Unser Staatsverständnis beruht darauf, dass die Notwendigkeit der Freiheitseinschränkung bewiesen werden muss und nicht die Notwendigkeit der Freiheit selbst.
In der kürzlich durchgeführten Sachverständigenanhörung zur Bewertung der vorgelegten Eckpunkte für ein sogenanntes Hochschulzukunftsgesetz haben die Experten dringend vor einer Rückabwicklung der Hochschulfreiheit gewarnt. Doch Ihre Konsequenzen bislang: Weiterhin fröhliche Wahrnehmungsresistenz!
Ich sage Ihnen klar: Wir werden Ihnen nicht durchgehen lassen, dass Sie auf kaltem Wege Hochschulen wieder zu nachgeschalteten Behörden machen wollen. Wir wollen nämlich freie Hochschulen. Hochschulen, die beweisen – und das tun sie ja –, dass sie in Freiheit sehr verantwortungsvoll und zielorientiert sowie effektiv auch schwierige Herausforderungen meistern, wie wir das gerade bei der Bewältigung der Herausforderungen des doppelten Abiturjahrgang gemeinsam gelobt haben.
ter in den nächsten Monaten streiten. Es schlägt aber dem Fass schon den Boden aus, wenn Sie mit sogenannten Rahmenvorgaben die Steuerung und die Entmündigung der Hochschulen in Haushalts-, Wirtschafts- und Personalangelegenheiten einer parlamentarischen Diskussion und Kontrolle entziehen wollen.
Ausweislich eines internen Papiers – vielen Dank, Frau Ministerin, für die Übermittlung dieses Papiers – sollen die Hochschulen künftig auf untergesetzlichem Wege bevormundet werden. Untergesetzlich – also ohne Gesetzgebungsverfahren, ohne Expertenanhörung, ohne öffentlichen und parlamentarischen Diskurs, ohne Entscheidung des Parlamentes. Das nenne ich in der Tat „optimiertes“ Demokratieprinzip à la Rot-Grün.
Gesetzesinitiativen und Rechtsverordnungen sind ja, so heißt es in dem Papier, ungleichförmig, aufwendiger und zeitraubender. Ja, Legislative wird nicht immer als Bereicherung, sondern gelegentlich von der Exekutive auch als lästig erfahren.
Aber, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bekennen uns zu der Gewaltenteilung und zum Demokratieprinzip. Freiheitsbeeinträchtigungen in besonderer Weise müssen sich einer parlamentarischen und öffentlichen Diskussion stellen. Das ist nämlich wesentlicher Bestandteil unserer demokratischen Grundordnung und auch unserer demokratischen Kultur.
Die Hochschulen sind Selbstverwaltungskörperschaften – mit gutem Grund. Es gibt deshalb auch keinen staatlichen Zugriff auf die Personal- oder Wirtschaftsführung. Und es wäre systemwidrig und vermutlich auch rechtlich nicht haltbar, wenn ein solcher Zugriff untergesetzlich außerhalb des Numerus clausus der Rechtsnormtypen erfolgt. Die dazu im ministeriellen Vermerk angestellten Wertungen teile ich in keiner Weise.
Liebe Kolleginnen und Kollege von SPD und Grünen. Ich spreche Sie in besonderer Weise an und bitte Sie: Lassen Sie als Parlamentarier nicht zu, dass eine neue Kategorie von verbindlichen Rechtsordnungen eingeführt wird: Verwaltungsvorschriften verbindlich wie Gesetze alleine in der Kompetenz der Exekutive ohne legislative Beteiligung und Kontrolle. – Heute soll es die Hochschulen treffen, mal sehen, wen morgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, und wenn Sie mir nicht glauben wollen, dann darf ich mit Erlaubnis des Präsidenten aus der Anhörung, die wir dazu im Ausschuss durchgeführt haben, Frau Professor Gather zitieren, die zu den Rahmenvorgaben aus meiner Sicht jedenfalls Klartext gesprochen hat.
lichkeit bis dato nicht. Es scheint, als sollten diese Rahmenvorgaben die Hochschulautonomie unterwandern. Aus unserer Sicht wird es Zeit, dass hier Klartext gesprochen wird, um deutlich zu machen, in welcher Form die Rahmenvorgaben die Hochschulautonomie infrage stellen sollen.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dem ist heute nichts Wesentliches hinzuzufügen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Schultheis das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Freimuth, ich muss Ihnen sagen: Von Freiheit versteht die SPD mehr. Wir sind die Partei der Freiheit seit 150 Jahren,
als Ihre Vorgängerorganisationen noch auf ganz anderem Wege unterwegs waren. Insofern: Glauben Sie mir, die Kompetenz, was Freiheitsfragen angeht, ist bei der SPD in allen Politikfeldern gut aufgehoben.
Aber wir unterscheiden sehr wohl zwischen Liberalität und Libertinage. Es geht auch darum, die Freiheit des einzelnen und aller, die den Anspruch auf Freiheit haben, auch im demokratischen Zusammenwirken zu stärken. Das ist der Ansatz, der bei der Novelle des jetzigen Hochschulgesetzes in Nordrhein-Westfalen in Angriff genommen werden soll.
Ja, es ist doch so: Die Freiheit aller Mitglieder der Hochschule ist doch sehr begrenzt, wenn Sie die einmal in Abgleich bringen zur Freiheit einzelner Personengruppen, die in den Hochschulen entscheiden oder auch Aufsicht führen. Und darum geht es. Die Freiheitsrechte, die wir sehr hoch einschätzen und die ja auch grundgesetzlich gesichert sind – die Hochschulautonomie gibt es ja nicht erst, seitdem Andreas Pinkwart das jetzige Hochschulgesetz mit Ihnen auf den Weg gebracht hat, sondern die gab es auch schon vorher – müssen von den Gewichten her vernünftig ausbalanciert werden.
Es ist doch so: Das Wir existiert ja nicht, sondern das Wir setzt sich aus einzelnen Persönlichkeiten zusammen. Es macht doch gerade eine demokratische Gesellschaft aus, dass die Einzelnen in der Gesellschaft in einem Wir auch gemeinsam für die
Aber ich will jetzt hier keinen großen Diskurs über Freiheit führen. Das können wir, Frau Kollegin Freimuth, vielleicht einmal bei einem Gläschen Wein tun, wenn sich die Gelegenheit ergibt.
Jetzt aber zum Thema. Ich habe heute Morgen schon einmal darauf hingewiesen: Rüsten Sie bitte ab, was Ihr Vokabular angeht. Jetzt führen Sie hier den Begriff „Staatsdiktat“ ein: „Kein Staatsdiktat am Parlament vorbei“. Abgesehen davon, dass sich die Frage stellt, ob Sie damit einverstanden wären, wenn es ein Diktat aus dem Parlament wäre, wäre es gut, wenn Sie Ihre eigene Formulierung einmal überdenken würden.
Es geht darum, dass wir das Hochschulgesetz weiterentwickeln wollen, und nicht darum, das Hochschulgesetz und seine Ansätze, die es jetzt tragen, rückabzuwickeln. Das ist eine Behauptung, die Sie immer wieder aufstellen. Sie stimmt nicht. Es geht in der Tat auch darum, neue Instrumente im Hinblick auf die Vorhaben zu entwickeln, die auch von Ihnen immer wieder gefordert werden. Es gibt so viele Anhörungen und Anträge auch von FDP und CDU, in denen ein Eingreifen des Staates gefordert wird. Erst heute Morgen im Zusammenhang mit dem LBV gab es eine Reihe von Forderungen, die in diese Richtung gehen.
Ich habe es in den Anhörungen und Gesprächen, die ich bisher geführt habe, so verstanden, dass zum Beispiel ein einheitliches Verfahren zur Erhebung von Daten für das Berichtswesen oder für das Finanzwesen von den Hochschulen geradezu gewünscht ist, damit wir als Parlament – und natürlich auch die Landesregierung – beispielsweise im Finanz- und Berichtswesen mit diesen Daten arbeiten können.
Warum soll es dazu nicht eine Verwaltungsvorgabe geben? Ich nenne sie Rahmenvorgabe; wie das heißt, ist mir eigentlich egal. Es ist eine Verwaltungsvorschrift. Es gibt auch jetzt schon Verwaltungsvorschriften, die nicht im Parlament beschlossen werden. Ein Großteil des Verwaltungshandelns beruht auf Verwaltungsvorschriften. Die werden nicht im Parlament beschlossen.
Aber wir werden ja gemeinsam – von daher kann auch gar nichts am Parlament vorbeigehen – das Gesetz beraten und beschließen und dann genau sehen, welche Instrumente den Bedarf an Mitwirkung des Parlaments und der Landesregierung erfüllen. Sie sollten hier nicht mit einem Vokabular,
das diskriminierend ist und den Versuch macht, hier auch Ängste zu schüren, arbeiten. Ich halte das nicht für angebracht.
Sie haben eben aus der Anhörung zitiert. Es gibt andere Zitate aus der Anhörung. Ich erinnere mich an Prof. Löwer. Er ist Verfassungsrechtler und bestimmt nicht verdächtig, dass er jetzt der SPD zugehört. Er hat ganz deutlich gemacht: Wenn es darum geht, dass eine bessere Steuerung stattfindet – es wird ja gar nicht bestritten, dass man besser steuern kann –, dann ist eine solche Rahmenvorgabe das sanfteste Mittel, um dies zu tun. Insofern, muss ich sagen, haben wir dort einen sehr, sehr guten Zeugen, was das Vorhaben angeht.
Ich sage noch einmal: Wir sind noch nicht am Ende der Fahnenstange, was die Beratung dieses Gesetzes angeht. Von daher kann ich Ihnen nur empfehlen, an diesem Diskurs im Parlament und im Ausschuss, wenn der Gesetzentwurf schlussendlich vorliegt, mitzuwirken.
Ich gehe davon aus, dass wir gute, freiheitliche, aber auch dem Gemeinwesen verpflichtete Vorgaben formulieren. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Für die CDUFraktion erteile ich Herrn Kollegen Dr. Berger das Wort.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schultheis, wenn man Ihnen zuhört und sich Ihre philosophischen Betrachtungen über die Freiheit noch einmal vor Augen führt, dann gilt für Sie dasselbe, was ich heute Morgen Herrn Mostofizadeh gesagt habe: Si tacuisses, philosophus mansisses. Für Sie wäre es besser gewesen, wenn Sie an dieser Stelle geschwiegen hätten.
Seit sich Frau Schulze an dem Amt der Wissenschaftsministerin versucht, erleben wir Tag für Tag Angriffe auf die Hochschulfreiheit. Die Eckpunkte für das neue Hochschulzukunftsgesetz, wie es heißen soll, sind durchtränkt von der Grundidee – und Ihre Rede übrigens auch –, dass Sie es besser wissen wollen als die Hochschulen vor Ort. Die Wahrheit ist, dass Sie in den letzten Jahren – auch das sagen wir Ihnen bei jedem Tagesordnungspunkt –
keinen ernstzunehmenden Verbündeten für Ihre Initiative der angeblichen positiven Reform des Hochschulgesetzes finden. Und weil Sie keinen finden,
weil die Anhörungen immer so desaströs für Sie ausgehen, versuchen Sie jetzt einen neuen Weg. Sie haben sich mit dem Konzept der Rahmenvorgaben ein neues Mittel einfallen lassen, um Ihrem Ziel der Steuerung der Hochschulen näherzukommen.
Für uns ist natürlich erst einmal fraglich gewesen: Was ist das überhaupt für ein Mittel? Was soll das sein? – Wir konnten nicht erkennen, wie das Mittel angelegt sein soll. Wir glauben, dass jetzt am Parlament vorbei neue Steuerungsinstrumente implementiert werden sollen, die ohne förmliches Verfahren erlassen werden.
Die Anmerkungen zu diesem neuen Instrument sind ja auch eindeutig. Die Hochschulräte der Fachhochschulen haben erst vor einigen Tagen ein Papier vorgelegt – auch das passt Ihnen wahrscheinlich wieder nicht –, in dem steht: Es ist für den Erfolg von Hochschulen unerlässlich, sich flexibel und autonom organisieren zu können – und eben nicht mehr hierarchisch.