In Nordrhein-Westfalen ist das aber nicht der Fall. Die Wirtschaft, insbesondere die mittelständische Wirtschaft, ist hier so stark, dass diese 16 Milliarden € kompensiert worden sind. Es hat immerhin noch zu einem Nullwachstum gereicht.
Ein anderes Beispiel: Schauen Sie einmal nach Baden-Württemberg. Da sagen Sie ja immer: Da gibt es die schwäbischen mittelständischen Unternehmen – 50 Millionen € Umsatz, 500 Beschäftigte. Lassen Sie uns das einmal ins Verhältnis zu den 16 Milliarden € setzen. Sie entsprechen 320 mittelständischen Unternehmen, die abgebaut worden wären. Stellen Sie sich einmal vor, was in Baden-Württemberg los wäre, wenn 320 mittelständische Unternehmen zugemacht hätten und das kompensiert werden müsste.
Die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen hat das kompensiert. Sie hat das geschafft. Sie hat es immerhin zu einem Nullwachstum gebracht. Sie hat die 16 Milliarden €, die in der Energiewirtschaft verloren gegangen sind, in der Wertschöpfung kompensiert. Das ist eine großartige Leistung, finde ich.
Das ist eine großartige Leistung. Sie müssen das einfach ins Verhältnis setzen. Auch das gehört zu einer systematischen Bewertung und einer vernünftigen Analyse dazu und hat nichts mit den außerirdischen Argumenten zu tun, die heute Morgen vorgetragen worden sind.
Wir haben aber nicht nur in der Energieerzeugung ganz erhebliche Umsatzeinbrüche gehabt – Sie wissen das vielleicht –, sondern wir haben insbesondere wegen des mangelnden weltwirtschaftlichen Wachstums, insbesondere in den BRICS-Staaten, auch in der Grundstofferzeugung im letzten Jahr erhebliche Umsatzeinbrüche gehabt. In der chemischen Industrie waren es minus 4,6 %.
Herr Laschet, Sie wollen doch jetzt nicht ernsthaft darüber reden, dass andere Länder in der Bundesrepublik Deutschland die gleiche Abhängigkeit von der Grundstoffindustrie haben wie wir. Das wollen Sie doch nicht ernsthaft verkaufen.
Das können Sie nur verkaufen, wenn Sie von ganz weit aus dem Weltall nach Nordrhein-Westfalen schauen. Es ist unglaublich, was Sie hier machen oder versuchen.
Ich wollte mich gar nicht mehr mit Ihnen auseinandersetzen. Ich habe das extra alles aus meinem Manuskript rausgestrichen. Jetzt weiß ich aber auch, warum ich das machen wollte: weil Sie hier so billige Argumente vorgetragen haben.
Zur Abhängigkeit von der chemischen Industrie: Es gibt – Herr Laschet, vielleicht erinnern Sie sich – den einen oder anderen Chemiepark. In der Nähe von Marl soll es einen geben; in der Nähe von Köln soll es noch einen geben. Das sind nun einmal riesengroße Beschäftigungseffekte.
(Armin Laschet [CDU]: In Rheinland-Pfalz, Ba- den-Württemberg und in Hessen gibt es auch Chemieparks!)
Die Beschäftigungseffekte sind bei uns doch viel höher als in Hessen oder Baden-Württemberg. Jetzt lassen Sie doch einmal die Kirche im Dorf.
Die Metallerzeugung hat um 0,7 % abgenommen. Der Automobilbau – ich habe eingangs den Strukturwandel beschrieben; das kennen Sie ganz genau – hat deutlich abgenommen.
Wir müssen mit Opel in Bochum den Strukturwandel wieder bewegen. Wir werden das auch ordentlich tun. Wir gestalten den neuen Strukturwandel. China schaut auf uns; China lobt uns.
Bleiben Sie konstruktiv. Gucken Sie nicht mit Weltallargumenten auf Nordrhein-Westfalen, sondern gestalten Sie den Strukturwandel mit. Dann ist Nordrhein-Westfalen viel geholfen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Reiner Priggen ist ein mutiger Mann; denn er hat Union und FDP eben hier vorgehalten, wir würden uns nicht intensiv genug mit der Analyse der Ausgangslage beschäftigen. Er hat dann hinzugefügt, selbst Herr Döhrn könne in einem Interview der „WAZ“ in wenigen Zeilen die Lage besser und treffender darstellen, als wir das hier in der Debatte vermocht hätten.
Mehrdad Mostofizadeh applaudiert. – In dem genannten Interview erklärt Herr Döhrn, die wesentliche Ursache für die rote Laterne Nordrhein-Westfalens sei, dass hierzulande zu wenig investiert werde. – Das ist die Ausgangslage.
Ich habe eben schon gesagt, dass bei der großen Wachstumsuntersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft, die meine Fraktion im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben hat, klar dargelegt wurde: Es ist eben nicht der Strukturwandel. Vielmehr ist unsere Schwäche sektor-, flächen-, bran
chenübergreifend. Überall ist die Produktivität niedriger; die Frauenerwerbsbeteiligung ist niedriger; die Bildungsergebnisse sind schlechter als anderswo.
Dann sagt Garrelt Duin: Ja, wo habt ihr denn etwas vorgelegt? Wo sind die Alternativen? – Herr Duin, es ist genau andersherum: Bei dem, was Sie an Kurswechsel seit 2010 gemacht haben – Tariftreuegesetz, LEP, Klimaschutzgesetz, Straßenbau,
Breitband, Hochschulzukunftsgesetz –, und zwar bei jeder dieser Einzelmaßnahmen, haben wir Sie darauf hingewiesen, dass Sie insgesamt dem Land Chancen nehmen. Und jetzt haben wir das Ergebnis dieser Politik.
(Beifall von der FDP und der CDU – Jochen Ott [SPD]: Total falsch! Wir haben doch Geld beim Straßenbau draufgelegt!)
Nicht die einzelne Maßnahme, sondern die Grundanlage Ihrer Politik ist falsch, weil sie die soziale Marktwirtschaft beschädigt.
Passt mal auf; 32 Millionen € im aktuellen Etat, das ist nichts. Und es gibt nicht nur Bundesstraßen, sondern auch Landesstraßen und Brücken im Landesstraßennetz.
(Jochen Ott [SPD]: Ihr habt die Landesstraßen kaputt gemacht! Ihr habt Straßen.NRW an die Wand gefahren! Sie haben keine Ahnung, wo- von Sie reden!)
Das wirkt jetzt sehr angefasst und dünnhäutig. Mann, Mann, Mann! Ich verstehe das ja, Jochen Ott; denn in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz habt ihr ja gesehen, was euch blüht, nämlich keine Mehrheit mehr. Da verstehe ich die Nervosität.
Rot-Grün hat da keine Mehrheit mehr – und bei den Umfragen hier auch nicht. Da seht ihr, was euch blüht.