Protokoll der Sitzung vom 18.09.2008

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 14/7335, den Antrag Drucksache 14/5783 abzulehnen. Wer stimmt dieser Empfehlung zu? – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall.

(Zurufe von der SPD: Mehrheit! Hammel- sprung! – Heiterkeit von der SPD – Weitere Zurufe von der SPD)

Manche in diesem Hohen Hause mögen sich das so vorstellen. Aber wir haben das jetzt gemeinsam abgeschätzt. Die Mehrheit hat es auch diesmal geschafft zusammenzukommen. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und der Antrag mit den Stimmen von CDU und FDP abgelehnt.

(Zurufe)

Aber es scheint die Freude zu steigern.

(Heiterkeit)

Wir kommen zu:

11 Gesamtstaatliche Verantwortung für die Bildung stärken – „Bildungsgipfel“ darf kein Kaffeekränzchen werden

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/7456

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Frau Löhrmann das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Während jetzt einige zum Kaffeekränzchen gehen, möchten wir mit Ihnen über eine Sache diskutieren, die die Kanzlerin in letzter Zeit immerhin zur Chefinnensache gemacht hat, sehr zum Leidwesen der Ministerpräsidenten – auch unseres Ministerpräsidenten, der wieder einmal nicht anwesend ist –, nämlich zur Bildungspolitik. Ich zitiere aus der „Financial Times Deutschland“ vom 22. August 2008:

Wenn Merkel jetzt auf Bildungsreise geht, hat sie ihre größten Kritiker immer im Schlepptau – die gastgebenden Ministerpräsidenten: Nach Koch ist es Jürgen Rüttgers („Man darf nicht glauben, dass uns zentralistische Lösungen weiterhel- fen“),

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

später Günther Öttinger („Das mit dem Bil- dungsgipfel ist keine gute Idee“), schließlich Günther Beckstein („Entschiedener Wider- stand“).

Was die Ministerpräsidenten von drei nicht ganz unwichtigen Bundesländern vom Vorhaben der Kanzlerin halten, finde ich so bemerkenswert, dass man es hier einmal festhalten sollte.

Es ist festzustellen, dass die Kanzlerin die Bildungsrepublik ausruft, obwohl sie eine Königin ohne Land ist; denn der Bund hat auf Betreiben von FDP, CDU und SPD

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

die Kompetenz in der Bildung zentralstaatlich völlig verändert.

Ehe ich mich gleich noch einmal melde – ich finde es sehr wichtig, dass sich das größte Bundesland mit dieser Frage beschäftigt, absolut wichtig – möchte ich erst einmal eine Frage stellen – an wen auch immer von denen, die heute zu diesem Thema sprechen. Da geht es um Kinderbildung und Kinderbetreuung im Elementarbereich. Es geht um Fragen der Kinderbetreuung, der Kinderbildung im Elementarbereich, es geht um die Schulen, es geht um die Ausbildung, es geht um die Hochschulen. Welche Ressorts – Ihres, Frau Sommer, das von Herrn Laschet oder das von Herrn Pinkwart? – haben sich mit welchen Maßnahmen in die Vorbereitung des Bildungsgipfels eingebracht? Das möchte ich zunächst einmal von Ihnen wissen, dann komme ich gleich noch einmal ans Rednerpult.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Recker.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Bildungsgipfel, der am 22. Oktober stattfinden wird, können wir gemeinsam als eine großartige Chance begreifen, Bildung in Deutschland insgesamt voranzutreiben. Dass sich Frau Merkel persönlich in einem solchen Maße für die Bildung einsetzt und sich im Rahmen ihrer Bildungsreise über die Wege und Formen von Bildung in Deutschland kundig macht, zeigt deutlich, wie wichtig der Politik insgesamt Bildung ist und dass Bildung das Zukunftsthema in Deutschland ist und sein muss.

(Beifall von der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Frau Löhrmann, ich kann deutlich machen, dass wir wichtige Voraussetzungen in Nordrhein-Westfalen geschaffen haben. Die Schule ist ein wichtiger Baustein, wenn es um Bildung geht. Im Zuge der Föderalismusreform, Frau Löhrmann, wurde auch beschlossen, dass Schule Ländersache ist. Das werden wir gewiss erneut deutlich machen. Daran darf auch nicht gezweifelt werden,

(Beifall von der FDP)

weil ein gesunder Wettbewerb zwischen den Bundesländern letztlich der Qualität dient.

(Beifall von der FDP)

Es muss natürlich vernünftige Rahmenbedingungen geben, aber insgesamt ist Wettbewerb etwas Gesundes.

Bildung ist aber nicht Schule allein, meine Damen und Herren. Es ist notwendig, alle an Bildung beteiligten Organe und Institutionen an einen Tisch zu bringen und umfassende Bildungskonzepte über Länder- und Institutionsgrenzen hinweg zu schaffen.

Bildung beginnt im frühen Kindesalter und zieht sich durch alle Altersschichten. Um die richtige Grundlage für Bildung und lebenslanges Lernen zu schaffen, unterstützt die Landesregierung Eltern, Erzieher und Lehrer bei ihrer pädagogischen Arbeit.

Ich will nur in Erinnerung rufen, meine Damen und Herren: Die Landesregierung fördert Bildung und hat die frühkindliche Förderung mit dem Ausbau der Kinderbetreuung durch das KiBiz erheblich aufgewertet. Die Landesregierung hat mit Sprachstandserhebungen zwei Jahre vor der Einschulung bundesweit Maßstäbe gesetzt, damit Kinder über ausreichende sprachliche Kompetenzen verfügen, um dem Unterricht in der Schule überhaupt folgen zu können.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Was wollen Sie auf dem Bildungsgipfel machen? Das ist die Frage und nicht, was Sie hier machen!)

Sie wissen auch, dass wir zusätzliche Lehrer eingestellt haben, um einen Lehrkräftenotstand zu beheben, den Sie uns hinterlassen haben.

Des Weiteren, meine Damen und Herren, hat die Landesregierung den Ausbau von 160.000 neuen Studienanfängerplätzen bis 2020 und die Gründung von drei neuen sowie den Ausbau von fünf bestehenden Fachhochschulen auf den Weg gebracht und beschlossen.

Nicht zuletzt fördert die Landesregierung alle Schulformen und setzt sich für einen flächendeckenden Ganztag ein, was ja auch bundesweites Ziel ist.

Meine Damen und Herren, ein Bildungsgipfel, der alle am Lernen Beteiligten einbezieht, ermöglicht es uns, alle Anforderungen, die die unterschiedlichen Stufen der Bildung an die Menschen stellen, zu erfassen und entsprechende gemeinsame Qualitätskriterien zu schaffen. Jeder Mensch in Deutschland soll die Chance haben, seinen eigenen Lernhunger und Wissensdurst durch vielfältige Konzepte zu stillen.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Beer?

Bernhard Recker (CDU: Nein, ich möchte jetzt fortfahren. – Dazu gehört eine ausgewogene und hochwertige Frühförderung für die Kinder aller Gesellschaftsschichten schon im vorschulischen Alter. Dazu gehören professioneller und pädagogisch kompetenter Unterricht in allen Schulformen sowie eine hohe Durchlässigkeit im Schulsystem, damit Kinder jederzeit Aufstiegsmöglichkeiten haben. Dazu gehört auch eine verbesserte Betreuung für Studierende in den Hochschulen, besonders unter Berücksichtigung des Doppeljahrgangs im Jahre 2013. Nicht zu vergessen ist die Erwachsenenbildung, die

die weitere Grundlage für qualitätsorientiertes lebenslanges Lernen sichert.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz auf einige der von Ihnen eingebrachten Punkte eingehen. Mit Ihrer Schelte für das Elterngeld tun Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, ja gerade so, als ob jedes Kind, das nicht unter staatlicher Aufsicht aufwächst, schon ein Fall von Kindsvernachlässigung ist.

(Ralf Witzel [FDP]: So denken sie!)

Das Elterngeld soll dazu ermutigen, sich selbst um die Erziehung der Kinder zu kümmern und Zeit mit seinen Kindern zu verbringen. Eltern sollen die Wahl haben. Der Staat soll nicht vorschreiben, was zu Hause gilt.

(Beifall von CDU und FDP – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Der Ministerpräsident hat sich doch selbst gegen das Elterngeld ausgespro- chen!)

Der Hochschulpakt II ist längst beschlossene Sache. Wir setzen uns dafür ein, dass die notwendigen Maßnahmen zügig entwickelt werden und bis Ende des Jahres eine Vereinbarung mit dem Bund über die Finanzierung getroffen wird, damit die Hochschulen verlässlich planen können. Die Landesregierung wird mit den Hochschulen individuelle Konzepte erarbeiten, damit auch der doppelte Abiturjahrgang 2013 in unseren Hörsälen genügend Platz findet.

Nicht zuletzt hat der Bundesrat die Bundesregierung bereits aufgefordert, die ALG-II-Regelsätze für Kinder anzupassen, um die Versorgung mit Schulmahlzeiten zu gewährleisten.

Meine Damen und Herren, ich habe versucht deutlich zu machen, dass wir hier in NordrheinWestfalen umfassende Voraussetzungen geschaffen haben, sodass wir bei diesem Gipfel sehr wohl mit konkreten Vorschlägen auftreten können. Denn wir wissen: Bildung ist das Kapital der Zukunft und hat einen Wert, der mit Geld allein nicht zu bemessen ist. Wenn Deutschland seine Rolle als eine der führenden Industrie- und Forschungsnationen bewahren will, müssen wir jetzt umfassend handeln. Das Engagement der Kanzlerin setzt dahin gehend wichtige Maßstäbe, denen wir uns in NordrheinWestfalen gerne anschließen wollen. Deshalb brauchen wir Ihren Antrag nicht und werden ihn ablehnen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Recker. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Frau Kollegin Hendricks.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Beim Bildungsgipfel am 22. Oktober 2008 will die Bundeskanzlerin Bund und Länder zu gemeinsamen Anstrengungen für Reformen im Bildungswesen verpflichten. Das hat nicht unbedingt die Freude der Länder hervorgerufen. Ihr Beitrag hat das auch noch einmal gezeigt, Herr Recker. Eigentlich brauchen Sie das gar nicht; Sie können das alles selber; Sie wissen ja ohnehin, wie es geht; Ihre Vorschläge wird die Kanzlerin dann auch schon umsetzen – so darf ich das vielleicht interpretieren.

Offensichtlich sind die Menschen in diesem Land aber nicht der Meinung, dass dieser Bildungsgipfel nicht gebraucht wird; denn in der Presse und in der Öffentlichkeit ist die Resonanz auf diesen Bildungsgipfel enorm groß. Es werden auch erhebliche Erwartungen an diesen Bildungsgipfel gestellt, was die Frage einer in der Folge besseren Bildung in allen Ländern Deutschlands angeht.