Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Der Antrag der Piraten greift zu Recht einen Sachverhalt auf, der einen unbedarften Betrachter an der Steuergerechtigkeit zweifeln lässt. Drastische Erhöhungen des Steuersatzes und zunehmende Inanspruchnahme von Gestaltungsmöglichkeiten sind die Ursache.
Der Erwerb eines Grundstücks ist kein Sachverhalt, der Ressourcen verbraucht. Die Steuer auf einen Erwerbsvorgang, die Grunderwerbsteuer, ist ausschließlich ein Instrument, Steuereinnahmen zu generieren.
Hiervon haben die Regierungsparteien in den letzten fünf Jahren reichlich Gebrauch gemacht. Die rot-grünen Koalitionsfraktionen haben im Jahr 2011 gemeinsam mit der Fraktion der Linkspartei den Grunderwerbsteuersatz von 3,5 % auf 5 % erhöht. In einem weiteren Schritt wurde dieser Steuersatz durch die Fraktionen von SPD und Grünen zum Jahr 2015 hin noch einmal um 1,5 Prozentpunkte auf nun 6,5 % erhöht. Das ist insgesamt eine bemerkenswerte Erhöhung um rund 85 %.
Neben einer dramatisch höheren Belastung der Bürgerinnen und Bürger haben die Koalitionsfraktionen damit auch Steuergestaltungen provoziert, die unter
dem Namen „Share-Deals“ bekannt sind. Der Kollege von der SPD hat sehr zutreffend auf die Gestaltungsinstrumente hingewiesen. Statt eine Immobilie in vollem Umfang zu veräußern, werden Anteile an Kapital- oder Personengesellschaften, die Eigentümerin einer Immobilie sind, mit bis zu 94,9 % veräußert. Im Ergebnis fällt keine Grunderwerbsteuer an, da die maßgebliche 95-%-Grenze nicht erreicht wird. Diese Methode ist ein legaler Weg, die Grunderwerbsteuer zu umgehen.
Durch die beiden Anhebungen des Grunderwerbsteuersatzes auf nunmehr insgesamt 6,5 % hat die rot-grüne Koalition die Gestaltungsmöglichkeit
Dieses Instrument kann aber kaum vom vielzitierten kleinen Häuslebauer oder, besser gesagt, Häuslekäufer genutzt werden. Aufgrund der erforderlichen Gesellschaftsstruktur kommt diese Gestaltungsmöglichkeit eher großen oder institutionellen Erwerbern zugute. Der Normalbürger hat keinen Vorteil. Die rotgrüne Landesregierung hat die Steuermehrbelastung bei den Bürgern gewollt und die Nutzung von Gestaltungsmöglichkeiten der Immobilienriesen billigend in Kauf genommen.
Die CDU-Landtagsfraktion hat sich bereits im Dezember 2014 gegen die Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit den sogenannten ShareDeals ausgesprochen. Ganz aktuell hat sich die Finanzministerkonferenz – auch das haben die Kollegen schon ausgeführt – auf Initiative des hessischen CDU-Finanzministers Thomas Schäfer mit der Materie beschäftigt. Auf seine Initiative hin wurde durch die Finanzministerkonferenz am 8. September eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die bis Mitte November 2016 Lösungsvorschläge erarbeiten soll.
Lieber Herr Kollege Schulz, wenn im September eine Arbeitsgruppe eingesetzt wird, deren Ziel es ist, innerhalb von weniger als drei Monaten Lösungsvorschläge zu erarbeiten, ist der Vorwurf ungerechtfertigt, man würde auf die Bremse treten, um Dinge aus taktischen Gründen oder aus Wahlkampfgründen zu verschieben. Meines Wissens ist im November kein Wahlkampf, findet keine Wahl statt. Ich glaube, die Sache ist mit dem kurzen Zeitablauf sehr zutreffend.
Die durch eine konsequente Besteuerung entstehenden Mehreinnahmen sollen – und das ist die Meinung der CDU-Fraktion – in Nordrhein-Westfalen dazu genutzt werden, den Grunderwerbsteuersatz abzusenken, nicht bei 6,5 % zu belassen.
Wenn der Kollege Kämmerling sagt, wir brauchen eine gute Vorbereitung, dann möchte ich ihm an der Stelle ausdrücklich zustimmen. Der sachgerechte Umgang mit dem Thema braucht eine gute Vorbereitung, und ich glaube, dafür ist die Arbeitsgruppe in der Finanzministerkonferenz der richtige Ansatz.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An dieser Stelle möchte ich mich erst einmal bei der Piratenfraktion für diesen Antrag bedanken. Denn er gibt uns die wunderbare Gelegenheit, hier im Plenum das vorbildliche Vorgehen der Landesregierung darzustellen.
(Lachen von Ralf Witzel [FDP] – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Das ist gut, nicht wahr? – Ralf Witzel [FDP]: Das ist irre!)
Ich gebe Ihnen recht, dass Steuergestaltungsmodelle mithilfe von Share-Deals alles andere als wünschenswert sind, nicht tolerabel sind.
Wieder einmal werden hier mitunter an anderer Stelle sinnvolle Regeln, ähnlich wie bei Briefkastenfirmen, genutzt, um Steuern zu umgehen, und das ist unethisch. Ich glaube, da sind wir uns alle einig. Das ist Betrug an unserem Gemeinwesen.
und ein Finanzminister muss eben dazu stehen, Gesetze durchzusetzen. Dann muss man das hinnehmen, auch wenn es schwerfällt.
Dass das richtig ist, war doch uns allen klar. Das ist doch nichts Neues gewesen. Es ist hier doch schon richtigerweise darauf hingewiesen worden, dass wir bereits im Dezember 2014 entsprechend gehandelt haben.
(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Nein! – Ralf Wit- zel [FDP]: Nein, gehandelt haben Sie nicht! – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Sie ja, aber nicht der Finanzminister!)
Ich glaube, der Finanzminister weiß auch, was Steuergerechtigkeit ist und wie man Steuergerechtigkeit umsetzt und verfolgt. Ich darf Sie nur an den Ankauf der Steuer-CDs erinnern. Sie stellten infrage, ob man so verfahren kann. Ich glaube, er ist nicht nur in unserem Land und bundesweit dafür bekannt, Steuergerechtigkeit durchzusetzen, sondern das hat mittlerweile sogar die europäische Ebene erreicht. Das kann sicherlich nicht jeder Finanzminister von sich behaupten.
Sie haben jetzt fleißig recherchiert. Sie waren auch in unseren Sitzungen anwesend. Der Finanzminister hat berichtet, und er hat sogar im August im Haupt- und Finanzausschuss gesagt,
im Haushalts- und Finanzausschuss gesagt, dass er für eine 75-%-Lösung ist. Allein daran konnten Sie doch merken, dass Sie uns mit diesem Antrag entweder eine gute Vorlage liefern oder zu spät kommen. Eine von diesen Möglichkeiten ist es.
Sie hätten auch noch weiter recherchieren können. Es gab nämlich einmal eine rot-grüne Bundesregierung, die den Anteil von 99 % auf 95 % gesenkt und gedacht hat, damit sei das Problem gelöst.
(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Ja, lassen Sie den Anteil weg! Machen Sie den ganzen Mist weg! Dann ist gut!)
(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Man muss den Steuerumgehungstatbestand einfach eliminie- ren! Und fertig!)
Der Antrag der CDU ist weniger ein Antrag zu ShareDeals, sondern eher zu Steuersenkungen. Sie wollten sicherlich auch einmal in diesem Gespräch vorkommen. Sie bezeichnen unsere Finanzpolitik in Ihrer Überschrift als gescheitert. Das können wir nur weit von uns weisen. Wenn hier etwas nicht gescheitert ist, dann ist es die Finanzpolitik dieses Landes.