Ja, hören Sie genau zu! Ich glaube, es trifft den Kern. – Was sagt das? Sie versuchen noch nicht einmal mehr, sich zu einigen, um hier dem Landtag und der Öffentlichkeit einen Plan Ihres gemeinsamen Regierungshandelns vorzulegen und sich dann hinterher daran orientiert zu verhalten. Daraus folgen dann die gesammelte Stümperei und das Chaos Ihrer Politik. Wenn man vorher keinen Plan hat, kann man auch nicht vernünftig regieren.
Sie zehren von einem veralteten Koalitionsvertrag, dessen Grundkoordinaten die CDU längst aufgekündigt hat. Sie findet aber nicht die Kraft, hier die Koordinaten und das Regierungshandeln neu zu bestimmen. Sie glauben, dass Sie sich bis zum Ende, bis zum Wahltag hier mit Ad-hocEntscheidungen durchhangeln können, die Sie dann zelebrieren. Meine Damen und Herren, es ist diesen Krisenzeiten nicht angemessen, ein solches Regierungshandeln hier abzugeben und sich nicht vernünftig aufzustellen.
Meine Damen und Herren, das Land NordrheinWestfalen ist mit 38,5 % größter Anteilseigner. Angesichts dessen ist der Versuch des Ministerpräsidenten, die Verantwortung für die jetzige Lage auf die Sparkassen abzuschieben, schlichtweg schäbig.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit Herrn Hilgert ausdrücklich danken. Er hat in schwierigen Zeiten hervorragende Arbeit geleistet. Es ist bedauerlich, dass er sich zum Rücktritt gezwungen sah.
Der Ministerpräsident hat angesichts dessen nur das getan: Er hat sich wieder an die Chefsache erinnert und hat gesagt: Ich wasche meine Hände in Unschuld; die anderen sind schuld.
Herr Linssen, Sie sind jetzt der einzige, der von der Regierung hier sitzt. Ich frage Sie ernsthaft: Sehen Sie nicht die Probleme der Sparkassen? Dass die sich positiv zur WestLB erklären, können Sie heute Morgen in der „Rheinischen Post“ nachlesen. Dort steht: Die Sparkassen stehen zur WestLB. Es wird aber genau auf die Sparkassen und deren Situation hingewiesen.
Ich hatte Gelegenheit, sowohl mit Herrn Breuer als auch mit Herrn Gerlach von unseren Sparkassenverbänden zu sprechen. Die Sorge der Sparkassen ist doch, dass ihnen mit einer neuen Finanzhilfe das Geld für ihre originären Aufgaben ausgeht. Das ist doch die Sorge. Ich will die Punkte noch einmal nennen: Bei den Sparkassen bekommt der Mittelstand seine Kredite – alleine im Rheinland 54 Milliarden € Mittelstandsförderung. Bei den Sparkassen in Nordrhein-Westfalen arbeiten ca. 65.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bei den Sparkassen fühlen sich viele Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Geld zuhause und sicher.
Es geht doch in Zeiten der Krise auch um die Sicherheit. Deswegen ist es notwendig, dass die Regierung den ersten Schritt in Richtung eines Rettungsschirms geht und nicht sagt: Sparkassen, ihr seid schuld, ihr müsst den ersten Beitrag leisten,
und dass sie nicht so tut und unterstellt, die Sparkassenverbände würden aus Jux und Dollerei ihren Beitrag verweigern.
Ich will noch an eins erinnern: Es gibt einen chronischen Streit zwischen Landesregierung und Sparkassen – den haben Sie angezettelt und zu verantworten –: Streit um die Vertikalisierung, Streit um die Privatisierung und dazu dann ständig diese Beschuldigungen.
Auch Herr Haasis hat gesagt, zu lesen im „Handelsblatt“ vom 14. Mai dieses Jahres, dass eine Vertikalisierung der Sparkassen diese in die derzeitige Finanzkrise hineinziehen würde und diese noch intakte Säule des Finanzwesens erschüttern würde.
Herr Dr. Linssen, deswegen will ich von Ihnen heute hier wissen: Haben Sie die Vertikalisierung aufgegeben oder arbeiten Sie immer noch daran? Das wäre heute eine wichtige, zentrale Botschaft für die weitere Diskussion, wie es mit den Sparkassen, mit der WestLB angesichts dieser Finanzkrise weitergeht. Das wäre heute eine ganz zentrale Aussage Ihrerseits.
Den letzten Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Frage: Wer hat wann wen zurückgepfiffen? In der „Rheinischen Post“ vom 20. Mai war zu lesen:
Ob Hilgerts Zorn wirklich nur den Sparkassen gilt? Sein Frust soll sich auch auf NRWFinanzminister Helmut Linssen beziehen. Der habe zunächst signalisiert, das Land sei bereit, sich über seinen 38-Prozent-Anteil hinaus an Garantieleistungen zu beteiligen, heißt es.
Wir möchten gerne wissen, Herr Linssen: Wie war das? Gab es diese Zusage? Und wenn ja, warum haben Sie sie zurückgezogen? Dann angesichts dieser Situation darauf zu pochen, die Sparkassen sollen es schon richten, ist kleingeistig und ist auch angesichts der Stärke des Landes nicht angemessen, meine Damen und Herren.
Wir müssen leider bilanzieren: Die Landesregierung steht beim Thema WestLB vor einem Scherbenhaufen. Auf die Vergangenheit zu verweisen, zeigt einmal mehr, dass Sie immer noch nicht – auch nicht nach vier Jahren – in der Regierung angekommen sind. Sie hatten vier Jahre Zeit, die WestLB vernünftig aufzustellen.
Sie hatten vier Jahre Zeit, ein vernünftiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Sie hatten vier Jahre Zeit, die Konsolidierung der Landesbanken voranzutreiben. All das haben Sie nicht getan! Sie haben gedacht: Wir schaffen das schon allein, wir brauchen uns nicht zu kümmern. – Sie haben andere Angebote ausgeschlagen. Deswegen haben wir heute diesen Scherbenhaufen zu beklagen, und wir wollen von Ihnen wissen, wie es damit weitergeht. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Dr. Linssen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist wirklich das 163. Mal. Es wird auch durch Ihr
Tremolo in der Stimme nicht besser, Frau Löhrmann. Heute ist von der SPD wieder einmal der Versuch gestartet worden, die Landesregierung für das, was wir an mangelnder Konsolidierung im Landesbankensektor vorfinden, wie auch für den Rücktritt von Herrn Hilgert verantwortlich zu machen. Natürlich ist die Landesregierung nach Ihrer Meinung an allem schuld. Ich würde das als Opposition auch so versuchen. Aber es war ein bisschen dünne Suppe, um es klar und deutlich zu sagen.
die ich permanent sowohl im Haushalts- und Finanzausschuss als auch, letztmalig gestern, mit den finanzpolitischen Sprechern führe, die ich minutiös über den Zustand, die Zukunft der WestLB und das, was von der Landesregierung unternommen wird, unterrichte, wäre es vielleicht gut, Herr Groth, wenn Sie Ihre Fraktionschefin einfach mal informieren würden.
Dann könnte die all das nicht so vortragen, wie sie es getan hat. – Liebe Frau Löhrmann, wir müssen doch nicht zu dieser Regierungserklärung oder zu dieser Debatte gezwungen werden, wenn es nichts Neues zu berichten gibt,
außer der Tatsache, dass Herr Hilgert am letzten Montag zurückgetreten ist und der Aufsichtsrat sofort am gleichen Abend den stellvertretenden Vorsitzenden als kommissarischen Vorsitzenden benannt hat.
Es gibt nichts Neues, und trotzdem versuchen Sie mal wieder, eine Debatte anzuzetteln. Ich sage Ihnen ganz deutlich,
was mir auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WestLB sagen. Sie haben vielleicht auch von der Personalversammlung gehört, die wir sofort am Mittwoch nach dem Rücktritt durchgeführt haben. Sie werden auch das Echo mitbekommen haben. Es wird Ihnen vielleicht sogar unangenehm sein, dass das Echo auf den Auftritt des Finanzministers und des Aufsichtsratsvorsitzenden so gut gewesen ist. Das mögen Sie nicht.
Sie machen mit jeder Debatte hier im Haus den Arbeitsplatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unsicherer. Das werfe ich Ihnen vor.
Der Ministerpräsident muss bei einer solchen Gefechtslage hier überhaupt nicht anwesend sein. Erstens hat er Wichtigeres zu tun. Das wissen Sie auch. Zweitens reicht es bei der Lage wirklich, wenn Ihnen nur der Finanzminister antwortet und das wiederholt, was er gestern noch im Gespräch mit Ihren haushaltspolitischen Sprechern eingehend erörtert hat.
Meine Damen und Herren, die Pläne für ein nachhaltiges Geschäftsmodell sind hier wieder einmal als nicht ausreichend gekennzeichnet worden. Sie wissen vielleicht, was Frau Kroes in ihrer Pressemitteilung am 12. Mai nach der EU-Entscheidung vorgetragen hat – ich darf zitieren –:
Da weitreichende Maßnahmen geplant sind, um die langfristige Rentabilität der Bank wiederherzustellen, … kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.
Das heißt, sie attestiert uns bei den geplanten Maßnahmen – Sie kennen den gesamten Restrukturierungsplan und auch, jedenfalls in Umrissen, die Zusagen, die die Eigentümer vor der EUEntscheidung nach Brüssel weitergegeben haben –, dass dieses Modell, wie es jetzt existiert, wenn ausgelagert wird, wenn auf die wirklichen Kernkompetenzen der Bank fokussiert wird, ein rentables Modell ist.
Ich darf noch Herrn Hilgert zitieren, der in seinem Abschiedsbrief an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 18. Mai Folgendes ausgeführt hat: