Protokoll der Sitzung vom 24.01.2007

(Beifall von der CDU)

Zurück zu Ihrem Antrag: Sie fordern dort unter anderem eine breit angelegte Informations- und Beratungsoffensive, insbesondere für Hochschulen, Forschungseinrichtungen und KMUs, die bisher nicht an EU-Forschungsrahmenprogrammen teilnahmen. Dabei stellt sich die Frage, warum das vorher nicht passiert ist.

Des Weiteren fordern Sie eine Herausarbeitung der Forschung in den Geistes- und Kulturwissenschaften und beziehen sich dabei auf die besondere Herausforderung für Nordrhein-Westfalen

durch die Arbeitslosigkeit, Migration, demografische Entwicklung und das Wohlstandsgefälle.

Es ist schön zu sehen, dass Sie die Probleme in unserem Land nun auch mit offenen Augen betrachten. Aber ich möchte der Vollständigkeit halber natürlich darauf hinweisen, dass das – vor allem das Wohlstandsgefälle und die Arbeitslosigkeit – doch ganz klar das Ergebnis einer 39jährigen Regierung von SPD und zuletzt von RotGrün ist.

(Beifall von der CDU)

Lassen Sie mich noch auf eine Formulierung Ihres Antrags zurückkommen, an der eigentlich klar wird, welche Haltung hinter Ihrem Antrag steht, und die auch die Ursachen ans Tageslicht bringt. Sie schreiben:

„Es werden jedoch nach wie vor in einigen Bereichen falsche Schwerpunkte gesetzt, so zum Beispiel durch die starke Betonung der Bio- und Gentechnik in den Themenbereichen Gesundheit und Landwirtschaft.“

Weiterhin würden Sie gerne zusätzlich die Euratom-Gelder verwenden und weisen auf ein angebliches Ungleichgewicht in der europäischen Energieforschung hin.

Frau Seidl, meine Damen und Herren von den Grünen, in welchen Bereichen sollten wir Ihrer Meinung nach denn forschen: über das vierte Segel am Windrad oder wie wir bei Regenwetter doch noch Solarenergie gewinnen können?

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das ist aber kleingeistig, Herr Berger!)

Mit den Aussagen im Antrag betreiben Sie vielfach Klientelpolitik, verbunden mit Ihrer angestaubten Ideologie. Diesem Vorwurf können Sie sich nicht entziehen. Zumindest an dem Punkt des Antrags scheint doch noch der alte grüne Geist durchzuschimmern.

Wenn wir in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland in der ersten Forschungsliga mitspielen wollen, dürfen wir nicht von vornherein ganze Bereiche ausschließen. Wir haben ein großes, bisher ungenutztes Innovationspotenzial in unserem Land.

Vergleicht man nur die Patentanmeldungen in Bayern und Baden-Württemberg mit denen in Nordrhein-Westfalen, wird das besonders deutlich: In Baden-Württemberg kommen auf 100.000 Einwohner jährlich 120 Patente; in NordrheinWestfalen sind es pro 100.000 Einwohner 45 Patente. Das Thema könnte ich auf die Zahl der

Beschäftigten im F- und E-Bereich ausweiten – das habe ich schon häufiger getan –: In BadenWürttemberg sind es 76.000, in NordrheinWestfalen 40.000.

Klar ist, dass die alte rot-grüne Regierung als Trainer auf diesem Feld versagt hat. Das Forschungsrahmenprogramm – soweit stimme ich mit Ihnen überein – bietet eine tolle Chance, unseren Forschungstabellenplatz weiter zu verbessern. Dazu werden wir, dazu wird die neue Landesregierung am Ball bleiben,

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

in der Hoffnung, dass wir die Prozesse verbessern können und ein besseres Ergebnis erzielen werden. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke, Herr Dr. Berger. – Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Gebhard das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die ausführlichen Beratungen des vorliegenden Antrags haben – wie auch heute in den Einlassungen – quer durch alle Parteien deutlich gemacht, dass es eigentlich unser aller Wollen ist, die Chancen, die sich aus dem 7. EU-Forschungsrahmenprogramm ergeben, noch besser zu nutzen als im 6. EUForschungsrahmenprogramm.

Von daher verschließt sich mir genau wie Frau Seidl, wie es denn bei all den vollmundigen Absichtserklärungen seitens CDU und FDP sowohl im Ausschuss als auch heute sein kann, dass Sie sich dem Antrag voraussichtlich wieder versagen und ihm die Unterstützung verweigern, wie Sie es auch schon im Ausschuss getan haben.

Was kann denn eigentlich – Herr Berger, hier sind Sie gerade nicht deutlich geworden – sachlich und fachlich dagegen sprechen, eine Evaluation zu wollen, wie sich Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen am 6. Forschungsrahmenprogramm beteiligt haben? Was kann an einer solchen Forderung falsch sein? Wenn Sie gesagt hätten, sie seien gar nicht dagegen, hätten so etwas aber schon, dann hätte sich die Diskussionsgrundlage geändert. Aber Sie sprechen lediglich gegen den Antrag.

Was kann dagegen sprechen, ein uns Abgeordneten vorzulegendes Konzept zu erarbeiten, wie man die Hochschulen beziehungsweise Teile von Hochschulen sowie KMUs in Nordrhein-West

falen, die bisher dem Forschungsrahmenprogramm fern sind, also noch nicht den Zugang gefunden haben, heranführen kann? Zenit hat ja darauf aufmerksam gemacht, dass die vorhandenen Beratungsinstitutionen nicht zu Rate gezogen werden, sondern dass man sich eher an den Kollegen an der eigenen Hochschule oder an eine andere Hochschule wendet, wenn bereits Erfahrungen existieren.

Was spricht dagegen – auch Frau Seidl hat ausgeführt, dass uns dieses bislang fehlt –, ein Konzept vorzulegen, wie man die Unterstützungsstrukturen in Nordrhein-Westfalen optimieren kann?

Ist es denn wirklich nur der Name der antragstellenden Fraktion, nämlich Bündnis 90/Die Grünen,

(Christian Lindner [FDP]: Nein!)

der Sie dazu veranlasst, diese drei Forderungen abzulehnen? Meines Erachtens wäre das ein schlechtes Zeichen für unsere Demokratie.

Mit dem 6. Forschungsrahmenprogramm – ich möchte den Akzent ein bisschen anders legen als Frau Seidl – ist – das hat auch die Expertenanhörung aufgezeigt – verbindet sich die beste Förderphase, die wir bisher in Nordrhein-Westfalen gehabt haben. Das macht deutlich, dass wir auf dem richtigen Wege sind. Zenit hat auch dokumentiert, dass dies vor allem der guten Beratungsinfrastruktur und – das ist bislang einmalig in Deutschland – der finanziellen Unterstützung von Antragstellern geschuldet ist.

(Christian Lindner [FDP]: Nein!)

Doch. Das haben die ausgeführt. Lesen Sie das nach.

(Christian Lindner [FDP]: Zenit ja, aber ande- re haben das infrage gestellt!)

Ich habe mich gerade auf Zenit bezogen, und die Landesregierung hat Zenit beauftragt, die Zahlen zu evaluieren. Von daher ist das ein vertrauenswürdiger Ansatz. Man kann den Zahlen und Untersuchungen sicherlich Glauben schenken.

Zenit kommt zu dem Ergebnis, dass sich nicht nur wegen der der Verdoppelung des Mittelansatzes im 7. Forschungsrahmenprogramm bei gleichzeitig größer werdender EU bessere Chancen ergeben, sondern wir noch bessere Chancen hätten, verbesserten wir unser eigenes Tun. Gerade in dieser Situation kappen Sie das Pfund NordrheinWestfalens, nämlich die finanzielle Unterstützung bei der Erstellung von Anträgen. Ich kann Ihnen nur raten, der Empfehlung von Zenit zu folgen und

die Antragsförderung wieder aufzunehmen. Sie ist ein gutes Startvehikel. Das hat sich im 6. Rahmenprogramm gezeigt.

Des Weiteren hat sich herauskristallisiert, dass sich die kleinen und mittleren Unternehmen schwer tun, Beratungsinstitutionen aufzusuchen, die sie als näher an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen und nicht als ihre originären Beratungsinstitutionen empfinden. Infolge dessen macht es Sinn, noch stärker IHKs, Zenit, Euroconsult usw., also die Institutionen, die nahe an den Unternehmen sind, einzubeziehen und zu einer Partnerschaft zu bewegen.

Ebenso hilfreich wäre es – das ist mein dritter Aspekt –, die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme der Forschenden zueinander zu verbessern. Auch in diesem Bereich hatten wir mit einer – sicherlich noch ausbaufähigen – Forschungsdatenbank einen guten Start. Diese haben Sie leider ohne Ersatz aus dem Netz gekippt. Das finde ich sehr bedauerlich. Ich meine – damit komme ich zum Schluss –, es sollte unbedingt Ersatz geschaffen werden. Ob Sie das Kind Forschungsdatenbank oder Kompetenzatlas nennen, sei dahingestellt. Das ist völlig belanglos. Wichtig ist, dass man sehr schnell die Partner findet, mit denen man zusammenarbeiten und gemeinsam die Forschung vorantreiben will. Dieses wäre zum Wohl des ganzen Landes.

In diesem Sinne hoffe ich, auch wenn von Ihrer Seite wieder die Ablehnung kommen wird, dass wir in der Sache gleichwohl vorankommen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Gebhard. – Für die FDP-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Lindner das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Hier ist sowohl von der antragstellenden Grünen-Fraktion als auch von der Sozialdemokratie gefragt worden, warum die Koalitionsfraktionen diesem Antrag nicht zustimmen können. Es ist der Eindruck erweckt worden, dass das möglicherweise nur dem Umstand geschuldet sei, dass die falsche Fraktion Antragstellerin sei.

(Frank Sichau [SPD]: So ist es!)

So einfach arbeiten wir nicht, so einfach machen wir uns das nicht.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Selbstverständ- lich machen Sie das!)

Ich möchte Ihnen deshalb drei gute Gründe nennen, warum dieser Antrag für meine Fraktion, für die Koalitionsfraktionen nicht zustimmungsfähig ist.

Erstens. Bündnis 90/Die Grünen gehen nach unserem Dafürhalten von einer falschen forschungspolitischen Schwerpunktsetzung aus. Explizit – das beschließen wir ja mit, wenn ein solches Papier dem Parlament vorgelegt wird – wird gesagt, dass Bio- und Gentechnologie in den Themenkomplexen Gesundheit und Landwirtschaft im 7. Forschungsrahmenprogramm zu stark priorisiert sind.

Wir als FDP-Fraktion sagen: Bio- und Gentechnologie ist ein Zukunftssektor, den wir stärken wollen. Wir sind damit diametral anderer Auffassung als Sie.

(Beifall von der FDP)

Im Gegenteil: Das 7. Forschungsrahmenprogramm müsste uns eigentlich auch auf Bundesebene veranlassen, bestimmte Fragen unserer deutschen Forschungspolitik neu zu stellen. Mit Rücksicht auf den Koalitionspartner will ich jetzt die Debatte nicht auf die Stammzellenforschung ausdehnen, sondern nur darauf verweisen, was die Bundesforschungsministerin an anderer Stelle dazu gesagt hat.

Der zweite Punkt, in dem wir eine falsche forschungspolitische Schwerpunktsetzung des Antrags der Grünen sehen, ist Folgender: Ausdrücklich wird die europäische Kernsicherheitsforschung, Euratom, ausgeschlossen. Sie hätten sie gerne in das allgemeine Forschungsrahmenprogramm überführt, für erneuerbare Energien genutzt.