Protokoll der Sitzung vom 16.12.2009

Der Aufwand ist hoch, die Kosten und die damit verbundenen …

(Horst Becker [GRÜNE]: Jetzt geht er auf die Kosten!)

Nun lassen Sie mich doch einmal ausreden.

(Horst Becker [GRÜNE]: Aber gerne!)

Die Kosten und die damit verbundene Bindung der Kräfte wären nur dann gerechtfertigt, wenn eine mehrfach unterjährige Veröffentlichung des Kommunalfinanzberichts einen erhöhten Nutzen gegenüber einer einmaligen Veröffentlichung bringen würde.

Zweitens. Den sogenannten Kosten-Nutzen-Faktor will ich Ihnen anhand einer Passage aus dem Kommunalfinanzbericht 2004 deutlich machen.

(Horst Becker [GRÜNE]: Das ist aber pein- lich!)

Dort heißt es:

Der Bericht zeigt die aktuellen Finanzentwicklungen auf. Die kommunalen Steuereinnahmen verliefen in den ersten drei Quartalen 2003 besser, als das noch nach der Steuerschätzung vom November 2003 vorausgesetzt werden konnte. … Dennoch bleiben jetzt im Gesamten andere (an- genehmere) Zweifel, ob die Steuereinnahmen der Kommunen für 2003 und 2004 mit der Steuerschätzung vom November 2003 nach einigen Jahren zu optimistischer Einschätzungen nunmehr nicht etwas zu pessimistisch geschätzt wurden.

Im Klartext heißt das: Die Zahlen, die in einem zweiten oder dritten unterjährigen Kommunalfinanzbericht vorgelegt werden, sind in Ausnahmefällen zu pessimistisch, in der Regel zu optimistisch und selten verlässlich. Der Nutzen ist – gelinde gesagt – überschaubar.

Wenn – wie in Ihrer Regierungszeit – vor allem zu Beginn eines Jahres zu optimistisch mit Steuerschätzungen umgegangen und unterjährig dauernd korrigiert wird, ist das für die Kommunen und insbesondere für dieses Parlament wenig hilfreich.

Sie haben eben von einer neuen Systematik im Zusammenhang mit dem Kommunalfinanzbericht 2010 gesprochen. Sie wissen, dass dieser Kommunalfinanzbericht anders sein wird als die Berichte seit 2002. Wir haben in diesem Kommunalfinanzbericht zum ersten Mal das NKF aufzuarbeiten. Das heißt, wir haben ganz andere Planzahlen vorliegen. Wir haben Ergebnisdaten, Bilanzdaten und Finanzdaten.

Ich verspreche mir davon, dass es eine bessere Vergleichbarkeit und Übersichtlichkeit gibt, auf denen dann die Entscheidungen insbesondere der kommunalen Entscheidungsträger basieren können. Ich sage für die CDU-Fraktion: Qualität statt Quantität, ein gut ausgearbeiteter Kommunalfinanzbericht …

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Herr Becker, Sie können sich nun wirklich nicht darüber beschweren, dass dieser Kommunalfinanzbericht, der Ihnen jetzt vorliegt – mehr als 100 Seiten, sehr klar und sehr übersichtlich angeordnet –, nicht Ihren Qualitätsanforderungen entspricht. Sagen Sie klar und deutlich, welche Zahlen Sie vermissen; dann können wir im Ausschuss gerne darüber reden.

Ein Kommunalfinanzbericht im Jahr ist für mich ausreichend. Sie können nicht belegen, dass unterjährige Kommunalfinanzberichte für die Kommunen besser wären und mehr Erkenntnisgewinn brächten. Sie können auch nicht belegen, dass es überhaupt möglich ist, den Kommunalfinanzbericht für das Jahr 2009 im ersten Vierteljahr 2010 vorzulegen.

(Horst Becker [GRÜNE]: Klar! Das ist doch früher auch gemacht worden!)

Das sind Sie uns leider schuldig geblieben. Insofern müssen wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Löttgen. – Für die SPD spricht nun der Kollege Körfges.

(Zuruf von Parl. Staatssekretär Manfred Pal- men)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Palmen, Ihre Eingangsbemerkung: „Jetzt kommt noch ein Märchenerzähler“, ist ebenso unoriginell wie bezeichnend für die Art und Weise, wie Sie als Mitglied dieser Landesregierung nicht nur mit dem Parlament, sondern auch mit den Kommunen in unserem Land umgehen.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Aber, wie gesagt, keine Aufregung, Herr Palmen. Man muss sich um Ihre Gesundheit manchmal ernsthaft Sorgen machen. Bitte bleiben Sie uns noch lange erhalten. An irgendetwas müssen wir unsere Kritik festmachen können, und dazu eignen Sie sich immer ganz toll.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Wir unterstützen ganz ausdrücklich die Forderung, wieder regelmäßig Kommunalfinanzberichte – auch unterjährig – herauszugeben.

Wenn die Kommunen aus nachvollziehbaren Gründen dazu aufgefordert werden, wieder regelmäßig Flaggenschmuck zu zeigen, müssen unsere Kommunen in Nordrhein-Westfalen zumindest die Grundvoraussetzung für die Anschaffung und Pflege von Flaggen haben, nämlich das nötige Kleingeld.

Ich sage es einmal ganz vorsichtig: Diese Landesregierung hat immer Großes im Sinn, gibt den Kommunen aber keine Möglichkeit – an der Stelle haben wir das heute schon zwei- oder dreimal gehört –, das auch tatsächlich umzusetzen.

Herr Kollege Löttgen, die Schallplatte wird von uns nicht abgestellt, solange Sie Ihre Politik in der Sache nicht ändern. Sie werden es nicht verhindern können, dass nicht nur wir, die Opposition, sondern auch die komplette kommunale Landschaft in Nordrhein-Westfalen keine Ruhe geben werden, bis Sie an der Situation, die Sie mit herbeigeführt haben, inhaltlich tatsächlich etwas ändern.

In der gegenwärtigen desaströsen Finanzsituation mit einer sich rasant entwickelnden Verschuldung unserer Kommunen ist es nicht nur sinnvoll, sondern nachgerade notwendig, regelmäßig und auch in kürzeren Abständen Kommunalfinanzberichte zu erstellen und hier darüber zu diskutieren.

Sie scheuen die Berichterstattung. Wir brauchen – in der Vergangenheit haben wir das nicht gebraucht – keine rechtliche Grundlage, sondern Fakten.

(Zuruf von der CDU: Wenn Sie es nicht ge- braucht haben, warum haben Sie es dann gemacht?)

Auf der Grundlage dieser Fakten sollten Sie die richtigen Schlüsse ziehen und sich dann mit uns gemeinsam Konsequenzen zugunsten unserer Kommunen überlegen.

Aber ich habe den Eindruck, dass Ihnen das theoretisch gar nicht so fremd ist, sondern dass es Ihnen einfach um die praktischen Auswirkungen sowohl im Haushalt als auch in den jahreszeitlichen Abläufen geht. Ich sage es einmal so: Anfang Mai haben wir hier einen wichtigen Termin. So lange wollen Sie diesen Kommunalfinanzbericht eigentlich nicht vorlegen.

Und die Nummer mit dem NKF! Was wir unseren Kommunen zumuten! Dass sie es innerhalb kurzer

Zeit hinbekommen haben, ihre Systematik auf NKF umzustellen, dient Ihnen jetzt als wohlfeile Ausrede dafür, dass Sie das hier nicht gestemmt bekommen. Das zeigt ganz deutlich, dass Ihnen die Kommunen auch in dieser Disziplin deutlich überlegen sind.

Die Handlungsfähigkeit und die Selbstverwaltung sind in vielen Kommunen kaum noch gewährleistet. Gerade die Höhe der Kassenkredite und der Gesamtverschuldung sowie die Einnahmesituationen sind valide Parameter zur Bemessung der kommunalen Finanzsituation.

Sie versuchen, die Situation schönzureden, den Kommunen die Verantwortung in die Schuhe zu schieben – ganz nebenbei – und sich selber einen schlanken Fuß zu machen. Dabei sind Ihnen die Fakten ganz offensichtlich im Wege. Deshalb haben wir die Kommunalfinanzberichterstattung hier angemahnt.

Ich habe den Herrn heute schon einmal zitiert. Das müssen Sie sich jetzt auf der Zunge zergehen lassen. Ein guter Freund hat mich auf eine bemerkenswerte Veröffentlichung mit dem Titel „Abschied vom Kernbereichsschutz bei der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung?“ hingewiesen. Der Autor bezieht sich in seinen Ausführungen – ich sage Ihnen gleich, was er mit NRW zu tun hat – auf Niedersachsen.

Die Erkenntnisse sind nicht nur deshalb übertragbar, weil mehr als die Hälfte der in Deutschland anfallenden Kassenkredite Nordrhein-Westfalen zuzuordnen sind, und sie sind nicht nur deshalb richtungweisend, weil die Städte und Gemeinden mittlerweile beinahe eine Last von 17 Milliarden € Kassenkrediten vor sich herschieben.

Der Bezug zu diesem Land wird durch den Autor höchstpersönlich hergestellt und macht die Sache insbesondere für Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, richtig peinlich. Ich zitiere jetzt aus dem Fließtext – ich kann Ihnen das Original auch zur Verfügung stellen –:

Dies trägt dem Gedanken Rechnung, dass Kassenkredite signifikant aussagekräftig für die Höhe der Mittel sind, die für die Erfüllung kommunaler Aufgaben notwendig sind, aber vom Land nicht zur Verfügung gestellt werden. Sie bilden nämlich den Fehlbedarf der Kommunen ab. Damit erweist sich der Parameter der Kassenkredite als valides Kriterium für die Beurteilung des Finanzstatus der Kommunen.

Dieser Absatz endet mit der bemerkenswerten Feststellung:

So lässt dies nur den Schluss zu, dass das Land verpflichtet ist, insgesamt für den kommunalen Finanzausgleich mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, um so seinen verfassungsrechtlichen Verpflichtungen zu genügen.

Ich finde, das ist gut gesprochen. Im Himmel ist nach Lukas 16,7 mehr Freude über einen reuigen Sünder als über 99 Gerechte.

Jetzt kommt nämlich der Knaller: Was bei Ihnen für NRW nicht gilt – aber offensichtlich für Niedersachsen –, ist uns von Herrn Kyrill-A. Schwarz ins Stammbuch geschrieben worden, dem Leiter des Referates Grundsatzfragen der Verfassung in der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen.

Wenn das Herr Schwarz bei einer ungleich günstigeren Situation der kommunalen Verschuldung für Niedersachsen konstatiert, kann ich nur sagen: Gehen Sie einmal zu Ihrem Kollegen, diskutieren Sie mit ihm über die Grundsatzfragen,

(Zuruf von der CDU: Was hat das mit dem Kommunalfinanzbericht zu tun?)

und kommen Sie dann – vielleicht – gemeinsam mit uns zu der Erkenntnis, sich die Zahlen zu besorgen und nach Lösungen zu suchen; denn entweder legt man die Zahlen auf den Tisch und hilft den betroffenen Kommunen, oder man versucht, sich bis zum Wahltermin auf unerkanntem Wege aus dem Staub zu machen. Ich denke, Sie sind auf dem besten Wege dazu.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Körfges. – Für die FDP spricht nun Herr Engel.