Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, muss ich Ihnen noch Folgendes mitteilen – daran erkennen Sie, dass dieses Präsidium immer sehr objektiv arbeitet –: Der Abgeordnete Sagel hat in der Plenarsitzung am 18. Juni 2008 zum Tagesordnungspunkt 6 einen Zwischenruf getätigt, der im Protokoll mit „Stasi-Taktik“ festgehalten wurde. Unser Präsidiumskollege Vizepräsident Keymis hat diesen Zwischenruf am nächsten Tag gerügt.
Dieser Eintrag beruht aber möglicherweise auf einem Hörfehler. Daher sind eine Korrektur im Protokoll geboten und die daraus folgende Rüge zurückzunehmen, was ich hiermit tue. Wir wollen ehrlich und gerecht sein. (Siehe dazu auch Seite 11934)
8 Den Ankündigungen von Verkehrsminister Oliver Wittke müssen Taten folgen: Die NRWLandesregierung darf die zum 01.01.2009 geplante Erhöhung der LKW-Maut im Bundesrat nicht blockieren!
Ich eröffne die Beratung. Für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält der Abgeordnete Becker das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die LKW-Maut geht auch uns in Nordrhein-Westfalen etwas an, und zwar nicht nur deswegen, weil Nordrhein-Westfalen das von LKW am meisten betroffene Bundesland ist und weil auf den Autobahnen in NRW nach wie vor die meisten Staus sind, obwohl immer wieder etwas anderes behauptet wird, sondern auch, weil natürlich aus den Mauteinnahmen Verkehrsinfrastruktur finanziert werden soll. Ein Bundesland wie Nordrhein-Westfalen mit dieser Verkehrsinfrastruktur und seinen Problemen muss an einer ordentlichen Einnahme aus der Maut interessiert sein. Ich erinnere insbesondere an den Güterfernverkehr und den Güterverkehr auf der Schiene. Wir haben ja gestern über das Thema Eiserner Rhein beraten, aber auch die Themen Betuwe-Linie und Lärmschutz an der Linie beschäftigen uns immer wieder.
Ein solches Bundesland muss auch daran interessiert sein, dass eine Maut eine Steuerungswirkung zur Verdrängung der schadstoffreicheren Lkw und zur Förderung der schadstoffärmeren Lkw hat. Darüber hinaus muss dieses Bundesland natürlich auch ein Interesse daran haben, dass es für seine Verkehrsinfrastruktur ordentlich mit Finanzmitteln ausgestattet wird.
Vor dem Hintergrund, dass sich die Bundesregierung im Sommer 2007 auf der Kabinettsklausur in Meseburg dazu entschieden hat, aus all diesen Gründen die Maut zu erhöhen und dies im Juni diesen Jahres auch umgesetzt hat, und zwar genau das, was in Meseburg im Jahre 2007 beschlossen worden ist, verwundert es einen schon, dass der Verkehrsminister des Landes, der im April noch ausdrücklich gesagt hat, die Maut müsse erhöht werden und eine Steuerungswirkung bekommen, im Juni in den populistischen Chor insbesondere der Länder, die demnächst wählen, einstimmt und sagt: Maut? Schwierig. Darauf können sich die Speditionsfirmen nicht rechtzeitig einstellen. Die Maut muss später erhöht werden. Eine Spreizung für Euro 3 ist schwierig. Die wussten das nicht. Und das wird zu teuer. – Dabei fahren die meisten Lkw damit. Und was die Kosten angeht, gebe ich zu be
denken, dass man die Lkw mit Katalysatoren nachrüsten und die Maut entsprechend verringern könnte. Insbesondere verwundert, dass der Verkehrsminister sagt, das Land Nordrhein-Westfalen fordert, dass kein Cent aus den Mautmehreinnahmen in den Schienenbau, sondern ausschließlich in die Autobahninfrastruktur fließt.
der muss zu dem Ergebnis kommen: Diese Position schadet dem Land Nordrhein-Westfalen und seinen Bürgern.
Wir fordern Sie dringend auf, davon abzulassen, sich den Plänen der Bundesregierung, übrigens gerüchteweise einer Bundesregierung unter Beteiligung der CDU mit einer Kanzlerin der CDU, wieder anzunähern und einer vernünftigen Position anzunehmen, wie sie von dort beschrieben wird. Das ist selten genug, aber in diesem Fall ist es so. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Bernd Schulte das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Kern geht es bei diesem Antrag um den Entwurf der Verordnung zur Änderung autobahnmautrechtlicher Vorschriften und der Fahrzeugzulassungsverordnung. Es geht um drei Fragen: Wann wird eine Mauterhöhung in Kraft treten? Wie wird die vorgesehene Mautspreizung zwischen den einzelnen Schadstoffklassen gestaltet? In welchem Umfang kommt die Mauterhöhung dem Bundesfernstraßenbau zugute?
Zur Klärung dieser Fragen wurde eine Arbeitsgruppe der Verkehrsministerkonferenz eingerichtet, die einen für alle Bundesländer und für den Bund tragbaren Kompromiss erarbeiten soll. Es geht um die Frage, wie sich Nordrhein-Westfalen innerhalb dieser Kompromissfindung positioniert.
Die Auffassung, dass eine Verschiebung der Mauterhöhung vom 1. Januar 2009 auf den 1. Juli 2009 die ökologische Lenkungswirkung der Maut negativ beeinflussen würde, ist nicht stichhaltig, Herr Becker. Nicht die generelle Erhöhung wird infrage gestellt, sondern die unverhältnismäßig starke Anhebung der Mautsätze für schwere Lastwagen der Schadstoffklasse 3, die noch vor zwei Jahren Stand der Technik waren, aber erst nach fünf Jahren mit einem linearen Satz von jährlich 20 % abgeschrieben sind. Eine Nachrüstung mit Partikelfilter ist technisch nicht immer möglich, und aufgrund der
Dadurch fehlt insbesondere den kleinen Speditionsunternehmen in Nordrhein-Westfalen der ausreichende Verkaufserlös von Gebrauchtfahrzeugen, um in Fahrzeuge des neusten technischen Standes reinvestieren zu können. Da für den Logistikstandort Nordrhein-Westfalen das mittelständische Transport- und Speditionsgewerbe eine wichtige Branche ist, muss diesen Fakten Rechnung getragen werden.
Vor diesem Hintergrund bewirkt eine Verschiebung der Mauterhöhung die Möglichkeit, für diese Unternehmen steigende Energiekosten und erhöhte Mautsätze in die Preiskalkulation ab 1. Juli 2009 einbeziehen zu können. Die vom Bundesverkehrsminister vorgesehene starke Mautspreizung zwischen den Schadstoffklassen 5 und 3 sollte zwecks Ausschöpfung der steuerlichen Abschreibungsfrist für Fahrzeuge der Schadstoffklasse 3 bis zum Jahre 2011 reduziert werden. Wichtiger Bestandteil einer Kompromissfindung zwischen Bund und Ländern muss die Verstetigung der Mittel für die Verkehrsinfrastruktur sein.
Die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beklagt, dass die Überlegungen, die Mauterhöhung zu verschieben, zu erheblichen Einnahmeverlusten und damit zu einem Investitionsstau führten. Hier offenbart sich ein unredliches Spiel mit verdeckten Karten, das der Bundesverkehrsminister und die antragstellende Fraktion offensichtlich unbewusst gemeinsam betreiben. Bezüglich einer Mauterhöhung zum 1. Januar 2009 hat der Bundesverkehrsminister mit der wiederholten Korrektur der zu erwartenden Mautmehreinnahmen von Beginn an die Karten gegenüber den Bundesländern nicht offen auf den Tisch gelegt. Nach anfänglicher Nennung dreistelliger Millionenbeträge kletterte der Betrag auf rund 1 Milliarde €, der für zusätzliche Mehrinvestitionen in die Verkehrsinfrastruktur, insbesondere in die Bundesfernstraßen, zur Verfügung stehen sollte.
Die Bundesländer haben diese Angaben als zu niedrig bezeichnet, und der Bundesverkehrsminister musste nach erneuter Prüfung seine Einschätzung korrigieren und die Mehreinnahmen aus der Maut auf rund 1,5 Milliarden € heraufsetzen.
Der Haushaltsentwurf des Bundes für 2009 weist sogar Mehreinnahmen in Höhe von 1,618 Milliarden € aus. Diese Mittel werden allerdings nicht on top auf den Verkehrsetat und schon gar nicht auf die Mittel für den Bundesfernstraßenbau aufgeschlagen. Vielmehr werden die konventionell steuerlichen Haushaltsmittel für den Bundesfernstraßenbau um 594 Millionen € gekürzt.
werden sollen, ist für die Bundesländer und insbesondere für Nordrhein-Westfalen nicht akzeptabel. Hier ist eine schleichende Verschiebung der Finanzierungsgrundlage des Bundesfernstraßenbaus von Steuern auf Gebühren festzustellen.
Wenn vor diesem Hintergrund der Bund die Finanzierung von Verkehrsmaßnahmen in NordrheinWestfalen infrage stellt oder verhindern will, dann muss man deutlich darauf hinweisen, dass die Verantwortung für eine solche Vorgehensweise beim Bund und nicht beim Land Nordrhein-Westfalen liegen würde.
Es wird wesentlich sein, dass die Länderarbeitsgruppe einen mehrheitsfähigen Beschluss vorbereitet, der auch den Belangen Nordrhein-Westfalens als Transitland und Logistikdrehscheibe gerecht wird.
Der Antrag der Grünen ist für diese Kompromissfindung keine gute Grundlage. Daher lehnen wir diesen Antrag ab. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind den Grünen dankbar dafür, noch einmal die Position der SPD darstellen zu können. Wir haben morgen eine entsprechende Bundesratssitzung vor uns, und wir sind gespannt, wie diese ausgeht.
Es ist ein sehr guter Entwurf, den Bundesverkehrsminister Tiefensee dort vorgelegt hat. Es ist ein Entwurf der Großen Koalition.
Diesen zarten Hinweis erlaube ich mir noch, Herr Kollege Schulte: Es ist sozusagen auch Ihr Werk – das Werk Ihrer Kanzlerin.
Es ist wichtig, mit dieser Weiterentwicklung der LkwMaut schnell fortzufahren. Denn wir müssen dahin kommen, dass die tatsächlichen Wegekosten auch eingepreist werden. Schwere Lkw verursachen nun einmal bereits heute einen Anteil von 45 % an den gesamten Wegekosten. Wir alle kennen die enormen Zuwachsraten zum Beispiel aus dem Masterplan Güterverkehr und Logistik, die laut Minister auch weit über 80 % sein werden.
Auch die von Ihnen so kritisierte Mautspreizung auf 100 % ist der richtige Ansatz, um zu Umrüstungen zu motivieren. Deswegen ist es sehr ärgerlich, wenn
Minister Wittke von einem Schnellschuss des Ministers Tiefensee spricht. Schließlich war er immer dabei, und er wusste, dass es zu einer Erhöhung der Maut kommen wird. Und er wusste auch, dass es zu einer Verstärkung der Spreizung auf eben 100 % kommen wird.
Das muss man sich vor Augen führen. Insofern ist es sehr interessant, dass er jetzt so tut, als ob ihn das alles nichts mehr angehen würde. Das muss man sich merken.
Im Übrigen fördert der Bund bereits massiv die Einführung von Partikelminderungssystemen für Lkws. Das hat auch schon Erfolge gezeitigt: Bereits 28.000 Lkws der Euro-5-Klasse haben von dieser Bundesförderung profitiert. Das zeigt eine enorme Steigerung in den letzten Jahren. Dann wäre es, Herr Schulte, doch sehr ungerecht, wenn man den Vorteil derjenigen, die frühzeitig umgerüstet haben, kaputtmachen würde, indem man die Frist ins Unendliche ausweiten würde.
Wir wissen um die Bedeutung des Lkw-Verkehrs auf unseren Fernstraßen. Ich sagte bereits, dass wir bis 2025 leider eine Steigerung um 84 % nur in diesem Segment erwarten müssen. So ist es auch richtig, dass die Hauptnutzer der Verkehrsinfrastruktur stärker zur Kasse gebeten werden – das ist gerecht –, und es muss zu einem stärkeren Ausbau der Verkehrswege insgesamt führen.
Herr Schulte, in diesem Zusammenhang verstehe ich die Position der CDU nicht. Sie wollen das Geld nämlich nur für die Straße verwenden. Ich halte das für falsch, und Ihr Minister selbst ist jemand, der sagt, dass wir eine ideologiefreie Verkehrsinvestitionspolitik machen müssen. Hier wäre die Förderung der Straße ein Beispiel, aber genauso die Förderung von Schiene und Wasserstraße, wo er seine ideologiefreie Politik tatsächlich beweisen könnte.