Ich habe mich gefragt, was der Ministerpräsident mit „mehr“ meint. Wir sind bei null. Wir haben aber, Herr Ministerpräsident - ich unterstütze Ihre Forderung voll und ganz -, nach übereinstimmender Ansicht hier in diesem Hause 350 Wölfe in diesem Lande. Das Landvolk und die betroffenen Verbände sagen, das sei die gerade noch erträgliche Obergrenze, sonst sei es vorbei mit der Weidetierhaltung. Wenn Sie diese absolute Grenze halten wollen, müssen Sie 120 Wölfe pro Jahr schießen, keinen weniger. Wie Sie das bewerkstelligen wollen, ist uns ein Rätsel, weil Sie bisher nichts, absolut nichts, auf den Weg gebracht haben.
Ich habe das Problem mit der Individualisierung eben dargestellt, Herr Minister. Sie müssten die Tiere wenigstens besendern, dann könnte man vielleicht einen erkennen und ihn dann entsprechend ansprechen.
Wir nennen Ihnen also noch einmal klipp und klar die Schritte, die wir hier mehrfach diskutiert haben:
Sie müssen dringend eine Bundesratsinitiative starten, den günstigen Erhaltungszustand der Wolfspopulation offiziell anzuerkennen. Dafür ist die Bundesregierung zuständig, wie Sie selbst hier bekannt haben. Sie müssen eine Bundesratsinitiative starten, um die Aufnahme des Wolfes in den Anhang V der FFH-Richtlinie auf europäischer Ebene über die Bundesebene zu initiieren.
Sie müssen die Untergrenze für den Wolfsbestand in Niedersachsen definieren. Das haben wir hier auch schon diskutiert.
Und wir brauchen dringend, sofort und auf der Stelle ein wirksames Wolfsmanagement, um die Zahl der Wölfe zu begrenzen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Grupe. - Für die CDU-Fraktion liegt eine Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Frank Schmädeke vor. Bitte schön, Herr Dr. Schmädeke!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Abschließende Beratung - das hoffe ich sehr.
Erst kürzlich, meine Damen und Herren, habe ich hier zur angeblich verfehlten Wolfspolitik der Regierung und deren Auswirkungen auf das Pferdeland Niedersachsen ausführen dürfen. Heute steht „Wolf und Schaf“ auf der Tagesordnung. Der Kollege Hermann Grupe hat das Pferd eben noch schnell hinzugefügt. Das zeigt schon, wie überholt der Antrag eigentlich ist. Aber sei es drum!
Minister Olaf Lies hat in der letzten Debatte ausdrücklich klargestellt, dass es keinen Unterschied macht, welche Nutztiere dem Wolf zum Opfer fallen. Wir wollen solche Übergriffe generell abstellen. Die Regierungskoalition hat sehr intensiv tragfähige Möglichkeiten ausgearbeitet, um Wölfe in Niedersachsen vernünftig und nachhaltig managen zu können.
Mit Ihren populistischen Forderungen, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, würden wir alle spätestens in der Umsetzung Schiffbruch erleiden.
- Was ich meine? Man kann die Forderung aufstellen: Ich muss im Hintergrund Arbeit leisten, damit das Schwert, wenn wir etwas umsetzen, auch geschärft ist.
Wir brauchen ein auf allen Ebenen, also von Hannover über Berlin bis Brüssel, abgestimmtes und vor allem umsetzbares Maßnahmenpaket. Und das bereiten wir - und zwar die in Verantwortung stehenden Fraktionen der CDU und der SPD - gerade vor: ein regulatorisches Werkzeug, um ein vernünftiges und tolerantes Nebeneinander von Menschen, Nutz- und Weidetieren und Wölfen zu ermöglichen. Dazu leisten wir wichtige Überzeugungsarbeit, in die sich dankenswerterweise auch unser Ministerpräsident Stephan Weil eingebracht hat.
Herr Weil, in einem Interview - wie haben es eben schon gehört; ich habe es etwas anders wahrgenommen - haben Sie kürzlich unmissverständlich dazu aufgefordert, auffällige Wölfe zukünftig schnell oder schneller abzuschießen, um Nutztiere besser vor Rissen zu schützen.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Da muss er selber lachen! - Christian Meyer [GRÜNE]: Das ist Kritik am Umwelt- minister!)
Dafür bedanken wir uns ausdrücklich. Es hat nämlich Gewicht, wenn sich der Ministerpräsident klar positioniert und auch betont:
„So mancher Städter spricht über den Wolf wie von einem Kuscheltier. Die Realität sieht anders aus.“
Gemeinsam mit Olaf Lies haben Sie darüber hinaus Ihren Unmut darüber zum Ausdruck gebracht, dass eine höhere Anzahl von Abschüssen bis dato nicht möglich war. Dafür habe ich eine Erklärung: Die fehlende Rechtssicherheit unserer Jagdausübungsberechtigten und deren Angst vor drohenden Repressalien durch sogenannte Wolfsfreunde dürften die Hauptursache dafür sein.
Für ein effektives Wolfsmanagement muss akzeptiert werden, dass der gute Erhaltungszustand in Deutschland erreicht ist. Auch Hermann Grupe hat es eben gesagt.
Dabei zählen wir natürlich auch auf die Unterstützung von Brüssel. Unsere EU-Abgeordneten haben unserer Bundesministerin in einem Schreiben ausführlich dargelegt, dass die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie zwar den Wolf schützt und jeden Mitgliedstaat verpflichtet, den günstigen Erhaltungszustand herzustellen. Sie haben aber auch formuliert, dass die Feststellung dieses Erhaltungszustandes den Mitgliedstaaten obliegt.
Die Richtlinie sieht ausdrücklich vor, eine Entnahme und Tötung von Wölfen im Rahmen von Ausnahmegenehmigungen zu erlauben, wenn der günstige Erhaltungszustand erreicht ist. Das Bundesumweltministerium wird in diesem Schreiben aufgefordert, endlich Regeln für einen günstigen Erhaltungszustand zu finden. Die Zeit dafür ist mehr als reif!
Nicht nur Niedersachsen erwartet jetzt eine zügige Umsetzung aus Berlin; denn der Status „streng geschützte Art“ im Bundesnaturschutzgesetz
Meine Damen und Herren, 845 Nutztieropfer wurden dem Wolf in Niedersachsen in den vergangenen Monitoringjahren 2019 und 2020 zugeordnet und nachgewiesen. Gut 400 waren es im Erhebungsjahr zuvor. Das ist ein exponentieller Anstieg. Im laufenden Monitoringjahr 2021 werden wir eine vierstellige Zahl haben - plus der erheblichen Dunkelziffer, weil aus Angst vor Repressalien nicht mehr gemeldet wird. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Nach den aktuellen Monitoringdaten von Ende April entfallen 72 der 334 bundesweit nachgewiesenen adulten und geschlechtsreifen Wölfe auf Niedersachsen. Das sind 20 %.
In der Konsequenz dieser Zahlen werden wir in Kürze einen Entschließungsantrag mit folgenden Kerninhalten vorlegen:
Die Bundesrepublik Deutschland soll nach dem französischen Vorbild eine Untergrenze für die Wolfspopulation festlegen.
Im weiteren Vorgehen sollte Niedersachsen eine Bundesratsinitiative starten, die exakt das französische Modell zum Ziel hat.
Bei einer bundesweiten Untergrenze von 500 adulten Wölfen dürfte für Niedersachsen mit den derzeit 72 nachgewiesenen adulten Wölfen die Untergrenze damit erreicht sein. Zu der Zahl von 72 adulten Wölfen muss man immer auch sagen, dass die jungen Wölfe nachwachsen und in zwei Jahren auch adult sind.
Meine Damen und Herren, wir wollen erreichen, dass überzählige Wölfe nicht nach der Rasenmähermethode entnommen werden. Nein, wir wollen, dass eine klar definierte Untergrenze uns die Möglichkeit bietet, Problemwölfe -
- oder auch ganze Problemrudel unbürokratisch, rechtssicher und zeitnah mithilfe unserer Jagdausübungsberechtigten zu entnehmen.
Vielen Dank. Jetzt muss ich Sie aber leider unterbrechen. Sie haben die Redezeit jetzt schon eine halbe Minute überzogen.
Ich bitte daher, der Empfehlung des Agrarausschusses zu folgen und den Antrag der FDP abzulehnen, da dieser bereits überholt wurde.