Protokoll der Sitzung vom 26.02.2020

Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Havliza. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Genthe, nach meinen Informationen hat der Amtsrichterin ein Antrag der Polizei vorgelegen. Auf dieser Basis hat die Amtsrichterin entschieden.

(Jörg Bode [FDP]: Und wann hat sich die Einschätzung geändert? - Gegen- ruf von der SPD: Es ist doch alles in der Ausschusssitzung beantwortet worden! - Gegenruf von Jörg Bode [FDP]: Wir können hier fragen, was wir wollen! Gehen Sie doch, wenn es Sie stört! - Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wenn es Sie langweilt, gehen Sie doch raus! - Weitere Zurufe von der SPD und der FDP)

Die Ministerin hat geantwortet.

Es liegen uns keine weiteren Zusatzfragen vor. Meine Damen und Herren, die Behandlung der Dringlichen Anfragen ist hiermit beendet.

Wir kommen jetzt zu dem

Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung: Bürokratieabbau voranbringen Teil 2: Bürokratie ganz konkret abbauen - 52 Vorschläge des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) einfach umsetzen! - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/5857

Zur Einbringung hat sich der Abgeordnete Jörg Bode aus der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Bode!

(Unruhe)

- Fangen Sie bitte nicht an, bevor hier nicht ein bisschen Ruhe eingekehrt ist. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Verhinderung von unnötiger Bürokratie ist ein Thema, das sowohl Wirtschaft als auch Gesellschaft, als auch diesen Landtag immer wieder beschäftigt. Wir haben uns in den letzten drei Tagungsabschnitten, also seit November, immer wieder mit Regelungen, die zu unnötiger Bürokratie führen, auseinandergesetzt. Erinnert sei hier beispielsweise an die Debatte zur Bonausgabepflicht z. B. beim Bäcker oder auch am Automaten für Parktickets etc.

Wir haben uns im November darüber auseinandergesetzt, wie wir strukturelle Regelungen verändern können. Es ging um den Vorschlag, einen Normenkontrollrat einzurichten, und um andere Vorschläge, damit Bürokratie gar nicht erst entsteht bzw. überbordende Bürokratie abgebaut werden kann.

Eines ist identisch gewesen: Die Landesregierung, die immer wieder in Presseinterviews den Bürokratieabbau nach vorne stellt, äußert sich nur gegenüber Zeitungen, aber nicht hier im Parlament, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Es wird eine Stabsstelle zum Bürokratieabbau im Wirtschaftsministerium eingerichtet, aber die Landesregierung schweigt bei den Themen, wenn wir sie hier im Parlament, an dem Ort der Debatte, diskutieren. Und sie schweigt nicht nur hier in der Debatte im Parlament. Wenn es in die Beratung im Wirtschaftsausschuss gehen soll, erfahren wir dann auch noch, dass die Landesregierung beim Thema Bürokratie gar nicht sprechfähig ist und man zu den bestehenden parlamentarischen Initiativen vor Ostern gar nicht unterrichten könne.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, so geht das nicht. Sie können nicht einfach in der Öffentlichkeit in Zeitungsinterviews und anderen Auftritten über Bürokratieabbau fabulieren, sondern Sie müssen sich dann auch den konkreten Vorschlägen in der Debatte stellen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Wir haben deshalb sehr begrüßt, dass der Zentralverband des Deutschen Handwerks bereits im letzten Jahr eine umfassende Befragung der Mitgliedsunternehmen durchgeführt hat, um mal konkrete Beispiele zu sammeln, wo der Schuh drückt, welche Regelungen als unsinnig oder als belastend angesehen werden und das Regelungsziel vielleicht auch gar nicht erreichen. Es sind ja diese Hinweise aus der Praxis, die wir tatsächlich brauchen, um konkrete Ansatzpunkte zu finden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deshalb haben wir bei dieser Initiative die 52 identifizierten Forderungen des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks aufgegriffen. Es ist wie immer: Bürokratie ist ein sehr kleinteiliges Geschäft, wenn man sie tatsächlich abbauen will. Deshalb gibt es unter diesen 52 Forderungen durchaus einige, die einen größeren Bereich betreffen, und auch einige, bei denen man sich an den Kopf fasst, da es sich um kleine Dinge handelt, die in der Summe zu enormen Belastungen führen.

Ich will nur ein paar nennen: eine Regelung, die mir vorher gar nicht bekannt war, die Sie aber in den Fraktionen auch betrifft, sofern Sie beispielsweise Personal haben, das Fahrtätigkeiten ausführt.

(Unruhe)

Herr Bode, warten Sie bitte ganz kurz! - Ich möchte warten, bis hier Ruhe einkehrt, auch hinter den

Regierungsbänken, auch Eckengespräche im

Raum und sonstiges. - Ich danke Ihnen.

Jetzt können Sie weitersprechen.

Ich will von diesen 52 Forderungen einige exemplarisch benennen, von denen man sagen kann: Warum machen wir das eigentlich?

Sie alle in den Fraktionen - also nicht die Abgeordneten, aber die Fraktionsgeschäftsstellen - müssen sich beispielsweise von Mitarbeitern, die Fahrtätigkeiten wahrnehmen, alle sechs Monate den Führerschein zeigen lassen. Es ist natürlich sinnvoll, dass niemand ohne Führerschein fährt. Wenn aber jemand beispielsweise ein Fahrverbot von vier Wochen hat, dann kann er das in diesen sechs Monaten so timen, dass es Ihnen gar nicht auffällt. Somit ist diese bürokratische Regelung wirkungslos. Warum muss man so etwas machen?

Zu Ausschreibungen: Wir haben hier ja sehr oft über das Vergabegesetz gesprochen. Im Handwerk ist ein großer Punkt die Frage: Warum müssen wir eigentlich alle Unterlagen zwei- oder dreimal vorlegen, auch wenn sie den Behörden tatsächlich vorliegen? - Also: Once only - Unterlagen nur einmal vorlegen, und was schon bekannt ist, nicht noch einmal kopieren und einreichen müssen!

Wir haben hier im Dezember auch schon über die Frage einer Risikobewertung nach dem Mutterschutzgesetz gesprochen. Eine solche Risikobewertung muss nicht nur bei den Arbeitsplätzen, auf die Frauen aus dem Mutterschutz zurückkehren, geben, sondern auch dort, wo Männer tätig sind - und sogar dort, wo Männer im Minijob, beispielsweise mit 67 Jahren und älter, tätig sind. Dort gibt es eine völlig unangemessene Bürokratie, die den Schutzzweck gar nicht erfüllt.

Wir haben oft über Bäckereien gesprochen. Schauen Sie sich das einmal an, wenn Sie in eine Bäckerei gehen! Da gibt es immer ein Heft mit Angaben zu den Inhaltsstoffen in Brötchen und anderen Backwaren. Das ist eine Papierkladde. Sie muss quasi wöchentlich aktualisiert und das Papier muss neu ausgedruckt werden, wenn sich irgendwo ein Allergen oder ein anderer Inhaltsstoff ändert. Bäcker würden auch gerne einfach ein digitales Instrument hinstellen und nicht jede Woche unnötig Papier ausdrucken, aber das ist vom Gesetz her tatsächlich verboten. Auch hier eine

einfache Regelung, die zu wesentlich mehr Erleichterung führen könnte.

Oder aber auch das Bemühen, Lebensmittelabfälle zu reduzieren. Die kleine Bäckerei im Ort, die beispielsweise Eierschalen nach Verbrauch des Eis übrig behält, kann diese nicht beim Bauern abgeben - damit der sie einer Kompostierung zuführt oder als Mehl in einen Futterzusatz hinzufügt -, ohne über eine entsprechende Zertifizierung als Futtermittelbetrieb zu verfügen. Ich finde, man muss bei den Regelungen auch die Kirche im Dorf lassen. Es gibt beim Bäcker zwar gute Lebensmittel, aber ihn als Futtermittelbetrieb anzusehen, ist, glaube ich, dann doch überzogen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir fordern die Landesregierung auf, sich diese 52 konkreten Forderungen, die vom deutschen Handwerk ein Jahr lang gesammelt worden sind, zu eigen zu machen und sie bei den entsprechenden Stellen vorzutragen: auf europäischer Ebene durch die Landesvertretung in Brüssel und durch unsere niedersächsischen Europaabgeordneten, auf Bundesebene durch das Instrument der Bundesratsinitiative, aber auch hier auf Landesebene, wo wir gesetzliche Regelungen verändern können. Man muss Gesetzentwürfe erarbeiten, die das entsprechend kundtun, und die Verwaltungsverordnungen in diesem Bereich anpassen.

Ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung beim Thema Bürokratieabbau und bei dem, was sie wirklich vorhat, auch endlich einmal sprechfähig wäre, und zwar nicht nur gegenüber Zeitungen, sondern hier im Parlament. Das wäre angemessen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank für das Einbringen des Antrags. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete KarlHeinz Bley das Wort. Bitte schön!

(Karl-Heinz Bley [CDU] telefoniert)

- Das Telefonieren müssen Sie auf später verschieben. Ihre Wortmeldung ist die nächste. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich begrüße den Antrag der FDP-Fraktion, und ich

sage: Beim Thema Bürokratieabbau muss es nach Teil 1 und Teil 2 noch viele weitere Teile geben.

(Beifall bei der FDP)

Heute heißt es: Bürokratieabbau Teil 2. Die Bürokratiebelastung auf Landesebene ist für Handwerksunternehmen, aber auch für andere Unternehmen und auch für Privatpersonen eine große Belastung.

Dabei ist sehr deutlich festzuhalten: Bürokratie ist nicht grundsätzlich negativ zu bewerten. Von einem klaren rechtlichen Rahmen profitiert die Wirtschaft insgesamt. Allerdings führen überzogene, nicht verständliche oder auch überflüssige bürokratische Vorgaben oder Dokumentations- und Nachweispflichten zunehmend zu erheblichen Irritationen und Belastungen, ganz speziell bei kleineren und mittleren Betrieben.

Nicht umsonst hat der ZDH das Thema Bürokratieabbau ganz oben auf die politische Agenda gesetzt. Es lässt sich nicht alles kleinteilig bis zum Ende regeln und reglementieren. Als ich Handwerkspräsident war, habe ich selbst oft über Bürokratie gesprochen. Man hat uns gesagt: Schreibt doch einmal auf, was ihr wirklich verändert haben wollt. - Das ist jetzt geschehen.

Es ist nicht die einzelne Regelung, die kleine und mittlere Betriebe überfordert, sondern es ist die Summe des Ganzen. Viele Betriebe fühlen sich eingeschnürt und abkassiert. Die Bürokratie begrenzt zunehmend die unternehmerischen Spielräume; die Freude am Unternehmertum geht verloren. Vor diesem Hintergrund sollten wir alle Maßnahmen, die dem Abbau von Bürokratie im oben dargestellten Sinne dienen, unterstützen.

Meine Damen und Herren, ich bin unserem Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann dankbar dafür, dass er erstens dafür gesorgt hat, dass die Stabsstelle im Wirtschaftsministerium personell aufgestockt wird, und zweitens dafür, dass das MW eine Clearingstelle bei der IHKN einrichten wird, um künftig Gesetzesvorhaben und Verordnungen schon im Entstehungsprozess auf ihren bürokratischen Mehraufwand, insbesondere für den Mittelstand, zu prüfen. Hier haben große Wirtschaftsverbände und auch die Kammervereinigungen mitgewirkt und das für richtig und gut gehalten.

Werfen wir einen Blick in Richtung DGB, der sich mit seiner Sichtweise im #schlaglicht 07/2020 gegen eine Clearingstelle bei der IHKN ausgesprochen hat. Es sollte jedoch bekannt sein, dass sich

gerade die Kammern paritätisch für Arbeitnehmer und Arbeitgeber einsetzen.

Meine Damen und Herren, jetzt zum FDP-Antrag: Die Kernforderung ist mit der trefflichen Einleitung, die Bürokratie ganz konkret abzubauen und dazu 52 Vorschläge des ZDH, des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, umzusetzen, gut unterlegt. Die 52 Lösungsansätze des ZDH zu unterstützen, dem kann und will ich nicht widersprechen. Wir wissen aber, dass nicht alle der 52 Lösungsvorschläge in die Zuständigkeit des Landes Niedersachsen oder den Bereich Wirtschaft fallen.

Lassen Sie mich ein paar Beispiele nennen, die im Zusammenhang mit Bürokratie bedacht werden müssen: