Protokoll der Sitzung vom 27.03.2014

die der Bund für Bildung insgesamt bereitstellen will. Mich würde hier und heute schon interessieren, wie konkret und für welche Maßnahmen dieses Geld eigentlich fließen soll. Außer einer unverbindlichen Zusage auf dem Papier ist mir bislang nichts bekannt. Frau Wanka wäre gut beraten, endlich einmal klare Vorschläge auf den Tisch zu legen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wie geht es denn konkret weiter mit dem Hochschulpakt zur Schaffung neuer Studienplätze auch nach 2020? Wo ist denn Ihre Antwort auf die richtige Forderung nach Erhöhung der Programmpauschale? Wie genau wollen Sie den Hochschulen denn das Geld für eine Grundfinanzierung zur Verfügung stellen, wenn sich im Grundgesetz nichts ändert? Wie gehen Sie eigentlich das konkrete Problem der unsicheren Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs und der prekären Arbeitsverhältnisse an den Hochschulen an?

Stattdessen unterhalten wir uns hier über vermeintliche Skandale und müssen uns wirklich zum x-ten Mal Ihre ideologischen Vorhaltungen zur angeblichen Abschaffung der Hochschulfreiheit in Nordrhein-Westfalen anhören.

Dabei wissen Sie genauso gut wie wir, dass es schon aus rechtlichen Gründen geboten ist, das neue Steuerungsmodell von Hochschulrat, Leitungsebene und Senat, das mit dem sogenannten Hochschulfreiheitsgesetz deutlich über das Ziel hinaus geschossen ist, auf eine saubere rechtliche Grundlage zu stellen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es gibt Nachsteuerungsbedarf bei der Rektorenwahl und bei der Rückführung von Entscheidungskompetenzen auf den Senat.

Haben Sie eigentlich all die Verfassungsgerichtsurteile in den verschiedenen Bundesländern – in Brandenburg, in Hamburg, in Bayern – nicht gelesen? Haben Sie sich gar nicht damit beschäftigt?

Hier muss das letzte Wort bei der Hochschule liegen und nicht beim Hochschulrat. Diese nicht unwesentlichen Korrekturen zur Stärkung der Kollegialorgane und nicht zuletzt zur Sicherung der Wissenschaftsfreiheit sieht der aktuelle Gesetzentwurf vor.

Wir begrüßen es sehr – ich sage das ausdrücklich noch einmal –, dass dieser Gesetzentwurf zeitnah in den Landtag eingebracht werden soll, damit das eigentliche parlamentarische Verfahren mit einer öffentlichen Anhörung aller wichtigen Akteure beginnen kann. Dabei ist klar, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, dass nach der

Struck’schen Logik kein Gesetz den Landtag so verlässt, wie es hineingekommen ist.

(Zuruf: Schau‘n wir mal!)

Das beherzigen auch die Koalitionspartner von RotGrün, Frau Freimuth und Herr Berger – ob Sie das nun gerne hören wollen oder nicht. Ich frage Sie, was für ein Parlamentsverständnis hinter Ihren Äußerungen steht, die Sie eben einfach mal so in die Runde gegeben haben.

Ich sage Ihnen: Die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung in Bezug auf gute Lehre, nachhaltige Forschung, Gleichstellung und faire Arbeitsverhältnisse muss keineswegs einhergehen mit der Einschränkung von Autonomie und erst recht nicht mit der Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Freiheit und gesellschaftliche Verantwortung sind eben kein Gegensatz.

Eines ist auch klar: Wir haben eine exzellente Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen, auf die wir stolz sind und die wir stärken wollen. Wir haben die Mittel für die Hochschulen trotz der schwierigen Haushaltslage in den letzten Jahren kontinuierlich und erheblich steigern können, sodass die Hochschulen in der Lage waren, auch den doppelten Abiturjahrgang hervorragend zu bewältigen.

Deshalb ist das Märchen von der Rückentwicklung der Hochschulfreiheit, das Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, ununterbrochen verbreiten, eine ziemliche Unverschämtheit.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Nein, das ist Fakt!)

Vor diesem Hintergrund, liebe Kolleginnen und Kollegen, würde ich mich freuen, wenn wir bald auf einer sachlichen Grundlage miteinander über das reden könnten, was für unsere Hochschulpolitik und

für das Land Nordrhein-Westfalen wirklich wichtig und entscheidend ist. Die heute vorliegenden Anträge von CDU und FDP tragen zu dieser Versachlichung sicher nicht bei. Ich kann jetzt schon sagen, dass wir sie ablehnen werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Seidl. – Nun spricht für die Piratenfraktion der Fraktionsvorsitzende, Herr Dr. Paul.

Vielen Dank. – Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Raum und daheim! Irgendwie scheint mir die Analyse, die die Union in ihrem „Antrag des Tages“ an den Tag legt, nicht mehr ganz zeitgemäß zu sein und entsprechend substanzlos. Bei Herrn Bergers Redebeiträgen gewinne ich immer mehr den Eindruck: Sie haben nur den Zweck, die Luft im Plenum umzuwälzen. Etwas anderes kann man daran nicht finden.

(Beifall von den PIRATEN, der SPD und den GRÜNEN)

Aber ich bin Philanthrop und gebe die Hoffnung nicht auf – das heißt das nämlich. Damit Sie, Herr Berger, im Ausschuss vielleicht wieder auf Ballhöhe kommen, empfehle ich Ihnen, sich zur Abwechslung ein paar sachliche Argumente zum Thema wenigstens anzuhören.

Erstens. Hochschulen sind Orte der Wissenschaft und nicht Wissenschaft selber. Sie sind auch keine Unternehmen. Daher erfordern sie ein eigenes, organisatorisches Rahmenwerk – und keine betriebswirtschaftliche Flickschusterei wie im Hochschulfreiheitsgesetz.

Vielleicht können wir uns bei der weiteren Debatte hier im Plenum und im Ausschuss einmal darüber unterhalten, was Wissenschaft voranbringt, statt irgendwelche Steigbügelhalterdiskussionen für irgendwelche Lobbygruppen mit ihren Partikularinteressen zu führen.

Denn – zweitens – die Gruppe der Hochschulrektoren ist eine von vielen Gruppen an den nordrheinwestfälischen Hochschulen.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Dass sich die Hochschulrektorenkonferenzen und die Landesrektorenkonferenzen als Stimmen der Hochschulen bezeichnen, kann man als Anmaßung werten. Es ist offensichtlich falsch: Sie sind die Leiter eines Ortes der Wissenschaft. Dass die Hochschulrektoren neuerdings auch diejenigen sein sollen, die Drittmittel an Land ziehen und/oder Studierende in Grundlagenseminaren über wissenschaftliches Denken und Arbeiten informieren und lehren, das ist mir persönlich bislang entgangen.

Daraus folgt – drittens –: Die Leistungsbilanz, die Sie hier immer wieder ansprechen, hat die Leistung aller Beteiligten darzustellen, also das Zusammenspiel von Hochschulleitungen, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Studierenden sowie Wirtschaft und Politik. Alle Seiten benötigen die konstruktive Mithilfe der jeweils anderen. Alle sind Teil des komplexen Mosaiks der Wissenschaftslandschaft in Nordrhein-Westfalen. Das sollte man wirklich nicht kleinreden.

Die Hochschulen kommen ohne den Staat nicht aus, die Gesellschaft nicht ohne die Hochschulen und der Staat nicht ohne die Gesellschaft.

In genau diesem Spektrum bewegen wir uns, wenn wir über ein Hochschulgesetz reden, von dem bislang leider nur wenige profitieren und an dem viele Hochschulmitglieder Schaden genommen haben.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Ach, das ist doch lächerlich!)

Sie alle wissen, dass der Anteil der sachgrundlosen Befristungen bei den Beschäftigten an den Hochschulen durch das Hochschulfreiheitsgesetz auf teilweise bis zu 80 % angestiegen ist. Das gehört auch zur Wahrheit der sogenannten Hochschulautonomie und dem Spielzeug „Personal“, neudeutsch: Human Resources.

Alles in allem müssen wir zusammenfassen, dass der offene Dialogprozess des Ministeriums nicht die gewünschte Befriedung des Konfliktes gebracht hat.

Auch beim Blick auf den vorliegenden Gesetzentwurf selbst bleiben viele Fragen offen. Sie, Frau Ministerin Schulze, sind nach unserer Auffassung leider vor den all zu lauten Rufen der Rektoren und der Hochschulräte eingeknickt. Ich darf hier noch ein weiteres Mal dezent an das SPD

Wahlprogramm 2010 und das grüne Wahlprogramm von 2012 erinnern, mit denen beide Parteien die Abschaffung der Hochschulräte gefordert haben.

Das Parlament hat jetzt aber noch reichlich Gelegenheit, auf den Gesetzentwurf einzuwirken. Wenn es Ihnen ernst ist mit einer sachlichen Debatte um das Hochschulgesetz, sind wir auch gerne dazu bereit. Denn Sie wissen doch: Uns geht es um die Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen und die damit befassten Menschen.

„Neoliberal“ ist ein anderes Wort für „wissenschaftsfern“ und „innovationsfeindlich“. Auf die Wünsch-dirwas-Rhetorik der Markteffizienz der anderen Oppositionsparteien, Frau Schulze, lassen wir uns nicht ein. Wir betreiben das nicht weiter, denn es ist weder konstruktive Oppositionspolitik noch Innovationsmanagement.

Noch ein Wort zum FDP-Antrag: Der enthält sicher Wichtiges und Richtiges, aber er weist an einigen Stellen leider gravierende technische Mängel auf,

sodass ich meiner Fraktion zur Enthaltung raten muss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Paul. – Nun spricht für die Landesregierung Frau Ministerin Schulze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hochschulzukunftsgesetz, das kommt. Es ist am Dienstag vom Kabinett verabschiedet worden und geht nun in den parlamentarischen Prozess. So haben es die Regierungsfraktionen 2010 und 2012 angekündigt, und genau so ist es jetzt auf den Weg gebracht worden.

Nach langer und wirklich intensiver Diskussion mit allen Beteiligten liegt jetzt der Gesetzentwurf auf dem Tisch. Viele der Anregungen, die wir im Prozess bekommen haben, sind aufgegriffen worden. Ich bin sehr gespannt darauf, wie die parlamentarische Diskussion weitergeht.

Es ist natürlich vollkommen legitim, über dieses Gesetzesvorhaben politisch zu streiten. Es ist richtig, die eigenen Argumente politisch einzubringen. Es ist auch vollkommen legitim, die Argumente polemisch etwas anzureichern. Diese Gelegenheit haben Sie sich, liebe Vorrednerinnen und Vorredner, ja hier jetzt auch nicht entgehen lassen.

(Karl Schultheis [SPD]: Reichlich!)

Ich akzeptiere das nicht nur, sondern ich glaube auch, dass es die Sache absolut wert ist.

Meine Damen und Herren, wirklich irritierend allerdings finde ich zwei Dinge der laufenden Debatte: