Das Land Nordrhein-Westfalen steht – ich spreche nicht von dem, was die Kommunen über die Sparkassen noch aufbringen müssen – mit Garantien in Höhe von 9,5 Milliarden € zur Verfügung, wobei 17,3 % des Landeshaushalts ungefähr die Bezugsgröße sind.
Insoweit bin ich nah bei Ihnen, Herr Weisbrich, wenn wir dann gemeinsam formulieren: Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Aber das ist keine Geschichte, bei der man irgendjemandem auf die Schultern klopfen könnte, erst
Nächste Jubelbaustelle – das ist dann fast noch krasser, Herr Weisbrich –: Ich weiß nicht, ob sie bei der Anhörung zum zweiten Nachtrag zugehört haben, als wir über die Einheitslasten geredet haben. Nach meinem Dafürhalten wollte der Jubel bei der kommunalen Familie über die 251 Millionen € überhaupt keinen Anfang nehmen – ganz im Gegenteil.
Denn es geht Ihnen doch nicht um eine gerechte Rückerstattung an die Kommunen, es geht Ihnen auch gar nicht darum, da irgendetwas durchschaubar zu machen. Das Einzige, worum es geht, ist Gesichtswahrung auf gut niederrheinische Art. Dem Herrn Finanzminister soll es erspart bleiben, die Höchstgrenze bei der Neuverschuldung aus dem Jahre 2004 zu reißen.
Genau deshalb sind Sie zu der nicht nachvollziehbaren Zahl von 251 Millionen € gekommen, die dann auch nur einigen zugute kommt und die im Prinzip nichts anderes ist als eine Klaglosstellung der abundanten Gemeinden. Meine Damen und Herren, das sind die Fakten, und alles andere ist freie Dichtung.
Jetzt mache ich es einmal von der anderen Seite auf, um Ihnen dann auch vor Augen zu führen, welche große Chance Sie als Koalitionsfraktionen jetzt vertun. Man könnte sich ja auch einmal auf den gegenteiligen Standpunkt stellen. Sie sagen: Genaue Berechnungen sind nicht möglich. Darüber sind sich alle Gutachter einig. Aber die Näherungsrechnungen von Frau Prof. Dr. Färber belaufen sich auf einen Gesamtanspruch von 1,8 Milliarden €. Zieht man die 901 Millionen ab, bleiben 900 Millionen €. Demgegenüber behält sich die Landesregierung vor, weiter Lenk zur Grundlage zur machen, mit Ausnahme von 2006.
Ich habe Ihnen von hier aus gesagt: Lesen Sie von Herrn Hellermann das Rechtsgutachten! Das ist offensichtlich passiert. Insoweit sind Sie jetzt bei 2006 genauso schlau wie alle anderen. Die rechtliche Bindungswirkung kriegen Sie nicht weg. Und dann machen Sie Folgendes: Sie gehen hin, nehmen die Lenk-Systematik, fangen schön mit 2007 an und legen Lenk zugrunde.
Ich will mit Ihnen jetzt hier nicht rechten über die Frage: Muss man die Einheitslasten auch anhand des Bund-Länder-Finanzausgleichs definieren? Darüber kann man in der Tat unterschiedlicher Meinung sein. Aber wer bei der Anhörung aufge
passt hat, meine Damen und Herren, der müsste – ich vertrete jetzt erst einmal kommunale Interessen in Reinkultur, und dazu sage ich gleich dem Herrn Finanzminister auch noch etwas – doch zumindest ein bisschen skeptisch sein, wenn es um die Sprungstelle geht. Die ist rein willkürlich kommunalfeindlich zu deren Lasten bei Lenk gesucht worden, damit sich das bestmögliche Ergebnis zugunsten der Landesseite ergibt. Das ist Fakt, meine Damen und Herren.
Jetzt passiert Folgendes: Jetzt spielen nicht nur 2006 und 2007 eine Rolle. Ich zitiere jetzt Herrn Junkernheinrich aus der Anhörung einmal wörtlich: „Aber implizit wird dadurch die Verteilungsentscheidung für die nächsten zehn, 15, 20 und mehr Jahre auf einer Sprungstelle eingestielt, die aus meiner Sicht so nicht überzeugend ist.“ – Das war Junkernheinrich original.
Das heißt, sie präjudizieren. Das, was Sie jetzt hier mit den 251 Millionen € für die Folgejahre vorlegen, ist im Prinzip das, worüber wir an anderer Stelle noch reden könnten, wenn die Zeit nicht so weit vorangeschritten wäre.
Die kommunalen Spitzenverbände und die kommunale Seite in den Verhandlungen haben Ihnen dann eine Hand weit entgegengestreckt. Ich sage einmal ganz deutlich: Ich wäre an deren Stelle – weil ich glaube, die Mentalität der Landesregierung etwas besser einschätzen zu können als die kommunale Seite – Ihnen gar nicht so weit entgegengekommen.
Sie haben auf Basis dessen, was jetzt gleich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auch antragsmäßig hier formuliert wird, die einmalige Chance, mit den Kommunen zu einem Rechtsfrieden zu kommen. Die Tatsache, dass Sie das nicht machen, fördert auch Beschäftigung, und zwar mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Beschäftigung des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen mit dieser Materie in der Zukunft.
Meine Damen und Herren, wer das will, der tut nicht nur den Kommunen, sondern auch dem Land keinen Gefallen.
Apropos Kommunalinteresse und Landesinteresse: Ich bin sprachlos, meine Damen und Herren. Der gegen uns erhobene Vorwurf, wir würden nicht die Landesinteressen, sondern die Kommunalinteressen vertreten, zeigt aus meiner Sicht nicht nur, dass Sie die Landesverfassung nicht verstehen. Wer einen künstlichen Gegensatz zwischen Kommunalfinanzen und Landesfinanzen aufbaut, zeigt, dass er von unserem Land nichts versteht. Wer aus Eitelkeit die tatsächliche Neuverschuldung kaschieren möchte, leistet nicht nur dem Land, sondern gerade auch den Kommunen einen Bärendienst.
Wer wie der famose Innenminister dieses Landes – leider ist der Herr nicht mehr da – anlässlich der kommunalen Schulden- und Verschuldungssituation die reale Situation negiert und Sanierung vorschlägt, der empfiehlt den Kommunen in unserem Lande als Mittel gegen die Überschuldung, für die sie nichts können, die Abrissbirne. Das, meine Damen und Herren, müssen sich die Städte und Gemeinden in unserem Land nicht länger bieten lassen. Ich denke, die werden ihren Weg gehen.
Wir werden eine interessante Anhörung zu dem Abrechnungsgesetz bekommen. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir sind an der Seite der Kommunen, der kommunalen Spitzenverbände, weil wir in der Beziehung garantiert mehr Ahnung von unserem Land haben als Sie. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Nachtragshaushalt ist und war aus mehreren Gründen notwendig, wobei ich im Folgenden besonders auf einen Zweck eingehen will, weil das meines Erachtens der Hauptbestandteil des Nachtragshaushaltes ist.
Mit einer Änderung im Haushaltsgesetz wird die Landesregierung ermächtigt, mit Zustimmung des Haushalts- und Finanzausschusses alle notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Ausgliederung eines 85 Milliarden € großen Portfolios aus der WestLB AG in eine von den Medien meistens als Bad Bank bezeichnete Abwicklungsbank nach § 8a des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes in die Wege zu leiten.
Dass wir heute so weit sind, eine solche Ermächtigung auch verabschieden zu können, ist aus meiner Sicht schon ein Durchbruch. Daran habe viele mitgewirkt. Das ist auch im Verfahren immer wieder so gesagt worden. Der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und seine Mannschaft haben sicherlich auch ihren Beitrag dazu geleistet. Auch die Kollegen in der Opposition hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen haben das Verfahren konstruktiv begleitet.
Meine Damen und Herren, die Rettung und Rekonstruierung der WestLB AG, dieser eben durch eigene Fehler und durch die Finanzmarktkrise besonders stark gebeutelten Bank, geht damit in der Tat in ein neues Kapitel über. Am Ende eines turbulenten Jahres 2009 gibt es damit für die WestLB und ihre Beschäftigten wieder eine Hoffnung, eine Perspektive auf eine positive und auch unbelastete Zukunft. Denn nur durch die Ausgliederung aller belasteten und nicht mehr strategienotwendigen Wertpapiere kann erreicht werden, dass die Bank in
einem bereinigten und zukunftsfähigen Geschäftsmodell sich neue Perspektiven erarbeitet. Das bedeutet in der Tat für die Bank einen riesigen Schritt nach vorne.
Im Gegensatz zu den vorangegangenen Rettungsaktionen, bei denen es galt, einen Zusammenbruch der WestLB AG zu verhindern, bedeutet diese Maßnahme eine echte strukturelle Veränderung. Die zur Einbringung des Nachtragshaushalts im Juni dieses Jahres absehbar gewesenen Ziele wurden mit dem Abschluss der Verhandlungen zur Ausgliederung des Portfolios sicherlich übertroffen.
Auch aus dem Blickwinkel der Umsetzung der Auflagen der EU-Kommission zur Genehmigung der ersten Rettungsaktion mit dem PhoenixPortfolio sind wir ein Stück weiter. Die Reduzierung der Bilanzsumme um 85 Milliarden € ist ein großer Schritt auf dem Weg zu der geforderten Halbierung der Bilanzsumme.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, hinter all der Planung dieser Ausgliederung haben sicherlich viele schlaflose Nächte der Verhandlungsteilnehmer – der Eigentümer der WestLB, des SoFFin und der EU – gestanden. Diese Beiträge muss man ausdrücklich – da haben sich auch viele bewegt – anerkennen. Ohne diese Bewegung der Beteiligten wäre sicherlich keine Einigung zustande gekommen.
Deswegen auch ein paar Worte zu der gefundenen Lösung, weil sie in der Tat heftig umstritten war. Angesichts der verhärteten Fronten hätte ich mir jedenfalls bis vor Kurzem nicht vorstellen können oder es nicht für möglich gehalten, dass tatsächlich ein Kompromiss gefunden werden kann. Wir haben ja die Zeitungsberichte gelesen, wer sich wie aufgebockt hat.
Meine Damen und Herren, wir können jetzt davon ausgehen, dass dieser Kompromiss auch für die Beteiligten akzeptabel ist. Er ist insbesondere dem SoFFin zu verdanken, der zum ersten Mal eine Eigenkapitalhilfe für eine Landesbank zur Verfügung stellt.
Die Aufteilung der neu zu tragenden Risiken oberhalb des bereits bestehenden Garantierahmens von 5 Milliarden € erfolgt grundsätzlich quotal zwischen den Eigentümern, was schließlich dem Grundsatz entspricht, dass jeder Eigentümer am Erfolg, aber auch am Misserfolg seines Eigentums beteiligt sein sollte.
Viele der Befürchtungen, die in den vergangenen Wochen und Monaten gerade mit Blick auf die Belastungen der Sparkassen artikuliert wurden, haben sich als unbegründet und im Nachhinein auch – ich will es ausdrücklich so bezeichnen – als blanke Panikmache herausgestellt. Dadurch, dass die Sparkassen ihren Anteil an dem jetzt zusätzlich notwendigen Rettungsschirm in jährlichen Raten über die nächsten 25 Jahre verteilt erbringen dür
fen, wird ihre Belastung sehr gering gehalten. Auswirkungen auf das Tagesgeschäft mit Konsequenzen für die Kunden sind durch die WestLB nicht zu erwarten. Ich bin sehr froh, dass dies nun auch in der öffentlichen Wahrnehmung korrekt wiedergegeben wird. Das verantwortungslose Verhalten einzelner Teilnehmer der Verhandlungen in den letzten Wochen, als sogar mit einer Insolvenz der systemischen WestLB gedroht worden sein soll, kann man nur als fragwürdig bezeichnen.
Aus unserer Sicht, meine Damen und Herren, ist es ein großer Erfolg einer von Beginn an klugen Strategie der Landesregierung und insbesondere des Finanzministers gewesen, die Stützungsmaßnahmen ohne den Einsatz von echtem Kapital vorzunehmen. Anders als etwa in Bayern, wo der dortige Haushaltsgesetzgeber zum Beispiel 10 Milliarden € Eigenkapitalhilfe bewilligt hat, oder in Baden-Württemberg, wo 5 Milliarden € zur Stützung der LBBW ausgegeben werden mussten, konnte die WestLB über Wasser gehalten werden, ohne eine Eigenkapitalzuführung vorzunehmen. Bisher zahlt sich diese Strategie aus. Seit der Einbringung des Nachtragshaushalts vor fast sechs Monaten ist es nicht zu weiteren Garantieziehungen gekommen. Es bleibt damit bei den – jedenfalls so die Mitteilung des Finanzministers – 280 Millionen € an echtem Geld, davon 107 Millionen € für das Land, das die Eigentümer bislang in die Hand nehmen mussten.
Ich will ausdrücklich hinzufügen: Gerne hätten wir diesen Betrag für andere Dinge verwandt. Bei den Haushaltsberatungen hatten wir viele gute Punkte, wie man dieses Geld gerade im Interesse der nachfolgenden Generationen und des Bildungspotenzials in unserem Land hätte verwenden können. Aber wir müssen einfach konstatieren, dass die Finanzkrise viele Banken beinahe in den Abgrund gerissen hätte. Ich will dem Kollegen Becker ausdrücklich zustimmen: Es hat nicht nur amerikanische, sondern in ganz erheblichem Maße auch Banken in öffentlichem Eigentum in Deutschland besonders schwer erwischt. Dabei wird deutlich, welche kapitalen Fehler auf institutioneller Seite gemacht worden sind, insbesondere bei dem Kompromiss, den Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung mit einem sehr langen Übergangszeitraum zu versehen.
Meine Damen und Herren, gleichzeitig haben die Sparkassen, die an allen Landesbanken beteiligt sind, dafür gesorgt, dass ihnen diese keine Konkurrenz machen, und damit die Geschäftsmodelle so weit beschnitten, dass es für die Landesbanken schwierig war, ein umfassendes Bankgeschäft zu betreiben. Diese Kombination hat sich jedenfalls nicht bewährt. Den Landesbanken blieb häufig nur, ihre Liquidität in Papieren unterzubringen, die wir heute – so wissen wir es jedenfalls – als Ramschpapiere bezeichnen müssen.
Meine Damen und Herren, zur grundsätzlichen Veräußerung des Landesanteils an der WestLB haben wir schon hinreichend ausgeführt. Ich will das heute nicht wiederholen.
Ich will noch einen zweiten Aspekt des Nachtrags erwähnen: Im Rahmen der Ergänzungsvorlage hat die Landesregierung ihren Vorschlag zur Abrechnung der Beteiligung der Kommunen an den Einheitslasten vorgelegt, die das Land als Ganzes zu tragen hat.
Wenn wir heute dem Nachtragshaushalt zustimmen, stellen wir damit den Kommunen weitere 251 Millionen € zusätzlich zu den 650 Millionen € Abschlagszahlung zur Kompensation einer Überzahlung zur Verfügung. Die genauen Modalitäten, insbesondere auch für die zukünftige Abrechnung der Einheitslasten bis 2019, enthält das Einheitslastenabrechnungsgesetz, das später am heutigen Tag noch eingebracht werden wird, das auch als Reaktion auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs von Ende 2007 erfolgt.
Meine Damen und Herren, wir haben uns in einer ersten Anhörung zu dem Nachtragshaushalt bereits mit sehr unterschiedlichen SachverständigenStellungnahmen und vielen guten Anregungen auseinandersetzen können. Ich glaube, die entscheidende Diskussion und Debatte gehört nicht an diese Stelle, sondern wir werden sie im Rahmen einer seriösen Beratung des Abrechnungsgesetzes führen.
In der Anhörung sind viele wichtige Argumente genannt worden – viele Punkte, die für die Positionierung der Landesregierung und den von ihr eingebrachten Gesetzentwurf sprechen. Das werden wir sicherlich in gebotener Sachlichkeit gerade im Sinne eines fairen Interessensausgleichs der Kommunen in unserem Land diskutieren. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Becker.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst einmal in umgekehrter Reihenfolge etwas zur WestLB sagen.