Ich erinnere einmal an die jetzige Gesetzeslage, Herr Limburg. Danach darf man Vertrauensleute bei Beobachtungsobjekten mit erheblicher Bedeutung einsetzen.
Im Übrigen, Herr Wichmann, heißt der Text: „auf Gewalt gerichtet oder aus anderen erheblichen Gründen.“ Das bedeutet: Das, was Sie im Rundblick an möglichen erheblichen Gründen zu Notiz getragen haben, ist heute bereits Gesetzeslage und auch heute schon möglich, um einen Einsatz von Vertrauensleuten zu begründen.
Die Gesetzeslage besagt zudem, dass Beobachtungsobjekte von nicht erheblicher Bedeutung keinen Einsatz von Vertrauenspersonen erlauben. Aber - und jetzt kommt es, Herr Limburg -: Bei Verdachtsobjekten, bei denen noch nicht die er
hebliche Bedeutung festgestellt werden konnte, kann vorübergehend eine Vertrauensperson eingesetzt werden.
Bei Verdachtsobjekten braucht man Anhaltspunkte, bei Beobachtungsobjekten Tatsachen für extremistische Bestrebungen. Das heißt: Wir haben ehrlicherweise bereits nach der jetzt geltenden Gesetzeslage eine gewisse Unlogik.
Der Einsatz von V-Leuten ist eines der wichtigsten nachrichtendienstlichen Mittel. Das gilt insbesondere auch - insofern, Herr Wichmann, habe ich mich über Ihre Kritik gewundert -, um genau in den Vereinigungen im Umfeld Ihrer Partei, mit denen Teile Ihrer Partei vernetzt sind - Sie sehen es mir nach, dass ich das hier darstelle -, um genau in diesem Bereich des Rechtsextremismus an wichtige und bedeutende Informationen zu gelangen.
Der Einsatz von V-Leuten ist eines der wichtigsten nachrichtendienstlichen Mittel, um Rechtsextremismus wirksam zu bekämpfen.
Entnehme ich Ihren Ausführungen, dass Sie ausschließlich in diese Richtung blicken wollen, oder möchten Sie das noch ergänzen?
Nein, Herr Wichmann, meine Ausführungen besagen, dass wir insbesondere auch in diese Richtung blicken wollen. Das haben wir in mehreren Debatten klargemacht. Ich wollte Ihnen nur zurufen, dass die Nervosität, die Sie im Rundblick gezeigt haben, für uns keine Warnung ist, auf dem falschen Weg zu sein, sondern eher Bestätigung dafür, mit der Ausweitung dieses Instruments auf dem richtigen Weg zu sein.
Was dazu gehört, hat der Minister richtigerweise dargestellt: Jedes Beobachtungsobjekt, bei dem Vertrauensleute eingesetzt werden sollen, muss durch die G 10-Kommission freigegeben werden. Auch die Verlängerung der Beobachtung dieses Beobachtungsobjektes muss durch die G 10-Kommission bestätigt werden.
Insofern haben wir den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als mögliche Grenze und die Bestätigung durch die G 10-Kommission. Damit ist das alles andere als willkürlich. Ich habe großes Vertrauen in die G 10-Kommission und in all diejenigen, die dort arbeiten, dass sie mit großem Augenmaß die Entscheidung treffen werden.
Zweitens werden wir den Auskunftsanspruch begrenzen - da haben Sie recht, Herr Limburg -, allerdings auf eine Regelung, die Sie exakt so in § 15 des Bundesverfassungsschutzgesetzes finden. Das heißt, wir gehen in Niedersachsen keinen Sonderweg. Es ist vielmehr umgekehrt: Wir korrigieren einen niedersächsischen Sonderweg aus der Vergangenheit. Die Regelung, die wir bisher im Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetz haben, gibt es in keinem anderen Bundesland und auch nicht im Bund. Insofern ist es richtig, dass wir diesem Zustand abhelfen.
Sie müssen sich einmal überlegen, dass man in Niedersachsen über die Herkunft der Daten Auskunft geben musste. Das bedeutete im Kern: Auskunft zu geben über das nachrichtendienstliche Mittel, mit dem diese Daten erhoben wurde.
- Ja, aber so steht es im Gesetz. Der Verfassungsschutz muss auch darüber Auskunft geben, wer die Daten empfangen hat.
Es gibt kaum Anforderungen zu der Frage, wann man diese Auskunftsersuchen stellen kann, und es ist kein Geheimnis, Herr Limburg, dass es durch
aus interessierte Kreise, auch Anwaltskanzleien, gibt, die den Niedersächsischen Verfassungsschutz systematisch und strategisch mit Auskunftsersuchen überziehen, und zwar mit dem Ziel, die operative Arbeit dieser Abteilung zu behindern und daraus Informationen über eventuelle Einsatzziele des Verfassungsschutzes zu gewinnen. Das geht nicht, dem muss ein Riegel vorgeschoben werden!
Drittens: Es ist vielleicht noch nicht aufgefallen, aber für uns als CDU-Fraktion ist es ein durchaus wichtiger Punkt, der § 11 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes betrifft, als wir die Verhandlungen mit dem Bund geführt haben im Zusammenhang mit der eingebrachten Gesetzesnovelle zur Abänderung des G 10-Gesetzes im Bund.
Ich muss einschränkend und schmerzhaft sagen, dass wir uns im Rahmen der Novellierung des G 10-Gesetzes nicht nur die Quellen-TKÜ hätten vorstellen können, sondern auch die Onlinedurchsuchung. Wenn diese Gesetzesvorlage im Bund verabschiedet wird, dann werden auch wir über § 11 des Niedersächsischen Verfassungsschutzgesetzes die Quellen-TKÜ in Niedersachsen einsetzen können. Das ist ein ganz wichtiges Instrument.
Sie wissen, ich bin ein Befürworter von Onlinedurchsuchungen und Quellen-TKÜ. Wir müssen aber dafür Sorge tragen, dass unser Verfassungsschutz in den digitalen Zeiten die gleichen Kompetenzen und Rechte hat, die er früher in den analogen Zeiten hatte. Ich freue mich darauf, dass das dann geht. Das wird ein wichtiger Fortschritt in Niedersachsen sein.
Vielen Dank, Herr Kollege Lechner, dass Sie die Zwischenfrage, die Ihnen eine Trinkpause ermöglichen sollte, zulassen.
Darf ich Ihre letzten Ausführungen so verstehen, dass Sie allen Ernstes der Auffassung sind, dass die physische Haus- und Wohnungsdurchsuchung, die immer nur unter Anwesenheit von Zeuginnen und Zeugen zulässig ist, mit einer heimlichen Onlinedurchsuchung gleichzusetzen ist, bei der die betroffene Person nicht einmal erfährt, dass die Onlinedurchsuchungen stattgefunden hat, und sie insofern auch keine Rechtsmittel einlegen kann?
Nein, das ist nicht gleichzusetzen. Das dürfen Sie daraus auch nicht lesen. Es gibt aber durchaus andere Einsatzzwecke der Onlinedurchsuchung. Im Übrigen finden Sie jetzt - zu meinem Schmerze - in der Bundesnovelle auch keine Onlinedurchsuchung, sondern nur die Quellen-TKÜ.
Ich glaube aber, dass wir über kurz oder lang diese Instrumente benötigen werden, und zwar auch im nachrichtendienstlichen Bereich. Zur Begründung gebe ich Ihnen ein Beispiel: Wenn Sie heute einen Computer feststellen, um daraus wichtige Informationen zu extrahieren, werden Sie in der Regel keine mehr finden, weil derjenige diese Informationen, während er am Computer saß, auf Servern in der ganzen Welt abgespeichert hat, auf die Sie keinen Zugriff haben. Das bedeutet im Kern, dass Sie nur eine einzige Chance haben, an diese Informationen zu gelangen, nämlich zu dem Zeitpunkt, zu dem er vor dem Computer sitzt.
Das ist Fakt. Insofern sind wir als CDU-Fraktion der Überzeugung: Auch wenn es jetzt nur die Quellen-TKÜ ist, werden wir in Zukunft auch im Bereich des Verfassungsschutzes die Onlinedurchsuchung benötigen.
Alles in allem ist diese Gesetzesänderung mit diesen drei wichtigen Punkten eine Gesetzesänderung mit Augenmaß. Wir werden dem Verfassungsschutz in Niedersachsen dadurch eine schlagkräftigere Grundlage geben. Es ist eine Grundlage, die auch im operativen Bereich - auch durch die Verlängerung der Prüfungsfristen - viel bürokratischen Aufwand wird vermeiden können. Am Ende werden die Arbeit des Verfassungsschutzes, seine Effektivität und Zielgenauigkeit dadurch verbessert. Insofern ist das eine gute Vorlage.
Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss und am Ende auf ein gutes Gesetz für Niedersachsen und den Verfassungsschutz.
Vielen Dank, Kollege Lechner. - Für die FDPFraktion hat sich der Abgeordnete Dr. Birkner zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich in dieser ersten Lesung auf die drei, aus meiner Sicht wesentlichen Punkte dieses Gesetzentwurfes konzentrieren.
Zunächst ist die Herabsetzung des Alters auf 14 Jahre zu nennen. Das tragen wir als FDP-Fraktion grundsätzlich mit. Wir werden uns in den Ausschussberatungen sicherlich sehr genau anschauen müssen, wo und wie die Grenzen tatsächlich verlaufen. Das ist eine nach unserer Auffassung sicherlich richtige Konsequenz aus den Erkenntnissen, die wir auch im Rahmen des Untersuchungsausschusses in der vergangenen Legislaturperiode zu salafistischen Aktivitäten in Niedersachsen zu ziehen haben.
Der zweite Punkt, zu dem ich etwas sagen möchte, betrifft die Streichung der Voraussetzung der „erheblichen Bedeutung“ für den Einsatz von Vertrauenspersonen. Ich bin mir nicht ganz sicher, sehr geehrter Herr Kollege Lechner und sehr geehrter Herr Minister, ob Sie da den Leuten nicht Sand in die Augen streuen. Denn - der Herr Minister hat es gesagt - es muss natürlich weiterhin eine Abstufung stattfinden. Das wird nicht bei jedem Verdachtsobjekt oder Beobachtungsobjekt der Fall sein, sondern das wird man nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen bewerten müssen. Das muss zunächst die Behörde machen, und dann wird das in der G 10-Kommission geprüft werden. Und welchen Maßstab wird die G 10-Kommission wohl anlegen? - Den der erheblichen Bedeutung!
Am Ende werden wir also genau dahin kommen, wo wir jetzt schon sind, nur dass der Gesetzgeber den Maßstab jetzt definiert hat und der Behörde künftig sagt: Überleg dir mal was! Mach mal eine Einzelfallbetrachtung oder sonst was. - Und die G 10-Kommission darf sich das dann irgendwie selbst erarbeiten, ohne dass sich der Gesetzgeber