Eine solche Entscheidung, die Sie antizipieren, ist von uns weder so geplant noch vollzogen worden. Sie hat aber eine komplexe Fragestellung zum Gegenstand. Das habe ich eingangs gesagt. Es müssen verschiedene Aspekte mit abgewogen werden. Das ist sicherlich ein Aspekt dabei.
Wenn ich mir die Landschaft der Rechtsformen und der Führung von Universitätsklinika sowie das bisherige Engagement von Privaten in der Bundesrepublik Deutschland ansehe, dann kann ich gegenwärtig nicht einmal im Ansatz eine Sorge oder auch nur die Begründung für eine Sorge in der von Ihnen gestellten Weise erkennen.
Herr Minister, Sie haben sehr geschickt dargestellt, dass es unterschiedliche Aufträge für die Expertengruppe und für Ro
land Berger gibt. Das hätte eine gewisse Logik, wenn die Beauftragung von Anfang an erfolgt wäre. Ihre Darstellung im Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie haben wir anders verstanden.
Es drängt sich die Frage auf, ob mögliche Zwischenergebnisse der Expertengruppe nicht dem entsprechen, was politisch gewünscht wird, sodass man darauf aufsetzend Roland Berger beauftragen musste, um die entsprechenden Ziele zu erreichen.
Sie haben bereits angesprochen, dass ich den Ausschuss wiederholt und immer aktuell über den Stand unserer diesbezüglichen Herangehensweise informiert habe. Wir haben uns neben der wissenschaftlichen Kommission unter Vorsitz von Herrn Kollegen Dichgans zunächst intern in Arbeitsgruppen mit dem Zusammenwirken von Universitätsklinika und damit beschäftigt, inwieweit die Errichtungsverordnung nach fünf Jahren einer Überarbeitung zu unterziehen ist. Darüber hatte Sie informiert. Diesen internen Prozess der Evaluation dessen, was sich in den letzten fünf Jahren ergeben hat, haben wir extern moderieren lassen. Wir haben Zwischenergebnisse erarbeitet und dann für uns festgestellt, dass es sinnvoll sein könnte, die organisatorischen Veränderungsprozesse, die sich im Interesse der Klinika als vorteilhaft erweisen könnten, noch einmal extern zu begleiten.
Dabei haben wir auch gerne auf ein Gutachten der Beratungsgesellschaft Horwath Rückgriff genommen. Es wurde im Jahre 2003/2004 vom BLB in Auftrag gegeben. Dies geschah seinerzeit unter Verantwortung des beamteten Staatssekretärs meines heutigen Hauses. Mit diesem Gutachten ist bereits eine Privatisierung von Universitätsklinika in Nordrhein-Westfalen untersucht worden.
Ich hatte mir gedacht, es sei sicherlich sinnvoll, wenn ein solches Gutachten von der Vorgängerregierung bereits beauftragt worden ist, auch diese Erkenntnisse in eine grundsätzliche Überprüfung der Organisationsform unserer Klinika einzuflechten, und dass es, um nicht noch einmal zusätzliche Beratungskosten für diese Fragestellung auszulösen, sachgerecht wäre, ein externes Beratungsunternehmen zu bitten, dieses Gutachten in eine Empfehlung zur Fortentwicklung der Universitätsklinika in Nordrhein-Westfalen einzubeziehen.
Herr Minister, wenn ich Ihre Darstellung richtig verstanden habe, haben Sie gesagt: Gegenstand der Untersuchung von Roland Berger ist ein Vergleich unterschiedlicher möglicher Vorgehensweisen: Konzernbildung, möglicherweise auch in Trägerschaft öffentlichrechtlicher Natur, Public Private Partnership als Mischform, Veräußerung an Private und schließlich eine Optimierung der vorhandenen Strukturen.
Meine Frage: Können wir davon ausgehen, dass in dem Gutachten für die verschiedenen Standorte oder für die Gesamtheit der Universitätskliniken Vergleiche der unterschiedlichen Vorgehensweisen geboten werden? Natürlich weiß jeder, dass wohl kaum für 37 Universitätskliniken in Deutschland private Investoren zur Verfügung stehen, die sich das aufladen werden. Insofern wird man klugerweise immer auch mit der Möglichkeit rechnen müssen, dass es, selbst wenn man privat veräußern wollte, praktisch nicht geht und man insofern in öffentlicher Trägerschaft bleibt.
Herr Abgeordneter Henke, das ist sicherlich eine völlig richtige Überlegung, die Sie anstellen. Das Land Nordrhein-Westfalen ist – so kann man es auch formulieren – Gott sei Dank so groß, dass völlig unterschiedliche Modelle zur Anwendung kommen können und vielleicht auch zur Anwendung kommen müssen. Deswegen haben wir es genauso breit und ergebnisoffen angelegt, dass eben auch unterschiedliche Ergebnisse für die jeweiligen Standorte dabei herauskommen können.
Die müssen natürlich auch mit dem Ergebnis der wissenschaftlichen Kommission gespiegelt werden, die völlig unabhängig davon arbeitet und von der mir, um auf die Frage von Herrn Schultheiß zurückzukommen, keinerlei Zwischenergebnisse vorgelegt worden sind, die mich veranlasst hätten, daraus ableitend noch einmal eine andere Begutachtung vorzunehmen. Sie arbeiten unabhängig. Wir werden diese beiden Gutachten dann zusammenzuführen haben und sicherlich einen Vorschlag machen, der auch unterschiedliche Organisationsformen und unterschiedliche Forschungsschwerpunkte zum Gegenstand haben kann.
Herr Minister, meine Frage, die sich daran anschließt: Kann man davon ausgehen, dass Roland Berger als Grundlage in seine Untersuchung einzubeziehen hat, dass die dominierende Essenz einer Universitätsklinik darin liegt, Wissenschaft, Studium und Lehre zu dienen? Denn der universitäre Charakter der sich an der Universitätsklinik vollziehenden Medizin folgt ja daraus, dass es sich eben um eine Hochschule, eine Universität handelt, an der sich das alles ereignet, und deren genuine Zwecksetzung ist Forschung, Lehre, Wissenschaft und Studium. Insofern interessiert mich, ob diese Eingangsbedingung gewissermaßen zur Voraussetzung der Äußerung von Roland Berger gemacht wird.
Das kann ich nur positiv mit einem ganz klaren Ja beantworten, Herr Henke. Überhaupt hat uns die Frage schon in der Evaluation der Errichtungsverordnung beschäftigt, die wir vorliegen haben. Wir haben heute ja einen gewissen Konflikt zwischen den Medizinischen Fakultäten und den Klinika und ihren Geschäftsführungen hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Aspekte und der Forschungsaspekte. Das ist ein natürliches Spannungsfeld. Es war ja Gegenstand unserer internen Beratung gewesen, in der Evaluation und Überprüfung der Fortentwicklung dieser Errichtungsverordnung für die Universitätsklinika in Nordrhein-Westfalen, ob wir durch eine andere Gestaltung der Corporate-Governance-Strukturen diesen Interessenskonflikt in Zukunft harmonischer auflösen können. Dieserlei Überlegungen werden auch wesentlich sein für das, was Roland Berger uns vorlegt, bzw. für das, was wir dann aus den vorliegenden Gutachten machen.
Ziel muss es sein – das ist jedenfalls die Zielsetzung der Landesregierung und auch meines Hauses –, dass wir die medizinische Forschung in Nordrhein-Westfalen stärken und im nationalen und internationalen Wettbewerb noch deutlicher sichtbar machen können. Denn nur wenn wir im Medizinbereich auch Spitzenleistungen haben, werden sich daraus entsprechende Innovationen im Bereich Pharma, Medizintechnik und anderen Bereichen ergeben können, die wir dringend für unseren Standort brauchen, um auf diese Weise auch zu neuen Arbeitsplätzen zu kommen.
Herr Minister, kann die SPDFraktion davon ausgehen, dass Ihr Ministerium in geeigneter Weise auch die Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen so weit über den weiteren Verlauf unterrichtet, dass wir nicht ganz so grundsätzliche Fragen beispielsweise zur Zukunft der Forschung stellen müssen – das ist ja schon sehr verwunderlich –, und dies auch unabhängig von der Frage, ob sie gerade eine Rolle spielen in irgendeinem berufsständischen Ärzteverband?
Ich weiß nicht, ob ich mich jetzt von Regierungsseite an irgendwelchen Qualifizierungen von Fragestellungen zwischen Mitgliedern des Hohen Hauses beteiligen sollte. Ich habe jedenfalls die Frage des Kollegen Henke als eine sehr wichtige angesehen, weil sie noch einmal auf den Interessenkonflikt aufmerksam macht, den wir in diesem Bereich haben und um den wir uns auch intensiv kümmern müssen, damit wir das Kernziel erreichen, die Forschungs- und Innovationslandschaft in Nordrhein-Westfalen fortzuentwickeln.
Dabei spielen die Universitätsklinika eine ganz zentrale Schlüsselrolle. Das wissen wir alle, und Sie wissen das auch mit dem Bezug zu Ihrem jeweiligen Universitätsklinikum. Da gibt es Spannungsfelder, die heute noch bestehen, die vielleicht in Zukunft weiterbestehen werden, an denen wir aber arbeiten müssen mit der Zielsetzung, dass sie sich künftig besser auflösen lassen im Interesse der Zielfunktion unserer Universitätsklinika.
8 Mieterinnen und Mieter als Spekulationsobjekt – Deutscher Real Estate Investment Trust (G-REIT) unterwirft den Wohnungsmarkt globalen Kapitalinteressen
Ich eröffne die Beratung und erteile dem Abgeordneten Becker für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Thema, mit dem wir uns heute zu beschäftigen haben, müssen wir uns, glaube ich, vorweg die Antwort auf die Frage geben: Was dient den Menschen?
Real Estate Investment Trust ist ein Investmentprodukt, an dessen Einführung ausschließlich die Finanzwirtschaft massives Interesse hat. Im Kern geht es hierbei darum, die in den Bilanzen enthaltenen sogenannten stillen Reserven aus dem Immobilienbesitz zu heben. In der Regel sind das Grundstücke, die mit einem Restbuchwert von 1 € bilanziert sind. Das geltende Steuerrecht sieht vor, dass der Gewinn aus dem Verkauf eines solchen Grundstücks der Steuerpflicht unterliegt. Mit REITs nun soll die Hebung der stillen Reserven weitgehend steuerfrei gestellt werden.
Für REITs soll ein steuerlicher Sonderstatus geschaffen werden. Die Unternehmensbesteuerung von börsennotierten REIT-Aktiengesellschaften erfolgt nicht, wie ansonsten üblich, auf der Unternehmerseite, sondern die Steuerpflicht aus den Gewinnen des Unternehmens wird auf die Anlegerseite verlagert. Dies ist bei inländischen Kapitalanlegern finanztechnisch kein Problem. Unter den Rahmenbedingungen des internationalen Steuerrechts können Finanzbeamtinnen und Finanzbeamte bei ausländischen Kapitaenlegern allerdings sehr schnell ins Leere greifen. Es ist durchaus denkbar, dass eine deutsche Kapitalgesellschaft ein Tochterunternehmen in der Schweiz gründet, sich dann an der deutschen REIT-AG durch Aktienkauf beteiligt, dass die Kapitaleinkünfte aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz aber steuerfrei bleiben.
Es kann festgehalten werden: Die Einführung von REITs ist schon aus steuerlicher Sicht mit einem hohen Risiko verbunden.
Was spricht für die Einführung von REITs? Für die traditionell eigenkapitalschwachen Unternehmen insbesondere des Mittelstandes kann die steuerfreie Hebung der stillen Reserven aus den Grundstücken zu einer Stärkung beitragen. Das ist für uns jedenfalls ein Grund, warum wir der Einführung von REITs im Bereich der gewerblichen Immobilien durchaus offen gegenüberste
Vollständig anders sieht das jedoch bei der Bewertung im Bereich der Wohnimmobilien aus. Hier sind aus unserer Sicht mehrere Aspekte zu nennen:
Erstens. Der Wohnungsmarkt wird einer vollständigen Renditeorientierung unterworfen. Ein steigender Cashflow im Bereich von Wohnungen ist im Grunde nur durch drei Maßnahmen zu erreichen: a) Reduzierung des Personaleinsatzes für die Verwaltung der Bestände, b) Zurückfahren der Instandhaltungsaufwendungen und c) Steigerung der Mieterträge durch Mieterhöhungen. Wohnungen werden also unter den Rahmenbedingungen des internationalen Kapitalmarkts – lassen Sie es mich zuspitzen – ausgequetscht wie eine Zitrone.
Für den Bereich der Stadtentwicklung gehen den Kommunen lokal tätige Ansprechpartner verloren. Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes oder zur Aufwertung von Problembeständen gelingen insbesondere dann, wenn Wohnungsbauunternehmen in dem betroffenen Gebiet über große Bestände verfügen und sich als Akteur an solchen Aufwertungsprozessen mit Erfahrungen in der Gegend beteiligen. Diese – wie wir sagen – Sozialrendite, die insbesondere kommunale Wohnungsbaugesellschaften für die Städte erbringen, werden mit REITs nicht mehr möglich sein. REITs entfernt sich davon kilometerweit.
Zweitens. Die Umschlaggeschwindigkeiten bei Wohnungsverkäufen werden unter den absehbaren Einflüssen von REITs massiv zunehmen. Regionale Unterschiede zwischen Städten und Regionen werden wachsen und massiv verschärft. Für REITs sind nämlich die wachsenden Regionen, die Boom-Städte, von besonderem Interesse. Der Wachstumsdruck des Shareholdervalue wird die Preise auf dem Grundstücks- und Wohnungsmarkt massiv nach oben treiben. Mieterinnen und Mieter in den Boom-Regionen werden zum Spekulationsobjekt.
Auf der anderen Seite werden die Problemregionen weiter abgehängt. In dem sogenannten „Work out“ werden sich REITs nicht oder nur unwesentlich engagieren und damit auch keine Investitionen in diese Regionen lenken. Die Hoffnung, dass ausgerechnet dort die Spirale nicht weiter nach unten geht, weil durch dieses Instrument investiert wird, trügt also.
Meine Damen und Herren, ich sagte es: Wir müssen uns fragen, was den Menschen und nicht alleine den Investmentgesellschaften nützt. Deswegen zurück zu dieser Frage: Was nützt es den
Für mich steht fest: REITs sind kein Beitrag zur Lösung der wohnungspolitischen Zukunftsaufgaben. Im Gegenteil: Sie schaffen zusätzliche Probleme.
Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Mieterprivatisierung von Wohnungen, die durch Verkäufe der Wohnungsbestände ausgelöst worden ist, kann eine erleichterte Eigentumsbildung angesichts der Debatten um die Finanzierbarkeit der sozialen Sicherungssysteme durchaus ein Beitrag zur Altersvorsorge sein. Wir brauchen in diesem Bereich neue Lösungen.
Handlungsbedarf besteht beim Wohnungseigentumsgesetz mit seinen viel zu starren Regelungen. Es besteht ein Missverhältnis zwischen der steuerlichen Behandlung von selbst genutztem Wohneigentum und von Wohneigentum, das vermietet wird. Zur Verdeutlichung: Wenn sich zwei von Ihnen zum Eigengebrauch jeweils eine Wohnung im selben Haus kaufen, werden Sie das steuerlich nicht absetzen können. Wenn Sie sich die Wohnungen gegenseitig vermieten, können Sie das steuerlich absetzen. Meiner Meinung nach ist das ein absolut irrer und anachronistischer Tatbestand. Es kann nicht sein, dass, wenn es in einem Haus gelingt, sich über Kreuz Wohnungen zu vermieten, man das steuermindernd geltend machen kann, dass es aber kein Steuerminderungsgrund ist, wenn man die Wohnungen im selben Haus jeweils selber nutzt.
Die Fragen „Was nützt den Menschen“ und „Was nützt nur den Investmentgesellschaften?“ – es geht uns dabei ausschließlich um den Wohnungsmarkt, nicht um den Gewerbemarkt – müssen in den Vordergrund gerückt werden. Das muss insbesondere in einem Land wie NordrheinWestfalen mit seinem verdichteten Wohnungsbestand, der völlig anders strukturiert ist als der in anderen Bundesländern dieser Republik, hinterfragt werden.
Vor dem Hintergrund der vielen bereits stattfindenden Privatisierungen, vor dem Hintergrund der von Ihnen angezettelten Diskussion um die Privatisierung der LEG-Wohnungsbestände würde es sich nach unserer Überzeugung in der „Verwertungskette Wohnungen“ um den letzten Schritt handeln, der einmal mehr dazu führt, dass die Interessen der Schwächeren in der Gesellschaft, insbesondere in den Boom-Regionen, bei dem