Protokoll der Sitzung vom 03.12.2008

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das fehlt übrigens auch in den Nothaushaltskommunen,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Die Menschen müssen es ausbaden!)

die dann von der Kommunalaufsicht dieser Landesregierung regelmäßig getriezt werden – bis hin zur Erhöhung von Kindergartenbeiträgen und ähnlichen Dingen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das alles haben Sie zusammen getan.

(Hendrik Wüst [CDU]: Sprechen Sie noch zum Thema?)

Ja, das tue ich. Das hängt mit dem Haushalt und mit der Aussicht zusammen. Deswegen mache ich das auch mit großem Genuss – und zwar nicht wegen dem, was kommt, sondern weil man hinterher wieder nachlesen kann, wie Sie sich jetzt zu dem verhalten, was wir Ihnen vorhersagen, genau wie in der Vergangenheit.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Herr Becker, erklären Sie doch einmal das mit den 2 Milliarden €!)

Nun seien Sie einmal ganz ruhig; Sie können sich ja jederzeit noch einmal zu Wort melden.

Ich sage Ihnen noch einmal: Sie haben die Nettokreditaufnahme um einen geringeren Betrag abgebaut, als Sie Steuermehreinnahmen hatten. In der Zwischenzeit haben Sie sich auch noch zulasten der Kommunen bereichert.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Minister, das Ganze spitzt sich unter dieser Landesregierung ja zu. Warum spitzt es sich zu? Sie gehen heute davon aus – das ist der momentane Stand; dies gehört für mich auch in eine solche Nachtragshaushaltsdebatte –, dass sich die Steuereinnahmen des Landes im nächsten Jahr um

0,1 Milliarden € vermindern, und zwar von 42,2 auf 42,1 Milliarden €.

Dazu sage ich Ihnen Folgendes: Es war absehbar, dass wir in eine konjunkturelle Krise geraten und dass diese konjunkturelle Krise natürlich in der Realwirtschaft stattfindet und nicht etwa virtuell, so wie Sie Ihren Haushalt machen oder die Finanzwirtschaft ihre Planungen. Genauso sehr ist auch absehbar – darüber würde ich Ihnen hier im Hause auch eine Wette anbieten –, dass wir es allerspätestens im letzten Quartal nächsten Jahres, wahrscheinlich aber bereits Mitte nächsten Jahres mit einem deutlichen Einbruch bei den Steuereinnahmen des Landes zu tun haben werden.

(Zuruf von Minister Dr. Helmut Linssen)

Wenn das so ist, müsste sich diese Landesregierung aufschwingen und vorneweg marschieren, um in dem mit Abstand größten Flächenland in der Bundesrepublik Deutschland, im Industrieland Nordrhein-Westfalen, etwas für die Konjunktur und für die Bürger zu tun, damit es nicht dazu kommt.

(Gisela Walsken [SPD]: Sie nimmt aber Schulden auf!)

Das machen Sie aber alles nicht.

Stattdessen gibt dieser Landesvorsitzende des Ungefähren, Herr Ministerpräsident Rüttgers, permanent Interviews,

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

in denen er in Bezug auf das Konjunkturprogramm irgendwo zwischen Erleichterung der Abschreibung von Steuerberaterkosten und Kohlekraftwerken hin- und herschwiemelt. Sobald er nach Konkretem gefragt wird, kommt nichts.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Darum hat das alles etwas mit den Bürgern und übrigens auch mit den Kommunen zu tun. Denn es ist absehbar, was Sie nächstes Jahr machen werden, nämlich das, was Sie in den letzten Monaten und Jahren gemacht haben: Wenn Sie den Glücksteil Ihres Haushalts – also das Glücksspiel – nicht mehr haben, weil die Zeiten nicht mehr so sind, werden Sie das Raubrittertum ausbauen. Die Kommunen und die Bürger vor Ort werden nach den Kommunalwahlen über Ihre Gemeindefinanzierung den Preis dafür bezahlen, dass Sie nicht in der Lage sind, dieses Land durch schwere Zeiten und durch schwere See zu steuern. Das sind die Folgen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Herr Kollege Becker. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit kommen wir zum Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung der beiden Gesetzentwürfe Drucksache 14/7930 und Drucksache 14/7940 an den Haushalts- und Finanzausschuss. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

6 Öl-Wechsel jetzt: NRW braucht Biomassestrategie

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/7952

Eine Beratung ist heute nicht vorgesehen. Sie soll nach Vorlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses erfolgen.

Wir kommen deshalb zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/7952 an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

7 Hilfe für Kinder nach Klasse 10 beenden

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/7960

Ich erteile als erster Rednerin für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Beer das Wort. Bitte schön, Frau Beer.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen zunächst eine wahre Begebenheit erzählen,

(Volkmar Klein [CDU]: Das ist ja etwas Neu- es!)

die sich vor Kurzem in Gelsenkirchen abgespielt hat. Sie dürfte sowohl für Herrn Minister Laumann als ganz besonders auch für Frau Ministerin Sommer interessant sein.

Es geht um einen Schüler, der die gymnasiale Oberstufe im 13. Jahrgang besucht und im Frühjahr 2009 das Abitur vor sich hat. Er erhält wie seine

Eltern seit März des letzten Jahres Leistungen nach dem ALG II. Dieser Status hat für ihn gravierende Konsequenzen.

Er musste einmal wöchentlich bei der ARGE in Gelsenkirchen vorsprechen – und zwar während der Unterrichtszeit. Er hatte unter Aufsicht Bewerbungen zu schreiben. Dazu gehörten auch solche Bewerbungen, die nicht seinem Berufswunsch entsprechen. Dadurch hat der Schüler bislang nicht nur Unterricht versäumen müssen, sondern konnte auch an Klausuren nicht teilnehmen. Der Agentur für Arbeit in Gelsenkirchen war das bekannt.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Es gab eine Petition. Wir haben das geregelt, Frau Ministerin Sommer und Herr Minister Laumann. Aber in der Tat müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeitsagentur in der gleichen Arbeitsgruppe gesessen haben, die im Rahmen der Arbeit der Bundesregierung jetzt den Vorschlag auf den Weg gebracht hat, dass das Schulbedarfspaket Schülerinnen und Schülern mit 100 € nur bis zum Ende der Sekundarstufe I unterstützen soll.

Das kann doch nicht wahr sein. Dürfen in diesem Land Kinder aus einkommensschwachen Familien kein Abitur machen? Ist das nicht vorgesehen? Warum soll die Förderung am Ende der Sekundarstufe I eingestellt werden?

(Beifall von den GRÜNEN)

Am Montag war einer Pressemeldung zu entnehmen, jetzt sei innerhalb der Großen Koalition auf Bundesebene eine Einigung zustande gekommen. Leider ließ sich das nicht verifizieren. Seit gestern wissen wir, dass im letztlich beschlussfassenden Organ, nämlich im Finanzausschuss, nicht die Regelung getroffen worden ist, das Förderpaket auszuweiten und auch Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe II Hilfe zukommen zu lassen. Ich finde, das ist ein bildungspolitischer Skandal.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Herr Minister Laumann, es ist an den Kollegen der CDU-Fraktion gescheitert; Herr Kollege Killewald wird gleich noch einiges dazu sagen.

(Minister Karl-Josef Laumann: Das ist nicht wahr!)

Dann können Sie gleich erklären, wie es sein kann, dass die Vorreiter der Sozialpolitik, die sich hier gerne das Robin-Hood-Mäntelchen umwerfen, auf Bundesebene genau solche Dinge sabotieren. Ich finde, das ist wirklich nicht hinnehmbar.