Protokoll der Sitzung vom 20.12.2007

Das ist die einzige vernünftige Begründung, die Sie hier hatten. Auch der Herr Ministerpräsident hat immer davon gesprochen. Mit „Augenhöhe“ können Sie kein Geschäftsmodell ersetzen, sondern es müssen Fakten und konkrete Vorschläge vorliegen. Sie müssen auch nachvollziehbar sein. Solche konkreten Fakten und Zahlen fehlen hier. Deshalb ist Skepsis angebracht.

Sie haben eben wieder das Gutachten der Citibank erwähnt. Ich frage mich, warum dieses Gutachten als geheime Kommandosache läuft.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Das habe ich Ihnen doch erklärt!)

Wegen der Due-Diligence-Daten, sagen Sie. Okay, die können Sie draußen lassen.

(Christian Weisbrich [CDU]: Nein, das ist ei- ne Beschreibung!)

Aber wir möchten gern alle anderen Punkte des Gutachtens, die nicht zu Due Diligence gehören, auf dem Tisch des Hauses haben. Man muss sie nämlich kennen, um seriös darüber verhandeln zu können.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU)

Herr Minister, nach dem, was Sie vorgetragen haben, stand überhaupt nichts Neues darin. Wenn man es mit dem vergleicht, worüber wir hier seit Wochen diskutiert haben, stellt man fest, dass es keinen neuen Fakt gab.

Wir möchten das Gutachten selbst kennen und wissen, ob es auch sein Geld wert ist. Man muss es auch kennen, um verantworten zu können, dass irgendwelche Konsequenzen daraus gezogen werden. Das meint der Zuruf: „Augenhöhe – Geschäftsmodell?“ Meiner Ansicht nach ist es noch außerordentlich dilettantisch, vor allen Dingen wenn es darum geht, dass auf dieser Grundlage Aufwendungen in Millionenhöhe erfolgen sollen.

(Christian Weisbrich [CDU]: Sie bringen alles durcheinander!)

Letzter Punkt. In dem Zehn-Punkte-Papier, das in der vergangenen Woche vorgelegt wurde, wurde einerseits das bewährte Dreisäulenmodell positiv bewertet. Andererseits wurde aber im Hinblick auf die Verbindung mit der Helaba einer Vertikalisierung Tür und Tor geöffnet. Wenn das tatsächlich so umgesetzt wird, bedeutet das so viel wie eine Kriegserklärung an die Kommunen durch die Hintertür.

Deshalb muss klar sein, dass die Vertikalisierung tatsächlich ausgeschlossen wird. Ansonsten bedeutet das Geschäftsmodell in Zukunft nämlich nur eine Kannibalisierung der WestLB mit den traditionellen Geschäften der Sparkassen. Das kann nicht der Sinn der Veranstaltung sein. Das ist der Punkt, auf den in diesem Antrag genau hingewiesen wird.

(Christian Weisbrich [CDU]: Was ist mit der LBBW?)

Eben hat auch Herr Papke noch einmal so schön gesagt, das Ziel sei die Privatisierung. Das wollen wir nicht. Auch das wird deutlich gesagt.

Meine Damen und Herren, Sie können doch von den Kommunen und von den Steuerzahlern des Landes nicht allen Ernstes verlangen, dass weiter ihr Geld verbrannt wird, ohne dass sie genau wissen, wofür; denn damit schaden sie sich unter Umständen selbst in Zeiten, in denen wir im Lan

deshaushalt bei den Ausgaben für Jugend und Familie jeden Pfennig umdrehen.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Was ist Ihre Al- ternative zu dem Verfahren?)

Die Alternative ist ein absolut seriöses Vorgehen, also dass man die Fakten wirklich kennt und überprüft und erst dann in diese Richtung geht.

Herr Finanzminister, ich wünsche mir von Ihnen, dass Sie sich nicht länger hinter Ratingagenturen verstecken, was die Frage des Zwangsverbundes betrifft. Denn Sie haben gesagt, vielleicht würden uns die Ratingagenturen dazu raten.

Ich frage: Wer ratet überhaupt mal die Ratingagenturen? Kann es sein, dass Sie hier ordnungspolitische Verantwortung tragen? Oder tragen wir hier nicht die Verantwortung für ein Geschäftsmodell, das aber in seiner vollen Klarheit auf den Tisch muss, damit man ordentlich darüber abstimmen kann?

Das, was hier bisher geboten wird, ist ein Trauerspiel. Das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen. Deshalb bitte ich um Zustimmung für den Antrag.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brunn. – Für die Grünen spricht jetzt nach meiner Liste Herr Kollege Groth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister, was will die Landesregierung eigentlich in Sachen WestLB? Das war ja lange ein Rätsel, das für mich bis heute nicht gelöst ist. Was will Herr Rüttgers? Was will Herr Linssen? Was will Herr Papke? In den letzten Wochen haben wir eine Vielstimmigkeit erleben können. Wir Grüne jedenfalls wollen bei den Sparkassen keinen Schaden anrichten, den Sie zumindest in Kauf nehmen wollen. Unsere Themen sind Kundennähe und Nähe zu den Kommunen.

Die Helaba mit Sitz in Frankfurt wird unseren Finanzplatz, Herr Finanzminister, aufsaugen. Aufgepasst, sage ich! Wachsam sein! Sie glauben vielleicht, Sie hätten auf Knien nach Stuttgart rutschen müssen. Wahrscheinlich haben Sie das Gefühl, dass Sie auf den Knien schneller nach Frankfurt kommen. Wir warnen davor. Die Beschäftigten sind jedenfalls bereits in heller Aufregung.

Ich habe Ihr Werben gut verstanden. Wenn es aber darum geht, sich zum Wohle der Bank einig zu werden, dann reden Sie doch erst einmal mit

Ihrem Koalitionspartner FDP. Soll Herr Papke doch erst einmal seine vorlaute Schnute halten.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der FDP)

Vielleicht sprechen Sie auch einmal mit Frau Papke. Ich rate ja allen, einmal „Papke“ zu googlen und dann einmal zu gucken, was dabei herauskommt, um zu sehen, wo sozusagen die Einflüsterer in diesem Lande sitzen.

(Christian Lindner [FDP]: Das ist eine Unver- schämtheit!)

Die Beschäftigten sollen sich das einmal ansehen, was daraus eventuell für ihre Beschäftigungsverhältnisse resultiert. Was ist denn bei den privaten Banken los, wo Frau Papke sitzt, die ihrem Herrn Papke einflüstert, welche Politik er hier betreiben soll?

(Christian Lindner [FDP]: Das ist infam! – Weitere Zurufe von der FDP – Gegenrufe von Gisela Walsken [SPD]: Keine Aufregung! Ganz ruhig!)

Werden Sie sich erst einmal einig in der Koalition. Sie wollten auf jeden Fall verkaufen und sind immer noch nicht von dieser Idee abgekommen.

Herr Finanzminister, wenn Sie wirklich wollen, dass dieses Hohe Haus über alle Fraktionsgrenzen hinweg in dieser Frage Einigkeit erzielt, dann hören Sie auf, die Sparkassen mit dem Sparkassengesetz zu erpressen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Damit muss Schluss sein. Dann können wir wieder zueinander kommen.

Wir Grüne jedenfalls wollen den weiteren Verlust für das Land, für die Beschäftigten und für die Sparkassen verhindern.

Ihre Zehn-Punkte-Erklärung markiert den verzweifelten Versuch der Landesregierung, den durch Ihre Konzeptionslosigkeit in den letzten Monaten und Ihr monatelanges Zaudern angerichteten Scherbenhaufen hinter einem Geflecht mehr oder weniger vager Ankündigungen zu verstecken. Dabei ist die Helaba-Option nichts anderes als ein kläglicher Versuch, ein verkapptes Stand-aloneModell für die Bank gegenüber den Ratingagenturen als Partnerschaftsmodell zu verkaufen.

Unser Zehn-Punkte-Papier hingegen beschreibt sehr genau die verfahrene Situation, in der Sie gerade stecken. Das haben Sie zu verantworten. Sie regieren hier schon seit zweieinhalb Jahren. Das ist nicht die Verantwortung von Vorgängerre

gierungen. Sie hätten seit zweieinhalb Jahren in der Bank ein vernünftiges Geschäftsmodell entwickeln und dort aufräumen können. Das ist unterblieben.

Handeln Sie endlich, Herr Finanzminister! Sie sind in der Verantwortung. Wenn Sie uns dabei haben wollen, dann sagen wir gerne ja, aber dann müssen Sie uns vernünftig und vertraulich informieren. Dann kann man sehen, wie man Ihnen aus dem Schlamassel heraushilft.

Sie sagen, der Groth kann vielleicht über das Wasser gehen. Nein, Herr Linssen, das kann er nicht. Aber er kann zumindest flussaufwärts rudern. Sie aber schwimmen im Kreise, und im Moment treiben Sie wieder flussabwärts. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Groth. – Als nächster spricht Herr Sagel, fraktionslos.

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Bekanntermaßen habe ich nicht die bisher von SPD und Grünen vertretene Position zur Fusion mit der LBBW vertreten. Ich habe das deswegen nicht getan, weil ich dort eine Menge negativer Auswirkungen sehe. Nichtsdestotrotz möchte ich einiges zu dem von SPD und Grünen neu vorgelegten Antrag sagen, der in der Tat einige richtige Punkte enthält, insbesondere was die Einschätzung eines möglichen Zusammenschlusses mit der Helaba angeht.

Zunächst einmal muss man feststellen, dass in der gemeinsamen Zehn-Punkte-Erklärung zur Zukunft der WestLB erstmals alle Anteilseigner erklären, sie seien – ich zitiere –

„offen gegenüber Lösungen, die im Rahmen der Neuausrichtung des Geschäftsmodells auch die Beteiligung von Finanzinvestoren umfassen.“

Das bedeutet den Einstieg in die Privatisierung des öffentlich-rechtlichen Bankensektors in NRW durch die Hintertür.

Eine Fusion WestLB/Helaba wird darüber hinaus zu einer Synchronisierung des Sparkassengesetzes in NRW und Hessen führen. Es ist zu erwarten, dass die CDU/FDP-Koalition ins NRW-Sparkassengesetz wie in Hessen handelbare Stammkapitalanteile, die an die Landesbank veräußert werden können, einführen wird.

Diese vertikale Fusion von Sparkassen und WestLB ist abzulehnen. Sie würde die Sparkassen zu Filialen eines Sparkassenkonzerns machen, die Selbstständigkeit der Institute bedrohen und damit eine der Stärken der Sparkassen infrage stellen, nämlich die Präsenz vor Ort sowie die daraus resultierenden Markt- und Kundenbeziehungen. Von daher gehe ich bis zu dieser Stelle mit SPD und Grünen d’accord.

Ich kann aber in diesem Zusammenhang nicht verstehen, dass Sie den im Raum stehenden möglichen Zusammenschluss der WestLB mit der LBBW in Ihrem Antrag so positiv bewerten, denn die Probleme sind genau dieselben. Es würden sich genau dieselben Probleme ergeben, die Sie in Ihrem Antrag beschreiben.