Protokoll der Sitzung vom 25.02.2020

Vielen Dank. - Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Schulz-Hendel das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wissen Sie, wie man wirklich effektiv und sofort Unfallzahlen senken kann? - Indem man ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen durchsetzt!

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Ja! Sehr gut!)

Das wäre die beste und schnellste Lösung, um die Zahl der Unfalltoten zu reduzieren. Aber dagegen sperren Sie von der AfD sich genauso wie die FDP

und die CDU im Bund und auch hier in Niedersachsen. Wir werden es ja gleich erleben.

Kommen wir nun zu dem Antrag der AfD, der die Handy-Nutzung am Steuer zum Thema macht. Das ist unbenommen ein Thema, mit dem man sich beschäftigen muss. Allerdings ist dieser Antrag - Frau Tippelt hat das schon sehr präzise ausgeführt - einfach schlecht gemacht.

Nehmen wir die erste Forderung an das Statistische Bundesamt. Sie ist überflüssig, kann ich nur sagen. Denn die Länder haben bereits beschlossen - auch das ist schon ausgeführt worden -, dass das Unfallursachenverzeichnis entsprechend zu erweitern ist und diese konkrete Erweiterung zum 1. Januar 2021 läuft. Herr Henze, das ist nicht aufgrund Ihrer Forderung passiert.

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Auch die von Ihnen geforderte Werbekampagne - wie kann man das überhaupt „Werbekampagne“ nennen? - weist sehr einprägsam mit dem Titel „Tippen tötet“ auf die Unfallgefahren durch die Benutzung elektronischer Geräte am Steuer hin. Auch eine Ausweitung dieser Kampagne ist, wie aus der Unterrichtung im Verkehrsausschuss hervorgegangen ist, geplant. Es ist am Ende keine Werbekampagne, sondern wir sprechen hier von einer „Präventionskampagne“. Insofern bedarf es auch zu diesem Punkt keines AfD-Antrags.

Auch Ihre Forderung nach mehr Kontrollen - ich brauche das nicht noch einmal auszuführen, weil Frau Tippelt das dankenswerterweise sehr präzise gemacht hat - ist überholt; denn Kontrollen zu Verstößen gegen § 23 Abs. 1 a sind seit 2018 ein Bestandteil.

Sie hätten diesen Antrag spätestens nach der Unterrichtung im Verkehrsausschuss zurückziehen sollen, um uns hier ein bisschen Zeit einzusparen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz-Hendel. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Jörg Bode das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Schulz-Hendel, ich weiß ja, dass Sie das Thema eines pauschalen Tempolimits auf

deutschen Autobahnen wie eine Monstranz vor sich hertragen. Aber wenn man sich immer nur auf dieses Thema fokussiert, kann es schon einmal sein, dass man ein wenig den Blick nach rechts und nach links verliert. Da sich der Antrag der AfD mit Verkehrsunfällen und Unfalltoten aufgrund der Nutzung elektronischer Geräte während des Fahrens befasst, ist die Forderung nach einem Tempolimit an dieser Stelle jedenfalls absolut fehl am Platz.

(Zustimmung von Dr. Stefan Birkner [FDP] und bei der AfD)

Sie sollten einmal - beispielsweise beim ADAC - den Test machen, wie man reagiert, wenn man während der Fahrt eine SMS empfängt. Ich habe das gemacht. Es ist erschreckend festzustellen, wie schnell man bei der Nutzung eines Handys am Steuer von der Fahrbahn abkommt bzw. in den Gegenverkehr fährt. Dabei ist es völlig egal, mit welcher Geschwindigkeit man unterwegs ist. Das ist selbst bei geringen Geschwindigkeiten schon so. Der Unfall wird passieren, und er wird schlimme Folgen haben. Deshalb wäre es eine Scheinsicherheit, zu sagen: Wir machen ein Tempolimit von 120 oder 130 km/h, aber dafür darf man auf Autobahnen in Deutschland dann simsen. Das wäre eine völlig falsche Forderung, lieber Kollege Schulz-Hendel. Sie sollten die Monstranz Tempolimit dort vor sich hertragen, wo es geeignet ist, aber nicht bei diesem Thema.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU und bei der AfD)

Ich will die Ausführungen von Frau Tippelt nicht groß ergänzen; denn sie hat recht genau gegenübergestellt, was die AfD in ihrem Antrag fordert und was heute schon gemacht wird, was Sachlage ist. Allerdings will ich mich bei der Landesregierung für die umfassende Unterrichtung aus allen Häusern bedanken. Das gilt insbesondere für das Innenministerium und bezieht sich auch darauf, Herr Minister Pistorius, dass uns Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter quasi ohne Vorwarnung das System dargestellt haben, mit dem man in die Lkw hineinfilmen kann, um die Nutzung solcher Geräte dann auch tatsächlich zu ahnden. Dabei wurde uns auch dargelegt, dass bei diesem System alle vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten

Grundsätze zur informationellen Selbstbestimmung und zum Datenschutz eingehalten werden. Das hat mich persönlich sehr beruhigt; denn was die Verkehrsüberwachung angeht, kann man bei

Ihnen, Herr Minister, ja nicht immer sicher sein, dass Sie sich an die Verfassung halten.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist nicht selbstverständlich!)

Deshalb will ich ausdrücklich loben, dass Sie es hier tun und dieses System tatsächlich richtig einsetzen. Dafür herzlichen Dank von der FDP.

Es ist so, dass man diesen Antrag in der Tat nicht braucht. Die einzige Möglichkeit, mit ihm umzugehen, hätte darin bestanden, dass ihn SPD und CDU in der Beschlussempfehlung in einen Jubelantrag für die Landesregierung umschreiben und auf das hinweisen, was die Landesregierung schon alles Gutes getan hat.

(Ulrich Watermann [SPD]: Das wollten wir mit einem AfD-Antrag ganz be- stimmt nicht machen!)

Aber daran hatten Sie kein Interesse. Wahrscheinlich wollten Sie sich nicht so sehr mit Ihrer Landesregierung identifizieren. Hier macht sie aber einmal alles richtig. Deshalb brauchen wir den Antrag nicht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Für die CDUFraktion hat Herr Kollege Karsten Heineking das Wort. Bitte sehr!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Nutzung des Handys, während die Hand am Steuer sein und die Konzentration dem Straßenverkehr gelten sollte, ist kein Kavaliersdelikt. Die Aufmerksamkeit wird von der aktiven Wahrnehmung und Einschätzung des Straßenverkehrs weggenommen und auf andere Dinge verlagert. Wir sind uns sicherlich einig, dass die Vermeidung von Unfällen ein gemeinsam angestrebtes Ziel ist. Umso erfreulicher ist es, dass sich das Land Niedersachsen seit Längerem intensiv mit der Thematik befasst.

Die scheinbare ständige Erreichbarkeit und die unaufhaltsame Informationsflut, mit der sich die Menschen konfrontiert sehen, machen auch während der Autofahrt nicht halt. Da Stillstand nicht angestrebt wird, verzichten eben auch die Ver

kehrsteilnehmer nicht auf den Medienkonsum. Die Nutzung des Handys stellt jedoch eine stark unterschätzte Ablenkung dar. Das daraus resultierende Risiko wird von vielen nicht erkannt.

Wenn es in einem solchen Fall zu einem Unfall kommt, dann können wir diesen ab Januar 2021 in einer gemeinsamen Statistik erheben. Die daraus resultierenden Daten werden uns zukünftig zeigen können, wie viele Unfälle aufgrund einer Handynutzung stattgefunden haben. Dabei ist es jedoch wichtig zu erwähnen, dass es sehr schwierig ist, die Handynutzung als eindeutige Unfallursache auszumachen, und es zudem auch andere Faktoren gibt, die zur massiven Ablenkung mit Unfallfolge führen können. Essen und Trinken und auch andere Dinge, die man während der Autofahrt nicht machen sollte, gehören dazu. Andererseits müssen wir uns auch darüber klarwerden, dass die Statistik bereits erfolgte Unfälle erfasst und deswegen eigentlich an einer Situation ansetzt, die wir gerade verhindern wollen.

Es ist in unserem Interesse, dass wir präventive Maßnahmen unterstützen und befürworten. Deswegen ist es sehr erfreulich, dass es bereits verschiedene Kampagnen gibt, die sich genau dieses Aspekts widmen. Die großen Banner der Verkehrswacht und deren Kampagne „Tippen tötet“ sind beispielhaft. Diese Kampagne wird in diesem Jahr nicht nur fortgeführt, sondern auch modernisiert. Somit ist also auch der zweite Punkt Ihres Antrags nicht innovativ, sondern bereits erfolgreich durch das Wirtschaftsministerium bearbeitet. Die entsprechenden Banner können Sie an den Autobahnen sehen - wenn Sie nicht abgelenkt sind.

Die Polizei Niedersachsens ist stets bemüht, die Verkehrsteilnehmer auch vor den Ablenkungen durch elektronische Geräte zu schützen. Um die Verkehrsteilnehmer an ihre Pflichten beim Führen von Fahrzeugen zu erinnern und Fehlverhalten zu ahnden, wurden in den letzten zwei Jahren vermehrt Verkehrskontrollen durchgeführt. Dabei wurde der Schwerpunkt auf den Aspekt der Ablenkung im Verkehr gelegt.

Sie können also erkennen, dass auch die dritte Forderung Ihres Antrags bereits seit zwei Jahren erfolgreich umgesetzt ist. Dabei besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen der Polizei Niedersachsen, dem Zoll und dem Bundesamt für Güterverkehr. Es ist erfreulich, dass sich diese Zusammenarbeit der Prävention widmet, womit man für mehr Sicherheit sorgen möchte.

Wir sollten an dieser Stelle den zuständigen Stellen unseren Dank zukommen lassen. Sie setzen sich seit Jahren für mehr Sicherheit ein. In diesem speziellen Fall basiert der Verkehrssicherheitsaspekt darauf, die Verkehrsteilnehmer vor ihrer eigenen Unaufmerksamkeit und Selbstüberschätzung zu schützen.

Von den Vorrednerinnen und Vorrednern ist schon deutlich angesprochen worden, dass der Antrag vom Inhalt her uns alle auch in Zukunft interessiert, dass aber auch viele Dinge gemacht worden sind. Wir von der CDU-Fraktion lehnen diesen Antrag ebenfalls ab, weil wir ihn nicht brauchen. Auch dies dient im Prinzip der Entbürokratisierung, die wir ja auch unterstützen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Heineking. - Herr Kollege Stefan Henze von der AfD-Fraktion hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Tippelt hat recht, „Tippen tötet“ gibt es seit 2015. Aber bevor wir tätig geworden sind, haben wir uns mit einigen unterhalten, die solche Dinge begleiten. Einige Akteure wie die Automobilverbände möchten, dass diese weiter intensiviert werden. Wir glauben, dass uns die weitere Intensivierung, die Sie uns jetzt angekündigt haben, weiterhilft. Ob sie auch genug Unterstützung bietet, werden wir sehen.

Und: Natürlich haben wir zu mehr Kontrollen aufgerufen. Ich finde, es ist ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, das erfolgreiche Projekt der GoPro-Kamera, die jetzt landesweit genutzt werden soll, federführend für die Superarbeit der Landesregierung nach vorn zu stellen. Sicherlich, Sie haben recht, und ich bin auch dafür, dass wir dieses Programm weiter intensivieren, gerade mit Blick darauf, dass in Lkw-Kabinen alles Mögliche passiert - nicht nur fahren, sondern auch Kaffee kochen, das Handy bedienen und das Navigationsgerät einstellen - und das teilweise gerade einmal mit dem notwendigsten Abstand zum Vordermann.

Das führt mich zu Herrn Schulz-Hendel. Leider ist er nicht im Raum.

(Anja Piel [GRÜNE]: Wie bitte? Wür- den Sie vielleicht mal gucken?)

- Ich sehe ihn. - Hallo!

Herr Schulz-Hendel, Sie haben das Thema wieder einmal auf das Tempolimit von 120 km/h gebracht. Herr Schulz-Hendel, zu den Toten auf der Autobahn, die Sie mit dem Tempolimit auf 120 verhindern wollen, kommt es, weil die Lkw ungebremst auf einen Stau auffahren. Das wollen wir verhindern, indem wir dafür sorgen, dass die Leute nicht mehr abgelenkt sind, wenn sie am Steuer sitzen, weil sie eine mögliche Strafe fürchten.

(Beifall bei der AfD)