungsrechtlich entschieden werden? Müssen sich jetzt alle Pflegekräfte melden? - Sie müssen sich darum kümmern, dass der Abfluss des Geldes gut vonstattengeht!

(Björn Försterling [FDP]: Alle müssen einen Antrag stellen!)

Und was macht jetzt die Kammer? - Sie wendet sich in einem offenen Brief auf ihrer Internetseite an ihre Mitglieder:

„Wie geht es jetzt allgemein mit den Beiträgen … weiter? Gerne hätten wir Sie individuell und persönlich informiert. Doch fehlen uns derzeit … konkrete Informationen.“

An der Kommunikation müssen Sie und die Pflegekammer wirklich noch arbeiten!

(Beifall bei der FDP)

Während das MS tatsächlich schon schreibt, dass das individualrechtlich entschieden werden muss, meistens per Überweisung, sagt die Kammer, sie wisse das noch nicht.