Protokoll der Sitzung vom 09.06.2016

Vielen Dank, Herr Kollege Sommer. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Diskussion um die Sperrklausel bei Kommunalwahlen führen wir seit Jahren intensiv in diesem Land und in diesem Parlament.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Und seit Jah- ren nichts gelernt!)

Vermutlich ist heute dazu schon fast alles gesagt worden, deshalb will ich mich kurzhalten.

Es geht darum, die Funktionsfähigkeit unserer Räte und unserer Kreistage aufrechtzuerhalten. Letztendlich läuft es auf zwei Fragen hinaus.

Erstens: Gibt es Hinweise, Beweise dafür, dass unsere Kommunalvertretungen arbeitsunfähig oder funktionsunfähig sind?

Die zweite Frage ist, meine Damen und Herren: Hält diese Verfassungsänderung einer gerichtlichen Überprüfung stand? Diese beiden Fragen stehen im Mittelpunkt.

Die Expertenanhörung hat deutliche Hinweise darauf gegeben, dass die Funktionsfähigkeit unserer Räte bereits in Teilen beeinträchtigt ist. Zu sagen: „Wir warten die weitere Entwicklung ab“,

(Zuruf von Michele Marsching [PIRATEN])

hieße nur, möglicherweise eine Verschlechterung der kommunalen Demokratie hinzunehmen.

Zum zweiten Punkt – ist diese Verfassungsänderung verfassungsgemäß? –: Meine Damen und Herren, mit absoluter Gewissheit weiß das niemand. So, wie die den Gesetzentwurf tragenden Fraktionen diesen erarbeitet haben – seriös und mit großer Intensität –, ist die Grenze von 2,5 % meines Erachtens moderat gewählt und hat gute Chancen, einer verfassungsrechtlichen Prüfung standzuhalten.

Es ist den Versuch wert, diesen Weg für unsere kommunale Demokratie zu gehen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Schluss der Aussprache und kommen zur Abstimmung.

Der Hauptausschuss empfiehlt in Drucksache 16/12134, den Gesetzentwurf Drucksache 16/9795 in der Fassung seiner Beschlüsse anzunehmen. Wir kommen somit zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung – das ist die Drucksache 16/12134 – und nicht über den Gesetzentwurf.

Ich weise an dieser Stelle noch einmal darauf hin, dass für eine Verfassungsänderung nach Art. 69 Abs. 2 unserer Landesverfassung die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der gesetzlichen Mitglieder des Landtages – das heißt, von mindestens 158 Abgeordneten – erforderlich ist.

Ich komme zur Abstimmung und lasse jetzt darüber abstimmen. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Im Einvernehmen mit den Schriftführern stelle ich gemäß § 46 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung ausdrücklich fest, dass mindestens zwei Drittel der gesetzlichen Mitglieder des Landestages der Beschlussempfehlung Drucksache 16/12134 zugestimmt haben. Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 16/9795 in zweiter Lesung angenommen.

(Anhaltender Beifall von der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Für das Protokoll möchte ich noch festhalten, dass dieser Gesetzentwurf mit den Stimmen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen verabschiedet worden ist bei Enthaltung der Fraktion der FDP und bei Gegenstimmen der Fraktion der Piraten.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt

7 Die Weiterbildung – insbesondere die Famili

enbildung – in Nordrhein-Westfalen stärken und besser fördern!

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/12124

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDUFraktion dem Abgeordneten Tenhumberg das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Weiterbildung ist ein Bereich, dessen Bedeutung und Förderwürdigkeit eigentlich unbestritten ist. Die Vernachlässigung dieses wichtigen Bildungsbereiches durch die rot-grüne Landesregierung macht uns allerdings große Sorgen.

Wir wollen deshalb als CDU noch einmal klarstellen: Weiterbildung ist im Zeitalter der Wissensgesellschaft und vor dem Hintergrund des lebenslangen Lernens von elementarer Bedeutung. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen in der Lage sein, die Angebote der Einrichtungen in Anspruch nehmen zu können. Die Träger und Institutionen der Weiterbildung brauchen für ihre nachhaltige Arbeit Planungssicherheit.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, für die CDU

Landtagsfraktion von Nordrhein-Westfalen ist die Weiterbildung eine eigenständige Säule im Bildungssystem. Allgemeine, berufliche und politische Bildung sowie Familienbildung sind gleichberechtigte Elemente, die als lebensbegleitendes Lernen organisiert werden.

Wir benötigen ein leistungsfähiges Weiterbildungssystem, um die gesellschaftlichen Herausforderungen zu bestehen, das Wertebewusstsein zu steigern und die Chancen benachteiligter Gruppen zu verbessern.

Die Angebote der Weiterbildung dienen insbesondere den Gruppen unserer Gesellschaft, die der Unterstützung und Solidarität bedürfen. Das gilt für die Integration von Migrantinnen und Migranten. Das gilt für die verbesserten Chancen für Frauen und Familien. Das gilt für Jugendliche und Erwachsene ohne Schulabschluss. Das gilt für Angebote für Behinderte, und das gilt auch für alle Seniorinnen und Senioren.

Ausgangpunkt für eine zukunftsorientierte Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen ist das christliche Menschenbild. Freiheit und Würde sind die Grundbedingungen für die Entwicklung des Menschen, Bildung und Kultur sind Kernelemente dieser Entwicklung.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, durch die rot-grüne Landesregierung sind diese Ziele, die auch in Weiterbil

dungskonferenzen gefordert werden, erheblich gefährdet. Die Zuwendungen an die Träger orientieren sich immer noch an den Stundensätzen des Jahres 1999, obwohl die Kosten zwischenzeitlich um deutlich mehr als 50 % gestiegen sind.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das muss natürlich negative Konsequenzen auf die Träger und Angebotsstrukturen haben.

Wegen fehlender Landesmittel nimmt die Arbeitsverdichtung bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Weiterbildung unverantwortlich zu. Die Qualität der Angebote leidet darunter. Neue Aufgaben, neue Entwicklungen und Herausforderungen – zum Beispiel Alphabetisierung, Migranten- und Flüchtlingsarbeit – müssen ohne ausreichende Kostenerstattung vorgenommen werden. Individuelle Bildungsberatung sowie die Vor- und Nacharbeit werden ohne Kostenerstattung von den Bildungsträgern verlangt. Da versagt die Landesregierung auf ganzer Linie und lässt insbesondere Familien und Beteiligte wieder einmal alleine.

Zu der Nichterhöhung der Stundensätze seit 1999 kommt, dass der Haushaltsansatz bei den Familienbildungsstätten in der Titelgruppe 64 gegenüber dem Jahr 2002 sogar um knapp 2 Millionen € gekürzt wurde. Völlig verwunderlich ist in Anbetracht der Eigenloborgie der rot-grünen Landesregierung der seit 2002 existierende Vermerk im Haushaltsgesetz 2016. Danach haben die Weiterbildungseinrichtungen einen Haushaltskonsolidierungsbeitrag von 15 % zu erbringen.

Meine Damen und Herren, das Tun und Reden von Rot-Grün hier in Nordrhein-Westfalen sind zwei sehr unterschiedliche Ebenen.

(Beifall von der CDU)

Das schadet dem Land Nordrhein-Westfalen, und es benachteiligt viele Menschen in unserem Land. Deshalb freuen wir uns, dieser Landesregierung Hilfestellung geben zu können, damit sich das etwas verbessert. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Herzlichen

Dank, Herr Kollege Tenhumberg. – Für die SPD spricht Frau Kollegin Stotz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Monaten konnten wir im Haus das vierzigjährige Jubiläum des nordrhein-westfälischen Weiterbildungsgesetzes feiern. Dieses Gesetz – übrigens maßgeblich von Reinhard Grätz, einem SPD-Abgeordneten hier im Hause, vorangetrieben – bildet die Grundlage für unsere insgesamt sehr

plurale und leistungsfähige Weiterbildungslandschaft in Nordrhein-Westfalen. Darauf sind wir in der SPDFraktion auch heute noch stolz.

Wir sind seitdem aber nicht stehengeblieben, sondern haben über all die Jahrzehnte hinweg immer wieder im engen Schulterschluss mit der Weiterbildung sehr vertrauensvoll daran gearbeitet, die Weiterbildungsangebote in unserem Land auf der Höhe der Zeit zu halten.

In der aktuellen Legislaturperiode haben mehr oder weniger alle Fraktionen gemeinsam und kontinuierlich daran gearbeitet – zuletzt in der breit angelegten Weiterbildungskonferenz –, die Rahmenbedingungen so zu gestalten und weiterzuentwickeln, dass die Einrichtungen der Weiterbildung den sich ihnen stellenden Herausforderungen auch gewachsen sind. Wir haben einen langen Prozess gemeinsam begleitet. Am Ende ist dann eine Reihe von wertvollen Empfehlungen an das Parlament herangetragen worden. Diese werden nun peu à peu umgesetzt und wiederum in einem sehr dialogorientierten Prozess mit den Vertretern der Weiterbildung vorangetrieben.

Landesregierung und Parlament – regierungstragende wie oppositionelle Fraktionen hier im Haus – stehen hier stets und oft auch an dieser Stelle gemeinsam in einem sehr engen Austausch mit den Vertretern der Weiterbildung.

Kommen wir aber nun zum Antrag. Auch wenn ich der Auffassung bin, dass es prinzipiell immer richtig und gut ist, wenn wir die Weiterbildung hier im Plenum zum Thema machen, muss ich heute an dieser Stelle aber sagen, dass dieser Antrag völlig überflüssig ist. Mit dem Antrag zur Situation der Weiterbildung bringt die CDU meines Erachtens heute einen lupenreinen Rohrkrepierer ein.