Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

sondern um den Intimbereich der Beschäftigten, etwa durch Videoüberwachung in Umkleideräumen etc.

Als wir in unserem Antrag ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz gefordert haben, haben Sie von Selbstverpflichtung und davon gesprochen, dass wir das alles schon hätten und alles geregelt sei. Hier mit zweierlei Maß zu messen, sodass die Beschäftigten gegenüber ihrem Arbeitgeber einen anderen Datenschutzanspruch haben, während Sie den Datenschutz bei der Ortung hochhalten, macht Sie nicht sehr viel glaubwürdiger.

Trotzdem werden wir die Initiative positiv aufgreifen. Ich finde, sie sollte erweitert und vor allen Dingen konkretisiert werden. Dabei machen wir gerne mit. – Danke schön.

(Ralf Witzel [FDP]: Niemand klatscht!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Laschet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf heute meinen Kollegen Krautscheid vertreten.

Die Landesregierung hat sich mit diesem Antrag sehr intensiv befasst, weil er auf ein wichtiges Problem hinweist. Wenn man sich einmal vorstellt, welches Entsetzen der Gedanke einer Handyortung zu der Zeit der Volkszählung im Jahr 1987 ausgelöst hätte, wird schlagartig deutlich, wie sehr wir uns an die relativ neue Technik des mobilen Telefonierens mit ihren vielen Vorteilen gewöhnt haben.

Es wird aber auch deutlich, wie wenig wir heute eigentlich in Relation zu dieser technischen Entwicklung für neue Möglichkeiten des Missbrauchs dieser so erfolgreichen Technik sensibilisiert sind. Es ist gut, wenn wir neue Technik nutzen, aber wir müssen auch immer wieder genau hinschauen, damit wir unerwünschte Risiken und Nebenwirkungen möglichst vermeiden.

Die Menschen sind sehr sensibel, wenn der Staat irgendetwas über sie erforscht. Das ist auch berechtigt; dafür braucht man strenge Vorschriften. Mit eigenen Dingen im privaten Leben gehen sie aber häufig sehr leichtfertig um – wenn man sich etwa anschaut, was sie alles ins Internet stellen. Darauf richtet dieser Antrag den Blick. Durch den Antrag werden die Rechte von Mobilfunknutzern bei der Ortung von Mobiltelefonen gestärkt. Daher begrüßt die Landesregierung diesen Antrag sehr.

Kollege Biesenbach hat darauf hingewiesen, wie im Internet bereits auf unterschiedlichen Seiten offensiv für die Ortung von Mobiltelefonen geworben wird, auch etwa Viva und MTV werben dafür. Dabei sind zwei Wege möglich: Einige Anbieter führen eine Ortung erst dann durch, wenn der Auftrag über die zu ortende Nummer durch die Unterschrift des betroffenen Mobilfunkkunden bestätigt wird. Eine andere Möglichkeit ist die Zustimmung per SMS. Durch eine einmalige SMS zur Auftragserteilung kann der Missbrauch allerdings nicht ausgeschlossen werden.

Um die Schutzvorkehrungen vor und Sanktionsmöglichkeiten wegen unberechtigter Mobilfunkortung zu verbessern, hat die Landesregierung bereits erste Gespräche mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Technologie und der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post geführt. Das Ziel dieser Gespräche ist zu prüfen, ob und wie die rechtlichen Rahmenbedingungen verbessert werden können.

Frau Düker, es ist nicht ganz so einfach, an welcher Stelle man es ins Gesetz hineinschreibt. Aber ich glaube, die Einigkeit, die im Parlament in dieser Frage herrscht, wird auch dafür Rückendeckung geben.

Auch die Mobilfunkunternehmen erkennen nicht nur durch die Ereignisse der letzten Tage zunehmend die Problematik und entwickeln derzeit mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz ein Konzept, das sowohl der Informationsfreiheit gerecht wird als auch ein angemessenes Verfahren der Einwilligung sicherstellen soll.

Die Initiative der Fraktionen der CDU und der FDP setzt ein weiteres Signal für einen besseren Schutz vor missbräuchlicher Ortung. Der Antrag will die Informationspflichten gegenüber den betroffenen Mobilfunknutzern verbessern und damit auch ihre Grundrechte besser schützen.

Die Landesregierung ist der Meinung, dass der Antrag nicht über das Ziel hinausschießt. Schließlich gibt es durchaus sinnvolle Möglichkeiten, die Ortungsfunktion zu nutzen, etwa für Speditionen. Indem der Antrag eine ausdrückliche schriftliche Einwilligung fordert, sich überhaupt orten lassen zu wollen, und nach jeder erfolgten Ortung eine Benachrichtigung per SMS verlangt wird, schafft er die nötige Transparenz, die für einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser neuen technischen Möglichkeit erforderlich ist.

Deshalb werden wir die Antragsberatungen im entsprechenden Ausschuss konstruktiv wie immer und wohlwollend wie nicht immer begleiten.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Laschet. – Für die FDP-Fraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Dr. Orth zu Wort gemeldet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es tut mir leid, dass ich mich noch einmal melden muss. Mich ärgert es, Frau Düker, wenn man in eine sehr einvernehmliche Debatte Dinge hineinbringt, die dort nicht hineingehören. Wenn Sie behaupten, wir Liberalen würden beim Arbeitnehmerdatenschutz und der Handyortung mit zweierlei Maß messen, ist das schlicht und ergreifend falsch.

(Beifall von der FDP)

In der Plenardebatte zu Lidl haben wir ganz klar gesagt,

(Monika Düker [GRÜNE]: Wir brauchen kein Gesetz!)

dass wir Gesetzesverstöße nicht tolerieren und dass es skandalös ist, wenn so etwas geschieht.

(Beifall von der FDP)

Aber daran, dass es Gesetzesverstöße sind, sehen Sie, dass es keiner neuen gesetzlichen Regelung bedarf, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Wir brauchen kein neues Gesetz zu schaffen, wo es schon gesetzliche Regelungen gibt. Das ist bei der Handyortung eben nicht der Fall. Hier kann jeder munter loslegen, wie er will. Das wollen wir nicht. Ich möchte aber nicht, Frau Düker, dass Sie Legendenbildung zu einem Punkt betreiben, der völlig neben der Sache liegt.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Orth. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung über die Überweisungsempfehlung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/6847 an den Rechtsausschuss; die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt zu? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

9 Intransparenz schafft Misstrauen – Kommunen bei der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie einbeziehen

Antrag

der Fraktion der SPD

Drucksache 14/6865

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Kuschke das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht ist es zu Beginn der Debatte auch im Interesse der Zuhörerinnen und Zuhörer sinnvoll, einmal zu erklären, worum es geht, da es doch sehr sperrige Begriffe sind.

Wir haben vor einigen Jahren begonnen, darüber zu diskutieren, ob wir den Europäischen Binnenmarkt ausweiten und ihn sozusagen dadurch abrunden, dass wir neben den Produkten, die mittlerweile von Herstellern aus allen europäischen Ländern angeboten werden, auch Dienstleistungen anbieten lassen. Konkret lautet die Frage: Unter welchen Bedingungen kann sich ein polnischer Handwerksbetrieb in der Bundesrepublik Deutschland, in Nordrhein-Westfalen niederlassen? Welche Lohn- und Tarifbedingungen gelten? Welche Fragen des Arbeitsschutzes müssen geregelt werden? Das ist der klare Hintergrund.

Wir haben – Sie werden sich erinnern – im Europäischen Parlament, aber auch hier im Landtag und im Bundestag sehr heftig darüber gestritten, wie wir eine vernünftige Balance erreichen zwischen dem richtigen Ziel, das wir auch unterstützen, auf der einen Seite nicht gegen eine weitere Vollendung des Binnenmarktes zu sein und auf der anderen die sozialen Belange zu berücksichtigen und für einen fairen Wettbewerb zu sorgen, damit der Arbeitsschutz und auch Dinge wie die traditionelle Handwerksordnung Berücksichtigung finden können. – Das ist der Hintergrund.

Zweite Anmerkung: Im April 2007 haben wir einen Antrag eingebracht, der am 3. Mai beraten worden ist. Dazu haben wir einen Tenor von Frau Ministerin Thoben und den Kollegen Schroeren und Brockes gehört, der da lautete: Nun machen Sie – damit war die SPD gemeint – sich mal keine Sorgen, wir sind doch gut im Zeitplan. Wir haben immerhin noch bis 2009 Zeit.

Wir haben damals, im Mai 2007, die Forderung nach einem Planspiel aufgestellt. Jetzt könnten Sie, Frau Ministerin Thoben, entgegnen, dass ich seinerzeit in meine Rede gesagt habe, das Planspiel sei zum damaligen Zeitpunkt eine falsche Forderung. Ich räume Ihnen gerne ein, dass das

so formuliert wurde. Aber immerhin haben wir es gefordert. Mindestens die Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen von CDU und FDP hielten es damals für eine falsche Forderung. Tatsache ist: Die Landesregierung hat – das finden wir richtig und gut, das will ich ausdrücklich unterstreichen – in Kooperation mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Kammern ein Planspiel durchgeführt.

Dritter Punkt: Wir könnten jetzt sagen, so weit so gut, wenn nicht zwei Unklarheiten auftreten würden, um deren Beseitigung es uns geht.

Zur ersten Unklarheit: Wir haben in den vergangenen Wochen die Landesregierung mehrfach eindeutig gefragt: Geben Sie uns, dem Parlament, das sich sehr intensiv mit der Dienstleistungsrichtlinie und deren Umsetzung beschäftigt hat, auch die Chance, dass unsere Erkenntnisse aus der parlamentarischen Beratung, so unterschiedlich sie auch sein mögen, Frau Kollegin von Boeselager, mit in die Entscheidung der Landesregierung einfließen? – Frau Ministerin Thoben hat das in der schriftlichen Beantwortung meiner mündlichen Anfrage weitestgehend zugesichert. Frau Ministerin Thoben, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie heute klar sagen könnten, wie der Zeitplan für eine Kabinettentscheidung aussieht.

Die zweite Unklarheit betrifft die Frage, ob die Landesregierung die Ergebnisse des Planspiels berücksichtigt. Mittlerweile haben wir ja am 8. Mai dieses Jahres eine Anhörung durchgeführt. Wir haben gewisse Zweifel daran, ob sie dies tut, weil es Dissonanzen bei der Frage gibt, was das Ergebnis dieses Planspiel war. Die kommunalen Spitzenverbände erklären eindeutig: Das Planspiel bekräftigt eigentlich unsere Auffassung, dass wir die entscheidende Säule des sogenannten einheitlichen Ansprechpartners sein sollen. – Die Ministerin stellt das in ihrer Antwort, aber auch an anderer Stelle infrage und verweist darauf, wogegen nichts einzuwenden ist, dass es einen zusätzlichen Fragenkatalog gibt, der, wenn ich mich richtig erinnere, in Zusammenarbeit mit dem beauftragten Institut, dem Difu, erst abgearbeitet werden soll.

Diese Antworten sollten, wenn ich mich richtig erinnere, im April vorliegen. Jetzt haben wir aber schon Juni. Das heißt, dass die Fragen im Grunde genommen ausgewertet sein müssten, sodass man sich nun mit der Frage beschäftigen können müsste, was diese ergänzenden Fragen noch gebracht haben.

In meiner vierten Anmerkung möchte ich auf die Tendenz des Planspiels eingehen. Es gibt ein

Schreiben der kommunalen Spitzenverbände an die Fraktionsvorsitzenden – das müsste den Kolleginnen und Kollegen auch zugänglich gemacht worden sein –, in dem die kommunalen Spitzenverbände eine Reihe von Dingen thematisieren. Ich will einige wenige nennen, etwa die Frage, ob, wenn man eine Kooperationsstruktur – Kommunen und Kammern – aufbaut, das nicht eine zusätzliche Verwaltungsorganisationseinheit bedeutet und ob das eigentlich im Zusammenhang mit der Vorgabe der Landesregierung – streiten wir mal nicht darüber, ob es erfolgreich ist oder nicht –, Strukturen zu vereinfachen und Verwaltungen auf das notwendige Maß zurückzuführen, sinnvoll ist.

Für ernst zu nehmen halte ich die angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum SGB II und zur Thematik der Argen, in der es darauf hingewiesen hat, dass die Arbeitsteilung und die Aufgabenteilung unter den beiden Partnern, Bundesagentur für Arbeit und Kommunen bzw. Kreise, nicht klar genug geregelt worden ist. Weiter wird auf die sehr wichtige Frage verwiesen, die die kommunalen Spitzenverbände bei der Anhörung, aber auch in der schriftlichen Stellungnahme erwähnt haben: Wie lässt sich die Einräumung der Kooperationshoheit mit einer möglichen Verpflichtung der Kommunen verbinden, mit den Kammern zusammenarbeiten zu müssen?

Ich habe noch heute Morgen ein Gespräch mit denjenigen geführt, die in diesem Sachbereich für die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern tätig sind. Das war ein ausgesprochen sachliches, konstruktives Gespräch. Ich nehme das, was dort vorgebracht worden ist, sehr ernst.

Und deshalb will ich die Landesregierung zu zwei Bereichen ganz konkret fragen. Ich habe bei dem Gespräch mit den Kammern den eindeutigen Eindruck gehabt, dass sowohl Industrie- und Handelskammern als auch Handwerkskammern kein Kammermodell befürworten. Ganz ausdrücklich wird von den Kammern gesagt: Wir wollen kein Modell, keine Lösung, die uns allein verantwortlich macht. – Von daher ergibt sich in der Logik die Forderung nach einem Kooperationsmodell.