Protokoll der Sitzung vom 25.09.2013

Liebe Kollegen, Sie können laut rufen. Schauen Sie in die Unterlagen!

(Jochen Ott [SPD]: Ja, eben!)

1995 hat die SPD das in die Landesbauordnung geschrieben. Die Fristsetzungen sind durch RotGrün erfolgt.

(Jochen Ott [SPD]: Ihr hättet es doch verän- dern können!)

Die FDP und die CDU haben es in das Wassergesetz gebracht. Das ist richtig. Aber die Erfinder der Dichtheitsprüfung sind Rot-Grün.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie haben die Elternschaft anzuerkennen. Verweigern Sie nicht ständig Ihren Kindern das Recht, dass sie Eltern haben.

(Norbert Meesters [SPD]: Das sind doch Ne- belkerzen!)

Die Dichtheitsprüfung ist Ihr Kind. So bleibt es. Bitte schön.

(Beifall von der CDU und der FDP – Jochen Ott [SPD]: Sie sind ein ganz schlechter Histo- riker! – Weitere Zurufe – Gegenruf von Chris- tof Rasche [FDP]: Vielleicht sollte man zu Hause wenigstens nicht lügen!)

Vielen Dank, Herr Hovenjürgen. – Nun spricht für die grüne Fraktion Herr Kollege Markert.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die abendlichen Gemüter haben sich schon wieder ein bisschen beruhigt; das ist beruhigend. Ich dachte eigentlich, dass die inhaltlichen Messen bei diesem Thema gelesen wären. Wir haben in den letzten zweieinhalb Jahren wahrlich genug Zeit gehabt, uns in alle Tiefen des Kanalwesens einzuarbeiten –

(Jochen Ott [SPD]: Wir waren in jedem Ka- nal!)

mehr als manchem von uns vielleicht lieb gewesen wäre, vielleicht auch mehr, als manchem Bürger und mancher Bürgerin lieb gewesen wäre. Es ist sicherlich auf allen politischen Seiten nicht alles in dieser Debatte ein Ruhmesblatt gewesen. Aber der Wahlkampf ist hier wie dort inzwischen beendet.

Geschätzter Kollege Höne: Versprochen, gebrochen – das klingt ein bisschen wie ein Nachklapp auf den Wahlkampf. Ich würde Ihnen empfehlen, selbst in den Spiegel zu gucken und beispielsweise die letzten Jahre im Bund zu betrachten. Die Wählerinnen und Wähler haben selbst gelegentlich die Möglichkeit zu entscheiden, wer welche Versprechen wo gebrochen hat. Offensichtlich hat Ihnen jedenfalls dieser Antrag keine neuen Wählerschichten zugetrieben, die Herr Lindner erschließen will, wovon er ja gerne spricht.

Sie verfallen, ohne diese Verordnung tatsächlich zu durchdringen, in der Tat wieder in einen Skandalisierungsreflex und beachten dabei nicht, dass vor Ort Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Stadtwerken usw. darauf warten, dass dieses Gesetz – nachdem es nun einmal verabschiedet worden ist; das können Sie bedauern – auch vollziehbar wird. Übrigens warten die Kolleginnen und Kollegen in den Kommunalparlamenten auch darauf, dass es vollziehbar wird. Nichts anderes will diese Verordnung: Es geht darum, das verabschiedete Gesetz vollziehbar zu machen.

Um den Vorwurf des gebrochenen Versprechens zu untermauern, greifen Sie sich justament eine untaugliche Stelle heraus. Sie reden davon, dass dort von den 30 Jahren die Rede ist, nach denen letztlich noch einmal nachgeschaut werden soll. Das kann man vielleicht, wenn man es nur oberflächlich liest, so interpretieren. Steigen Sie hingegen etwas intensiver in die Thematik ein, werden Sie feststellen: Würde man in der Verordnung gar nichts dazu sagen, würde eine DIN-Vorgabe gelten, die 20 Jahre vorsieht. Die Wasserrechtsexpertinnen und -experten vor Ort, die ein solches Gesetz umsetzen müssen und dann mit einer Verordnung arbeiten müssten, die das nicht regelt, würden nach DIN vorgehen.

Sie könnten sagen: Am besten schreiben Sie trotzdem gar nichts hinein. – Dann ergibt sich aber noch ein zweites Problem: In diesem Fall gilt das Wasserhaushaltsgesetz – das ist übrigens ein Bundes

gesetz –, das in § 60 davon spricht, dass die Kanalselbstüberwachung durch die Bürgerinnen und Bürger nach den Regeln der Technik zu erfolgen hat. Die Regeln der Technik sind eben diese DINVorschriften, die dann auch wieder die 20 Jahre vorsehen.

Ich frage Sie, Herr Höne: Wenn wir jetzt also nichts regeln würden, würden die 20 Jahre gelten. Dann regeln wir es doch besser auf 30 Jahre. Ich glaube, damit ist den Bürgerinnen und Bürgern in der Tat mehr gedient – und vor allen Dingen auch den Menschen, die ein Gesetz vollziehen müssen.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)

Nichts hineinzuschreiben, wofür Herr Hovenjürgen eben noch einmal plädiert hat, führt dazu, dass die bundesgesetzliche Regelung zu 20 Jahren führt. Nichts hineinzuschreiben führt dazu, dass die DINVorschrift auch im Land Anwendung finden würde. Deswegen hat der Minister den richtigen Vorschlag bei der Verordnung gemacht, 30 Jahre hineinzuschreiben, weil das in jedem Fall besser ist als das, was kommen würde, wenn man Ihnen folgen würde. Insofern nehmen Sie bitte den doch etwas sehr harten Vorwurf, dass ein Versprechen gebrochen worden sei, zurück.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Das können die nicht!)

Wir jedenfalls werden Ihrem Antrag nicht folgen und Ihnen damit die Gelegenheit geben, zurückzurudern. Wir werden Sie davor bewahren, selbst gegenüber den Bürgerinitiativen wortbrüchig zu werden. Denn wenn wir Ihnen das durchgehen lassen würden, hätten wir eine Folge, die Sie gar nicht beabsichtigt haben. Dann wären nämlich 20 Jahre nach der DIN-Vorschrift die Folge. Wir sind dann eher für 30 Jahre. Das ist unterm Strich besser.

Ich hoffe jedenfalls inständig, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dass wir dieses Thema jetzt endgültig abschließend im Ausschuss beraten können und dass wir uns dann vielleicht wieder wichtigen Themen in der Umweltpolitik zuwenden können. Damit ist den Bürgern geholfen und diesem Parlament in diesem Punkt die Würde zurückgegeben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Markert. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Rohwedder das Wort.

Danke. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und draußen, außerhalb des Landtags! Wir haben zuletzt im Februar auch über die Anforderungen einer Verordnung zur Dichtheitsprüfung debattiert. Die damaligen leisen Befürchtungen, die Regierung wolle das etwas entschärfte Gesetz durch die kommende Rechtsver

ordnung, die Selbstüberwachungsverordnung Abwasser, erneut verschärfen, bewahrheiten sich jetzt.

Das ist nichts Neues oder Ungewöhnliches: Dinge, die man in Gesetze nicht so gerne direkt hineinschreiben möchte, schreibt man in die Ausführungsverordnung. Diese Vorgehensweise ist im Grunde altbekannt und unbegabt.

Es gibt dazu auch nach wie vor gar keinen Grund. Nach wie vor geht von den undichten privaten Anschlussleitungen, die Tag und Nacht, tagein, tagaus, überwiegend trocken liegen, keine Gefahr für Boden und Grundwasser aus. Die Aussagen im Trinkwasserbericht Nordrhein-Westfalen 2009 sind nach wie vor unwidersprochen. Es gibt keine Hinweise auf ein Gefahrenpotenzial.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Ein Generalverdacht lässt sich weiterhin nicht rechtfertigen.

Vielleicht geht es aber auch gar nicht um Boden- und Wasserschutz, wie es immer vorgegeben wird. Hinter vorgehaltener Hand hört man von Experten und kommunalen Vertreten ganz andere Begründungen. Die Betreffenden wollen dann nicht namentlich genannt und zitiert werden. Aber zumindest zum Teil geht es um Fremdwassereinleitungen, die den Kommunen Kosten bei der Klärung verursachen, die sie schlecht auf die Bürger abwälzen können. Sollte das so sein, gilt auch hier, dass ein Großteil des Fremdwassers aus maroden Sammlern aus Kaisers Zeiten stammt, die sich in kommunaler Hand befinden, während die privaten Leitungen auch bei diesem Problem kaum eine Rolle spielen.

Die geplante Verordnung wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit also immer noch nicht, noch weniger als das Gesetz selber, dem wir auch schon nicht zustimmen konnten.

Seit Februar hat sich anscheinend nichts geändert. Ich wiederhole mich: In dieser Landesregierung scheint sich niemand zu fragen, warum andere Bundesländer – auch solche mit ähnlicher Regierungskonstellation – sich und ihren Bürgern Vergleichbares nicht antun mögen.

Ich empfehle dem Landtag, den Fraktionen hier im Landtag und damit auch meiner Fraktion sowie dem fraktionslosen Abgeordneten Stein,

(Lachen von den PIRATEN)

diesem Antrag der FDP-Fraktion insgesamt zuzustimmen. Auch im zweiten Halbjahr 2013 können Sie mit den Piraten keinen Generalverdacht aussprechen. – Danke.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Remmel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat eignet sich das Thema der Dichtheit von privaten Abwasserkanälen eigentlich nicht dazu, politische Suppen zu kochen. Aber genau das erleben wir heute wieder: Der politische Mut und das eine oder andere sollen am Köcheln gehalten werden.

Ich finde, es gehört zu den Pflichten eines Abgeordneten oder einer Abgeordneten auch, aufklärerisch tätig zu werden und nicht zu vernebeln. Das, was heute sowohl Herr Höne als auch Herr Hovenjürgen gemacht haben, ist nichts anderes, als Nebelkerzen zu werfen, statt auf die wahren Beweggründe und die Verantwortung aus der Vergangenheit hinzuweisen. Ich will das zum wiederholten Male tun. Insofern geht es überhaupt nicht um eine politische Frage, die in der Farbenlehre dieses Hauses einmal mehr und einmal weniger abzubilden wäre.

Beim Wasserhaushaltsgesetz haben wir es mit einem Bundesgesetz zu tun. Dieses Wasserhaushaltsgesetz sieht eine Pflicht des Eigentümers/der Eigentümerin vor, die Anlagen dicht zu halten, sodass von ihnen keine Gefährdung für Boden, Wasser und Umwelt ausgeht.

Es ist doch nicht die Aufgabe des Landes und Ursache landesgesetzlicher Regelungen, sondern es geht um bundesgesetzliche Regelungen. Insofern haben Sie die Verantwortung, weil Sie es während Ihrer Zeit in der Bundesregierung nicht geschafft haben, die nach dem Wasserhaushaltsgesetz vorgesehene Ermächtigung einer Rechtsverordnung tatsächlich auszufüllen. Dort liegt die eigentliche Ursache der Unklarheit im Lande und in der Bundesrepublik, dass es keine Rechtsverordnung des Bundes gibt und insofern unterschiedliche Interpretationen bestehen. Es gehört zur Wahrheit dazu, das an so einer Stelle noch einmal zu sagen.

Zum Zweiten haben Sie auch die Rechtsetzung in Nordrhein-Westfalen nicht erwähnt, die zugegebenermaßen seit 1995 mit allen Farben des Hauses in unterschiedlichen Konstellationen verbunden ist. Insofern gibt es eine Verantwortung aller Fraktionen, gewachsenes Recht einerseits und Bundesrecht anderseits entsprechend umzusetzen. Diese Diskussion kennen Sie.

Der Gesetzgeber hat entschieden. Die Landesregierung hat einen Verordnungsentwurf vorgelegt. Dazu hätte ich mir gewünscht, dass sie den normalen Weg der Beratung einer Verordnung eingehalten hätten, statt aufgeregt zu gackern und direkt den Landtag insgesamt damit zu beschäftigen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Der normale Weg einer Verordnung ist die Fachausschussberatung und anschließend die Beratung im Plenum. Die eine oder andere Frage, die Sie haben, hätte so geklärt werden können, und wir hätten das nicht vor dem großen Publikum aller Abgeordneten des Landes Nordrhein-Westfalen verhandeln müssen. Das wäre vielleicht der etwas einfachere Weg gewesen. Nun haben Sie es vielleicht auch aus niederen Motiven getan, um durch den Antrag die eine oder andere Botschaft vor einem Ereignis, das am letzten Sonntag stattgefunden hat, zu setzen, was ich nachvollziehen kann.

Trotzdem sollten wir in der Sache aufklärerisch tätig werden. Diese Verordnung setzt zum einen das Gesetz um und klärt zum anderen Unklarheiten, die entstehen könnten. Die Vorredner haben es schon dargestellt: Für den Fall, dass Kommunen außerhalb von Wasserschutzgebieten in einer Satzung regeln, dass es eine Prüfpflicht gibt – das können sie aufgrund des Bundesgesetzes –, wird klargestellt, dass die betroffenen Bürgerinnen und Bürger nicht schlechter gestellt sind als die Bürgerinnen und Bürger in Wasserschutzgebieten. Diese Formulierung ist nichts anderes als ein solcher Hinweis. Ich bitte Sie, das der Klarheit halber zu betonen, um bei den Bürgerinnen und Bürger nicht für weitere Verunsicherung zu sorgen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)