Was wir nicht außer Acht lassen dürfen, ist die zunehmende Gewalt gegen Beamtinnen und Beamte, die sie in Einsätzen erfahren. Der Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Grünen setzt hierbei zwei wichtige Schwerpunkte, indem er zum einen das Vertrauensverhältnis zwischen Bürgern und Polizei stärkt sowie andererseits dazu beiträgt, Polizeibeamtinnen und -beamte vor Übergriffen zu schützen.
Meine Damen und Herren, ich möchte mit dem ersten Komplex beginnen, nämlich mit der Kennzeichnung. Um es noch einmal klarzustellen: Wir reden über zwei unterschiedliche Paare Schuhe. Zum einen geht es darum, dass Beamtinnen und Beamte im Wach- und Wechseldienst freiwillig entscheiden können, ob sie ein Namensschild tragen. Das soll nicht für Beamtinnen und Beamte der Bereitschaftspolizei und der Alarmeinheiten gelten.
Zum anderen geht es um eine individuelle Kennzeichnung des einzelnen Beamten, die keinen Rückschluss auf seinen Namen zulässt. Das betrifft ausschließlich die Beamtinnen und Beamten der Bereitschaftspolizei und der Alarmeinheiten. Die Rede ist also von zwei völlig unterschiedlichen Personenkreisen innerhalb derselben Polizei.
Ich bin davon überzeugt, dass es den Fraktionen nicht darum geht, irgendjemanden bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen unter einen Generalverdacht zu stellen – im Gegenteil. Vielmehr geht die Motivation dahin, das Vertrauen in die wichtige Arbeit dieser Polizeibeamten zu stärken.
Was den zweiten Komplex betrifft, also die Bodycams: Ich halte es für wichtig, dass wir die Zielrichtung dieser Bodycams noch einmal dick unterstreichen. Das Ziel muss sein, unsere Einsatzkräfte vor Gewalt zu schützen und somit Gefahrenabwehr zu betreiben. Diese Bodycams sollen nicht in erster Linie der Strafverfolgung dienen. Ob die Bodycams tatsächlich dazu geeignet sind, die Hemmschwelle für Gewalt zu senken, werden wir herausfinden.
Die Tests in anderen Ländern sind da zu wenig aussagekräftig, weil sie den Einsatz von Bodycams nur ganz begrenzt zulassen.
Deshalb ist es wichtig, den Einsatz nicht nur auf sogenannte Brennpunkte im öffentlichen Raum zu beschränken. Vielmehr sollten wir sie gerade in den alltäglichen Einsätzen zulassen, in denen unsere Beamtinnen und Beamten oft mit Gewalt konfrontiert werden, zum Beispiel bei Einsätzen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt. Dabei sollen die Bodycams nicht nur in Teilbereichen, sondern umfassend und so oft wie möglich eingesetzt werden.
Nur so können wir diese Maßnahme auf Dauer in das Bewusstsein gewaltgeneigter Personen bringen, nur so erzielen wir die notwendige Abschreckungswirkung.
Ob der gewünschte präventive Effekt eintritt und tatsächlich nachhaltig bleibt, werden wir unter Mitwirkung wissenschaftlicher Sachverständiger bis Mitte 2019 prüfen lassen. Ich bin gespannt auf die Beratungen im Innenausschuss und hoffe sehr, dass wir uns diesem Thema sachlich nähern können. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion macht es ebenfalls deutlich: Mit dem heute diskutierten Gesetzentwurf zur Änderung des Polizeigesetzes verfolgen wir zwei Ziele.
Ich habe den Eindruck, dass wir für das Ziel „Pilotversuche für Bodycams“ in diesem Parlament eine breite Mehrheit bekommen werden. Im Laufe der weiteren Beratungen hoffen wir darauf, dass – vielleicht mit Ausnahme der Piraten – die Breite des Parlaments zustimmen wird. Das wäre auch ein wichtiges Signal in die Polizei hinein.
Das scheint beim Thema „Kennzeichnungspflicht“ deutlich etwas anderes zu sein. Ich will das noch einmal ganz deutlich formulieren. Herr Kollege Lürbke, der Innenminister hat nicht darauf reagiert nach dem Motto: Ich mach das jetzt mal. Fakt ist: Er wird hier nicht getrieben. Er muss auch von keinem getrieben werden.
Die Koalitionsfraktionen haben als Parteien im Jahr 2012 einen Koalitionsvertrag geschlossen, und in diesem Koalitionsvertrag wurde vereinbart, die Kennzeichnungspflicht einzuführen. Pacta sunt servanda – wir halten uns daran –, Verträge werden eingehalten. Herr Kollege Golland, es ist eine Tatsache, dass versucht worden ist, das Ganze vorher im Rahmen des Beteiligungsverfahrens durch die Landesregierung durchzuführen. Das ist gescheitert. Wenn Sie sich jetzt hier aufschwingen – der Minister hat es
(Gregor Golland [CDU]: Aber genauso ist es! Fragen Sie doch mal die Gewerkschaften und die Personalvertreter!)
dann entgegne ich: Das kann nur einer sagen, der keine Ahnung vom LPVG hat. Das tut mir leid. Das will ich Ihnen mal ganz deutlich sagen!
Die Fraktion, die Partei, die von 2005 bis 2010 die Arbeitnehmerrechte in diesem Land auf eine Art und Weise geschliffen hat, wie es peinlicher nicht geht, stellt sich jetzt hierhin und redet so wie Sie – das ist eine peinliche Nummer. Das nimmt Ihnen von den Gewerkschaften auch keiner ab. Auch das will ich ganz klar sagen!
Wir haben nach der Regierungsübernahme das LPVG geändert. Tun Sie hier nicht so, als wüssten wir nicht, was Arbeitnehmerrechte bedeuten!
Von Ihnen persönlich und von Ihrer Fraktion brauchen wir keine Belehrung dafür, damit das hier einmal klar ist!
Und das Nächste will ich auch ganz deutlich machen: Wie gehen Sie denn mit Ihren eigenen Rechten als Parlamentarier um?
Sie beschweren sich darüber, es sei eine parlamentarische Trickkiste, dass statt der Regierung das Parlament ein Gesetz einbringt. Ja, wie deutlich muss man das denn formulieren? Das ist unsere Aufgabe in diesem Parlament!
Und Sie kritisieren, dass wir das aufgreifen? – Aus der Mitte des Parlaments kann jeder hier Gesetze beantragen, und die müssen dann eine Mehrheit in diesem Parlament finden. Davon lebt unsere Demokratie, und Sie kritisieren das. Peinlich für einen Abgeordneten, das will ich Ihnen mit auf den Weg geben!
Kommen wir mal zum Thema „Kennzeichnungspflicht“. Ganz offensichtlich gewinnt man den Eindruck, dass bei dieser Frage sowohl auf der Seite einiger weniger Polizeifunktionäre als auch auf der Seite überengagierter Bürgerinnen und Bürger eine emotionale Überhöhung erfolgt. Worüber reden wir
denn eigentlich? – Die Polizei in der Bundesrepublik Deutschland und auch in Nordrhein-Westfalen ist bereits gekennzeichnet. Alle Polizeibeamten tragen in ihren taktischen Anzügen eine Kennzeichnung, die bis auf eine Gruppe von sechs Leuten oder ein paar mehr eine Identifizierung ermöglicht. Das ist doch gar nichts Neues in diesem Land, auch nicht in der Bundesrepublik.
Was beantragen wir denn mit unserer Gesetzesänderung? – Es geht lediglich darum, dass hinter die Nummer auf dem taktischen Anzug noch ein Buchstabe kommt, der es individualisierbar möglich macht, später herauszufinden, welcher Polizeibeamter welchen Anzug getragen hat. Was ist denn daran kompliziert?
Sprechen Sie doch mal mit den Eingesetzten aus den Hundertschaften. Die finden das nämlich gar nicht so dramatisch. Die Funktionäre machen es zu einem Thema. Ich will Ihnen eines sagen: Polizei ist berechtigt und gegebenenfalls sogar verpflichtet, unmittelbar in Grundrechte einzugreifen. Sie ist dazu mit Zwangsbefugnissen bis hin zum Einsatz körperlicher Gewalt ausgestattet, und das muss auch so sein. Aber hinsichtlich solcher Rechte haben wir doch wegen der Machtfülle nichts zu verbergen.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Stotko. – Ich habe eine Frage zur Kennzeichnungspflicht. Man ändert Gesetze ja nur, wenn auch ein Handlungsbedarf vorliegt. Da müsste es ja so sein, dass Polizisten, die etwas Falsches gemacht haben, die Straftaten begangen haben – was ja auch vorkommen soll –, nicht ermittelt werden konnten. Nennen Sie mir bitte einen Fall aus den letzten fünf Jahren, wo ein Polizist, der etwas falsch gemacht hat, nicht ermittelt werden konnte.
Ich würde schon gerne versuchen, zu verstehen, was Sie mit dem Gesetzentwurf überhaupt wollen. Im Prinzip, so denke ich – hoffentlich geben Sie mir recht –, müssen Sie vor den Grünen kuschen, um den Koalitionsfrieden zu erhalten.
nämlich ganz offen: Seit Jahren bitte ich Amnesty International und andere Organisationen: Benennt mir einen Fall, wo man nicht herausfinden konnte, welcher Polizeibeamte Gewalt falsch ausgeübt hat. Ich habe solche Fälle nie benannt bekommen. Das ist aber nicht die Antriebsfeder, ebenso wenig wie das, was Sie am Schluss gesagt haben: Kuschen vor dem Koalitionspartner.
Wir reden hier vielmehr über die Transparenz staatlichen Handelns. Und ich finde es völlig unproblematisch, Kollege Lohn, dass wir auch die Frage klären wollen, welche Polizeibeamten bei einem Einsatz beteiligt waren, damit wir entsprechende Zeugen finden. Das dient auch der Polizei selber.
Oft genug – das wissen wir aus vielen Gesprächen – gibt es ungerechtfertigte Anzeigen gegen die Polizei. Und da ist es für die Ermittlungsbehörden und auch für die Staatsanwalt sehr wichtig, zu wissen: Wer war denn da im Einsatz? Wer kann als Zeuge fungieren, um klarzustellen, dass eine Bürgerin oder ein Bürger eine ungerechtfertigte Strafanzeige erstattet? Das ist unsere Antriebsfeder, Herr Kollege Lohn, und nicht das, was Sie am Schluss gesagt haben.
Insgesamt – das muss man so deutlich formulieren – ist unser Gesetzesvorhaben das Richtige. Wir freuen uns schon heute auf die Anhörung, die wir notfalls wieder einmal selber beantragen; denn auch uns interessiert, was Sachverständige dazu sagen.
Ebenso freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss, wenngleich sie wohl leider nicht sachlich erfolgen wird. Schade drum!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Golland, ich möchte zu Beginn gerne eine Fragestellung von Ihnen aufgreifen. Sie haben in Ihrem Antrag im Januar dieses Jahres – die Debatte haben Sie angesprochen – gefordert, Bodycams im Rahmen der Strafverfolgungsvorsorge einzuführen.
Das allein war es, was ich als verfassungswidrig eingestuft habe. Um sich über diese Fragestellung zu informieren, empfehle ich Ihnen, das nicht mit Hilfe von CDU-Anträgen zu tun, sondern das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zum Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu Rate zu ziehen. Das ist ein Urteil aus dem Jahr 2009, in dem die Grenzen des Landesgesetzgebers bei der Strafverfolgungsvorsorge klar festgelegt werden. Darauf bezog sich die Einlassung damals.