Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

Herzlichen Dank, Frau Steinmann, und vor allem auch herzlichen Glückwunsch zur ersten Rede!

(Allgemeiner Beifall)

Mit 6:30 Minuten war sie ein bisschen länger als die Redezeit, aber das sollte man beim ersten Mal richtig auskosten,

(Heiterkeit)

und das haben Sie getan. Noch einmal meinen herzlichen Glückwunsch.

Der nächste Redner steht bereits am Pult. Er hat schön öfter da gesprochen. Herr Biesenbach, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Kommunalverfassungsreform im Jahre 2007 haben wir in Nordrhein-Westfalen

(Michael Hübner [SPD]: Übles angerichtet! – Heiterkeit und vereinzelt Beifall von der SPD)

mit der Verlängerung der Wahlzeit der Hauptverwaltungsbeamten die Wahlen der Hauptverwaltungsbeamten von den allgemeinen Kommunalwahlen entkoppelt.

Herr Kollege Körfges, es ging uns damals darum, die Position und die Stellung der gewählten Hauptverwaltungsbeamten auch zu bekräftigen.

(Zurufe von Michael Hübner [SPD] und Britta Altenkamp [SPD])

Langsam, langsam. Durch die eigenständige Wahl sollte insbesondere der Bürgermeister oder der Landrat in seiner persönlichen und fachlichen Unabhängigkeit gestärkt werden. Wir haben aber feststellen müssen, dass mit den ersten isolierten Wahlen die Wahlbeteiligung massiv zurückging.

(Michael Hübner [SPD]: Völlig überraschend!)

Das muss man ja nicht unbedingt überlegen, oder? – Während wir bei den letzten gemeinsamen Kommunalwahlen im August 2009 eine Wahlbeteiligung hatten, die kräftig über 50 % lag, rutschte sie bei den isolierten Wahlen deutlich nach unten. Beispielsweise gab es bei der Landratswahl im Kreis Minden-Lübbecke schon im Mai 2007 eine Wahlbeteiligung von 32 %. Bei der letzten isolierten Bürgermeisterwahl, nämlich in Duisburg, wurden zunächst 32 % der möglichen Stimmen abgegeben, bei der anschließenden Stichwahl gab es nur noch eine Wahlbeteiligung von 25,7 %. Das heißt, der neue Duisburger Oberbürgermeister hat gerade noch 18 % Legitimation der Wahlberechtigten.

(Michael Hübner [SPD]: Nicht überraschend!)

Es mag sein, dass Sie die Dinge in der Zukunft voraussehen. Wir haben es seinerzeit nicht vermutet.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Aber um die erhöhte demokratische Legitimation wieder zu erreichen, ist ein gemeinsamer Kommunalwahltermin erforderlich. Wir sind uns einig, dass das 2020 wieder erfolgen soll.

(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])

Man kann auch über die Dinge schauen, über die wir uns nicht einig sind, zum Beispiel über die Dauer der Wahlperiode. Sie sagen: Das ahnen wir. Wir sagen: Es gibt andere Erfahrungen. Die CDU hat sich dafür entschieden, das bayerische Modell anzubieten. Das würde eine sechsjährige Wahlperiode sowohl für den Bürgermeister bzw. Landrat als auch für den Kreistag bzw. den Stadtrat bedeuten.

Warum? Wir glauben, dass wir in der Kommunalverwaltung und auch bei den Ratsmitgliedern ein hohes Maß an Fachkenntnissen benötigen. Das erreichen wir leichter, wenn wir die Wahlzeit um ein Jahr verlängern. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie mitmachen. Sie wollen nicht, aber okay. Das wird dann dazu führen, dass wir bei unserem Modell bleiben. Wir halten es für das bessere. Sie halten Ihr Modell für das bessere. Dann werden wir heute unterschiedlich abstimmen. Wir lehnen jedenfalls Ihren Entwurf ab.

Aber, Herr Körfges und auch Herr Jäger, Sie gehen mit Ihren Entwurf, den Sie heute mit Mehrheit beschließen werden, ein riskantes Spiel ein. Denn das einmalige Niederlegungsrecht – man mag darüber diskutieren – ist nach den Aussagen der Verfassungsrechtler in der Anhörung eindeutig verfassungswidrig.

Warum? Herr Jäger, Sie können gleich zwar anders argumentieren, aber Sie sollten einmal die Protokolle lesen und zur Kenntnis nehmen, was darin steht. Denn Sie nutzen die Chance, mit einer freiwilligen Möglichkeit eine Umgehung einer prinzipiell unzulässigen Verkürzung der Wahlperiode anzubieten. Wir sind uns einig – Sie waren sogar mit uns derselben Meinung –, dass eine gesetzliche Möglichkeit der Verkürzung nicht geht. Stichwort: Demokratieprinzip.

Was machen Sie? Sie nutzen eine vermeintliche Option – Sie sagen, dass man das dann eben freiwillig macht –, um trotzdem eine verfassungswidrige Verkürzung zu bewirken. Sie werden deshalb ein hohes Risiko eingehen, weil Sie damit auch all den Fraktionen ein Anfechtungsrecht ermöglichen, die sagen, dass sie deshalb schlechter als sonst weggekommen seien. – Das ist Ihr Risiko. Sie gehen es ein. Wir haben darauf hingewiesen. Ich bin gespannt, wie sich das auswirken wird.

Zum Schluss wieder etwas Versöhnliches: Wir alle wollen eine Sperrklausel. Wir sind uns einig. Wir haben bisher noch keine Lösung gefunden, aber ich verrate auch nichts Neues, wenn ich sage, dass wir darüber im Gespräch bleiben, um zumindest dabei zu einer Lösung zu kommen, die wir alle mittragen können.

Also: 2020 auf jeden Fall gemeinsame Wahl der Hauptverwaltungsbeamten sowie der Räte und Kreistage. Da sind wir dabei. Über die Dauer der Wahlperioden sind wir uneins. Deswegen werden wir heute gegen Ihren Gesetzentwurf stimmen. Das Risiko tragen Sie alleine. Dann werden wir sehen, was daraus wird.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Biesenbach. – Für die grüne Fraktion spricht nun Herr Kollege Krüger.

Vielen Dank. – Meine Damen, meine Herren! Herr Präsident! Ein Gesetzgebungsverfahren findet seinen Abschluss, und das ist gut so. Warum? Eine Fehlentwicklung wird korrigiert, die ausschließlich parteipolitischem Kalkül geschuldet war. Das sage ich ganz klar in Richtung FDP.

Gut ist, Herr Biesenbach, dass mittlerweile auch die Erkenntnis bei der CDU gegriffen hat: Die damalige Entscheidung, die Wahlen der Hauptverwaltungs

beamten von den Wahlen der Räte bzw. der Kreistage zu entkoppeln, war nicht durchdacht. Ihre Hinweise bezogen auf die zurückgehenden Wahlbeteiligungen – Sie hatten Duisburg mit 26 % genannt – sind richtig. Das war für uns Veranlassung, diese Fehlentwicklung zu korrigieren bzw. mit diesem Gesetz zur Stärkung der kommunalen Demokratie eine Situation herzustellen, in der die Hauptverwaltungsbeamten und die Räte gemeinsam an einem Tag gewählt werden.

Sicherlich haben wir länger die Frage diskutiert: Wie kann ein gemeinsamer Wahltermin für 2014 hergestellt werden? Grundsätzlich sieht es so aus: Jedem Hauptverwaltungsbeamten steht es frei, seine gesamte Amtszeit auszunutzen oder aber aus eigener Entscheidung bzw. aus eigenem Antrieb heraus zu sagen: Ich höre früher auf und stelle mich erneut zur Wahl, oder ich stelle mich nicht erneut zur Wahl.

Wir haben lediglich eine Erleichterung für die Pensionsregelung eingeführt. Er soll dadurch keine Nachteile haben. Natürlich ist es in diesem Zusammenhang Ziel, Möglichkeiten zu eröffnen, damit wir bereits 2014, soweit das möglich ist, zu gemeinsamen Wahlen für Hauptverwaltungsbeamte und für die Räte kommen.

Die Hinweise der Sachverständigen im Anhörungsverfahren haben wir sehr wohl zur Kenntnis genommen. Man wird sehen, wie das Ganze ausgehen wird. Meine Fraktion und ich sind aber ganz optimistisch – auch nach Unterredungen mit der SPDFraktion –, dass wir einen guten Weg gewählt haben, der letztlich zum Ziel führt. Ob er tatsächlich von den Beteiligten mit dem Ziel einer gemeinsamen Kommunalwahl in 2014 aufgegriffen und angenommen wird, ist eine ganz andere Frage.

Zur Einführung einer Sperrklausel haben Sie einiges gesagt. Ursprünglich hatten Sie vor, bereits in diesem Gesetzgebungsverfahren eine 3-%

Sperrklausel einzuführen. Davon haben Sie Abstand genommen; das ist auch gut so. Denn zum jetzigen Zeitpunkt kann eine fachliche Begründung zur Einführung einer Sperrklausel nicht gegeben werden. Darüber muss noch einmal nachgedacht werden.

Die Hürden, die uns der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang gesetzt hat, sind recht hoch. Insofern braucht man überzeugende Argumente, um hier tätig werden zu können.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Müller?

Gerne.

Das ist sehr nett von Ihnen. – Bitte schön, Herr Müller.

Schönen Dank. – Ich habe eine Frage: Ein Bürgermeister oder Landrat wurde im Jahr 2011 mit sechsjähriger Amtszeit gewählt. Sie läuft bis 2017. Wie gedenken Sie, dieses Problem zu lösen?

(Minister Ralf Jäger: Wieso ist das ein Prob- lem?)

Ich habe gut 28 Jahre Kommunalpolitik gemacht, und ich weiß auch, mit welcher Aufstellung Grüne in Kommunalparlamenten angetreten sind. Es war durchaus gängig, dass bereits nach einem halben Jahr, nach einem Jahr oder nach anderthalb Jahren jemand gesagt hat: Ich schaffe das zeitlich nicht; ich nehme mein Mandat zurück oder gebe es ab. Das ist gängige Praxis gewesen.

Ich würde da auch nicht differenzieren wollen bezogen auf die Frage, inwieweit sich ein Hauptverwaltungsbeamter von seinen Ämtern, für die er einmal gewählt wurde, zurückzieht und selbst entscheidet, dass er nicht für die gesamte Wahlzeit zur Verfügung stehen wird. Insofern sehe ich da kein Problem.

Herr Biesenbach, ich möchte noch etwas zur Länge der Wahlzeit ausführen. – Wir haben unterschiedliche Wahlzeiten. Ich denke hier an Landtage, an den Bundestag, die teilweise mit vier, mit sechs oder auch mit fünf Jahren arbeiten.

Sicherlich, mit Blick auf die Einarbeitung von Hauptverwaltungsbeamten spricht einiges dafür, sich über eine sechsjährige Amtszeit zu unterhalten, wie es unter anderem auch von Ihnen vorgeschlagen worden ist.

Nur: Wenn man die Kommunalwahlen und die Wahlen des Hauptverwaltungsbeamten zusammenführen will, dann beträgt die Wahlzeit für die Mitglieder in Räten zwangsläufig auch sechs Jahre. Wer auf der einen Seite die mit einem Mandat verbundenen beruflichen Belastungen und auf der anderen die Lebensplanung von jungen Leuten kennt, der weiß: Das schreckt eher ab.

Wir sind in der Vergangenheit mit Wahlzeiten von fünf Jahren recht gut gefahren, und wir wollen diesen Weg gern weiter fortsetzen. Deswegen auch die entsprechenden Veränderungen mit der Ausnahmeregelung für die Situation 2014 bis 2020. Dann sind wir wieder im Fünfjahrestakt, und das ist ein richtiger Takt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön, Herr Krüger. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abruszat.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben sehr häufig über dieses Thema gesprochen. Deswegen möchte ich mich auf drei aus unserer Sicht wesentliche Punkte konzentrieren.