Lieber Herr Kollege Lindner, Sie sind ja noch nicht so alt. Nehmen Sie denn wahr, dass es gesellschaftliche Veränderungen gibt,
und dass zu diesen gesellschaftlichen Veränderungen gehört, dass Kinderarmut zunimmt? Nehmen Sie wahr, dass uns die Wissenschaft genau dieses Faktum präsentiert, dass die Kinderarmut, wie übrigens auch im Armutsbericht der Landesregierung nachzulesen ist, in den letzten zwei Jahren – und das fällt genau in Ihre Regierungszeit – in diesem Land massiv zugenommen hat?
Denn ausweislich des gerade eben zitierten Vorgangs habe ich schon zu Ihrer Regierungszeit Bedenken in Bezug auf die Mittagsverpflegung gehabt, als Sie noch gar nichts getan haben.
Liebe Frau Asch, ich kann Ihnen diesen Antrag einfach nicht schönreden. Das tut mir sehr leid. Ich habe eine Sympathie für das Anliegen. Aber das Papier, das Sie vorgelegt haben, ist reine Zeitverschwendung und ein Showantrag, den Sie an Ihre Parteigliederungen als Ausweis Ihres parlamentarischen Handelns mailen können.
Wir haben uns mit dem Programm „Kein Kind ohne Mahlzeit“ zunächst auf die Schulen konzentriert. Sicherlich ist zu überlegen, wie man diese Initiative nunmehr auch auf den Elementarbereich ausdehnen kann
und zum Beispiel Mittagspatenschaften zwischen Unternehmen und Kindertagseinrichtungen stärken kann.
Aber es handelt sich dort um einen Einzelfall und im Übrigen auch nicht um den Kern des Problems. Der besteht darin, dass wir prüfen müssen, ob bei der Berechnung der existenzsichernden Finanzierung etwa beim Arbeitslosengeld II das Mittagessen für Kinder in richtiger Weise eingepreist worden ist.
Das gilt es auf der Bundesebene zu prüfen. Das gilt es vor einer etwaigen Erhöhung des Wohngeldes zu prüfen. Wenn wir uns nur auf das Mittagessen hier konzentrieren, entlassen wir den Bund aus einer Verpflichtung, die ihm obliegt.
Aber ich will auch sagen, dass es sich dabei überwiegend um Einzelfälle handeln kann. Denn der SPD-Politiker Sarrazin hat kürzlich, Frau Meurer, sehr plakativ nachgerechnet, dass man sich im Prinzip mit den Leistungen des Hartz-Regelsatzes gesund und auskömmlich ernähren kann.
Ich habe gesagt, dass es sich um Einzelfälle handelt, bei denen wir prüfen müssen, ob die Berechnung der Hartz-Regelsätze für die Verpflegung der Kinder gerechtfertigt ist. Aber im Prinzip stimmen die finanziellen Größenordnungen. Wo sie nicht hinreichen, helfen wir nach mit unserem Programm „Kein Kind ohne Mahlzeit“.
Das können wir erreichen. Das liegt im Interesse von Familien und Kindern. Es ist nicht Papier, das die Grünen dann, wenn sie keine Verantwortung tragen, füllen,
und an das sie sich nicht erinnern und das sie nicht zur Kenntnis nehmen, wenn sie Verantwortung haben. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seitdem die Grünen in der Opposition sind, haben sie einen beachtlichen Tatendrang an den Tag gelegt. Wenn der Vortrag von Herrn Lindner der interessierten Öffentlichkeit dargeboten wird, werden Sie sagen, das sei doch alles Vergangenheitsbewältigung. Warum schauen Sie immer nach hinten? – Wir schauen nicht nach hinten.
Nein. Man kann in der Politik nur eines machen. Es gibt folgende Fraktionen: die Grünen, die Sozialdemokraten, die Christdemokraten und die Liberalen. Wenn Schwarz-Gelb die Mehrheit hat, passiert etwas für Kinder; als Sie die Mehrheit hatten, sind die Dinge, die Sie fordern, nicht geschehen.
Erstens. Ich zitiere den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Grünen fordern, den möglichst frühen Besuch von Kindertageseinrichtungen zu ermöglichen, und eine – wörtliches Zitat –
„früh einsetzende, ganztägige, mit der Familienhilfe vernetzte und qualitativ hochwertige Bildung, Erziehung und Betreuung …“
Der letzte Teil ist ein bisschen verquast. Die Grünen in anderen Landesverbänden haben gesagt: Wir wollen Familienzentren wie in NordrheinWestfalen. Das trauen Sie sich nicht, hier zu sagen. Aber Sie fordern genau das. Sie rennen mit Schwung durch offene Türen, ohne zu merken, dass wir schon dabei sind, das zu tun. Wir setzen das Angebot für die unter Dreijährigen früher ein; für 44.000 Kinder haben wir es in diesem Jahr – vervierfacht im Vergleich zu der Zeit, als Rot-Grün regiert hat.
Bei dem Beispiel der Betreuung der unter Dreijährigen gilt: Wo Christdemokraten regieren, geht es den Kindern besser.
Zweitens. Die Familienzentren als Knotenpunkt von Kinderbetreuung, früher Bildung und Familienhilfe haben wir flächendeckend eingeführt. In diesem Jahr werden weitere hinzukommen.
Wir merken beim KiBiz, dass es ermöglicht – wir bekommen in wenigen Tagen die Zahlen der Jugendämter –, dass viel mehr Kinder 35 und 45 Stunden buchen werden.
Auch dies wurde erst durch das neue Gesetz möglich. Auch hier gilt: Wo Christdemokraten und Liberale Gesetze machen, geht es den Kindern besser.