Protokoll der Sitzung vom 20.02.2008

4 Verfahren zum Verkauf der LEG-Wohnungen stoppen – Vorkaufsrecht für kommunale Wohnungsgesellschaften ermöglichen!

Antrag

der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 14/6160

Entschließungsantrag

der Fraktion der SPD

Drucksache 14/6227

Für die antragstellende Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Horst Becker das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Worum geht es heute? – Es geht natürlich immer noch darum, dass Sie aus

unserer Sicht einen falschen Beschluss gefasst haben, als Sie mit der Mehrheit dieses Hauses beschlossen haben, die LEG zu verkaufen.

Es geht aber auch darum, dass Sie der Öffentlichkeit versucht haben glauben zu machen, es würde sich um eine sozialpolitische Großtat handeln.

Und es geht auch darum, dass wir an einem wichtigen Punkt des Verkaufsverfahrens sind – das will ich gleich an einem Punkt deutlich machen –, an dem Sie, wenn Sie das von Ihnen Gesagte auch nur ansatzweise ernst gemeint haben, nämlich dass Sie bestimmte sozialpolitische Kriterien anwenden wollen, eigentlich kehrtmachen oder zumindest eine Veränderung Ihres Verkaufsverfahrens einläuten müssten.

Wir sind zurzeit in der Phase, in der das Bankhaus Metzler – übrigens ein Bankhaus, von dem man lesen konnte, dass die Steuerfahndung dort in den letzten Tagen eine Durchsuchung durchgeführt hat –,

(Minister Dr. Helmut Linssen: Jetzt seien Sie vorsichtig, Herr Becker!)

von der Landesregierung beauftragt worden ist, diesen Verkaufsprozess zu managen, und wir sind an dem Punkt, an dem einige Firmen aus dem Verfahren bereits ausgestiegen sind, und zwar deswegen, weil es für diese Firmen eben keine besonders interessante Perspektive ist, in Zeiten der Immobilienkrise in einen solchen Markt zu investieren. Wir sind heute an dem Punkt, an dem zwei oder drei mögliche Bieter auf Übernahme der LEG-Wohnungen aus dem Bieterverfahren ausgestiegen sind, und zwar Bieter mit einem hohen NRW-Bezug, Herr Linssen: erstens die GAGFAH, zweitens ein kommunales Konsortium und drittens, so hören wir gerüchteweise, die Evonic.

Beim Thema „kommunales Konsortium“ sind wir an einem ganz spannenden Punkt. Diejenigen von uns, die sich kommunal verankert und auch mit einer gewissen Sachkenntnis quer über die Fraktionen mit dem Thema LEG beschäftigt haben, wissen alle, dass es, wenn schon verkauft wird, eigentlich eine aus städtebaulicher Sicht, aus sozialpolitischer sowie aus wohnungsbaupolitischer Sicht enorm wichtige Angelegenheit gewesen wäre, dass Kommunen, dass kommunale Wohnungsbaugesellschaften die Bestände erwerben können.

Bei Ihrer Vorgabe allerdings, dass eine Firma, die erwerben möchte, wenn, dann nur alles erwerben kann, haben wir es mit einem K.o.-Kriterium zu

tun. Immer wenn wir bezweifelt haben, dass die Kommunalen das heben können, hieß es hinter den Kulissen: Ja, das müsse man abwarten. – Es ist tatsächlich auch ein kommunales Konsortium angetreten, das es mit sehr viel Aufwand hinter den Kulissen geschafft hat, ein Angebot für ungefähr die Hälfte aller LEG-Wohnungen abzugeben. Aber es scheitert an Ihrem K.o.-Kriterium, das nicht die Möglichkeit einräumt, weniger als alle Wohnungen zu erwerben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Was erreichen Sie damit? – Sie werden Folgendes erreichen: Gekoppelt mit Ihrem Zugeständnis, dass man real mehr als 2,5 % der Wohnungen jährlich verkaufen kann, weil die 2,5 % additiv zur Mieterprivatisierung und additiv zu kommunalen Käufen hinzukommen, wird derjenige, der diesen Wohnungsbestand als Privater, als Heuschrecke erwirbt, selbstverständlich mit einem Aufschlag an diejenigen Wohnungsgesellschaften verkaufen, die kommunal vor Ort aus sozialer Verantwortung heraus bereit sind, einzuspringen – trotz der ganzen, auch finanziellen Probleme, die viele Kommunen haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie wissen selbstverständlich, dass einige kommunale Wohnungsbauunternehmen dies tun wollen, allerdings immer wieder nur an Ihrer Vorgabe scheitern. Deswegen sage ich Ihnen ganz deutlich: Nehmen Sie eine der wenigen vernünftigen Vorgaben in Ihrer Ausschreibung in Anspruch, nämlich die, dass Sie das laufende Verfahren jederzeit ändern können.

Und wenn Sie schon gegenüber der FDP nicht die Größe und auch nicht den Mumm haben, das Verfahren in dieser wirtschaftlichen Situation, in der Sie angesichts der Immobilienkrise unter Wert verkaufen müssen, anzuhalten, dann haben Sie wenigstens den Mumm, durchzusetzen, dass kommunale Wohnungsbauunternehmen auch weniger kaufen können als den gesamten Bestand, dass also überall dort, wo das Interesse besteht, dieses Interesse auch befriedigt werden kann.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Denn: Besser als jede Sozialklausel, die hinterher immer wieder relativiert und nicht eingehalten wird, ist es tatsächlich, denen die Wohnungen zu verkaufen, die wenigstens aus eigenem Interesse, im Interesse ihres Wohnungsbaus, im Interesse ihres Städtebaus und im Interesse ihrer Sozialmieterinnen und -mieter vernünftig damit umgehen. Das ist es, was wir heute von Ihnen wollen.

Ich bitte Sie: Reden Sie nicht nur über irgendwelche schwarz-grün-gelben Hirngespinste, sondern bewegen Sie sich in der Sache an dieser Stelle vernünftig.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Schulte das Wort.

(Christof Rasche [FDP]: Endlich mal Sach- verstand!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesentwicklungsgesellschaft ist eine der Altlasten, die die Koalition und die neue Landesregierung

(Horst Becker [GRÜNE]: Da vorne sitzen die Altlasten!)

von der rot-grünen Vorgängerregierung übernehmen mussten. Für den inneren und äußeren Zustand der LEG ist insbesondere die antragstellende Fraktion mitverantwortlich, weil sie in der damaligen Landesregierung sowohl das Ressort Bauen und Wohnen als mit dem Staatssekretär auch die Spitze des Aufsichtsrates der LEG besetzte.

(Minister Dr. Helmut Linssen: Das ist ein Trauerspiel!)

Die in diesem Antrag, Herr Kollege Becker, hervortretende Tendenz ist wieder die, dass der Brandstifter vehement nach der Feuerwehr ruft, um zulasten anderer die selbst verursachten Schäden zu beseitigen. Das ist ein sehr durchsichtiges Manöver, und auf dieses Manöver wird keiner hereinfallen.

(Beifall von der CDU – Britta Altenkamp [SPD]: Das, was Sie machen, ist ein durch- sichtiges Manöver, Herr Schulte!)

Die beabsichtige Veräußerung der LEG ist ein im Koalitionsvertrag festgelegter logischer und folgerichtiger Schritt, weil die an chronischem Eigenkapitalmangel leidende Gesellschaft aus eigener Kraft nicht in der Lage war und ist, dem bestehenden Modernisierungsbedarf gerecht zu werden.

In dem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des Bieterverfahrens keine Wohnungen oder Wohnungsbestände der LEG sind. Die Eigentümer der LEG – das Land Nordrhein-Westfalen, die NRW.BANK und Dritte – wollen die LEG vielmehr als Unternehmen insgesamt mit den Beschäftigten und den unterschiedlichen

Sparten veräußern. Diesen Aspekt lässt Ihr Antrag völlig außer Acht.

Ich verweise ferner darauf, dass bereits in der allerersten Phase des Bieterverfahrens geprüft worden ist, ob eine horizontale und vertikale Gliederung des Unternehmens sowohl nach Regionen als auch nach Sparten sinnvoll ist. Wir haben nach sehr sorgfältiger Prüfung dieser Frage bewusst darauf verzichtet, die Gesellschaft zu zerlegen und einzelne Sparten am Markt separat zu verkaufen.

Die Antragsteller dokumentieren Halbwissen und beziehen vermeintliche Hintergrundinformationen aus verschiedenen Pressebeiträgen. Diese Tatsache spricht für die professionelle Vorgehensweise des Finanzministers, der im Interesse des Landes und der potenziellen Käufer eine restriktive Informationspolitik betreibt, weil ein Preisfindungsprozess auf einem öffentlichen Basar zu negativen Ergebnissen führen würde.

Ihre Zahlenspielereien, Herr Kollege Becker, sind ebenso wie die im Entschließungsantrag der SPD rein spekulativer Natur. Auf der Grundlage eines fiktiven Angebots eines ausländischen Investors in Höhe von 3,4 Milliarden € – so war es in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ vom 26. Januar 2008 zu lesen – wird unter Verweis auf eine Studie der Bundesanstalt für Bauwesen und Raumordnung dargestellt, dass der zwischen 1999 und 2005 durchschnittlich gezahlte Preis bei den großen Wohnungstransfers pro Einheit von 42.000 € nunmehr nur noch rund 36.600 € pro Wohnung betragen würde. Daraus wird der Schluss gezogen, das Verkaufsverfahren zu stoppen und kommunalen Anbietern ein Vorkaufsrecht einzuräumen.

Ich muss betonen, dass bereits die normative Kraft des Faktischen diese Forderung außer Kraft gesetzt hat. Würden kommunale Anbieter Arrondierungskäufe durchführen, um eigene Bestände abzurunden, was, wie ich schon gesagt habe, vor langer Zeit schon einmal geprüft wurde, so würden lediglich die Rosinen aus dem Kuchen gepickt. Dem Land verblieben die Sanierungsfälle, deren Instandsetzung vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung nicht finanzierbar wäre. Des Weiteren wäre der Übergang des Personals nicht darstellbar.

Die Konsolidierung der Wohnungsmärkte nach den großen Wohnungstransfers der Jahre 2004 und 2005 setzt sich trotz der Horrorszenarien von Opposition und Mieterbund fort und wird durch die beabsichtigte Sozialcharta mit ihren weitreichenden Schutzklauseln für Mieter und Mitarbeiter wei

ter gefördert. Der Markt verzeichnet wieder eine Zunahme der sogenannten Bestandshalter, was auch im Sinne des beabsichtigen Verkaufs der LEG-Anteile zu sehen ist.

Die derzeitige Angebotslage verspricht so, wie sie zu registrieren ist, einen erfolgreichen Abschluss des Bieterverfahrens. Der Vorwurf der Verschleuderung von Landesvermögen ist ungerechtfertigt.

(Frank Sichau [SPD]: Tatsächlich?)

Die Begleitmusik von Opposition, Mieterbund und kleinen Teilen der LEG-Geschäftsführung ist geeignet, dem Preisfindungsprozess zu schaden. Deswegen müssen sich die Antragsteller selbst den Vorwurf gefallen lassen, dazu beizutragen, Vermögen zu vernichten. – Wir lehnen den Antrag ab und hoffen auf einen sehr positiven Abschluss des Bieterverfahrens in den nächsten Wochen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulte. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Ruff-Händelkes das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich meine Rede anders beginnen. Folgendes kann ich Ihnen jetzt aber nicht ersparen, Herr Schulte: Sie schauen lediglich aus Ihrer Sicht in die Vergangenheit. Sie nennen keinerlei Fakten. Vor allen Dingen – Herr Schulte, es wäre schön, wenn Sie zuhören könnten – nennen Sie keinerlei Perspektiven für die Kommunen sowie für die Mieterinnen und Mieter. Sie entziehen sich der Verantwortung.

(Beifall von der SPD)