Protokoll der Sitzung vom 28.01.2009

Ich will Ihnen das an zwei Punkten nachweisen. Wenn Sie einen Moment lang innehielten und nachdächten, kämen Sie auch selbst schnell zu dem Ergebnis, dass es mindestens eher so ist, wie ich es beschreibe, als so, wie Sie es darstellen. Der eine Punkt, den ich nennen will, betrifft die Versorgungsverwaltung, der andere die Umweltverwaltung. In beiden Fällen gibt es Klagen der Kommunen bzw. der kommunalen Spitzenverbände. Wenn Sie einmal ins Land schauen, werden Sie feststellen, dass es sich bei der Mehrzahl derjenigen, die klagen und Beschwerde über Ihre Politik in Nordrhein-Westfalen führen, um Ihre Parteifreunde handelt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das sind nämlich Ihre Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Ihre Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister. Insofern kann ich es mir an dieser Stelle einfach machen und sagen: Die haben recht. – Ich war im Zweifel, ob ich es erwähnen soll, weil er inzwischen verstorben ist; ich denke aber, dass ich ihm damit kein Unrecht tue: Selbst Herr Erwin hat vor einem Jahr noch gesagt, unter Rot-Grün sei es den Kommunen besser gegangen als unter Ihrer Regierung. Das sollte Ihnen zu denken geben.

(Beifall von GRÜNEN und Markus Töns [SPD])

Meine Damen und Herren, das hat er nicht zufällig gesagt. Das hat er vor dem Hintergrund gesagt, den ich eben beschrieben habe. Auch damit sind wir noch nicht am Ende.

Wir können uns ein weiteres Themenfeld vornehmen, bei dem Sie meiner Meinung nach kommunalfeindlich handeln, um es freundlich zu formulieren. Das ist die Frage der Solidarlast, der Einheitslast. In diesem Fall haben Sie sich von einem Gericht bestätigen lassen müssen, dass Sie Geld zurückzahlen müssen! Sie haben das dann teilweise mit Abschlägen getan. Aber Sie haben es eben nicht in Gänze getan.

Sie machen zurzeit mit dem sogenannten LenkGutachten, übrigens eines Professors aus Leipzig – das ist insofern bezeichnend, weil er eine besondere Haltung zu den Einheitslasten hat – Folgendes: Sie versuchen nachzuweisen, warum sich das Land von den Kommunen mehr Geld holen darf, als es

aufgrund des Gerichtsurteils vorübergehend durfte, indem Sie einen fiktiven Einnahmeausfall des Landes im Länderfinanzausgleich geltend machen. Über diesen fiktiven Einnahmeausfall des Landes versuchen Sie zu begründen, warum die Kommunen an diesem fiktiven Einnahmeausfall des Landes zu beteiligen seien.

(Beifall von den GRÜNEN – Sören Link [SPD]: Schwachsinn!)

Mit anderen Worten: Sie greifen im Voraus schon wieder in das Gemeindefinanzierungsgesetz zulasten der Kommunen ein. Dass das kein Zufall ist, und dass das teilweise auch im Kleingedruckten steht, möchte ich Ihnen versuchen, mit einem Zitat nachzuweisen. In § 2 Abs. 1 und 5 heißt es: Es wird bei der Ermittlung der Finanzausgleichsmasse nicht mehr das ermittelte Aufkommen der Gemeinschaftssteuern, bereinigt um die Einnahmen und Ausgaben des Landes, im Länderfinanzausgleich zugrunde gelegt, sondern es wird auf die finanziellen Belastungen des Landes, die aus der Deutschen Einheit entstanden sind, abgestellt.

Das ist genau das, was ich gerade gesagt habe, mit anderen Worten. Das ist der Blankoscheck für die Abrechnung aus dem Jahr 2009, mit dem Sie sich auch da wieder auf Kosten der Kommunen bedienen, und zwar bei den Solidarbeiträgen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das leuchtet mir auch ein. Ich bin ja erst seit 2005 dabei; darauf haben Sie ja eben abgehoben. Doch um Sie zu durchschauen, braucht man nicht sehr lange. Mit der Zeit durchschaut man, was da passiert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie schreiben das so rein, wie Sie es reinschreiben, weil Sie nicht vor der Kommunalwahl erneut in die Kommunalkassen eingreifen wollen, sondern weil Sie sich am Ende des Jahres über die Abrechnung nach genau der Systematik, die ich Ihnen gerade vorgetragen habe, das von den Kommunen holen wollen, was Ihnen nicht zusteht, so wie Sie es in den letzten drei Jahren auch gemacht haben.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Zu den Nothaushaltskommunen! Lassen wir das übliche ideologische Gerede, um es freundlich zu formulieren, des Kollegen Engel einmal außen vor, der hier geradezu programmatisch immer wieder vorträgt, es läge nur am Sparen. Wenn Sie sich einmal mit den Haushalten bestimmter Nothaushaltskommunen beschäftigen, dann werden Sie feststellen, dass sie das unter großen Anstrengungen nicht in 22 Jahren schaffen könnten, sondern wie im Beispiel Oberhausen, würde es den Vorschlägen folgen, die durch die Prüfungen, unter anderem der Gemeindeprüfungsanstalt, vorgenommen worden sind, ungefähr 800 bis 900 Jahre Kon

solidierung vor sich hätten. Da kann ich nur sagen: Das ist eine Vergeblichkeitsfalle.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Da muss sich schon einer mit sehr viel Idealismus auf den Weg machen, um vor diesem Hintergrund noch Kommunalpolitik in Oberhausen zu machen, oder man will mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun haben und darf da nur noch wie im Tran sitzen.

Meine Damen und Herren, ich habe ausgeführt, wo wir stehen. Ich sage noch einmal: Sie haben allein in den letzten beiden Jahren den Kommunen über die Veränderung bei der Grunderwerbsteuer 360 Millionen € entzogen. Sie haben den Kommunen alleine bei der Krankenhausfinanzierung über 200 Millionen € entzogen, übrigens ist das eine desaströse Entwicklung für den ländlichen Raum, den Sie sich früher immer so auf die Fahnen geschrieben haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben den Kommunen abverlangt, dass sie Elternbeiträge erhöhen, obwohl auch das dazu führt, dass das Ungleichgewicht zwischen den Eltern in den verschiedenen Kommunen immer größer wird. Und Sie sind weit davon entfernt, das zu sein, was Sie großmundig in Oppositionszeiten verkündet haben, nämlich eine kommunalfreundliche Partei. Es ist noch nie so kommunalfeindlich zugegangen wie in den letzten drei Jahren unter Ihrer Ägide in diesem Haus. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Herr Becker. – Für die Landesregierung spricht nun der Herr Innenminister. Herr Dr. Wolf, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war wohltuend, dass unter den vier Rednern wenigstens zwei, nämlich aus den Koalitionsfraktionen, zu dem GFG gesprochen haben. Die Übrigen hatten wohl das Thema verwechselt, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Wir können feststellen, dass sich dieses GFG sehen lassen kann. Die Zahlen sind genannt worden. Noch einmal für diejenigen, die das auf der Oppositionsseite bezweifeln: Seit 2005 ist das Volumen, das ausgekehrt wird, von 6,7 Milliarden auf 8,1 Milliarden angewachsen. Das ist eine hervorragende Zahl. Auch die Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen – Herr Kollege Engel, so bedauerlich das ist, dass es sie immer noch gibt, aber es gibt sie – sind um 6,5 Milliarden auf 8,5 Milliarden angestiegen. Das ist ein Anstieg, der allerdings immer volatil, also ohne Verlässlichkeit ist. Ich glaube auch, dass es besser wäre, den Kommunen eine dauerhaft verlässliche Einnah

mequelle zu verschaffen, damit sie nicht abhängig sind von zufälligen Schwankungen in jedem Jahr, meine Damen und Herren.

Damit ist klar: Das GFG ist für die Kommunen eine echte Hilfe. Es ist eine Finanzierung, die verlässlich auf die den Steuereinnahmen des letzten Jahres aufbaut. Wir haben darüber gesprochen, dass die entsprechenden Referenzzeiträume festgelegt sind, sodass die Kommunen genau wie das Land wissen, dass sie an den Steuereinnahmen partizipieren und dass es eine planbare Entwicklung gibt.

Es wurde das GFG im Rahmen der Verbesserung der Bildungspauschale angesprochen, was auch eine Erhöhung der Sockelbeträge der Schulpauschale betrifft. Das heißt, Gemeinden, Kreise und Landschaftsverbände haben hier bessere Chancen zur Ausgestaltung ihres Schulbaus.

Meine Damen und Herren, weil wir über das GFG sprechen: Wir haben einen bundesweit einmaligen Ausgleichssatz von 90 %. Das muss man auch einmal denjenigen sagen, die sich hier hinstellen und im Grunde genommen immer an der Wahrheit knapp vorbeischrammen. Es ist doch klar: Sie können nicht jedem das zahlen, was er möchte, sondern sie müssen es an fiktiven Durchschnittsbedarfen festmachen, damit sie eine Gerechtigkeit zwischen allen bekommen, nämlich denjenigen, die sich bescheiden, und denjenigen, die sich auch ein Stück stärker in den Ausgabenbereich hineinbewegen.

Unser GFG besticht durch Transparenz, Verlässlichkeit, gerade auch durch die Abkehr rot-grüner Kreditierungspolitik, bei der die Kämmerer nie wussten, wie es im nächsten Jahr aussieht, ob sie wieder zurückzahlen müssen. Das alles fand früher im Rahmen von groben Schätzungen statt.

Wir sagen ihnen jetzt: Im Jahre 2009 gibt es den Betrag X, und dieser ist auf einem Referenzjahreszeitraum bis zum 30.09.2008 gerechnet. – Von daher gibt es hier auch Klarheit in der Finanzierung.

Ein paar Worte zu dem Thema Nothaushaltskommunen und Haushaltssicherung. Meine Damen und Herren, dass wir gegenüber 2005 hier einen Erfolg verbuchen können, ist unbestreitbar. Wir wissen aber auch, dass es Kommunen gibt, die ihre Anstrengungen noch deutlich erhöhen müssen. Der Trick mit der Vergeblichkeitsfalle, der ja von der Opposition immer wieder bemüht wird, bedeutet doch am Ende nur: Ich lege die Hände in den Schoß, weil ich die Anstrengungen gar nicht erst beginnen will.

Das, meine Damen und Herren, ist der falsche Weg. Es muss das getan werden, was in den Kommunen möglich ist, und dafür gibt es Vorschläge der Gemeindeprüfungsanstalt, die kommunal getragen ist, die insofern auch unabhängig ist, die Vorschläge macht für die Kommunen, die in Haushaltsnöten sind. Diese müssen sie dann allerdings

auch umsetzen. Ebenso gilt dies für die Vorschläge von Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die teilweise parallel beauftragt worden sind. Und wenn sich dann ein Stadtrat vor einer Wahl – vor welcher Wahl auch immer – hinstellt und sagt, dass er die Konsolidierung nicht anpacken will, dann kann es nicht sein, dafür die Landesregierung zu schelten. Hier ist jeder zunächst einmal selber gefragt.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Im Zusammenhang mit ifo-Gutachten und LenkGutachten haben wir uns hinreichend ausgetauscht. Wir werden mit den kommunalen Spitzenverbänden hier gemeinsam nach Lösungen suchen. Es ist nur dem Abgeordneten Becker noch einmal ganz klar zu sagen: Was Sie hier verbreiten, grenzt schon an Verleumdung.

Herr Lenk ist ausgesucht worden von den kommunalen Spitzenverbänden. Er ist – das kann ich Ihnen definitiv, mit einem Schreiben der Spitzenverbände untermauert, vorlegen – kein Gutachter des Landes. Er ist ein Gutachter, der gemeinsam von den kommunalen Spitzenverbänden vorgeschlagen und von uns akzeptiert und beauftragt worden ist.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Diesem Mann dann auch noch mit einem sehr zynischen Hinweis auf seinen Wohnort Unterstellungen zu machen, geht meiner Meinung nach nicht an.

Das gesamte Thema Finanzierung, meine Damen und Herren, ist ein schwieriges; das wissen wir. Es ist ganz klar, dass die Frage der Haushaltslage des Landes und auch die der Steuereinnahmen und Belastungen des Landes mit den sogenannten Kosten der deutschen Einheit in Korrelation stehen zu den Finanzierungsfragen zwischen Land und Kommunen. Das ist nun einmal so, und das ist ein schwieriges Kapitel. Deswegen haben die Kommunen jetzt ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, und wir werden dann zusammen mit der kommunalen Familie ein verantwortbares Ergebnis finden.

Wir sind – das sage ich sehr deutlich – ein verlässlicher Partner der kommunalen Familie, und wir werden in diesem Jahr und auch in der Zukunft für einen fairen und gerechten Finanzausgleich sorgen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Dr. Wolf. – Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Deshalb kommen wir zur Abstimmung über das Gemeindefinanzierungsgesetz – das sind die Drucksachen 14/7002 und 14/7900, erste Ergänzung – entsprechend der Beschlussempfehlung, die in Drucksache 14/8017 vorliegt. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. –

CDU und FDP. Wer ist dagegen? – SPD-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Herr Sagel. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und das Gemeindefinanzierungsgesetz angenommen. **)

Über die Rücküberweisung des GFG zur Vorbereitung der dritten Lesung werden wir morgen zusammen mit dem Haushaltsgesetz entscheiden.

Meine Damen und Herren, ich komme zurück auf die Abstimmung des Einzelplanes 08. Über die Änderungsanträge werden wir jetzt entsprechend der Übersicht, die Ihnen vorliegt, einzeln abstimmen.

Ich lasse zuerst über den Änderungsantrag der SPD-Fraktion Drucksache 14/8368 abstimmen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen sowie Herr Sagel. – Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Damit ist der Antrag abgelehnt.