Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

(Zurufe von Lutz Lienenkämper [CDU] und Dr. Stefan Berger [CDU])

Herr Dr. Berger, das reicht nicht für eine gute Gesetzgebung.

Wir freuen uns natürlich auch auf die Anhörung und dann auf die zweite Lesung des Hochschulzukunftsgesetzes, damit dieses Gesetz zum Wintersemester 2014/15 in Kraft treten kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Haardt.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Paul, als ich Ihren Gesetzentwurf gesehen habe, ist mir dazu eigentlich nur eingefallen: Bei den Piraten nichts Neues. Einen Teil haben Sie abgeschrieben vom Gesetzentwurf der Ministerin. Dafür hat Herr Schultheis Sie gelobt; aus Sicht von Herrn Schultheis durchaus nachvollziehbar.

Aber wenn man genau hinschaut, dann ist das im Grunde nichts anderes als das, was Sie hier bisher auch vertreten haben. Sie haben sich sogar bei den wenigen Einwendungen, die selbst im Ministerium angekommen sind und von der Regierung bei der Einbringung ihres Gesetzentwurfes berücksichtigt worden sind, als absolut beratungsresistent erwiesen. Sie sind blind und laufen mit Scheuklappen durch die Gegend. Zugute halten kann man Ihnen und Ihrer Fraktion, Herr Dr. Paul, allenfalls noch, dass Sie sich geradeaus auf dem gleichen Weg befinden und nur noch nicht gemerkt haben, dass Sie auf dem Holzweg sind.

Herr Dr. Paul, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Piratenfraktion, ich will uns an diesem Abend ein großartiges Eingehen auf alle Punkte in Ihrem

Gesetzentwurf, die es zu kritisieren gibt, ersparen. Aber zwei muss ich doch herausgreifen.

Fangen wir mal mit den Drittmitteln an. Sie haben von der hier im Hause geführten Diskussion, von den Stellungnahmen der Wirtschaft, von den Stellungnahmen der Universitäten, der Verbände usw. überhaupt nichts mitbekommen und nichts verstanden, was diese Problematik angeht. Aber ich kann das absolut nachvollziehen, Herr Dr. Paul; denn Sie wollen in diesem Hause ja nicht mit Wirtschaftskompetenz punkten. Das können Sie natürlich auch nicht.

Es gibt einen zweiten Punkt zu kritisieren. Sie haben jetzt als große Innovation Ihrerseits hervorgehoben, das Personal der Hochschulen solle wieder beim Land beschäftigt sein. Es ist Ihnen offenkundig entgangen, warum man das damals geändert hat. Wären Sie am Dienstag beim Symposium zur Zukunft der Studentenwerke gewesen, hätten Sie bei der Podiumsdiskussion mitbekommen können, warum das damals passiert ist. Bedingt durch für die Verwaltung nachvollziehbare und zu beachtende Vorschriften haben die Verfahren nämlich zum Teil elendig lange gedauert, zum Teil bis zu sechs Monaten.

Das hat nichts damit zu tun, Herr Dr. Paul, dass man etwas für die Professoren, für die Doktoranden oder für das angehende Personal tut. Dieses Zuwarten ist für die Universitäten und die betroffenen Bewerberinnen und Bewerber schädlich. Das steht übrigens nicht im Gesetzentwurf der Regierung. Die ist nicht auf die Idee gekommen, dass das Personal zum Land zurück soll. Das ist Ihre Idee. An der Stelle sind Sie voll auf dem Holzweg.

Herr Dr. Paul, ich habe in Erinnerung, dass Sie sagten, beim Hochschulfreiheitsgesetz fehle es an echter Freiheit für die Universitäten. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, haben Sie das einmal gesagt. Was Sie an diesem Punkt machen wollen, hat mit echter Freiheit, hat überhaupt mit Freiheit für die Universitäten nichts zu tun. Wer bislang davon ausgegangen ist, die Piraten stünden für Freiheit und Selbstbestimmung, der wird – jedenfalls was die Universitäten angeht – durch Ihren Gesetzentwurf eines Besseren belehrt.

(Vorsitz: Vizepräsident Daniel Düngel)

Was das Thema Personal angeht, ist dieser Gesetzentwurf jedenfalls der klare Versuch, die Universitäten zu gängeln und das Verfahren zu bürokratisieren. Das ist klar und eindeutig eine Richtung, in die wir nicht wollen und in die wir nicht gehen werden.

Vor diesem Hintergrund kann ich nur hoffen – gehe aber auch davon aus –, dass Ihr Gesetzentwurf das bleibt, was er ist, nämlich ein Entwurf. Ich hoffe, was wir am Ende verabschieden werden, hat mit Ihren Vorstellungen an der Stelle überhaupt nichts zu tun.

Ich freue mich schon auf die Beratungen im Ausschuss. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Herr Kollege

Haardt, bleiben Sie noch kurz bei uns.

Ja, natürlich.

Herr Dr. Paul hat eine Kurzintervention angemeldet und damit jetzt 90 Sekunden Zeit. – Herr Dr. Paul, bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Lieber Herr Haardt, ich dachte, wir kürzen das heute ab. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Ausführungen, denn sie zeigen klar, wie die Union tickt. Ich kann Ihnen aber einen Einwand nicht ersparen.

Haben Sie einmal mit den Landespersonalräten gesprochen? Wissen Sie, dass Beschäftigte an den Universitäten aus dem Mittelbau einer Probezeit unterliegen, wenn sie sich von einer Universität an eine andere bewegen wollen? Wissen Sie, dass die einzelnen Universitäten viele, viele kleine Verwaltungen aufbauen, obwohl man es besser zentral regeln könnte? Wir haben lange überlegt, wie man beispielsweise das mit der Versetzung eines Mitarbeiters von der einen an eine andere Universität machen könnte. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass das, was in anderen Bundesländern gut ist, in Nordrhein-Westfalen nicht schlecht sein muss. – Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Kollege

Haardt, Sie haben auch noch einmal 90 Sekunden Redezeit, wenn Sie erwidern möchten.

Herr Dr. Paul, wir haben uns mit allen Vertretern an den Universitäten unterhalten. Das haben nicht nur wir getan, sondern sicherlich auch die anderen Fraktionen. Wir sind uns offenbar mit allen anderen Fraktionen in diesem Hause außer mit Ihnen einig: Es ist besser, das Personal bei den Universitäten zu belassen und den Universitäten an dieser Stelle auch weiterhin die Autonomie zu lassen. Das wollen Sie offensichtlich nicht. Sie wollen letztendlich die Universitäten bürokratisieren und dirigieren.

Sie haben vorhin etwas Entlarvendes gesagt. Sie sagten, an den Universitäten würde etwas Bestimmtes nicht mehr gelehrt. Damit haben Sie sich entlarvt. Sie wollen entscheiden, was an den Universitäten gelehrt wird und es nicht den Universitäten überlassen.

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Das ist eine Forderung von 40 Studierendengruppen! Nicht von uns! Schwachsinn!)

Genau das ist das Problem. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Haardt. – Als nächster Redner spricht Herr Kollege Abel für die grüne Landtagsfraktion.

(Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU] – Gegen- ruf von Dr. Joachim Paul [PIRATEN])

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Paul, was Sie mit Herrn Dr. Berger zu klären haben, könnte länger dauern. – Ich fand Ihre Rede insofern erhellend, als noch einmal deutlich wurde, dass von den Piraten in der Vergangenheit nur Worthülsen und Schlagworte kamen. Sie haben auch mit diesem Gesetzentwurf nichts Substantielles vorgelegt, was uns in der Diskussion der letzten zwei Jahre um ein neues Hochschulgesetz irgendwie weiterbringen würde.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Mit diesen Worthülsen und Schlagworten versuchen Sie offensichtlich, bei oberflächlich interessiertem Publikum zu verfangen. Insofern war ich dann doch gespannt, als ich gesehen habe, es gibt einen Gesetzentwurf der Piraten. Die Textgattung „Gesetzesentwurf“ suggeriert, jetzt gibt es etwas Konkretes.

Ich war mäßig, aber auch nicht übermäßig von dem enttäuscht, was Sie vorgelegt haben. In der Vergangenheit haben Sie ja ganz große Ankündigungen gemacht. Im März dieses Jahres haben Sie zum Beispiel einen Entschließungsantrag mit der Überschrift „Land muss endlich wieder mehr Verantwortung für die Hochschulen übernehmen“ eingebracht. Da fiel das Schlagwort „Verantwortung“. Aber in diesem Antrag gibt es keinen einzigen konkreten Punkt. Er hat nur einen Feststellungsteil. Es gibt keine Aufforderung an die Landesregierung. Nichts. Darin stehen so vielsagende Sätze wie den, den Sie heute auch gebracht haben: Als Anwälte der Steuerzahler müssen wir für Transparenz sorgen. – Darin ist das Schlagwort „Transparenz“ enthalten.

Die Entgleisungen des Kollegen Bayer in der Debatte vom November, als es um die Rüstungsforschung ging, kann man nicht anders nennen. Ich zitiere aus dem Protokoll:

„Hochschulen sollen sich dabei heute spezialisieren und ein bestimmtes Profil ausbilden. Bochum, Aachen und Wuppertal haben es auf eine

traurige Art und Weise geschafft, innerhalb einer Woche ein ganz bestimmtes Profil auszubilden.“

Weiter heißt es:

„Meine Sorge ist, dass die Legitimität öffentlicher Forschungsförderung insgesamt leidet. Die Forschung ist aber von der Akzeptanz der Bürger im besonderen Maße abhängig.“

Dann lassen Sie uns doch einmal in Ihren Gesetzentwurf schauen und sehen, was Sie zu der von Ihnen geforderten Transparenz, was Sie zum Spannungsfeld zwischen Verantwortung und Freiheit zu Papier gebracht haben.

Bei der Landesverantwortung: nichts Neues. Da bleiben Sie im Wesentlichen bei dem, was jetzt im Hochschulfreiheitsgesetz verankert ist. Bei dieser schwammigen Formulierung aus Pinkwarts Zeiten weiß niemand so genau, wer eigentlich wie die strategischen Ziele des Landes mit den Hochschulen vereinbaren oder formulieren soll.

Mit der Freiheit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es auch nicht so weit her, jedenfalls dann nicht, wenn es Ihnen nicht passt. Dann wollen Sie eingreifen. Zum Beispiel wollen Sie die Wissenschaftler zwingen, sich das Recht auf nicht kommerzielle Zweitveröffentlichungen vorzubehalten.

Dann schauen wir einmal – ich habe die Rede des Kollegen Bayer hier erwähnt – nach einer Friedensklausel. Suchen wir nach Worten wie Rüstung, Frieden, zivile Zwecke, gesellschaftliche Verantwortung: Sie liefern nichts dazu. Herr Bayer, was folgt aus Ihren Forderungen, aus Ihren Anwürfen an die Universitäten?

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Dass die Hochschule das selbst entscheidet!)

Ja, vielen Dank für den Zwischenruf, dass die Hochschulen selbst entscheiden sollen. Da merkt man eben: Sie haben hier kein Ziel, keine Linie. Sie reden von Verantwortung, Sie reden von Transparenz. Aber wenn es dann konkret wird und wenn man an konkreten Punkten, an konkreten Fragestellungen danach sucht, dann findet sich nichts.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben keine Linie. Sie haben behauptet, Kernkompetenz der Piraten sei die Wissenschaftspolitik. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn Ihr Gesetzentwurf das Ergebnis einer zwei Jahre andauernden Debatte ist, wobei Sie je nach Software 40 bis 45 % wortwörtlich Übereinstimmung mit unserem Gesetzentwurf haben, dann muss ich sagen: Das ist Niveaulimbo.