Seit 1996 ist das nun zwölf Jahre lang passiert. Wir haben das Ganze auch nicht auf null gesetzt, sondern finanzieren die noch laufenden Modellprojekte aus.
Es ist ein Charakter von Modellprojekten, dass man sie so lange fährt, wie sie Sinn machen. Wenn man das Gefühl hat, dass der Sinn so weitergegeben ist, dass diejenigen, für die es gedacht war, damit weiterleben können, dann sollte man in der Lage sein zu sagen: Jetzt könnt ihr alleine laufen. – Das machen wir in der Erziehung jeden Tag: Wenn unsere Kinder alleine laufen können, dann tun sie das, und wir sollten sie nicht festhalten.
Wenn ich die Diskussion verfolge, dann sieht es immer so aus, als ob Sie ganz bewusst den Eindruck im Land erwecken, dass wir Obdachlose unterstützen. Ich will noch einmal ins Gedächtnis rufen: In diesem Jahr werden 16 Projekte von insgesamt 396 Gemeinden gefördert. Die Obdachlosen haben nur dann etwas von dem Projekt, wenn sie in einer Stadt leben, die daran teilnimmt.
Wenn wir an Haushaltskonsolidierung denken – ich sage das sehr ernsthaft; das ist keine soziale Kälte –, dann müssen wir sagen: Um neue Projekte durchzuführen, müssen wir uns auch einmal von alten Projekten trennen, vor allen Dingen dann, wenn wir genau wissen, dass die eigentliche Verantwortung in diesem Fall bei den Kommunen liegt.
Nun komme ich zu dem eigentlichen Thema des Antrags: Es gibt eine Studie, und es hat eine Anhörung stattgefunden, in der eine Studie erwähnt worden ist. Es ist eigentlich klar gewesen, dass die Studie nichts enthält, was der Geheimhaltung dient, sondern sie sollte in das Handlungsbuch, das von der Landesregierung entwickelt wird, aufgenommen und damit in das Handlungsprogramm der Kommunen weitergegeben werden.
Ich gehe davon aus, dass der Minister dies gleich erklären und auch sagen wird, wie er damit umgeht. Vielleicht hat er das Ganze sogar dabei. Sie hätten auch einfach das Ministerium bitten können, die Broschüre herauszugeben; wir hatten das schon einmal an anderer Stelle. Insofern müssen wir gar nicht so lange darüber diskutieren. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über den eigentlichen Anlass des Eilantrags wird hier kaum gesprochen, sondern nur über eine Untersuchung, eine Studie, die Thema im Rahmen einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales war. Wir Freien
Demokraten verfügen auch nicht über diese Studie; uns ist aber dargelegt worden, dass sie in geeigneter Weise im Zuge der Veröffentlichung eines Handbuchs zugänglich gemacht wird.
Ich will zu dem eigentlichen Thema – die Kollegin Kastner hat das bereits für die CDU getan – etwas aus Sicht der FDP sagen: Es geht um die Streichung eines Programms zur Prävention von Wohnungslosigkeit.
Wenn Sie sagen, dass es im Prinzip unsozial ist, wenn ein Land die Kommunen bei der Vermeidung von Wohnungslosigkeit nicht unterstützt, dann sagen Sie zugleich, dass Sie in Rheinland-Pfalz, in Bremen und im Land Berlin seit Jahren eine zutiefst unsoziale Politik machen.
Denn Nordrhein-Westfalen ist das einzige Land, das ein Landesprogramm hat, um die Kommunen bei der Vermeidung von Wohnungslosigkeit zu unterstützen. Das müssen Sie dann auch sagen.
Sie müssen ferner darstellen, um was es geht. Hier wird den Menschen Sand in die Augen gestreut, indem der Eindruck erweckt wird, es gäbe in Nordrhein-Westfalen ein Programm, das flächendeckend Wohnungslose unterstützen würde.
Das ist nicht der Fall. Es gibt lediglich ein Programm, mit dem gewisse innovative Ansätze auf Projektbasis unterstützt werden. Dies war aber nie flächendeckend, sondern es ging ausschließlich darum, die kommunale Handlungskompetenz zu stärken.
Politisch müssten Sie heute eigentlich ganz anders argumentieren. Eigentlich müssten Sie sagen, dass dieses Programm, das es seit 1996 gegeben hat – durchaus auf Ihre Initiative implementiert –,
erfolgreich war, weil die Kommunen neue Handlungsansätze gefunden haben und die Zahlen in Nordrhein-Westfalen ausweislich der Daten des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik um 70 % zurückgegangen sind. Sie müssten sagen: Die Kommunen sind besser geworden. Jetzt müssten wir in der Lage sein, neue Schwerpunkte zu formulieren.
Ich will abschließend sagen – entschuldigen Sie bitte, dass ich die Zwischenfrage mit Blick auf die Uhr nicht zulassen will; wir haben aber an anderer Stelle auch noch Gelegenheit bzw. hatten schon Gelegenheit, darüber zu sprechen –,
bisherigen Topf des Landeshaushalts gibt, die uns als Koalition veranlasst haben, darüber nachzudenken, ob wir hier möglicherweise zu einer nachträglichen Mittelverstärkung kommen können. Es ist heute nicht der richtige Zeitpunkt, das schon zu konkretisieren. Aber Sie können sich sicher sein, dass wir uns diesem Thema mit großer Sensibilität weiter widmen wollen. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lindner, Sie haben gesagt, wenn man die Streichung des Programms als unsozial bezeichnet, dann würde man auch alle anderen Bundesländer als unsozial bezeichnen, da sie ein solches Programm nicht haben. Sie wissen, dass unsere nordrhein-westfälischen Kommunen nicht zuletzt durch Ihr Mitwirken in einer sehr prekären Haushaltssituation sind und dass Kommunen in der Haushaltssicherung keine freiwilligen Leistungen erbringen dürfen.
Das ist in anderen Bundesländern nicht so massiv und so problematisch wie in Nordrhein-Westfalen. Deswegen ist es an der Stelle unter anderem wichtig, solche Dinge nicht auf die Kommunen zu schieben, sondern weiterhin durch das Land zu finanzieren.
Entschuldigen Sie, der Kollege Killewald möchte eine Zwischenfrage stellen. – Oder wollen Sie sich noch einmal zu Wort melden? – Eine Zwischenfrage. Sie haben zwar noch gar nicht angefangen, Frau Steffens, aber schon Fragen provoziert. Das kommt auch nicht alle Tage vor. – Sie sind dran. Bitte schön, Herr Killewald.
Frau Steffens, können Sie sich vorstellen, dass mein sozialpolitisches Herz in Verwirrung gerät, wenn man uns weismachen will, dass uns 21.000 wohnungslose Menschen in Nordrhein-Westfalen von Erfolg sprechen lassen?
Herr Killewald, ich kann verstehen, dass Sie an der Stelle nicht gern von einem Erfolg reden wollen, weil das gemeinsame Ziel des Programms von Rot-Grün war, die
Wohnungslosigkeit massiv insoweit zu bekämpfen, als wir flächendeckend präventive Angebote für alle Zielgruppen zur Verfügung stellen wollten. Ein Erfolg wäre es erst, wenn das Programm das Ziel erreicht. Trotzdem sollte Rot-Grün sagen: Es ist hervorragend, dass wir das in Nordrhein-Westfalen auf den Weg gebracht haben. Wir haben viele innovative Ansätze in Nordrhein-Westfalen geschaffen. Das ist ein hervorragender Erfolg für die Verbände, Initiativen und Träger, die das vor Ort auf den Weg gebracht haben.
Aber es reicht uns nicht, weil wir natürlich sozialpolitisch höhere Ziele haben. Deswegen würde ich nicht wie Herr Lindner sagen, es ist alles super, die Welt ist in Ordnung.
Zu dem Eilantrag: Herr Minister Laschet, ich finde es bedauerlich, dass man erst jetzt den Bericht bekommt. Sie wissen, dass das in der Anhörung besprochen worden ist.
Sie wissen, dass in der Anhörung Experten, die an dem Bericht beteiligt waren, Stellung genommen haben. Ich finde es bedauerlich, dass man über einen solchen Weg nachfragen muss, damit man diesen Bericht bekommt. Dieser hätte schon lange auf dem Tisch liegen können.
Sie haben ein Programm auf null gesetzt und im Ausschuss gesagt: Dieses Programm kann auf null gesetzt werden, weil wir diese Aufgaben nicht mehr brauchen. Das können die Kommunen machen. – Wenn Sie einmal in diesen Bericht hineinsehen würden, den Sie als Minister selber bezahlt haben, dann würden Sie das Gegenteil sagen.
Beispielsweise stehen zu dem Thema, das Ihnen immer so am Herzen liegt, nämlich zu der multikulturellen Problematik, Obdachlose, ganz viele Beispiele, was man für Menschen mit Migrationshintergrund und Zuwanderungsgeschichte machen könnte, zum Beispiel Wohnungslosigkeit vermeiden. In den Handlungsvorschlägen stehen jede Menge Ideen und Anregungen.
Für all diejenigen, die hier immer Geschichtsklitterung betreiben, sage ich: Wir haben dieses Programm gemeinsam mit der SPD auf den Weg gebracht. Die Idee war, dass dies ein nie endendes Programm sein sollte, sondern es sollten in sich immer wieder neue Programme sein, damit alle Kommunen die Möglichkeit erhalten.
einer Kommune auf den Weg gebracht würden. Ich will ein Beispiel nennen: „Underdog“ in Düsseldorf ist ein Programm, wo man mit einer ambulanten Tierarztpraxis versucht, die Menschen ohne Obdach, die ein Tier haben, aufzusuchen und über diese Tiere der Wohnungslosen als Streetworker mit den Menschen in Kontakt zu kommen.
Nennen Sie mir einmal eine Kommune in Haushaltssicherung in Nordrhein-Westfalen oder eine andere Kommune, die sagt: Das ist kein Problem. Wir haben zwar nicht genug Geld für die Menschen, die in sozialer Notlage sind. Aber wir machen einmal ein Programm, bei dem wir ein Tierarztmobil auf die Straße schicken. – Das bekommt man nicht hin. Das schafft man nur in einer Modellphase. Dies funktioniert mit den Modellprojekten hervorragend.
Herr Laschet, das wissen Sie doch genauso gut wie ich. Sie brauchen doch nicht so eine Frage zu stellen. Wenn die Kommune danach nachweisen kann, dass man mit einem solchen Modell erfolgreich die Menschen erreicht, Obdachlosigkeit vermeiden kann, dann wird die Kommune das weiter finanzieren. Das wissen Sie genauso gut wie ich.