Protokoll der Sitzung vom 06.07.2016

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Was für ein Ver- ständnis!)

sondern von den regierungstragenden Fraktionen aus SPD und Grünen eingebracht, weil Gesetzesinitiativen der Fraktionen nicht vom Hauptpersonalrat gebilligt werden müssen.

Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, hat dieses Vorgehen in der März-Ausgabe 2016 des „Polizeispiegels NRW“ zu Recht scharf kritisiert. Darin erklärt Herr Rettinghaus – ich zitiere –:

„Nun will die Regierung, angetrieben von den Grünen, die durch das Vorhaben unbedingt ihre Klientel zufriedenstellen müssen, mit der Brechstange ran und missachtet die Entscheidung der Einigungsstelle, welche sich gemäß den Beteiligungsrechten des Landespersonalvertretungsgesetzes ablehnend positioniert hat.“

(Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

Und weiter:

„Das ist schon ein ganz schlechter Stil.“

Vorher hieß es:

„Personalvertretungsrechte werden so mit Füßen getreten.“

Meine Damen und Herren, die Aussagen der Deutschen Polizeigewerkschaft treffen wirklich den Nagel auf den Kopf.

Ich möchte noch hinzufügen: Dass ausgerechnet eine SPD-geführte Landesregierung auf derart schäbige Art und Weise das Personalvertretungsrecht aushöhlt, ist skandalös.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Schon aus diesem Grund kann ich Ihnen hier und heute versichern, dass die CDU-Fraktion Ihrem Gesetzentwurf keinesfalls zustimmen wird. Davon abgesehen dürfen Sie sich sicher sein, dass wir diesen Vorgang auch anderen Personalvertretungen im Land mitteilen werden.

(Zuruf von der SPD: Huh!)

Ich komme damit zu dem zweiten zentralen Punkt des vorliegenden Gesetzentwurfs, der zwar in der Sache die Zustimmung der CDU-Fraktion erfährt, dessen Zustandekommen aber ebenfalls einem Stück aus dem Tollhaus gleicht. Damit meine ich die Aufnahme des neuen § 15 c in das Polizeigesetz, der der Polizei das Tragen von Bodycams ermöglichen soll.

Wir erinnern uns: Die CDU-Fraktion hat die rot-grüne Landesregierung bereits im Mai 2014, also vor mehr als zwei Jahren und lange vor Silvester, mit dem Antrag Drucksache 16/5923 aufgefordert, den Einsatz von Bodycams bei der Polizei NRW zumindest im Wege eines Pilotversuchs zu erproben. Diesen Antrag haben SPD und Grüne übrigens entgegen dem Rat aller Polizeigewerkschaften abgelehnt.

Nach den ungeheuerlichen Vorgängen der Silvesternacht 2015 rund um den Kölner Hauptbahnhof haben die Polizeigewerkschaften erneut darauf hingewiesen, dass die nordrhein-westfälische Polizei endlich mit solchen Kameras ausgestattet werden muss.

Ich darf in diesem Zusammenhang auf die Pressemitteilung der GdP vom 10. Januar 2016 verweisen, in der es wörtlich heißt:

„Überfällig ist aus Sicht der GdP außerdem die Ausstattung der Polizei mit Bodycams. ‚Hätten wir während der Kölner Silvesternacht diese Kameras zur Verfügung gehabt, wären die Übergriffe zwar nicht zu verhindern gewesen, aber wir hätten heute einen wesentlich besseren Überblick über die Situation auf dem Bahnhofsvorplatz und bessere Aufnahmen von Straftätern. Dies wäre jetzt bei ihrer Verfolgung sehr hilfreich‘, …“

(Zuruf von den PIRATEN: Das ist nicht der Sinn der Bodycams! Der Sinn ist die Gefah- renabwehr, nicht die Strafverfolgung!)

Die CDU-Fraktion hat daraufhin Ende Januar dieses Jahres erneut einen Antrag zur Einführung von Bodycams bei der nordrhein-westfälischen Polizei in den Landtag eingebracht. SPD und Grüne haben auch diesen Antrag abgelehnt.

Von den Grünen wurde in der damaligen Debatte sogar ernsthaft die Auffassung vertreten, dass das Tragen von Bodycams durch Polizeibeamte verfassungswidrig sei. Verfassungswidrig! Das war Ihr Wort, Herr Bolte.

(Zuruf von Matthi Bolte [GRÜNE])

Wohlgemerkt: Die Polizei in anderen Bundesländern trug schon damals entsprechende Kameras – nicht zuletzt in Hessen, wo die Grünen an der Regierung sind, aber auch in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hamburg und Bremen. Das sind allesamt Länder, in denen Sie ja mitregieren und in denen meiner Kenntnis nach das Grundgesetz genauso gilt wie in Nordrhein-Westfalen.

Dass Sie der CDU vorwerfen, wir wollten einen rechtswidrigen Einsatz von Bodycams in NordrheinWestfalen, ist schon vor diesem Hintergrund blanker Unsinn.

Da Lesen bekanntlich bildet, empfehle ich Ihnen dringend, sich nochmals die beiden bereits angesprochenen CDU-Initiativen zum Thema „Bodycams“ anzusehen. In beiden Drucksachen haben wir ausdrücklich gefordert, dass vor dem Einsatz solcher Kameras gegebenenfalls die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen sind.

Dass Sie diesem Wunsch nun mit zweijähriger Verzögerung nachkommen möchten, macht deutlich, mit welchem Tempo SPD und Grüne dieses Land regieren und warum wir auf dem Feld der inneren Sicherheit im Vergleich der Bundesländer inzwischen abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz liegen.

Der Überweisung des vorliegenden Gesetzentwurfes an den Innenausschuss stimmen wir selbstverständlich trotzdem zu und freuen uns auf die weiteren Beratungen dort. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Golland. – Für die FDP spricht Herr Kollege Lürbke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal vorweg: Jede Gewalttat gegen Einsatzkräfte in unserem Land ist eine zu viel. Insofern begrüßen wir die Erprobung von Bodycams in Nordrhein-Westfalen mit wissen

schaftlicher Begleitevaluierung. Das habe ich an diesem Pult ja bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht.

(Beifall von der FDP)

Für uns Freie Demokraten ist aber klar – ich will das noch einmal ausdrücklich betonen –, dass der Schutz der Bevölkerung und der Schutz unserer Polizeibeamten immer Hand in Hand mit der Verteidigung der Privatsphäre unbescholtener Bürgerinnen und Bürger Hand in Hand gehen müssen.

Deshalb muss der in Nordrhein-Westfalen geplante Einsatz der Bodycams glasklar den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen. Von Anfang an müssen daher auch unabhängige Sachverständige das Pilotprojekt wissenschaftlich begleiten.

Unsere Polizeibeamten müssen von den Bürgern unbedingt weiter als Freund und Helfer wahrgenommen werden – und eben nicht als mobile Überwachungseinheit. Hilfesuchende, Hinweisgeber oder Zeugen dürfen nicht nach dem Motto „Da wird alles aufgezeichnet, was ich melde“ abgeschreckt werden.

Deshalb ist es auch wichtig, dass keine dauerhafte Aufzeichnung erfolgt, sondern nur eine angekündigte und anlassbezogene.

Der Betroffene muss auch erkennen, wann aufgezeichnet wird. Das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern und Polizei darf insofern also nicht belastet werden.

Meine Damen und Herren, „belastetes Vertrauensverhältnis“ ist jetzt aber genau das Stichwort; denn quasi im Vorbeimarsch soll ja hier das oft sehr emotional diskutierte Thema der Kennzeichnungspflicht quasi mit abgefrühstückt werden.

Nachdem die Einführung einer Kennzeichnungspflicht bereits im Jahr 2015 im Polizeihauptpersonalrat und in der Einigungsstelle gescheitert war – Herr Kollege Golland hat gerade darauf hingewiesen –, soll sie mit diesem Gesetzentwurf nun doch so ganz nebenbei und offenbar auch relativ geräuschlos eingeführt werden. Ich glaube, dass Sie es sich damit zu einfach machen.

Herr Minister, warum lassen Sie sich in dieser Frage von den Grünen so drängen? Die Sorge oder vielmehr der Wunsch der ganz überwiegenden Mehrheit der Bürger in Nordrhein-Westfalen ist doch, dass sie endlich mehr Polizei in Nordrhein-Westfalen auf der Straße sehen, dass für ihre Sicherheit gesorgt wird. Alle Beamten namentlich zu kennen oder deren Kennziffer zu wissen, ist derzeit nicht die dringendste Problematik.

Ich finde, dass es gerade nach der Silvesternacht doch viel mehr um Vertrauen gehen muss. Deswegen ist es doch nicht verwunderlich, dass die Polizeigewerkschaften auf den Barrikaden sind, wenn ein

Innenminister und sein Haus monatelang in großem Stil die Verantwortung für Vorkommnisse der Silvesternacht auf die einzelnen Polizeibeamten vor Ort abschieben und so das Vertrauen massiv belasten.

(Beifall von der FDP)

Herr Minister, ich will das hier noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Ihre Unterstellung heute Morgen, ich würde die Arbeit unserer Beamten herabwürdigen und ihnen nicht den notwendigen Respekt entgegenbringen, hat mich wirklich geärgert. Das fand ich wirklich unverschämt – um nicht zu sagen: eine Frechheit.

(Beifall von der FDP)

Sie kennen mich und wissen, dass ich fest davon überzeugt bin, dass unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten in Nordrhein-Westfalen einen hervorragenden Job machen, ihren Beruf als absolute Berufung verstehen und selbst unter schwersten Bedingungen Großes leisten. Dafür verdienen sie eben nicht nur unseren Dank und Respekt. Vielmehr verdienen unsere Beamten dafür endlich auch wieder die richtigen Rahmenbedingungen, unter denen sie ihre Arbeit dann auch leisten können. Dafür sind Sie, Herr Minister, eben verantwortlich.

(Beifall von der FDP)

Also erzählen Sie mir bitte nichts von Vertrauen und Respekt. Es ist doch diese Landesregierung, die den Beamten mit der Kennzeichnungspflicht erneut von hinten in die Beine grätscht; denn das, was unsere Polizeibeamten bei ihrem schwierigen Job neben vernünftiger Sach- und Personalausstattung vor allem brauchen, ist das verlässliche Vertrauen ihres Dienstherren. Gerade da scheint es doch massiv zu hapern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Machen wir es einmal konkret. Wie ist denn in Bezug auf die Kennzeichnungspflicht überhaupt die Lage für unsere Beamten? Nehmen Sie zum Beispiel Einsätze bei gewalttätigen Ausschreitungen, wie sie in Nordrhein-Westfalen mittlerweile leider fast an der Tagesordnung sind. Was denkt wohl ein Beamter über die Frage der Kennzeichnung, der bei den HoGeSa-Krawallen unter Lebensgefahr – aufgrund der kräftemäßigen Unterlegenheit – verhindert hat, dass noch Schlimmeres passiert ist, und der jeden zweiten Tag erlebt, dass Vermummungsverbote nicht mehr durchgesetzt werden, um keine Eskalation zu riskieren?

(Zuruf von Thomas Stotko [SPD]: Wer setzt sie denn nicht durch?)