Protokoll der Sitzung vom 30.01.2014

Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu.

… offensichtlich aber die Frage des politischen Diskurses und die Frage danach, ob es Änderungsnotwendigkeiten an diesem Gesetz gibt, als Zumutung betrachtet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich zitiere Herrn Prof. Schneidewind, den ehemaligen Rektor der Universität Oldenburg und jetzigen Präsidenten des Wuppertal Instituts aus der Publikation mit Frau Brodowski zur transformativen Wissenschaft. Er sagt:

Die Autonomie der Hochschulen war ein zentraler Effizienzmotor für deren Weiterentwicklung. Jetzt droht sie in eine Arroganz der Unabhängigkeit umzuschlagen, und dies kann zu Effekten führen, die die erreichte Entwicklung umkehren, nämlich den Rückfall in alte, direkte Steuerungsmuster.

Deshalb fordert er – das fordert nicht allein die SPD –, dass die Hochschulen zukünftig mehr gesellschaftlich relevante Beiträge zu leisten und diese auch nach außen zu verdeutlichen haben und dass neue intelligente politische Steuerungsmuster zu entwickeln seien, die die Vorzüge der gewonnenen

Hochschulautonomie erhalten, aber der Politik mehr Möglichkeiten einer gesellschaftlich gewollten Steuerung einräumen.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht pfui, sondern das ist von uns politisch gewollt, und das ist Wissenschaftspolitik, wie wir sie verstehen.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Prof. Sternberg zulassen?

Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu.

Wer sich die Stellungnahmen so zu eigen macht, wie Sie das tun, liebe Frau Freimuth, der macht sich natürlich auch die Stellungnahmen ein Stück weit zu eigen. Schließlich haben Sie in Ihrer Drucksache den Sprecher der nordrhein-westfälischen Studentenwerke, Günther Remmel, zitiert, der das Gesetz als unnötig, kontrollversessen und letztlich falsch bezeichnet. Er sagt des Weiteren, der Gesetzentwurf sei ein einziger Affront, den Studentenwerken werde kollektiv das Misstrauen ausgesprochen, und keine einzige der geplanten Änderungen mache Sinn.

Ich will an einem Beispiel deutlich machen, dass man in der Hinsicht durchaus vorsichtig sein sollte.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: So ist es ja auch! Wo kommen die denn her, die Stellungnah- men?)

Das ist die offizielle Stellungnahme des Geschäftsführers des Hochschulsozialwerks. Das hätten Sie lesen können, Herr Dr. Berger.

Zur Frage der Frauenquote – ich zitiere –:

„Im Übrigen ist auch inhaltlich nicht einzusehen, warum einer wenig geeignet erscheinenden weiblichen Kandidatin der Vorzug gegeben werden soll vor einem besser geeigneten männlichen Kandidaten.“

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Das sagt zur Frage der Besetzung der Beteiligungsgremien eine Geschäftsführerrunde, deren Belegschaft zu 80 % aus Frauen besteht und 55 % Studierende an den Universitäten hat.

Meine Kollegin Hammelrath hat das in der inhaltlichen Diskussionsrunde in unserem Arbeitskreis mit dem Kommentar versehen: In welchen Höhlen haben diese Männer denn in den letzten 30 Jahren gesessen?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie selbst müssen wissen, was Sie hier tun. Deswegen sage ich es noch einmal: Wir wollen mit diesem Gesetz eine Demokratisierung der Hochschulen erreichen, gute Arbeit leisten, Frauenförderung an den Hochschulen realisieren, die Weichen für ein erfolgreiches Studium stellen und mehr Transparenz schaffen.

In diesem Sinne werden wir den Gesetzentwurf weiterentwickeln. Ich lade Sie zum Dialog ein. Aber wenn Sie einen Dialog wollen, nehmen Sie ihn ernsthaft auf. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Bell. – Für die CDU-Fraktion steht Herr Kollege Berger bereit. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir erleben im Moment ein tiefes Zerwürfnis zwischen der Wissenschaftslandschaft auf der einen Seite und der Ministerin auf der anderen Seite.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Seit dem Bestehen dieses Landes gab es keine Wissenschaftsministerin, die von ihren eigenen Hochschulen so wenig ernst genommen wird wie Sie, Frau Schulze.

(Beifall von der CDU – Zurufe: Pfui!)

Der Grund dafür liegt darin, dass Sie einen Entwurf vorgelegt haben, für den Sie überhaupt keine Grundlage haben. Sie hätten eine Grundlage, wenn Sie das bestehende Gesetz evaluieren würden. Dann wüssten Sie, wo es Verbesserungsbedarf gibt, und dann könnten Sie reagieren. Aber Sie haben zwei Jahre lang mit irgendwelchen Menschen gesprochen und im Ministerium einen Schönheitswettbewerb über sich ergehen lassen müssen, damit das Ministerium endlich wieder die Macht zurückerhält, die Sie so sehnlich vermissen.

Jetzt haben Sie einen Referentenentwurf vorgestellt, der von der Wissenschaftslandschaft komplett abgelehnt wird. Das können Sie nicht ignorieren, und wie Sie sich hier hingestellt haben, Frau Ministerin, war das ein dreister Versuch, das zu vernebeln, was hier in Nordrhein-Westfalen stattfindet.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir reden über Drittmittel. Sie führen einen neuen Paragrafen ein. Auch bisher müssen Drittmittel veröffentlicht werden; das steht schon im Hochschulfreiheitsgesetz. Jetzt führen Sie aber, wie gesagt, einen neuen Paragrafen ein. Wenn Sie es nicht wollen, dass weiter daran gedreht wird, warum führen Sie den Paragrafen ein? Sie führen ihn vor allem

deswegen ein, weil Sie nicht wissen, auf welcher Grundlage es fußt.

(Armin Laschet [CDU]: Gegenstromprinzip!)

Daher kommt das.

Sie sagen, Sie wollen das Landesinteresse verfolgen. Na klar! Dazu gibt es Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Dafür brauchen Sie aber keinen Plan, den Sie sich selbst ausdenken und dem andere nicht folgen wollen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Karl Schultheis [SPD]: Den die Hochschulen nicht unterschrieben haben!)

Letzter Punkt: Die Rahmenbedingungen – und hier appelliere ich an alle Abgeordneten von Rot und Grün – geben dem Ministerium so viel Macht in die Hand, dass der Landtag über nichts mehr zu entscheiden hat. Es ist ein undemokratisches Instrument, und deswegen bitte ich alle Parlamentarier:

(Nadja Lüders [SPD]: Was haben wir denn jetzt zu entscheiden?)

Lehnen Sie das Instrument der Rahmenbedingungen ab. Evaluieren Sie das bestehende Gesetz, und stoppen Sie die Degeneration Nordrhein-Westfalens im Zuge dieses Referentenentwurfs. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Zu früh ge- schossen ist auch daneben, Herr Berger!)

Vielen Dank, Herr Dr. Berger. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Hafke.

Sehr geehrte Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Eindruck in diesem Parlament täuscht etwas. Hier müssen noch ein, zwei Ihrer Leute Ihr Gesetz verteidigen – mittlerweile wahrscheinlich etwas unter Schmerzen. Aber da draußen im Land, Frau Schulze, sind Sie ganz allein. Niemand außer dem DGB, der in der Begründung des Referentenentwurfs dafür auch lobend erwähnt wird, kann Ihrem Gesetzesvorhaben etwas Gutes abgewinnen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Und es ist nicht nur ein stilles Nicht-gut-Finden, sondern es zieht ein Sturm der Entrüstung durch Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Noch niemals waren die Hochschulen so gegen das Land aufgebracht. Das ist das Erste, was Sie mal langsam anerkennen müssen: Egal, wie das Beratungsverfahren hier ausgeht – die Beziehung

(Nadja Lüders [SPD]: Es hat doch noch gar nicht angefangen!)

zwischen dem Land und den Hochschulen ist bereits jetzt massiv beschädigt, und das ist Ihr Verdienst, Frau Ministerin.

Sie sind aber nicht einsichtig. Alle sind gegen Sie. Alle sind in großer Sorge. Aber Ihnen ist das egal. Nein, Sie beschweren sich sogar noch über die Hochschulen und werfen ihnen vor, eine Kampagne gegen Sie zu führen. Abgesehen davon, dass das vollkommener Quatsch ist, erachte ich das als maßlose Selbstüberschätzung, Frau Ministerin.

(Beifall von der FDP und der CDU)