Protokoll der Sitzung vom 12.05.2020

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das geht ja nicht!)

Das geht eigentlich nicht.

(Jens Nacke [CDU]: Redezeit!)

Sie nehmen jetzt also auch zusätzliche Redezeit. Sie hatten gerade die K-Karte gezeigt haben.

(Zurufe)

- Moment, keine Panik! Es war zusätzliche Redezeit beantragt worden, Kurzintervention möglich. Es ging jetzt aber nicht um eine Kurzintervention, sondern um den Wunsch nach zusätzlicher Redezeit.

Wir haben das alles - einigermaßen zumindest - im Griff. Jetzt hat für die FDP-Fraktion der Kollege Dr. Birkner noch den Rest der zusätzlichen Redezeit, und zwar - und darauf achte ich jetzt sehr genau, weil Sie mich hier nicht linken - von 1:10 Minuten. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, es ist gerade nicht durch uns vorgesehen, ein in der Sache detailliertes formelles Parlamentsgesetz zu erlassen, sondern einen Mechanismus einzuziehen, der eine effektive Beteiligung des Landtages ermöglicht. Insofern ist das etwas anderes, als Ihr Hinweis unterstellt, dass der Bundesgesetzgeber gerade ein formelles Parlamentsgesetz nicht vorgesehen hätte.

Aber selbst dieser Hinweis geht ja fehl, weil Artikel 80 Abs. 4 genau diese Möglichkeit eröffnet. Das ist dann nicht mit einer schlichten Verweisung auf den Bundesgesetzgeber abzulehnen, sondern

es ist eine selbständige autonome Entscheidung dieses Landtags, ob er das tut oder nicht.

Dass die Landesregierung und Sie das nicht wollen, kann ich verstehen. Ich halte es aber für falsch, da ich der Auffassung bin, dass die Landesregierung ein eigenes Interesse haben müsste, mehr Legitimation durch die Beteiligung des Parlaments zu bekommen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Sehr wohl kann man aus meiner Sicht - vielleicht habe ich Sie da falsch verstanden, da bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich es richtig mitbekommen habe - Rechtsverordnungen einem Zustimmungsvorbehalt unterwerfen. Das ist verfassungsrechtlich völlig unproblematisch und auch auf Bundesebene durchaus üblich. Insofern sind diese Mechanismen und Instrumente vorhanden. Ich finde auch, dass die Landesregierung ein eigenes Interesse haben sollte, das Parlament stärker einzubinden.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. Das war zeitlich eine Punktlandung. - Nun hat für die CDU-Fraktion der Kollege Nacke das Wort ebenfalls für drei Minuten. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte drei Punkte anmerken.

Zum einen, Herr Kollege Bode, wird es noch einmal deutlich. Sie zweifelten gerade daran, ob es noch Sinn macht, mit dem DEHOGA zu reden, wenn die Verordnung schon erlassen wurde. Aber genau das ist das Problem, dass selbst die Verordnung nicht in der Lage sein kann, so detailliert die Voraussetzungen zu definieren, die am Ende einen Gastronomen in die Lage versetzen, genau zu wissen, unter welchen Bedingungen er öffnen darf.

Ich will Ihnen das deutlich machen und darf aus der Verordnung zitieren, und zwar aus § 6 Abs. 1. Dort heißt es:

„Restaurationsbetriebe … dürfen betrieben werden, wenn die Betreiberin oder der Betreiber der Einrichtung Maßnahmen zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen sowie Hygienemaß

nahmen getroffen hat, die geeignet sind, die Gefahr einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zu vermindern.

Das alleine kann ja für einen Gastronomen kaum ausreichend sein, um sich deutlich zu machen, welche Maßnahmen ausreichend sind und was ein Gesundheitsamt und möglicherweise ein Veterinäramt als ausreichend erachten darf, damit der Betrieb unproblematisch betrieben werden kann.

Deswegen finde ich es absolut richtig, das der Minister frühzeitig angekündigt hat, dass er mit DEHOGA und NGG, also mit Gewerkschaft und Arbeitgebervertretern, definiert, unter welchen Voraussetzungen eine Wiedereröffnung funktionieren kann, und das Ganze unter Frequently Asked Questions, wie das heute heißt, zu erklären; früher waren das Informationen. Die sind zwar überhaupt nicht rechtlich bindend, aber ein ganz wichtiger Hinweis für die Kommunen in dieser schwierigen Lage.

Aus diesem Grunde ist es absolut richtig, Herr Minister, und dafür meinen herzlichen Dank, dass Sie so eng und verantwortungsvoll mit den Verantwortungsträgern und den Unternehmen zusammenarbeiten.

(Beifall bei der CDU)

Der zweite Punkt, Herr Kollege Birkner. Es ist natürlich ein echtes Problem - jetzt sind wir hier wirklich in Jura am Hochreck, wie es der Chef des GBD sagen würde -, wenn der Bundesgesetzgeber ausdrücklich festgelegt hat, dass es eine Verordnungsermächtigung an eine Landesregierung gibt, dann der Landesgesetzgeber einsteigt, aber nicht mit eigener materieller Regelungsbefugnis über seine Gesetzgebungskompetenz, sondern mit einer eigenen Verordnungsbefugnis, die exakt dasselbe formuliert, aber dem Landesgesetzgeber noch ein Mitsprache- und Einstiegsrecht einräumt. - Das ist juristisch extrem problematisch, weil es möglicherweise den Willen des Bundesgesetzgebers verkehrt.

Meine dritte Anmerkung. Frau Ministerin, herzlichen Dank, dass die rechtlichen Vorschriften, die Verordnungen sehr übersichtlich und sehr sorgfältig auf der Internetseite zur Verfügung gestellt werden. Die habe ich gerade geöffnet. Ich hatte vorhin zum Ausdruck gebracht habe, es sei völlig egal. Die Information, die ich gerade vorgelesen habe, stammte von Seite 17 von 26. Es sind 26 Seiten, wenn man die Seite des MS öffnet.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das hat ihm tatsächlich keine Ruhe gelassen!)

- Möglicherweise haben Sie im Gesetz- und Verordnungsblatt nachgeschlagen. Ich habe mich schon immer darüber geärgert, dass das so klein geschrieben ist.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Nacke. Damit wäre auch diese Frage geklärt. Das ist sehr schön.

Zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Bode zu Wort gemeldet.

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung desinfizieren das Redepult)

Herr Kollege, wenn Sie das Saalmikrofon nehmen, können Sie gleich durchstarten.

Das mache ich gerne.

Lieber Kollege Nacke, die Aussage, die Sie eben gemacht haben, zeigt schon, dass wir ein echtes Problem haben, wie wir mit einer nicht verständlichen Rechtsverordnung reagieren und dann mit unabgestimmten, noch nicht abschließend ausdiskutierten Aussagen der Landesregierung arbeiten müssen.

Wenn es so wäre, dass Herr Minister Althusmann vorher gesagt hätte, es komme darauf an, ob man mehr Speisen oder mehr Getränke verkauft, und nicht gesagt hätte, es komme darauf an, was in der Konzession steht, hätte man ja die Frage stellen können, wer das eigentlich feststellt, welche Ermessensspielräume es gibt und wo das nachzulesen ist.

Auf der Seite des MS bei den FAQs ist dazu leider nichts zu finden. Es ist so, dass ab heute ein Mitarbeiter des Gesundheitsamts oder des Ordnungsamtes kommt und selber individuell schätzt, was der Gastronom eventuell demnächst verkaufen und was der Kunde eventuell in der Zukunft nehmen würde, weil es diese Differenzierungen und Vorgaben tatsächlich nicht gibt. Dieses Verfahren ist so intransparent und nicht nachvollziehbar, dass sich niemand vernünftig darauf einstellen kann.

Von daher komme ich zu der Einschätzung, die übrigens Ihr Kollege Schepelmann am Sonntag in

Celle öffentlich geteilt hat: Das, was wir hier erleben, gerade im Gastronomiebereich, ist Willkür.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Herr Kollege Nacke möchte antworten. Bitte schön!

Herr Präsident! Herr Kollege Bode, Sie tun es immer und immer wieder. Es ist völlig unschlüssig, wie Sie hier argumentieren. Einerseits sagen Sie: Wir müssen ganz frühzeitig informiert werden. Wir müssen informiert werden, bevor die Verordnung überhaupt in Kraft tritt.

(Wiard Siebels [SPD]: Genau! Und wenn sich dann etwas ändert, ist es auch verkehrt!)

Und wenn Sie informiert werden, aber anschließend in der Verordnung nicht alles exakt so geregelt ist, wie es zuvor dargestellt wurde - der Minister hat ausführlich dargestellt, dass es noch einen weiteren Entscheidungsprozess bis zur Veröffentlichung der Verordnung gegeben hat -, dann kritisieren Sie das alles andererseits als unausgegoren und nicht abgestimmt.

Entscheidend ist natürlich - klar! -, was in der Verordnung steht. Und eine Verordnung, die einen solchen Sachverhalt regelt, kann doch gar nicht anders erlassen werden als mit unbestimmten Rechtsbegriffen, die ausgelegt werden müssen, und zwar durch den Rechtsanwender. Und der Rechtsanwender ist der Gastronom selbst, der sich an die Verordnung halten will, insbesondere aber natürlich auch die Behörde, die die Einhaltung überprüfen muss. Diese Behörde muss den unbestimmten Rechtsbegriff auslegen, und das tut sie anhand von Informationen, die u. a. vom Ministerium zur Verfügung gestellt werden. So funktioniert Verwaltung in diesem Land nun einmal. Alles vernünftig, alles richtig, alles in Ordnung und alles sehr, sehr schnell und manchmal deswegen sehr durcheinander.

Ich habe mit vielen Gastronomen gesprochen; Sie sind ganz bestimmt nicht der einzige Ansprechpartner, der zur Verfügung steht. Der Kollege Birkner hat völlig zu Recht auf die Verantwortung von Wahlkreisabgeordneten hingewiesen, die im Moment dafür Sorge tragen, dass alle Informationen aus der Landesregierung in die Fläche hineingetragen werden. Insbesondere tragen sie aber auch

dafür Sorge, dass die Informationen, die Sorgen und Nöte der Menschen aus der Fläche zur Landesregierung getragen werden, damit darauf eingegangen und reagiert werden kann. Und das passiert fortlaufend!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Nacke.

Mir liegen jetzt tatsächlich keine weiteren Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 5 vor.

(Wiard Siebels [SPD]: Kaum haben wir eine Stunde überzogen, schon gibt es keine neuen Wortmeldungen!)