Dazu haben bereits Gespräche zwischen Barbara Hendricks, im Steinmeier-Team unter anderem für Tierschutz zuständig, und Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, stattgefunden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nehmen Sie sich doch ein Beispiel an Ihren Kollegen in Hessen, statt alles in Sachen Tierschutz einfach abzuwehren. Dort gibt es eine Landestierschutzbeauftragte, Frau Dr. Madeleine Martin, die ihre Arbeit auf ausdrücklichen Wunsch von Dr. Roland Koch ausübt und Initiativen in Sachen Pelztierhaltung, Zirkustiere und Qualzuchten eingebracht hat.
organe züchtungsbedingt so verändert sind, dass er kaum noch Luft bekommen kann? Bei anderen Hunden sind Wirbelsäule und Gliedmaßen so verformt, dass sie sich nur noch unter großen Schmerzen fortbewegen können. Bei bestimmten Katzenrassen wird eine Schwerhörigkeit bis hin zur vollständigen Taubheit hingenommen – Hauptsache, die Fellfarbe stimmt. Ich frage Sie: Ist das tierschutzkonform?
All dieses Elend bei den betroffenen Tieren könnte mit einem Verbandsklagerecht zukünftig minimiert werden.
Dabei geht es nicht nur um die Tierschützer; auch Tierhaltern und Veterinären kann diese neue Rechtssicherheit zugute kommen.
Herr Pick von der CDU, Ihr Argument, das sei ausschließlich Bundessache, zählt hier nicht; denn gemäß Art. 70, 72 und 74 Abs. 1 des Grundgesetzes können Bundesländer das Verbandsklagerecht auf Verfahren und Tatbestände ausdehnen, die in ihrer eigenen Verantwortung stehen. Da gibt es auch in Nordrhein-Westfalen viele offene Baustellen.
Auch gemäß den von Ihnen gerade zitierten Gutachten aus Schleswig-Holstein und Bremen gibt es keinen absichtsvollen Regelungsverzicht des Bundesgesetzgebers.
Bremen hat bereits im Jahr 2007 den Antrag des Deutschen Tierschutzbundes aufgegriffen und mit den Stimmen der rot-grünen Regierungskoalition am 20. September 2007 die Einführung der tierschutzrechtlichen Verbandsklage auf Landesebene beschlossen und umgesetzt.
Anders als die bislang in den Ländern diskutierten Initiativen beinhaltet das in Bremen beschlossene Gesetz eine Feststellungsklage, sodass anerkannte Tierschutzverbände behördliche Maßnahmen im Nachhinein überprüfen lassen können. Stellt das Gericht fest, dass eine Behörde gegen das geltende Tierschutzrecht verstoßen hat, muss diese das bei künftigen Entscheidungen zugunsten der Tiere berücksichtigen.
Rechtliches Ungleichgewicht und dadurch bedingte Durchsetzungsschwäche des Tierschutzes werden so lange fortbestehen, wie es nicht gelingt, bestimmten anerkannten Tierschutzvereinen eine Treuhänderstellung für die Belange der Tiere einzuräumen und sie mit den dazu notwendigen Mitwirkungs- und Klagebefugnissen auszustatten. Wer effektiven Tierschutz will, muss auch wollen, dass es Treuhänder gibt, die durch ein Verbandsklagerecht in die Lage versetzt werden, gegen die Verletzung tierschutzrechtlicher Vorschriften und gegen ein Zuwenig an Tierschutz Klage an den dafür zuständigen Verwaltungsgerichten zu erheben.
Daher appelliere ich hier an meine Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP: Gehen Sie bitte dieses Mal konstruktiv und ohne ideologische Scheuklappen in die anschließende Ausschussberatung. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wiegand. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Ellerbrock das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Jetzt behandeln wir hier schon zum zweiten Mal intensiv ein ausgesprochen emotional besetztes Thema. Zu den inhaltlichen Aussagen möchte ich gar nicht weiter Stellung nehmen. Clemens Pick hat hier das dargestellt, was wir beide schon in der letzten Debatte vertreten haben. Deswegen danke ich ihm herzlich für diese guten inhaltlichen Bemerkungen.
Es handelt sich aber in der Tat um ein sehr emotionales Thema. Herr Kollege Remmel, Sie können mir bei fast allem, was ich jetzt sagen werde, einen Bundesparteitagsbeschluss der FDP entgegenhalten.
Beispielsweise sind wir als FDP als Vorreiter für die Verbandsklage eingetreten. Ich habe mich inzwischen aber sehr weit davon entfernt; denn aufgrund meiner Berufserfahrung weiß ich, wie das wirkt.
Auch an einem zweiten Punkt muss ich Ihnen entgegenkommen. Man kann nicht sagen, dass die Verbände dieses Klagerecht in einem Übermaß strapaziert hätten. Darauf muss man deutlich hinweisen. Die Verbände haben es wirklich nicht übermäßig strapaziert. Die Wirkung ist aber fatal gewesen, weil man in vielen Bereichen auf Vorstellungen eingegangen ist, die lebensfremd waren, eine Symbolpolitik darstellten und im Endeffekt wenig gebracht haben.
Sie haben mich aufgefordert, mich mit Herrn Westerwelle einmal über Massentierhaltung zu unterhalten. Das ist natürlich ein hohes Thema, bei dem wir als FDP sagen: Jawohl, wir haben Spielregeln im Tierschutzrecht. Diese müssen durchgesetzt werden. Dort mag es in dem einen oder anderen Fall ein Vollzugsdefizit geben. Das ist es dann aber. – Wir müssen den Verbraucher aufklären. Da sind wir beide sicherlich auch sehr nahe beieinander. Es ist ein Spagat, zu fordern: keine Massentierhaltung, aber das Kilogramm Kotelett bitte für 1,90 €. So etwas ist einfach nicht machbar.
Das ist ein Bildungsproblem. Rechtlich bekommen wir diesen Punkt aber nicht geregelt; davon bin ich fest überzeugt.
Der Antrag, den Sie hier eingebracht haben, steht wohl unter dem Motto „Der Weg ist das Ziel“, indem Sie noch einmal auf einen Problemkreis hinweisen. Allerdings zu sagen, Bremen sei das Musterbeispiel für ein Flächenland, ist sicherlich zu wenig. Ich würde auch intensiver darüber nachdenken, wenn Sie als Grüne darstellen könnten, in welchem Flächenland Sie in Regierungsverantwortung sind und ein solches Gesetz beschließen. Nun sind Sie nicht mehr in einem Flächenland in Regierungsverantwortung.
Das ist richtig. Das hätte dann etwas mehr, vielleicht. Geflügelzucht oder Tierzucht sind Bereiche, die in Bremen und Hamburg keine große Rolle spielen. Also ist das auch vor Ort eine Symbolpolitik. Aus meiner Sicht ist das schon so.
Frau Kollegin Wiegand sagt: Ja, ja, wir müssen das alles machen. Heute, vor wenigen Stunden stand hier der Kollege Stinka, den ich sehr schätze, weil er sich oft erfolgreich um eine sachlich orientierte Darstellung bemüht. Sie, Herr Stinka, haben heute Morgen im Bereich Asse gefordert: Jawohl, wir müssen auf internationale Standards setzen. Frau Watermann-Krass hat gesagt: Ja, ja, da muss Wettbewerbsgleichheit herrschen.
Dann müssen wir uns überlegen, ob wir nicht auch für diesen Bereich Tierschutz sagen: Den müssen wir im Konvoi über eine wettbewerbsneutrale internationale Vereinbarung auf einen größeren Bereich ausdehnen. Darüber müssen wir sicherlich nachdenken.
Auf der einen Seite internationale Standards zu fordern, wenn es einem passt, auf der anderen Seite zu sagen „Small ist beautiful“, dann aber nur bei uns, lässt den Gedanken reifen, ob da nicht doch eine Menge Populismus eine Rolle spielt – nicht bei Ihnen, Herr Remmel; das ist eine andere Nummer.
Ich möchte darauf hinweisen, worauf wir auch beim Tierschutz achten müssen. Das wird von der einen wie von der anderen Seite instrumentalisiert. Wir haben zum Beispiel im Bereich der Pharmaforschung ein Konfliktfeld zum Tierschutz. Das müssen wir zugestehen. Das ist so. Ich bekenne mich allerdings zu einem – das muss ich klar sagen – anthropozentrischen Weltbild. Ich versuche auch, keinen populistischen Spagat zu machen und zu sagen: Tierschutz über alles.
Da muss ich mich entscheiden. Ich muss den Tierschutz beachten. Deswegen ist er als Staatsziel verankert. Wenn es aber um den Bereich der Pharmaforschung geht, ist klar, dass ich mich für den Bereich der Pharmaforschung entscheide.
Wir sollten im Ausschuss weiter darüber reden. Das ist ein ernstes Thema. Es ist ein emotional besetztes Thema. Ich neige eher dazu, das abzulehnen, weil die Schwierigkeiten größer sind als der Gewinn.
Wir haben eine klare gesetzliche Regelung. Die müssen wir durchsetzen. Wenn es im Einzelfall Vollzugsdefizite gibt, dann ist das verwaltungstechnisch aufzuarbeiten und abzuarbeiten. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ellerbrock. – Als nächster Redner hat für die Landesregierung Herr Minister Laumann in Vertretung von Herrn Minister Uhlenberg das Wort. Bitte schön, Herr Minister.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da Herr Minister Uhlenberg verhindert ist, hat er mich gebeten, an seiner Stelle für die Landesregierung zu diesem Tagesordnungspunkt zu sprechen.
Ein Blick in die Protokolle des Landtags zeigen, dass am 25. Mai 2007 der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Mitwirkungsrechten für Tierschutzvereine in Nordrhein-Westfalen in zweiter Lesung zur Abstimmung stand. Schon damals wollten Sie ein Verbandsklagerecht für Tierschutzvereine schaffen. Bekanntlich lehnte der Landtag den Gesetzentwurf mehrheitlich ab.
Grundsätzlich sieht die Landesregierung den Sachstand und die Rechtslage nicht anders als damals. Es ist einzuräumen, dass gegenüber dem damaligen Entwurf auf den ersten Blick nun vernünftige Beschränkungen gemacht worden sind: keine Mitwirkung der Tierschutzvereine an Rechtsetzungsvorhaben des Bundes, nur noch an solchen des Landes; keine Anfechtungsklagen zur Torpedierung von tierschutzrelevanten Genehmigungsvorhaben; statt dessen Beschränkung auf das Mittel der Feststellungsklage, um mögliche behördliche Verstöße nachzuweisen.
Aber auch diese Einschränkungen können die Regelungen des Gesetzentwurfs aus Sicht der Landesregierung nicht rechtfertigen. Deshalb möchte ich die Argumente meines Kollegen Uhlenberg gegen die Einführung eines Verbandsklagerechtes und sonstiger Mitwirkungsrechte für die Tierschutzvereine noch einmal in Erinnerung bringen:
Es ist nach wie vor nicht erkennbar, welche Verbesserungen für den Tierschutz Sie sich durch Ihre erneute Initiative erhoffen. Wir haben den Tierschutz als Staatsziel 2001 in der Landesverfassung und 2002 im Grundgesetz verankert. Die materiellen Tierschutzstandards des deutschen Tierschutz
Tierschutzverbände sind bereits nach geltendem Recht in vielfacher Weise in Rechtsetzungs- und behördliche Genehmigungsverfahren eingebunden. Zudem stehen Haltungsanforderungen für Nutztiere unter ständiger wissenschaftlicher Beobachtung. Sobald hier Verbesserungen als realisierbar erkannt werden, gerade im Hinblick auf die Tiere selbst, werden diese auch rechtlich umgesetzt.
Weiterhin gilt, dass sich die bestehenden Mechanismen der Kooperation zwischen Behörden und Tierschutzorganisationen zur Berücksichtigung tierschutzrechtlicher Belange in der Vergangenheit bestens bewährt haben.
Das geltende Strafrecht gewährleistet, dass Verstöße gegen Tierschutzvorschriften hart geahndet werden können. Die Einführung eines Verbandsklagerechts würde nach unserer Einschätzung zu einer erheblichen Steigerung der Zahl gerichtlicher Auseinandersetzungen führen.
Die nordrhein-westfälische Landesregierung erkennt die Errungenschaften und die Bedeutung des Tierschutzes in Staat und Gesellschaft vorbehaltlos an. Die fortschreitende Verbesserung des Tierschutzes war und ist Aufgabe unserer Regierungsarbeit in der laufenden Wahlperiode und auch in Zukunft.
Ein schönes Beispiel aus jüngster Zeit: NordrheinWestfalen hat im vergangenen Jahr maßgeblich zur Entwicklung eines Prüf- und Zulassungsverfahrens für serienmäßig hergestellte Haltungsanlagen beigetragen.
Herr Minister, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Wiegand?