Protokoll der Sitzung vom 06.07.2016

Denn es ist der Sinn des vorgelegten Gesetzentwurfs, das bürgernahe Verhältnis zwischen der Polizei und den Bürgerinnen und Bürgern in NordrheinWestfalen weiter zu stärken.

Seitens der SPD-Fraktion freuen wir uns auf sachliche Diskussionen im zuständigen Ausschuss. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Ganzke. – Für die Fraktion Die Grünen spricht Frau Kollegin Schäffer.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit unserem Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeigesetzes wollen wir zwei Ziele erreichen. Zum einen möchten wir mit der Einführung einer Kennzeichnungspflicht die Bürgernähe und Transparenz unserer nordrhein-westfälischen Polizei stärken. Zum anderen wollen wir mit der Einführung eines Modellprojekts zu Bodycams einen eigenen Versuch in Nordrhein-Westfalen starten – mit dem Ziel, die Eigensicherung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zu erhöhen.

Aus unserer Sicht brauchen wir diesen eigenen Modellversuch in Nordrhein-Westfalen, da wir den Einsatz von Bodycams im Gegensatz zu den anderen Bundesländern eben nicht nur auf den öffentlichen Raum beschränken wollen. Außerdem wollen wir, dass er von Beginn an wissenschaftlich untersucht wird. Zudem wollen wir, dass Betroffene die Möglichkeit erhalten, ihrerseits in die Aufzeichnungen Einsicht zu nehmen. Wir haben bei diesem Gesetzentwurf dem Datenschutz einen hohen Stellenwert eingeräumt und sind der Meinung, dass wir hier eine sehr ausgewogene Regelung gefunden haben.

Mein Kollege Matthi Bolte wird in der zweiten Runde noch näher auf das Thema „Bodycams“ eingehen.

Zum Thema „Kennzeichnungspflicht“: Wir werden mit diesem Gesetzentwurf eine individualisierte Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamtinnen und beamte in den Bereitschaftspolizei- und Alarmeinheiten einführen. Die Kennzeichnungspflicht dient aus unserer Sicht dazu, mehr Bürgernähe und mehr Transparenz der Polizei herzustellen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie sorgt für mehr Vertrauen in polizeiliches Handeln und für mehr Vertrauen in die Möglichkeit der Kontrolle staatlichen Handelns. Wir wollen, dass die Polizei als Inhaberin des Gewaltmonopols des Staates den Bürgerinnen und Bürgern mit offenem Visier gegenübertritt.

Von einem Misstrauensvotum, einer Vorverurteilung oder gar einer Kriminalisierung der Polizei kann aus unserer Sicht keine Rede sein.

Auch das Argument der Gefährdung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, das immer wieder genannt wird, nehmen wir ernst. Ich kann es aber nicht ganz nachvollziehen, weil wir uns bewusst dafür entschieden haben, eine anonymisierte Kennzeichnung einzuführen. Wir wissen aus anderen Bundesländern, in denen es diese Kennzeichnungspflicht schon länger gibt, dass es eben nicht zu einem Anstieg von Bedrohungen und Angriffen auf Polizeibeamtinnen und -beamte im Zusammenhang mit dieser Kennzeichnungspflicht gekommen ist.

Eines will ich für uns hier klar feststellen: Unsere Polizei in Nordrhein-Westfalen ist gut ausgebildet. Sie handelt rechtsstaatlich und professionell. Trotzdem kann niemand die Augen und Ohren davor verschließen, dass es nach größeren Demonstrationen, nach Fußballspielen und anderen Polizeieinsätzen, also häufig in Situationen, die konfliktbehaftet sind, immer wieder zu Kritik und Beschwerden über das Verhalten einzelner Polizeibeamtinnen und -beamten kommt.

Die Kennzeichnungspflicht soll einer erleichterten Identifizierung dienen, wenn mögliches Fehlverhalten der Polizei überprüft werden soll. Es ist ein wichtiges Merkmal unseres Rechtsstaates, dass solche Vorwürfe auf ihre Rechtsmäßigkeit hin überprüft werden können. Damit dient die Kennzeichnungspflicht mittelbar dem im Grundgesetz verbrieften Recht auf effektiven Rechtsschutz.

Ich finde sogar, dass es im Interesse der Polizei selbst ist, damit es gar nicht erst zu dem Vorwurf kommt, dass polizeiliches Fehlverhalten nicht geahndet werden könne. Professionell und rechtsstaatlich handelnde Polizeibeamtinnen und -beamte haben eigentlich auch gar keinen Grund, die Kennzeichnung zu fürchten. Ich glaube, wie gesagt, dass es eher in ihrem Interesse ist und dass es auch das Vertrauen in die Arbeit der Polizei stärken wird.

In Brandenburg ist auf Initiative der CDU-Fraktion hin die Kennzeichnung eingeführt worden. Vielleicht erleben wir ja hier in Nordrhein-Westfalen noch ein Wunder, und die CDU-Fraktion schließt sich unserem Gesetzentwurf an.

Ich freue mich auf jeden Fall auf gute Beratungen im Ausschuss und hoffe und bitte darum, dass diese sachlich bleiben und nicht instrumentalisiert werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Gregor Golland.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die regierungstragenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben bereits in ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahre 2012 die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für die Polizei beim Einsatz in geschlossenen Einheiten angekündigt. Durch die damit verbundene Transparenz soll, so der rot-grüne Koalitionsvertrag, das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit der Polizei gestärkt werden.

Diese Ankündigung hat bereits unmittelbar nach dem Abschluss der Koalitionsvereinbarung für massiven Unmut bei der Polizei gesorgt. Von gewerkschaftlicher Seite war seinerzeit zu hören, dass Forderungen nach einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte nicht in die Landschaft passen würden, solange Polizisten im Dienst immer häufiger von Gewalttätern angegriffen werden.

Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, fasste die rot-grünen Kennzeichnungspläne für die Polizei in der „Rheinischen Post“ vom 23. Juni 2012 deshalb richtigerweise mit der Bemerkung zusammen – ich zitiere –: „Das ist linker Blödsinn!“

Meine Damen und Herren, dass SPD und Grüne dem Landtag heute dennoch einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem eine entsprechende Kennzeichnungspflicht im nordrhein-westfälischen Polizeigesetz verankert werden soll, macht einmal mehr deutlich, wie weit sich die Vertreter der regierungstragenden Fraktionen inzwischen von der Realität auf den Straßen unseres Landes entfernt haben.

(Beifall von der CDU)

Wenn Sie schon nicht mit den Polizeibeamten sprechen, sollten Sie sich zumindest einmal die massive Zunahme von Angriffen gegen Polizeibeamte vor Augen führen, die wir unter Ihrer Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen zu beklagen haben. Während die Polizeiliche Kriminalstatistik des Landes Nordrhein-Westfalen im Jahre 2005 noch 4.400 Widerstände gegen die Staatsgewalt verzeichnete, waren es im Jahre 2015 über 6.500 Fälle. Das entspricht einem Anstieg von 48 % binnen zehn Jahren.

Nach aktuellen Berechnungen der Gewerkschaft der Polizei wird inzwischen sogar alle 67 Minuten ein Polizeibeamter in Nordrhein-Westfalen angegriffen.

Anstatt angesichts dieser verheerenden Entwicklung endlich die Forderungen der CDU nach härteren Strafen für solche Attacken zu unterstützen, tun Sie genau das Gegenteil und meinen offenbar, die Bürgerinnen und Bürger vor der Polizei schützen zu müssen.

Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Müller-Witt zulassen?

Gregor Golland (CDU) : Möglicherweise am

Schluss. – Danke.

Man muss sich die Konsequenzen dieser polizeifeindlichen Politik einmal klarmachen. Sie wollen die Beamtinnen und Beamten der Einsatzhundertschaften künftig tatsächlich zum Tragen von individualisierten Kennzeichen verpflichten, wenn sie in Einsätze gegen vermummte Gewalttäter geschickt werden. Das mag zwar der politischen Selbstbefriedigung von SPD und Grünen dienen, ist aber ein gefährliches Spiel mit der Gesundheit unserer Polizeibeamten.

(Zuruf von Matthi Bolte [GRÜNE])

Geradezu unverfroren ist es aus unserer Sicht, die Einführung einer solchen Kennzeichnungspflicht auch noch unter das Motto zu stellen, dadurch werde das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Polizei gestärkt.

Das genaue Gegenteil ist der Fall. Eine solche Kennzeichnungspflicht schürt Misstrauen gegenüber der Polizei,

(Matthi Bolte [GRÜNE]: Das ist doch lächer- lich!)

weil sie gerade von der Unterstellung ausgeht, dass die Polizei rechtswidrig handelt und dass die Bürgerinnen und Bürger vor ihr geschützt werden müssen.

(Zuruf von Verena Schäffer [GRÜNE])

Das zeigt einmal mehr, welch merkwürdiges Verhältnis insbesondere der grüne Teil dieser Landesregierung nach wie vor zu unserem Rechtsstaat und seinen Institutionen hat.

(Beifall von der CDU – Zurufe von den GRÜNEN: Oh!)

Dass die SPD dabei auch noch mitmacht, kann einen eigentlich gar nicht mehr wundern. Wertschätzung und Rückendeckung für die Polizei sind für Sie ja inzwischen offensichtlich Fremdworte.

Wir alle erinnern uns sicherlich noch gut an den Umgang von Innenminister Jäger mit dem missratenen Polizeieinsatz bei den HoGeSa-Krawallen, an den SEK-Skandal des vergangenen Jahres oder natür

lich, wie so oft, an die Kölner Silvesternacht. Rückendeckung durch den Dienstherrn gab es in keinem dieser Fälle. Im Gegenteil: Um seine eigene politische Haut zu retten, hatte Innenminister Jäger jeweils nichts Eiligeres zu tun, als die Verantwortung für eigenes Versagen auf die Beamten vor Ort abzuwälzen.

Was mich allerdings wirklich überrascht hat, ist der Umstand, mit welcher Rücksichtslosigkeit gegenüber den Gewerkschaften und Personalvertretungen ausgerechnet die SPD die Einführung der Kennzeichnungspflicht vorantreibt.

Dazu muss man Folgendes wissen: Eigentlich war das Thema „Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte“ seit Ende 2015 erledigt, nachdem eine entsprechende Vorlage der Landesregierung vom Polizeihauptpersonalrat abgelehnt worden ist.

(Zuruf von der FDP: Genau!)

Auch die daraufhin angerufene Einigungsstelle im NRW-Innenministerium sprach sich gegen die Kennzeichnungspflicht aus.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Da die Einbringung des betreffenden Gesetzentwurfs der Landesregierung damit nicht mehr zulässig ist, greifen SPD und Grüne heute leider ganz tief in die parlamentarische Trickkiste.

(Matthi Bolte [GRÜNE]: Und machen ein Ge- setz!)

Der vorliegende Gesetzentwurf wird einfach nicht mehr von der rot-grünen Landesregierung,

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Was für ein Ver- ständnis!)