Protokoll der Sitzung vom 20.02.2014

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen hier im Saal und hoffentlich noch im Stream! Denn um Sie alle geht es.

Es ist vieles gesagt worden; die Frage ist, was bleibt. Doch im Verlauf der Debatte sind mir noch einige Punkte aufgestoßen, zu denen ich als Medienpolitikerin noch den zweiten Begriff, nämlich das

Thema „Verbraucherschutz im Internet“, nach vorne bringen und auch die Perspektive aus dem zweiten Haus, das diese Anfrage im Wesentlichen inhaltlich mitverantwortet, beleuchten möchte.

Zunächst auch von meiner Seite herzlichen Dank an die Landesregierung! Die Antwort auf die Große Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen – Matthi Bolte hat es beschrieben – stellt die Vielfalt der Institutionen dar, die an dem Thema „Verbraucherschutz“ arbeiten und forschen und zeigt auf, wie unterschiedlich die Herausforderungen in puncto Medienkompetenz sind. Sie geben uns mit Ihrer Antwort einen Überblick. Vor allem erkennen Sie den Stellenwert von Netzpolitik im politischen Kontext und auch die Relevanz in allen Bereichen an: in puncto Verbraucherschutz genauso wie in puncto Bildung usw.

Meine Kollegin Inge Blask hat bereits einige Facetten und die besonderen Herausforderungen aus Sicht der Verbraucherschützerinnen genannt, den Kaufbutton, das Mobile Payment, E-Commerce.

Kurzum, Herr Remmel: Die Förderung von Verbraucherzentralen und das geplante Mehr an Beratungsstellen sind gut und wichtig. NRW ist in diesem Punkt gut aufgestellt.

Als Medienpolitikerin möchte ich aber noch kurz ergänzen: Dem Schutz der Anwender ist vor allen Dingen zur Seite zu stellen die Ausbildung und Stärkung der Medienkompetenz. Frau Schulze Föcking ruft nach Eigenverantwortlichkeit. Nur, die Eigenverantwortlichkeit bedarf auch einer Grundvoraussetzung, nämlich der Kompetenz, des Verständnisses.

Die Förderung und der Ausbau medienpädagogischer Projekte sind Grundlage. Wir wollen diese flächendeckend vorantreiben. Denn auch das Internet kennt nicht die Unterscheidung zwischen Großstadt und ländlichem Raum und bietet eigentlich gerade auch hier große Chancen.

Wenn Sie, Herr Höne und Frau Schulze Föcking, von dem Breitbandausbau sprechen: Da sind wir, glaube ich, ganz nahe beieinander; da wünschen wir uns mehr. Aber ob die Phishing-Mail sie im Breitband oder auf langsamem Wege erreicht: Der Radar ist für alle Beteiligten und alle Opfer gleichwohl zielführend.

In puncto Medienkompetenz noch eine Ergänzung zu den Ausführungen von Matthi Bolte, der betont hat: Die Ausbildung der Medienkompetenz betrifft alle Generationen; Kinder und Jugend müssen hier gefördert werden; auch die Eltern müssen mit ihren Ängsten aufgefangen werden und die Generation U 50. Wichtig ist aber auch, den Zugang zu Medien und die Befähigung im Umgang mit Medien unabhängig zu sehen von sozialer Stellung.

Die Pluspunkte der Landesregierung für die eigene Arbeit sind uns aufgefallen, das Bekenntnis, alle Da

ten und Informationen, die für den Verbraucher relevant sind, nach Open-Data-Kriterien zu veröffentlichen und dabei vor allem die technischen Anwendungen und Lizenzen zu nutzen, die zur Weiterverwendung dienlich sind. Das ist Teil unserer OpenGovernment-Strategie für mehr Mitbestimmung und Nachvollziehbarkeit.

Meine Damen und Herren, wir haben zahlreiche Elemente geschaffen, mit denen wir NRW bedeutsam machen. Hier sei noch mal der Medienpass genannt, aber auch die Vernetzung und Erforschung des Themas am Beispiel Medienkompetenz und dort die Zusammenarbeit von LfM und Grimme.

Meine Damen und Herren, ich denke, ich muss dem nicht viel hinzufügen. Die vorliegende Antwort auf die Große Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen gibt uns meines Erachtens einen guten Überblick und gutes Futter, aus dem wir noch zahlreiche parlamentarische Initiativen ableiten können. Das heißt, das Thema „Netzpolitik“ als Querschnittsaufgabe wird uns weiterhin maßgeblich treiben und antreiben.

Ein frohes und buntes Treiben wünsche ich Ihnen für die nächsten zwei Wochen, der sitzungsfreien Zeit: mit ein bisschen Helau und viel Alaaf. In diesem Sinne ein schönes Wochenende und vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Allgemeiner Beifall)

Vielen Dank, Frau Kollegin Steinmann. – Nun spricht für die CDUFraktion Herr Kollege Thorsten Schick.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Große Anfrage enthält durchaus einige Informationen, die für unsere Arbeit wichtig sind. Allerdings werden andere Themen nur gestreift oder spielen eine untergeordnete Rolle, die für die Verbraucherinnen und Verbraucher aber von großer Bedeutung sind.

Ich nenne hier den Bereich „Big Data“. Hier werden Daten analysiert, ausgewertet und gespeichert. Nur um diese Dimension einmal deutlich zu machen: Heute werden alle zehn Minuten so viele Daten gespeichert, wie sie die gesamte Menschheit im Laufe ihrer Geschichte bis in die 80er- Jahre hinein aufgezeichnet hat.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, diese Datenmengen entstehen nicht durch unsere EMails, Fotos oder sonstigen Daten, die wir produzieren, sondern sie entstehen durch die Datensammlungen von Suchmaschinen von Versicherungen oder Behörden, die Daten aufarbeiten und sammeln.

Dieser Trend ist nicht aufzuhalten. Daten sind einer der wichtigsten Rohstoffe der Zukunft. So sehen es

zumindest viele Unternehmen, die sich davon attraktive Geschäftsfelder erhoffen. Was mich immer ein bisschen betroffen macht, ist die Goldgräberstimmung, die da auszubrechen scheint. Goldgräberstimmung steht nicht unbedingt für hohe Moral. Deshalb sind wir hier besonders gefordert. Wichtig ist, immer deutlich zu machen, welche Chancen und welche Risiken mit dem Sammeln von Daten verbunden sind.

Wenn man sich anschaut, was in England und den USA beispielsweise beim Thema „Innere Sicherheit“ passiert, dann stellt man fest, dass dort Daten gesammelt und analysiert werden. Mithilfe von Logarithmen kann man dann ausrechnen, zu welchem Zeitpunkt eine bestimmte Straftat an einem bestimmten Ort hoch wahrscheinlich ist. In Memphis und Manchester werden Polizeieinsätze längst nach diesem Verfahren koordiniert. Die Resultate sind bestechend. Die Aufklärungsquote geht rauf, die Quote der Straftaten geht runter.

Ein weiterer positiver Effekt lässt sich für den Bereich der Medizin erkennen. Wenn über einen längeren Zeitraum Gesundheitsdaten kontinuierlich eingespeist und hinterher ausgewertet werden, ist schon lange Zeit im Voraus erkennbar, welche gesundheitlichen Risiken in einigen Jahren auftreten.

Aber ich sagte, es gibt genauso gut Risiken. Wir müssen uns nur das Beispiel der SCHUFA vor Augen führen. Es gibt einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Ausfall eines Kredites und der Nachfrage einer bestimmten Person nach der eigenen SCHUFA-Auskunft.

Das ist zwar valide. Andererseits hat aber jede Person das Recht, eine Schufa-Auskunft über sich einzuholen. Wenn das hinterher dazu führt, dass die eigene Bewertung bei der Schufa sinkt und in der Folge Kredite für diese Person teurer werden, dann ist das ein Missstand, den ich anprangern möchte.

(Beifall von der CDU und den PIRATEN)

Wir können uns die Risiken natürlich immer wieder vor Augen führen. Dem Sammeln von Daten können wir aber nur begrenzt Einhalt gebieten. Selbstverständlich ist Google in der Lage, allein anhand unseres Tippverhaltens festzustellen, ob wir gerade sitzen, gehen oder beispielsweise im Bett liegen. Die entsprechenden Logarithmen liefern dafür zuverlässige Wahrscheinlichkeiten. Auch Tippgeschwindigkeit und Tippfehler liefern sehr viele Informationen über die Verbraucher.

Fazit: Wir können den Trend nicht aufhalten. Deshalb müssen wir rechtliche Rahmenbedingungen setzen.

Ich habe gerade die Chancen angesprochen. Herr Remmel, jetzt komme ich zu dem Punkt, den Sie gerade wegzuwischen versucht haben. Ich kann Sie da aber nicht aus der Verantwortung entlassen. Es ist Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass alle

Menschen entsprechend schnell angebunden sind. Das gilt gerade für den ländlichen und den kleinstädtischen Bereich.

(Beifall von der CDU)

Herr Remmel, Sie haben die Frage gestellt, was wir tun würden. Piraten, FDP und CDU haben den Antrag gestellt, EFRE-Mittel dort für den Breitbandausbau zu verwenden. Diesen Antrag haben die Fraktionen von SPD und Grünen abgelehnt. Insofern liegen hier doch entsprechende Vorschläge vor.

Ich sage Ihnen noch ein Zweites, Herr Remmel. Sie brauchen einen entsprechenden Masterplan. In anderen Bundesländern gibt es so etwas. Dort existieren Pläne, wie man Leerrohre verlegt. Ferner gibt es dort ein Aufbruchmanagement. Alles das müssen Sie noch leisten. Das tun Sie nicht. Man kann Geld haben und dann den Breitbandausbau voranbringen. Man kann aber auch Ideen haben. Das Schlimme ist, dass Sie weder Geld noch Ideen haben. Deswegen stockt es an dieser Stelle ganz gewaltig.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie haben hier den Hinweis auf LTE für den ländlichen Raum gegeben. Das mag für eine Übergangszeit eine ganz charmante Lösung sein. Jedem ist aber bekannt, dass LTE auf Dauer nicht die Datenvolumina in den ländlichen Raum bringen wird, die dort abgerufen werden.

Von dieser Warte aus ist das Thema „Breitbandausbau“ ein ganz dicker Bock, den Sie in Ihrer politischen Arbeit geschossen haben.

Ich nenne Ihnen noch einen weiteren Punkt. In der Beantwortung der Großen Anfrage wird breit ausgeführt, was die Landesanstalt für Medien alles an Medienkompetenzprojekten und an Aufklärungsarbeit für eine sichere und kompetente Nutzung des Internets leistet. Gleichzeitig wird heute darüber diskutiert, dass die Landesregierung den Griff in die Kasse der Landesanstalt für Medien plant. 1,6 Millionen € sollen dort für ein Stiftungsprojekt herausgenommen werden und dann der LfM nicht mehr zur Verfügung stehen.

Insofern hätte ich gerne gewusst: Wie stehen Sie denn zu diesem Stiftungsprojekt? Schließlich stehen diese Gelder hinterher nicht mehr für einzelne Projekte zur Verfügung, um etwa die Medienkompetenz von Jugendlichen und anderen Menschen zu fördern.

Das bedeutet zum Beispiel weniger Geld für die Initiative Eltern+Medien. Diese Initiative hat in der Vergangenheit kostenfreie Elternabende organisiert, an denen Eltern teilnehmen, die unsicher sind, was ihre Kinder im Internet machen, und dann unter fachlicher Beratung erfahren, wie sie sich verhalten können. Das ist in Zukunft infrage gestellt. Genauso sind das Projekt Medienscouts NRW und das Medienkompetenz-Netzwerk NRW infrage gestellt.

Auch bei den Publikationen, die die LfM bisher in großem Maße herausgegeben hat, ist fraglich, ob sie weiter in dieser Form aufgelegt werden können. Das sind Publikationen wie „Das Netz vergisst nichts!“ oder die Infos zum Datenschutz für Jugendliche.

Daher bin ich der Fraktion der Grünen dankbar dafür, dass sie diese Große Anfrage gestellt hat; denn es wird klar, dass die digitale Entwicklung unter Ihnen als Verbraucherschutzminister in denkbar schlechten Händen ist. Diese Diskussion hat meines Erachtens deutlich gemacht, dass Ihre Achillesferse dort offenliegt und Sie ganz dringend nacharbeiten müssen. Das haben die Verbraucher in Nordrhein-Westfalen verdient.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Schick. – Nun spricht für die grüne Fraktion noch einmal Herr Bolte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Inhaltlich haben wir unterschiedliche Punkte ausgetauscht. Was mich jedoch dazu bewogen hat, hier noch einmal nach vorne zu gehen, war die Einlassung des Kollegen Herrmann nach dem Motto: In dem Moment, in dem man einer regierungstragenden Fraktion angehört, darf man hier keine Anfragen stellen. – Kollege Herrmann, ich frage mich wirklich: Was um alles in der Welt ist das für ein Parlamentsverständnis?

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich gebe doch nicht meine Parlamentarierrechte in dem Moment ab, in dem Regierungsmitglieder meiner Partei angehören. Also wirklich! Das kann man im Übrigen bei allen Philosophen nachlesen, die sich mit Gewaltenteilung beschäftigt haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich jetzt doch noch einige inhaltliche Anmerkungen machen.

Kollege Höne, Sie haben uns unterstellt, ein pessimistisches Verbraucherbild zu haben, und bemängelt, dass wir den Verbraucher oder die Verbraucherin als schutzbedürftig ansehen. Ja, meine Güte! Deswegen heißt das doch auch Verbraucherschutz. Schauen Sie sich einmal an, was wir in Befähigung, in Aufklärung und in Kompetenzmaßnahmen investieren. Das ist eine ganze Menge. Es ist doch keine Bevormundung, wenn ich Menschen fit im Umgang mit Medien mache. Meine Güte!

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Das Thema „Breitband“ wurde gerade auch vom Kollegen Höne von der FDP angesprochen. Wer über Breitband spricht, sollte über Netzneutralität nicht schweigen. Ich erinnere auch an das, was Sie