Protokoll der Sitzung vom 06.07.2016

Gleiches gilt bei der Kappungsgrenze der Landschaftsverbände. Auch das werden wir uns sehr genau ansehen. Da hat die leidvolle Erfahrung der SPD beim RVR sicherlich eine Rolle gespielt. Auch das nehmen wir sicherlich noch mit in die Diskussion.

Der dritte Punkt passt aber so gar nicht in dieses Gesetzeswerk. Das ist die Frage, wie man mit Hauptamtlichen umgeht. Sie haben gemerkt, ich habe bisher immer über das Ehrenamt gesprochen. Hier tauchen auf einmal Hauptamtliche auf. Hier wird ein Passus herausgenommen, wo es um das Sparkassengesetz und um die Frage geht, ob das eine Nebentätigkeit ist oder nicht, und wie ich das abrechne.

Wir sind schon der Auffassung, dass es hier wirklich sinnvoll wäre, ein umfassenderes Bürgermeistergesetz anzugehen. Das würden wir auch im Ausschuss noch einmal sehr intensiv diskutieren wollen. Wir sind schon der Auffassung, dass es neben diesem Regelungsgegenstand noch eine Vielzahl anderer Regelungsgegenstände gibt. Ich nenne nur die Versorgungssituation. Ich nenne nur die Entgeltsituation gerade auch in kleineren Kommunen, in denen der Bürgermeister immer mehr zum Manager vor Ort wird.

Diese Dinge müssen wir mit aufgreifen. Wir würden uns in dieser Hinsicht eigentlich einen etwas größeren Wurf wünschen.

Abschließend bleibt mir nur zu sagen, wir werden heute natürlich der Verweisung an die Fachausschüsse nachkommen. Wir freuen uns auf eine intensive Diskussion dort. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Nettelstroth. – Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Höne jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben es alle schon angesprochen, ich will es an dieser Stelle aber auch noch einmal unterstreichen: Es ist völlig klar, dass eine erfolgreiche kommunale Selbstver

waltung mit dem Ehrenamt vor Ort untrennbar verbunden ist. Wir können insgesamt sowohl im Politischen wie im Nichtpolitischen stolz sein, dass wir nach den Zahlen von Allensbach im Jahr 2015 13,5 Millionen ehrenamtlich tätige Menschen in Deutschland hatten. Das waren 10 % mehr als noch 2012. Ich glaube, dass das das Rückgrat einer gesunden Gesellschaft ist.

(Beifall von der FDP)

Das Ehrenamt verdient größten Respekt. Eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung sollte darum natürlich auch auf eine Stärkung dieses Ehrenamtes hinauslaufen. Es geht um die Menschen, die frei nach Max Weber nicht für und von der Politik leben dürfen, so wie wir das hauptberuflich auf Zeit tun dürfen, sondern die sich ausschließlich für die Politik und damit für das Wohlergehen ihrer Nachbarn engagieren.

Besonders positiv möchte ich zwei Punkte hervorheben, die auch aus der Ehrenamtskommission kommen.

Nummer eins: Zusätzliche Aufwandsentschädigungen für Ausschussvorsitzende sind nichts weniger als eine Anerkennung von deutlich erhöhtem Arbeitsaufwand. Das gilt sicherlich nicht über alle Ausschüsse hinweg – das ist gerade schon angesprochen worden –, aber doch eben in vielen Kernausschüssen. Da gehört sich eine differenzierte Betrachtung.

Der zweite Punkt ist auch positiv. Auch das ist gerade schon angesprochen worden. Ich meine die Erweiterung für die interkommunale Zusammenarbeit bei den Landschaftsverbänden. Dadurch erhoffen wir uns insbesondere Synergieeffekte, Kosteneinsparungen durch die bessere Zusammenarbeit, möglicherweise insbesondere für die kleinen und mittleren Kommunen im ländlichen Raum.

Ganz grundsätzlich finden wir Freien Demokraten es positiv, wenn von oben gar nicht alles vorgeschrieben wird, wie mit etwas umzugehen ist, sondern wenn wir uns auf den Rahmen konzentrieren und Dinge zuerst einmal ermöglichen, damit die Kommunen selbstständig vor Ort entscheiden können. Wir sind davon überzeugt, dass die Kommunen neue Freiheiten, die mit diesem Gesetz wahrscheinlich kommen werden, auch verantwortlich nutzen.

(Beifall von der FDP)

An dieser Stelle möchte ich auch einige Dinge kritisch ansprechen, zum Beispiel die Anhebung der Mindestfraktionsstärke. Das hat so ein bisschen mal wieder den Geschmack eines Es-sich-etwas-bequemer-Machens seitens der größeren Parteien.

(Michael Hübner [SPD]: Nein, nein!)

Das gilt übrigens auch, wenn wir über die Absenkung der Zuwendungen für Gruppen in kommunalen

Vertretungen sprechen, lieber Michael Hübner. Ich darf auch an die Sondervoten der Freien Demokraten in der Ehrenamtskommission erinnern.

Sicherlich ist es so, dass wir bei verschieden großen Fraktionen auch im Unterschied zu Gruppen und bei unterschiedlich großen Gruppen eine Differenzierung benötigen, damit das Verhältnis stimmt. Da haben wir vom Grundsatz her keinen Dissens.

Aber ich kann Ihnen auch aus eigener Erfahrung sagen, dass die Ausstattung personeller und sächlicher Art für Gruppen und für Fraktionen für die Ausübung des Ehrenamtes viel entscheidender ist als die persönliche Aufwandsentschädigung, die monatlich kommt. Ich will gar nichts gegen die Erhöhung sagen, die jetzt kam. Ich glaube, dass die richtig war.

Aber wenn ich mich an meine reguläre berufliche Tätigkeit erinnere, bevor ich hier im Landtag war, dann kann ich Ihnen sagen, es wäre gar nicht auf 10 % mehr oder weniger bei der Aufwandsentschädigung angekommen. Richtig geholfen hätte es mir, das kommunale Ehrenamt wahrzunehmen, wenn mehr Mittel, wenn mehr Personal in der Fraktion selbst gewesen wäre, um Arbeitserleichterungen im Alltag zu ermöglichen. Es ging nicht um etwas höhere Aufwandsentschädigungen oder nicht.

(Beifall von der FDP)

Darum bitte ich, dass wir uns diesen Punkt noch einmal sehr genau anschauen. Weil wir das Ehrenamt ja stärken möchten – so heißt es ja auch im Gesetz: Es geht um die Stärkung vor Ort. Im Zweifelsfall könnte der Weg so beschritten werden, dass eine Stärkung mancher so hervorgehoben wird, dass man andere, nämlich die Gruppen, schwächt. Ich glaube, dass man aber nicht Einzelne schwächen muss, um die anderen etwas stärker aussehen zu lassen. Dann müsste man im Zweifelsfall über die Fraktionen an sich noch einmal sprechen.

Es gibt an diesem Gesetzesentwurf noch einiges zu diskutieren. Wir freuen uns darauf. Der Überweisung stimmen wir natürlich zu und sind gespannt auf den weiteren Beratungsverlauf.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Für die Piraten spricht Herr Kollege Herrmann.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer hier im Saal und am Stream! Einer muss dann mal Klartext reden. Der hier vorliegende Gesetzentwurf wird ja gleich in mehrere Ausschüsse überwiesen – wie ich auf der Vorschlagsliste gesehen habe, ist der Ausschuss für Verbraucherschutz

nicht dabei. Dabei würde das durchaus Sinn machen, denn dieser Gesetzentwurf ist eine klassische Mogelpackung.

(Beifall von den PIRATEN)

Da wo groß die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung draufsteht, ist tatsächlich die nächste Stufe des rot-grünen Plans zum kommunalen Demokratieabbau drin.

(Lisa Steinmann [SPD]: Ach Quatsch!)

Sehr geehrte Frau Steinmann, liebe Lisa, es war toll, was du eben über die Förderung für Alleinerziehende im Gesetz gesagt hast. Wenn das drinstehen würde, wäre das toll. Wir haben uns in der Ehrenamtskommission für die Übernahme der Kinderbetreuung eingesetzt – das ist nicht reingekommen, das ist rausgestrichen worden. Stattdessen schränkt das, was jetzt im Gesetz steht, Rechte ein, und es wird Geld an Vorsitzende verteilt.

Die Sperrklausel bei Kommunalwahlen haben Sie zusammen mit der CDU-Fraktion für den Moment wieder eingeführt. Jetzt kommen Sie mit einem Gesetz, das es denen, die es trotz der Sperrklausel bei der nächsten Wahl in den Rat schaffen würden, erschweren würde, Fraktionen zu bilden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün: Wo ist da die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung? Ja, das ist eine Stärkung der eigenen Macht, aber ein Tiefschlag für die demokratischen Minderheitenrechte. Das machen Sie mit voller Absicht, das ist eine Schande.

(Beifall von den PIRATEN – Christian Dahm [SPD]: Peinlich, peinlich!)

Fraktionen sind wichtig, denn sie sind diejenigen, die Anträge in den Räten stellen können. Das können Einzelbewerber nicht. Das wollten wir zwar auch in der Ehrenamtskommission, wurde aber auch nicht zugelassen. Also können nur Fraktionen Anträge stellen, und deswegen brauchen wir viele Fraktionen und nicht eine Verhinderung der Fraktionsbildung.

Noch ein Punkt: Die Anhebung der Mindestfraktionsstärken war kein Beschluss der Ehrenamtskommission, insofern wundere ich mich ein bisschen. Ein bisschen mehr Gegenwehr der CDU hätte ich hier eigentlich erwartet, denn Sie haben damals die Erschwerung der Fraktionsbildung in der Kommission nicht mitgemacht und auch dagegen gestimmt. Aber offensichtlich hat hier keiner mehr Hemmungen, wenn es um die Sicherung der Pfründe geht.

(Michael Hübner [SPD]: Was soll das denn jetzt?)

Apropos Pfründe, also Geld: Hier haben auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU wieder zugestimmt, weil es in der Ehrenamtskommission um weitere Aufwandsentschädigungen ging – diesmal für

Vorsitzende von Ausschüssen in den Gemeinden. Und das ist ja auch jetzt im Gesetz umgesetzt und wird die Städte und Gemeinden zwischen 20 und 30 Millionen € im Jahr kosten. Haben Sie denn in den Kommunen schon mal angefragt, woher denn da das Geld genommen wird?

Der Vorsitzende im Schulausschuss in Duisburg bekommt also demnächst einen Zuschlag und darf dann verkünden, dass für die Renovierung der Schultoiletten leider kein Geld mehr da ist. Herzlichen Glückwunsch, da werden die Mittel richtig verteilt. – Nicht!

Gekürzt haben Sie im Gesetz – das wurde eben kurz angesprochen – noch bei den Gruppen und deren Zuwendungen zu den sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung. „Neujustierung“ heißt das im Gesetz. „10 % pauschal gekürzt“ könnte man auch sagen. Noch nicht einmal eine Begründung für die Kürzung ist da aufgeschrieben.

Klar ist also auch hier, dass kleinere politische Gruppierungen schlechter gestellt werden sollen. Das alles reiht sich in die fatale Entwicklung ein, dass man politisch interessierte Menschen von ihrer legalen Vertretung ausschließen will, eben um unter sich zu bleiben.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht!)

Hier muss natürlich der Verweis auf Ihre Verfassungsänderung zur Einführung der 2,5-%-Sperrklausel nochmals benannt werden. Sie gehen wohl nach dem Motto vor: „Doppelt hält besser“. Erst die Sperrklausel, dann die Anhebung der Mindestfraktionsstärken und zu guter Letzt auch noch die Gelder für die Gruppen zusammenstreichen – das ist keine Stärkung der kommunalen Demokratie, das ist genau das Gegenteil.

Und wo sind unsere Punkte, die auch in der Kommission besprochen und beschlossen wurden – und zwar einstimmig. Zum Beispiel die Klarstellung in der Gemeindeordnung NRW, dass Livestreaming für Ratssitzungen möglich ist. – Nicht dabei.

(Michael Hübner [SPD]: Das ist möglich!)

Oder die Verbesserung der Transparenz der Arbeit der kommunalen Vertretung durch offene Ratsinformationssysteme. Einheitliche Standards könnten hier für eine verbesserte Zugänglichkeit, Benutzerfreundlichkeit und Offenheit sorgen und damit zu mehr Transparenz in der Kommune führen.

Herr Kollege Herrmann, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Hübner würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.