Protokoll der Sitzung vom 24.01.2007

Der zweite Punkt, in dem wir eine falsche forschungspolitische Schwerpunktsetzung des Antrags der Grünen sehen, ist Folgender: Ausdrücklich wird die europäische Kernsicherheitsforschung, Euratom, ausgeschlossen. Sie hätten sie gerne in das allgemeine Forschungsrahmenprogramm überführt, für erneuerbare Energien genutzt.

Niemand hat etwas gegen die Forschung zu erneuerbaren Energien, auch nicht die Freien Demokraten, aber die Kernsicherheitsforschung, insbesondere Fusionstechnik, ist ein Zukunftsfeld europäischer Forschungspolitik.

Allein schon aus diesen beiden Gründen der forschungspolitischen Ausrichtung ist der Antrag nicht zustimmungsfähig.

Nun zu einem weiteren Grund, warum dieser Antrag für uns nicht zustimmungsfähig ist. Ich erinnere mich gut daran, dass wir diese Tage über notwendige Kapazitätsanpassungen mit Blick auf die steigenden Studierendenzahlen gesprochen haben. Von der Landesregierung ist Ihnen dargelegt worden, dass wir selbstverständlich auch Mittel des Bundes und möglicherweise europäische Mittel in Anspruch nehmen müssen, um diese Ziele zu erreichen.

Von Ihnen ist kritisiert worden, dass sich das Land beim Ausbau der Studienkapazitäten zu sehr auf die Mitfinanzierung anderer verlassen wollte.

Jetzt machen Sie mit diesem Antrag sehr deutlich, dass wir selbstverständlich, wenn wir in Nordrhein-Westfalen unsere Chancen nutzen wollen, auch auf europäische Mittel angewiesen sind.

Diese Inkonsequenz – einerseits lehnen Sie mit dem Argument, da müsse das Land mehr tun, Mitfinanzierung von Bund und EU in bestimmten Bereichen ab, andererseits priorisieren Sie hier europäische Mittel sehr stark – wollen wir nicht durch unsere Zustimmung zu diesem Papier unterstützen.

Der nächste Grund, warum wir den Antrag ablehnen: Er ist in weiten Teilen überflüssig. Denn er beschreibt Selbstverständlichkeiten oder will die Landesregierung zu Dingen auffordern, die sie längst unternommen hat. Frau Seidl ist so frei, hier zu sagen, die Landesregierung müsse sich in Brüssel mehr sehen lassen.

Liebe Frau Seidl, haben Sie denn gar nicht wahrgenommen, dass die Landesregierung in Brüssel eine Veranstaltungsreihe „Ideen und Innovationen“ mit speziell nordrhein-westfälischem Fokus anbietet, um mit der Kommission und anderen Multiplikatoren ins Gespräch zu kommen? Haben Sie, wenn Sie sich auf KMU kaprizieren, nicht wahrgenommen, dass zum 1. Januar dieses Jahres das neue Internetportal freigeschaltet worden ist und dass es zahlreiche Veranstaltungen zur Information von KMU gibt? Haben Sie das ausgeblendet? – Wenn Sie das nicht ausgeblendet hätten, dann ginge ihr Appell in die falsche Richtung.

Zuletzt zur Antragsförderung – Frau Gebhard hat darüber gesprochen –, die in der Tat ein Spezifikum in Nordrhein-Westfalen ist. Aber ist das denn in der Anhörung tatsächlich von allen Seiten positiv bewertet worden? – Natürlich gab es Zenit, die etwas Positives dazu gesagt haben, aber es muss uns doch nachdenklich machen, dass ausgerechnet diejenigen, die die Interessen der mittelständischen Wirtschaft vertreten, nämlich die Industrie- und Handelskammern sowie die eingeladenen Praktiker, bei der gleichen Gelegenheit erklären, dass die Antragsförderung vielfach nicht ihr Ziel erreicht, sondern Mitnahmeeffekte provoziert hat. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen.

Projektträger für die Antragsförderung ist das Forschungszentrum Jülich. Ich habe das FZJ nach den Erfahrungen aus Sicht des Projektträgers gefragt. Das konnte nicht beantwortet werden. Das war dort nicht bekannt. Deswegen muss eine Veränderung in diesem Bereich nicht unbedingt

eine Verschlechterung bedeuten. Weiteres wird die Landesregierung möglicherweise heute oder an anderer Stelle ausführen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Meine Damen und Herren, Herr Präsident, ich glaube, dass das Gründe waren, die belegen, dass wir aus sehr guten und abgewogenen Erwägungen heraus diesem Antrag nicht zustimmen können. Das Land ist auf einem guten Weg, und wir werden mit dem 7. Forschungsrahmenprogramm mehr Erfolg haben als mit dem sechsten. Dazu hätte es dieses Antrages nicht bedurft.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lindner. – Jetzt erhält Minister Dr. Pinkwart das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin dankbar dafür, dass wir dieses Thema hier heute in diesem Hohen Hause besprechen können, nachdem wir es auch im Ausschuss wiederholt haben diskutieren können und mir auch Gelegenheit gegeben worden ist, Ihnen darüber zu berichten, was die Landesregierung unternimmt, damit wir das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm zu einem Erfolg für NordrheinWestfalen, für unsere Forschungseinrichtungen und Unternehmen machen können.

Frau Seidl, Sie haben den zeitlichen Rahmen angesprochen. – Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat schon im März vergangenen Jahres ihr Handlungskonzept verabschiedet, während Sie Ihren entsprechenden Antrag später unter Bezugnahme auf Tatbestände, die bereits abgeschlossen waren, hier im Hohen Hause eingereicht haben.

Sie verweisen nun in Ihrem mündlichen Beitrag auf mögliche Unzulänglichkeiten, indem Sie auf das sechste Programm Bezug nehmen. – Hier möchte ich als der für das Forschungsrahmenprogramm federführend zuständige Ressortminister festhalten: Die Bilanz des 6. EU-Forschungsrahmenprogramms müssen Sie ganz überwiegend der Vorgängerregierung, die Sie mit gestellt haben, zurechnen und dort fragen, was in der Vergangenheit möglicherweise hätte besser laufen können.

Sie haben gefordert, dass wir uns in Brüssel sehen lassen sollten, weil Frau Kollegin Schavan, was mich sehr freut, in diesen Tagen dort war. Ich

habe das Programm „Ideen und Innovationen“ für die nordrhein-westfälische Landesregierung schon im vergangenen Jahr in Brüssel eröffnet, weil wir so früh wie möglich da sein wollten, um bereits im Vorfeld der eigentlichen inhaltlichen Ausgestaltung der verschiedenen Programmbestandteile mit unseren Forschungsinstitutionen und Unternehmen vor Ort zu sein, um auf die Gestaltung der Inhalte im Vorlauf Einfluss nehmen zu können.

(Beifall von CDU und FDP)

Zu Ihrem auch schon bei anderer Gelegenheit vorgetragenen Einwand, dass wir uns nicht richtig koordinierten, kann ich nur sagen, dass es noch Eindrücke aus Ihrer Regierungszeit gewesen sein mögen, weil sich Ihre Ressorts damals nicht koordiniert haben.

(Ingrid Pieper-von Heiden [FDP]: Das stimmt!)

Ich hatte in meinem Redetext stehen, die Kollegin Thoben damit zu entschuldigen, dass sie gerade anlässlich unserer Veranstaltungsreihe in Brüssel ist. Aber sie erinnert mich an den früheren Außenminister der FDP, der an verschiedenen Orten gleichzeitig tätig sein konnte.

(Beifall von CDU und FDP)

Frau Kollegin Thoben hat heute in Brüssel im Rahmen unseres Programms mit großem Erfolg eine Veranstaltung zum Thema Brennstoffzellentechnologie durchgeführt, woran Sie sehen: Wir spielen dieses 7. EU-Forschungsrahmenprogramm in der Landesregierung gemeinsam. Wir spielen das nicht nur innerhalb der Landesregierung gemeinsam, sondern mit allen relevanten Akteuren im Land Nordrhein-Westfalen. Deswegen haben wir – die beteiligten Ressorts Wirtschaft, Europa und das federführende Ressort Innovationen – gemeinsam mit den Hochschulen, mit den Forschungseinrichtungen und den nationalen Kontaktstellen wie den IHKs, den Handwerkskammern, der NRW-Bank und jetzt auch unter Beteiligung des Arbeitgeberverbandes und des Verbandes der Freien Berufe ein Lenkungsgremium eingesetzt, das alle notwendigen Maßnahmen zwischen der Regierung und den Akteuren in Nordrhein-Westfalen abstimmt, damit wir uns rechtzeitig auf diese Programme einrichten und mit Erfolg in den nächsten Jahren daran teilnehmen können.

Die Anhörung hat es gezeigt: Wir haben uns nach intensiver Prüfung der erfolgreicheren und weniger erfolgreichen Instrumente der Vergangenheit damit beschäftigt, mit welchen Partnern wir das

zusammen machen können. Mein Haus und das Wirtschaftsministerium haben sich mit der Agentur Zenit über eine gemeinsame Handlungsstrategie für das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm ausgetauscht, wie die Zusammenarbeit von Zenit gerade auch mit den KMU, die bei der Antragstellung größenbedingte Nachteile haben, verbessert werden kann.

Ich freue mich, Ihnen heute ganz aktuell mitteilen zu können, dass Zenit mit der Konzeption, die es mit uns ausgearbeitet hat, sich bei der Bewerbung als nationale Kontaktstelle für KMU hat durchsetzen können. Das heißt: Zenit hat damit nicht nur für Nordrhein-Westfalen eine koordinierende Rolle, sondern für Deutschland insgesamt.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind in der Koordination frühzeitig gestartet, arbeiten eng zusammen und sind für jede konkrete Anregung von allen Seiten des Hauses sehr dankbar, wenn sie uns dabei hilft, dass wir in den kommenden Jahren möglichst viel aus diesem Programm in Anspruch nehmen können.

Eins – das lassen Sie mich abschließend sagen – ist allerdings klar: Wenn man dieses milliardenschwere Programm für Nordrhein-Westfalen wirklich nutzbar machen will, darf man keine Forschungs- und Technologiepolitik mit ideologischen Scheuklappen machen, sondern dann muss man offen sein für alle Programmteile. Und das sind wir. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP – Ewald Groth [GRÜNE]: Er legt endlich seine Scheuklap- pen ab!)

Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/3181, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/1661 abzulehnen. Wer dieser Empfehlung des Ausschusses für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? – Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/1661 mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

Meine Damen und Herren, wir kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt, nämlich

8 NRW braucht Strategie der Biomassenutzung

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/3488

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Stinka das Wort. Bitte schön.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, außerdem mache ich – weil mir das gerade aufgefallen ist – noch einmal darauf aufmerksam, dass das Benutzen von Handys im Plenarsaal grundsätzlich untersagt ist.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Damen und Herren! „Darf der Gebildete nicht mehr unbefangen über das Wetter reden?“, fragte einst Wilhelm Busch. Ob gebildet oder nicht, Kolleginnen und Kollegen, würde ich diese Frage mit einem kategorischen „Jein“ beantworten.

Natürlich kann man diesen Januar mit einem gewissen Witz begleiten, einen Januar der Kirschblüten, einen Januar, in dem man darauf wartet, dass Grünkohl endlich Frost erhält, damit er Geschmack bekommt, einen Januar, in dem Winterurlauber mit ungenutzten Skiern gerade aus Mittelgebirgslagen zurückkommen.

Kirschblüten und andere stabilere Gebilde – wir erinnern uns an den Bahnhof in Berlin – sind am letzten Donnerstag mit einiger Heftigkeit europaweit durcheinandergewirbelt worden.

Es ist jetzt ein Streit darüber ausgebrochen, ob nun der Sturm Kyrill mit seiner brachialen Gewalt ein Klimabote war oder nicht. Ich denke aber auch – so sieht es die SPD-Fraktion –, dass es nicht mehr eines Orkans wie Kyrill bedarf, um klar zu machen, dass wir Anhaltspunkte dafür haben, dass der Klimawandel existiert und Realität ist.

Stellen wir uns vor, dass uns nächste und übernächste Generationen im Rückblick auf dieses Jahrtausend fragen, ob eigentlich niemand etwas bemerkt hat und was wir getan haben, kommen wir doch in arge Erklärungsnöte. Deshalb noch einmal zurück zum unverdächtigen Wilhelm Busch: Nein, liebe Kolleginnen und Kollegen, unbefangen über das Wetter 2007 kann man nicht mehr reden, weil wir erkennen müssen, dass sich etwas geändert hat. Wir müssen handeln und ent

scheiden, wenn es um die Einflüsse auf unser Wetter geht.

Das kann nur bedeuten – solange ich hier für den Ausschuss spreche, werde ich das stets wiederholen –: Der Weg zu erneuerbaren Energien ist absolut alternativlos,

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

denn erneuerbare Energien bedeuten, dass wir den CO2-Ausstoß senken, und zwar sofort. Viel Zeit haben wir in großen Teilen nicht mehr.

Deshalb nun der Antrag der SPD-Fraktion, der der Landesregierung aufgibt, nach vielen Ankündigungen, wie wir sie bereits aus vielen Bereichen der Gesetzgebung kennen, zu handeln und eine echte Strategie zur Biomassenutzung in Nordhrein-Westfalen aufzulegen. Andere waren schneller, Herr Uhlenberg.