Protokoll der Sitzung vom 11.09.2009

Aber nicht die Größenordnung spielt eine Rolle, sondern die Tatsache, dass Sie es erst verschweigen, dann zugeben und sich schließlich, wenn Sie sehen, es wird brenzlig, umdrehen und sagen: Das Haushaltsloch ist doch gar nicht da.

Dass ein Haushaltsloch ein Problem ist, ist gar keine Frage. Deshalb ist in Dortmund nach der Wahl Folgendes passiert: Das Jugendamt musste einen Jugendlichen von zu Hause abholen, und es fand sich kein Dienstfahrzeug, das betankt war.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Das stimmt nicht? Dann fragen Sie einmal den Herrn, der mit seinem Privatwagen fahren musste. – Darüber, dass die Statisten im Theater kein Gehalt bekommen haben, kann man an anderer Stelle reden. Aber wenn ein Haushaltsloch so plötzlich auftaucht, muss ich sagen: Sierau, entweder bist du zu blöd, um dich zu informieren. Dann belüg’ aber auch nicht vorher die Leute und sag’ nicht, du weißt alles!

Mitte August an einen Leserbriefschreiber: Ich bin bestens informiert über die Haushaltslage. – Nachdem Langemeyer ihm jetzt mittels der Pressekonferenz das Ei ins Netz gelegt hat, sagt er, er habe nichts gewusst. Wenn auch nur eins von beiden stimmt, ist das ein Beweis dafür, dass er unfähig ist, Oberbürgermeister zu werden.

(Beifall von der CDU)

Wenn er in seiner jetzigen Profession schon überfordert ist, was macht der Kerl erst, wenn er für die ganze Verwaltung die Verantwortung hat?

(Zuruf von der SPD)

Nach der Kommunalverfassung, die auch in Duisburg gilt, muss der Oberbürgermeister den Rat über alle wichtigen Vorgänge informieren. Wenn er das

nicht tut, verhält er sich unrechtmäßig. Herr Langemeyer hat dies nicht getan. Er hat gegen die geltende Kommunalverfassung verstoßen.

Ein paar Tage vor der Wahl, am 28. und davor am 26., gab es Anfragen von der FDP und der CDU.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Er hat nicht gesagt „Da droht uns Ungemach“, sondern er hat gesagt: „Es gibt keine Probleme“. Die sind nicht von Samstag auf Montag entstanden.

Meine Damen und Herren, am Wahlabend gab es für den WDR wohl nur zwei Städte. Deshalb bin ich froh, dass es eine gute Presse gibt, die auch noch über etwas anderes berichtet hat. Die eine Stadt war Köln, die andere Dortmund. Dortmund sollte wieder die linke Herzkammer der SPD sein.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Ich mache sofort Schluss.

Mit 38 % der Stimmen die linke Herzkammer zu sein – da wünsche ich viel Erfolg. Es sagt auch keiner, mit 30 % sei das eine gute rechte Herzkammer. Deshalb will ich mit dem Ausspruch eines großen Kölner Soziologen schließen.

Herr Kollege, bitte.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie haben das Recht da oben!)

Der Kölner Soziologe Willy Millowitsch hat einmal gesagt: Et kütt der Tach der Wahrheit, und dann musste lüge, lüge, lüge!

(Heiterkeit und Beifall von CDU und FDP)

Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Becker das Wort. Bitte schön, Herr Abgeordneter Becker.

Frau Präsidentin! Herr Hegemann, ich kann trotz aller Souveränität das hinterrücks geäußerte Kompliment nicht an Sie zurückgeben. Ich muss zunächst einmal feststellen: Es war das, was ich erwartet habe, nämlich

(Lothar Hegemann [CDU]: Die Wahrheit!)

bestenfalls ein humoristischer Beitrag.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das dient nicht der Aufklärung, und es dient auch nicht dazu, in den Mittelpunkt zu rücken, worum es denn geht. Ich will das doch noch einmal versuchen, auch vor dem Hintergrund der Art und Weise, wie hier argumentiert wird.

Vorneweg, damit kein Missverständnis entsteht, noch einmal: Ich halte das für einen sehr bedenklichen Vorgang, weil die Öffentlichkeit, der Rat und übrigens auch große Teile des Verwaltungsvorstands – das ist inzwischen belegbar – getäuscht worden sind. Das ist ein sehr bedenklicher Vorgang.

(Zurufe von der CDU)

Sie stellen den Vorgang allerdings so dar – da habe ich meine gelinden Zweifel –, dass, wenn das öffentlich gewesen wäre, diejenigen, die regiert haben, die Mehrheit verloren hätten. Das ist offensichtlich das Ziel, wenn Sie von Wahlbetrug reden und wenn Herr Engel sagt, das hätte zu einem anderen Wahlergebnis geführt.

Ich sage einmal unabhängig davon, dass ich Herrn Langemeyer – ich habe eben vom „System Langemeyer“ gesprochen – für jemanden halte, der in einer Art und Weise regiert hat, die ich nicht in Ordnung finde: Ich bin der festen Überzeugung, dass, wenn die Stadt Dortmund die Existenz des Haushaltslochs drei Wochen vorher bekanntgegeben und darauf hingewiesen hätte, welche Rolle die mangelnde Finanzzuweisung des Landes dabei gespielt hat,

(Beifall von den GRÜNEN)

wäre die Wahl keineswegs anders ausgegangen. Sie wäre jedenfalls nicht zu Ihren Gunsten ausgegangen, sondern Sie hätten ein ernstes Problem gehabt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Dass das so ist, können Sie daran sehen, dass nicht überall diejenigen, die so etwas eingeräumt haben, verloren haben. Es hat also offensichtlich etwas damit zu tun, wie ansonsten Politik und Finanzpolitik gemacht werden.

Deswegen möchte ich auch gern noch einmal etwas zur Sache sagen, zum Wahlausschuss. Ich habe mich in den letzten Tagen, als ich davon gelesen habe, regelmäßig gefragt: Was würde passieren, wenn es tatsächlich eine Mehrheit im Wahlausschuss gäbe – da warte ich bis jetzt auf eine fachkundige Antwort –, die aus formalen Gründen, vor dem Hintergrund dieser Lage

(Zuruf von der CDU)

ja, Sie werden die auch nicht kennen –, beschließen würde, die Wahl war unrechtmäßig? Ich glaube nämlich, dass das genauso beklagbar wäre. Ich glaube, dass das angesichts dessen, was ein Wahlausschuss überhaupt feststellen darf, nämlich die formalen Grundlagen, überhaupt nicht mittels eines Wahlausschusses geht. Ich erwarte von einem Innenminister, dass er im Parlament einmal etwas dazu sagt und sich nicht so wegschwiemelt, wie er das eben gemacht hat.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ansonsten müssten Sie sich mit dem Vorwurf auseinandersetzen, dass Sie hier Klamauk betreiben und etwas fordern, was rechtlich überhaupt nicht durchsetzbar ist.

Ich will noch etwas dazu sagen, dass sich der große Spezialist für Moralfragen, der Kollege Sagel, hier äußert. Dazu kann ich nur Folgendes feststellen: Jemand, der ein Mandat mitnimmt, also auf gut Deutsch Mandatklau betreibt,

(Beifall von GRÜNEN, SPD und Christian Lindner [FDP])

jemand, der sich entgegen allen Versprechungen und allen Jammertiraden auf Parteitagen, auf denen er um das Mandat geradezu gebettelt hat, einfach mit dem Mandat aus dem Staub macht, hat jeden Anspruch auf das Moralisieren verloren.

(Beifall von GRÜNEN, SPD und Christian Lindner [FDP])

Was daran sozusagen tröstlich ist, ist das Modell Münster. Es gibt ja nicht nur das System Langemeyer, sondern es gibt auch das System Sagel. Wer sich Sagel und die Situation in Münster anschaut, der ist guten Mutes, dass die Linken, wenn sie Sagel aufstellen, jedenfalls nicht in dieses Parlament kommen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist auch eine Lehre aus der Kommunalwahl. Insofern kann ich nur sagen: Nur zu, Herr Sagel, äußern Sie sich öfter; dann geht das auch so auf. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Becker. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt noch einmal der Abgeordnetenkollege Hilser das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal bin ich verwundert, dass die üblichen Danksagungen an den Minister ausgeblieben sind. Das liegt wohl daran, dass er eindeutig erklärt hat: Das ist eine Dortmunder Angelegenheit, die muss in Dortmund geprüft werden, und die muss in Dortmund geklärt werden. Deshalb gibt es überhaupt keinen Anlass für diese Aktuelle Stunde hier, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)