Die von Ihnen angesprochene progressive Maut hat mit den Parkplatzproblemen relativ wenig zu tun und würde den Drang, auf Ausweichstrecken zu wechseln, wahrscheinlich erheblich erhöhen; das Beispiel Frankreich zeigt das.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit dem glücklichen Fall des Eisernen Vorhangs vor nunmehr fast 19 Jahren ist das Verkehrsaufkommen drastisch gestiegen. Die A 2, von der ich schon mehrfach gesprochen habe, ist Gott sei Dank fast durchgängig sechsspurig ausgebaut, wobei die rechte Spur – und an vielen Stellen inzwischen auch die mittlere Spur – fast durchweg von einer einzigen LKW-Kolonne belegt ist. Auch das ist eine Folge unserer vielzitierten Globalisierung.
Dem notwendigen – und er war notwendig – Ausbau der Straße muss auch der Ausbau der Parkplatzkapazitäten folgen. Zusammen mit dem Landesbetrieb Straßenbau NRW, den Anliegerkommunen und den Speditionsverbänden müssen Zwischenlösungen gefunden werden, bevor wir auf die vom Minister angesprochene Rastplatzerweiterung ausweichen. Es kann keine Lösung sein, dass sich LKW ihren Ruheplatz womöglich in Wohngebieten suchen müssen.
CDU und FDP haben das Problem erkannt. Wir packen es an. Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss und begrüße es ausdrücklich, Herr Jung, dass Sie unserem Antrag weitgehend zugestimmt haben. – Danke schön.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Es sind schon atemberaubende Zahlen, die man hier heute hören kann. Es fehlen 35.000 Parkplätze, konnte man gerade vonseiten der Koalitionsfraktionen vernehmen. 11.000 werden zurzeit geschaffen. Man muss sich fragen, wo all das im Einzelnen passieren soll. Denn eines ist auch ganz klar: Wir brauchen eine andere Logik, um diesen Problemen Herr zu werden.
Hier wurde gerade vom Verkehrsminister ein wenig flapsig gesagt, dass Produktion und Vermarktung eher Randthemen seien; so hörte es sich an. Ich hingegen meine, dass regionale Produktion und regionale Vermarktung sehr wichtige Punkte sind, die man in dieser Debatte nicht außen vor lassen kann. Denn wir müssen sehen, dass westfälische Schweine nach Italien transportiert werden und als Parmaschinken zurückkommen. Da frage ich mich, was für eine Logik in dieser Gesellschaft herrscht.
Es ist auch so, dass die Warenlager quasi in den LKW auf der Straße existieren; das ist die sogenannte Just-in-time-Logik. Dies sind Ursachen dafür, warum so viele Parkplätze fehlen.
Es führt zu einer Menge an Problemen, wenn man solche Parkplätze schaffen will. Ich selber komme aus Münster. Interessant ist in Bezug auf Münster Folgendes: Alle Kolleginnen und Kollegen auch aus den anderen Fraktionen haben sich ganz deutlich gegen die Erweiterung des dortigen Rastplatzes Roxel ausgesprochen, weil ein großes Wohn- und Baugebiet in der Nähe liegt. Von daher kam es zu massiven Protesten aus der Bevölkerung, und dies kann man auch an vielen anderen Stellen sehen. Insofern ist es nicht verwunderlich: Sobald eine Planung bekannt wird, regt sich sofort Widerstand.
Bei uns in Münster ist es beispielsweise so, dass noch nicht einmal Alternativen geprüft worden sind. Ich meine, wenn man schon eine solche Erweiterung vornehmen will, dann muss man sich auch das Umfeld sehr genau angucken. Es würde nämlich zu erheblichen Lärm- und Emissionsbelastungen kommen.
Insgesamt ist festzustellen, dass wir zu einer ganz anderen Form des Transport- und Verkehrswesens kommen. Das heißt konkret, wir müssen viel mehr auf die Schiene und aufs Wasser bringen. Wir müssen zu anderen Produktions- und Vermarktungsstrategien kommen.
Wir haben vorhin eine sehr ergiebige Debatte um die Entwicklung der Ölpreise geführt, im Rahmen derer wir eben hören konnten, dass der Markt
versagt habe. Die Ölpreise steigen zwar raketenartig, aber trotzdem wird immer noch mehr LKWVerkehr auf die Straße gebracht. Dies rechtfertigt die Frage, ob man in dieser Logik weitermachen will. Denn wenn man Energie einsparen will, dann muss dies gerade im Verkehrsbereich passieren.
Wir haben eben auch hören können – ich glaube, es kam von der SPD-Fraktion –, dass man im Energiesektor unabhängig von den Scheichs und Spekulanten sein will. Das finde ich sehr in Ordnung. Wir können es im Moment in Südamerika sehen: Chávez in Venezuela hat die Energiekonzerne verstaatlicht, und Morales macht es gerade in Bolivien. Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, warum nicht auch hier ganz anders gedacht und vergesellschaftet wird.
Nein. Sie sind diejenigen, die diesen Menschen, diesen Spekulanten, diesen Leuten mit Ihrer völlig verfehlten Wirtschaftspolitik Tür und Tor öffnen. Das ist die Konsequenz in diesem Bereich.
Vielen Dank, Herr Kollege Sagel. – Es hat sich nun Herr Kollege Becker für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet.
Danke, Frau Präsidentin! – Herr Minister Wittke, Herr Ortgies, wer hier naiv ist und wer nicht, möchte ich daran messen, ob jemand das macht, was er machen kann, oder unterlässt, was er machen kann. Ich finde es schon bezeichnend, dass Sie in Ihrer Rede an keiner Stelle etwas zur Verantwortung der Logistikwirtschaft und der Industrie gesagt haben und wo Ihre Mitverantwortung als Minister liegt, der mit der Landesbauordnung etwas machen könnte.
Herr Ortgies beschwert sich darüber, dass die Grünen – in Anführungsstrichen – „immer nur“ eine Verlagerung auf die Bahn fordern. Das habe ich heute noch nicht einmal getan. Ich bin nämlich der festen Überzeugung: Wenn wir weiter mit solchen Zuwachszahlen im Güterverkehr operieren, kommen wir mit dem Ausbau der Bahn nicht schnell genug nach. Nur schließe ich etwas anderes daraus. Ich glaube nämlich, dass Transport an der Stelle zu billig ist. Das habe ich eben ganz deutlich gesagt. Gütertransport ist zu billig. Die Maut wird höher werden müssen. Sie wird auch höher werden. Das werden Sie in den nächsten Jahren erleben.
Kommen Sie doch von Ihrem ideologischen Pferd herunter zu behaupten, die Maut hätte damit nichts zu tun. Die Maut hat selbstverständlich einen Lenkungseffekt. Wenn Sie sich über Mautausweichverkehr beschweren, ist dafür der Minister die richtige Adresse. Es ist genau dieser Minister, der auf diesem Feld nichts getan hat.
Mein Appell an Sie: Wenn Sie es als Einziges für intelligent halten, von anderen den Neubau von Parkplätzen zu fordern, aber ansonsten die Maßnahmen nicht angehen, das Maßnahmenpaket insgesamt nicht breiter als bisher anzulegen, weise ich den Vorwurf der Naivität ganz massiv in Ihre Richtung zurück. Dann sitzen die Naiven bei Ihnen, und Sie haben eine absolute Schmalspursicht auf die Probleme, sozusagen LKW-politische Scheuklappen.
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt noch eine Wortmeldung von Herrn Minister Wittke, dem ich hiermit das Wort erteile. Bitte schön, Herr Minister.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier sind einige Dinge vorgetragen worden, die so nicht im Raum stehen bleiben können.
Herr Kollege Tüttenberg, ich habe nichts dagegen, dass Sie versuchen, Ihre Parteifreunde in Berlin in Schutz zu nehmen. Die sind zurzeit in der Tat sehr schutzbedürftig. Ich habe aber schon etwas dagegen, dass Sie hier im Landtag fordern, wir als Land Nordrhein-Westfalen sollten Kosten übernehmen, für die wir überhaupt keine Verantwortung tragen.
Wie sonst können Sie sich hierhin stellen und erklären, wir würden Forderungen aufstellen, die andere bezahlen müssen? Dafür müssen andere zahlen, weil es sich um Bundesautobahnen, keine Landesautobahnen handelt. Weil es um Parkplätze an Bundesautobahnen geht, muss der Bund, nicht das Land bezahlen. Ich habe also die herzliche Bitte an Sie, Ihren Verpflichtungen und Ihrem Amt als Landtagsabgeordneter nachzukommen. Arbeiten Sie für das Land und arbeiten Sie zumindest nicht in diesem Haus ausschließlich für Parteifreunde in Berlin.
Sie haben gerade gesagt, alles habe so einen langen Planungsvorlauf und dauere so lange. Selbst wenn wir damals, als Herr Müntefering noch Verkehrsminister in Berlin war, angefangen hätten zu planen, wären wir jetzt noch nicht so weit, bauen zu können.
Die Verkehrsprognosen waren vorher bekannt. Es war völlig klar, was auf uns zukommen würde. Nur haben Sie weggeschaut und geglaubt, Sie könnten durch eine Verkehrsvermeidungspolitik und eine Verlagerungspolitik die Probleme in den Griff bekommen. Genau das Gegenteil aber ist der Fall. So etwas nenne ich naive Politik, die Sie in den vergangenen im Verkehrsministerium in Berlin gemacht haben.
Das eigentlich Schlimme ist, dass diese naive Politik fortgesetzt wird. Wer sich den neuen Masterplan Verkehr und Logistik anschaut, wird erkennen, dass es sich dabei um einen Masterplan zugunsten der Bahn handelt. Das kritisiere ich nicht. Das ist gut und vernünftig. Aber deshalb darf man nicht den Straßenverkehr behindern und den Binnenwasserstraßenverkehr völlig außen vor lassen. Darum muss der Masterplan Güterverkehr und Logistik ganz wesentlich überarbeitet werden, aber nicht indem man die Bahn behindert, sondern Perspektiven für die Straße und die Wasserstraße eröffnet. Das ist gerade für uns im Transitland Nordrhein-Westfalen existentiell.
Herr Becker, noch einmal zu Ihnen: Sie sind der Meinung, man könne durch weitere Kostensteigerungen Verkehre verhindern. Sie sind der Meinung, man müsse nur die Maut weiter hochschrauben, dann würde sich das Problem schon irgendwie von alleine lösen. Mit der gleichen Heilsbotschaft haben Sie schon vor einigen Jahren oder Jahrzehnten versucht, Verkehrspolitik zu machen. Ich erinnere mich noch daran, dass es Freunde Ihrer Partei waren, die damals gesagt haben: Wenn der Benzinpreis erst einmal bei 5 Mark liegt, werden wir die Probleme schon in den Griff bekommen. Jetzt sind wir bald schon bei einem Preis von 5 Mark, haben die Probleme aber immer noch nicht in den Griff bekommen.
Verstehen Sie doch endlich: Der Markt im Bereich des Transportgewerbes und der Logistikwirtschaft erfolgt nach anderen Grundsätzen. Wir leben mittlerweile in einer globalisierten Welt, in der sich Waren- und Personenströme frei bewegen kön
nen. Dann ist nicht mehr in Helmstedt oder in Görlitz Schluss. Heute geht es bis nach Warschau, Bratislava und Kiew. Ob es uns gefällt oder nicht: Wir sind ein Transitland. Damit müssen wir umgehen. Darum brauchen wir neue Lösungsansätze.
Herr Minister, wenn wir uns mit den Zukunftsanforderungen auseinandersetzen wollen, möchte ich Sie fragen: Teilen Sie die Einschätzung des Kollegen Schulte aus seiner Rede von vorhin, dass wir bis zum Jahre 2025 eine zusätzliche Autobahnspur brauchen, wenn es mit dem LKW-Zuwachs so weitergeht? Wenn Sie diese Einschätzung teilen: Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?
Herr Kollege Becker, wir ziehen daraus schon heute die Konsequenz, weil die Aussage des Kollegen Schulte richtig ist. Wir planen, die Autobahnen weiter auszubauen und Lücken im bestehenden Netz zu schließen. Damit ertüchtigen wir das Verkehrssystem der nordrhein-westfälischen Autobahnen so, dass es den Anforderungen der künftigen Verkehre gerecht wird.
Auch an der Stelle hat bei uns in NordrheinWestfalen eine ideologische Politik, an der Sie mitplanen konnten, dazu geführt, dass das Notwendige nicht getan worden ist. Wir können das anhand ganz weniger Zahlen deutlich machen:
In dem letzten Jahr, in dem Sie zwölf Monate Regierungsverantwortung für Nordrhein-Westfalen mitgetragen haben, nämlich im Jahr 2004, gab es für Bundesfernstraßen einen einzigen Planfeststellungsbeschluss im gesamten Land Nordrhein-Westfalen.
Im Jahr 2005, also dem Jahr, als Sie noch sechs Monate Regierungsverantwortung für Nordrhein-Westfalen getragen haben, gab es gerade einmal fünf Planfeststellungsbeschlüsse für Bundesfernstraßen. Wir haben die Zahl der Planfeststellungsbeschlüsse im Jahr 2006 auf zwölf und im Jahr 2007 auf 19 erhöht; denn wir werden unserer Verantwortung gerecht, das Verkehrsnetz
Genauso, wie Sie sich heute überrascht zeigen, dass es zu wenige LKW-Parkplätze gibt, werden Sie sich wahrscheinlich in zehn Jahren hier in einer Debatte darüber wundern, dass die LKWs alle auf den Autobahnen stehen, weil wir es versäumt haben, die Lücken zu schließen und an den Stellen, wo es notwendig ist, die dritte Fahrspur oder die vierte Fahrspur zu planen und zu bauen. Das nenne ich eine wirklich naive Verkehrspolitik.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen mit Pragmatismus dafür sorgen, dass das Land Nordrhein-Westfalen sich den Herausforderungen eines wachsenden Güterverkehrs stellt. Wir wollen uns einer neuen Situation anpassen und dafür sorgen, dass die Verkehre hier in unserem Land wieder fließen können. – Herzlichen Dank.