Protokoll der Sitzung vom 08.10.2020

Wir können es uns nicht vorstellen, dass sich Raketenkrach und Treibstoffwolken mit dem Klima- und Umweltschutz vereinbaren lassen. Wir erwarten von der Landesregierung ganz klar, dass sie die Pläne kritisch bewertet - und ihnen eine klare Absage erteilt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aus europäischer Sicht ist es unverständlich, dass wir in Europa einen zweiten Weltraumbahnhof benötigen sollten. Wer die Wirtschaft in Niedersachsen fit für die Zukunft machen will, der richtet seine Wirtschaftsförderung klug aus - und zwar an sozial-ökologischen Kriterien.

Vielen Dank.

Herr Kollege Schulz-Hendel, bleiben Sie bitte hier. Es liegt eine Kurzintervention des Abgeordneten Bode nach § 77 unserer Geschäftsordnung vor.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Muss ich darauf antworten?)

- Da haben Sie die freie Wahl. Sie haben die Möglichkeit, 90 Sekunden lang darauf zu antworten, Sie können es aber auch sein lassen. Aber lassen Sie ihn erst einmal sprechen.

Bitte!

Er weiß doch gar nicht, was jetzt kommt.

Lieber Kollege Schulz-Hendel, man kann doch nicht immer nur die Bedenken nach vorne stellen! Das unterscheidet uns voneinander, und das finde ich schade, weil ich Sie wirklich sehr schätze. Man muss doch auch mal eine optimistische Zukunftsvision haben und schauen, was man tatsächlich hinkriegen kann.

(Beifall bei der FDP - Dr. Stefan Birk- ner [FDP]: So ist es!)

Natürlich gibt es die Probleme mit den Nutzungsbeschränkungen durch die Offshorewindenergie oder im Blick auf die Naturschutzgebiete in der Nordsee. Aber Probleme mit Naturschutzgebieten habe ich doch überall, egal wohin ich schaue.

Man muss doch zumindest einmal prüfen, ob es tatsächlich geht, und nicht von vornherein sagen, dass das doch eh nicht geht. Hätten die Menschen immer gesagt „Das geht doch alles eh nicht!“, hätte es keinen Fortschritt gegeben und wäre auch nichts modernisiert worden. - Die Hummel würde übrigens auch nicht fliegen, wenn sie gewusst hätte, dass sie das physikalisch gesehen eigentlich gar nicht kann, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber die ist einfach losgeflogen.

Genauso ist es hier! Hätte man beispielsweise im Laser Zentrum Hannover von vornherein gesagt, dass man die Marsmissionen nicht zu unterstützen braucht, weil das mit der Lasertechnik heutzutage technologisch noch gar nicht geht, dann hätte man gar nicht erst angefangen.

Wir wollen, dass man anfängt, dass man diese Chancen ergreift, dass man das Bundesland Bremen und den Bund unterhakt und hier in Niedersachsen die Chance auf eine Zukunftstechnologie beheimatet - die dann ja auch die Klimaforschung nach vorne bringen würde. Und dass die Grünen die Grundlage für die Klimaforschung nicht im eigenen Land haben wollen, kann ich überhaupt nicht verstehen.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben sich entschieden, darauf zu antworten. Ebenfalls 90 Sekunden!

Frau Präsidentin! Lieber Jörg Bode, Sie bleiben auch weiterhin mein geschätzter Kollege, auch

wenn ich Ihnen jetzt vielleicht noch einmal deutlich machen muss, wie groß mein Optimismus in vielen Dingen tatsächlich ist.

Wenn ich die 4 Millionen Euro nehme, die die Landesregierung zusätzlich für die Raumfahrt ausgeben will - was könnte man damit alles machen? Kostenlose Beförderung für alle Schüler, Einführung eines Schüler- und Azubi-Tickets, eine zukunftsorientierte Mobilitätswende!

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Ich bin optimistisch, dass wir in den Haushaltsberatungen über all das sprechen können, was diese Landesregierung unter dem Feigenblatt der

Corona-Pandemie beerdigt haben möchte, weil sie nichts davon hält und weil sie sich an ihre Versprechungen nicht erinnern kann.

Mein Optimismus geht dahin, dass wir diese Gelegenheit nutzen - im Rahmen Ihres Antrages, Herr Bode, aber auch im Rahmen der Haushaltsberatungen -, um zur Vernunft zu kommen und über die wirklich notwendigen Dinge in diesem Land zu sprechen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Abgeordneter Bäumer, es war leider nicht möglich, eine Zwischenfrage zuzulassen; das war die Reaktion auf eine Kurzintervention.

Jetzt erteile das Wort dem Kollegen von der CDUFraktion, dem Abgeordneten Thiemo Röhler. Bitte schön, Herr Abgeordneter Röhler!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der FDP-Fraktion eigentlich ganz dankbar für die Einreichung dieses Antrages.

Ich will mich dem Kollegen Bode anschließen, der vorhin gesagt hat: Das ist keine Science-Fiction.

Man könnte es aber am Anfang glauben, wenn man die Überschrift dieses Antrages liest. Ich habe vor einigen Tagen in meinem Freundeskreis darüber berichtet, dass ich heute zu diesem Punkt hier sprechen werde. Wer sich damit nicht so beschäftigt, der reagiert so wie meine Freunde. Die haben mich nämlich sofort gefragt, ob man auf diesem Bahnhof auch umsteigen kann und ob es

da einen Geldautomaten gibt, damit man sich mit Liquidität eindecken kann.

Aber Spaß beiseite! Es ist ein ernstes Thema, und es ist - da möchte ich dem Kollegen Schulz-Hendel dann doch widersprechen - ein wichtiges Thema.

Herr Kollege Schulz-Hendel, ich wusste gar nicht, dass Sie so innovationsfeindlich und wirtschaftsfeindlich sind, wie Sie sich hier gerade gegeben haben. Wenn Sie immer gleich sagen, es geht alles gar nicht, wir wollen nur noch Fahrrad fahren in diesem Land, dann werden wir wirtschaftlich irgendwann am Ende stehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir werden keine Arbeitsplätze mehr in diesem Land haben. Wir werden keine Steuereinnahmen mehr in diesem Land haben. Wir werden im Übrigen all das, was Sie gerade aufgezählt haben - was man finanzieren könnte -, gar nicht mehr finanzieren können, weil der Haushalt dies alles dann nicht mehr hergeben kann.

Es ist richtig, dass wir bisher an Standorte wie Baikonur, Cape Canaveral und Kourou denken, wenn wir über Weltraumbahnhöfe sprechen. Aber - das kann ich als Abgeordneter aus dem Landkreis Cuxhaven schildern - auch bei uns an der Nordsee wird schon sehr aktiv über genau diese Möglichkeit geredet. Wir haben nämlich den Militärflughafen Cuxhaven/Nordholz, der sich schon als Standort für einen Weltraumbahnhof beworben hat.

Natürlich stellt sich immer die Frage - auch Herrn Bode habe ich nicht anders verstanden -: Muss man einen Offshorestandort wählen? Kann man vielleicht auch einen vorhandenen Flugplatz nutzen?

Es stellt sich natürlich auch die Frage: Was bringt denn die Privatwirtschaft ein? - Natürlich wird es ein privates Betreibermodell geben müssen, weil es nicht sein kann, dass der Staat etwas bezahlt, was die Privatwirtschaft nicht bezahlen und betreiben kann.

Der BDI schlägt einen deutschen Weltraumbahnhof vor. Es ist richtig, die Bundesregierung aufzufordern, diesen Vorschlag wenigstens einmal zu prüfen. Das Ergebnis kann sein: Das wird nicht funktionieren, aus naturschutzrechtlichen Gründen oder aus was für Gründen auch immer. - Aber die Prüfung müssen wir durchführen.

Ich plädiere aber dafür - da muss ich der FDP vielleicht ein wenig widersprechen -, erst einmal die Bundesregierung diese Prüfung machen zu las

sen, bevor wir gegebenenfalls einsteigen. Viele Köche verderben ja hier und da den Brei. Von daher wäre es sicherlich besser, den Vorschlag erst einmal prüfen zu lassen und dann auf der Grundlage der Erkenntnisse des Bundes gemeinsam einzusteigen, um die Chancen, die sich daraus für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen ergeben, zu nutzen. Das ist zumindest mein Credo.

Ich will das vielleicht noch einmal sagen: Der Flughafen Cuxhaven/Nordholz - eigentlich ein Militärflughafen, der aber zivil mitgenutzt wird - liegt in einer Region, von der aus man keine weiteren Länder überfliegen müsste. Er liegt in einer Region, von der aus man auch keine Ortschaften überfliegen müsste.

Trotzdem ist ein Weltraumbahnhof natürlich auch dort kein Selbstgänger. Denn ringsherum gibt es touristische Gebiete, Naturschutzgebiete und dergleichen.

Aber all das muss man prüfen. Ich bin da wirklich sehr offen. Deswegen freue ich mich auf die anstehenden Beratungen im Ausschuss.

Die Niedersächsische Landesregierung hat bisher keine Passivität gezeigt. Wir haben eben gerade vom Kollegen Bode gehört: Der AeroSpacePark am Standort Trauen ist gerade erst eröffnet worden. Das zeigt, dass die Niedersächsische Landesregierung die Chancen erkannt und angefangen hat, in diese Richtung zu denken. Das wird man ausbauen müssen. Es gibt mittlerweile ein Förderprogramm des Wirtschaftsministeriums für die Luft- und Raumfahrt.

All das geht in die richtige Richtung. Das sollten wir nutzen. Wir sollten uns darüber freuen und das aktiv-positiv begleiten.

Ich freue mich auf die weiteren Beratungen.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)