Protokoll der Sitzung vom 02.07.2014

damit wir in der Sache weiterkommen und möglichst gemeinsam – …

Diese Redezeit.

… das haben wir bisher auch geschafft – die Dinge in den Ausschüssen und auch hier beraten. Es ist ein gemeinsames Problem, kein Problem einer bestimmten Partei. Wir möchten gemeinsam die Weser verbessern und den dort lebenden Menschen helfen.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Fehring. – Bevor ich Herrn Kollegen Berghahn für die SPD-Fraktion das Wort gebe, will ich gern zum weiteren Ablauf des heutigen Plenartages einige Mitteilungen machen, damit die Fraktionen und die Rednerinnen und Redner sich darauf einstellen können.

Zwischenzeitlich hat es die Verständigung gegeben, den Tagesordnungspunkt 13 ohne Debatte durchzuführen und die Reden zu Protokoll zu geben, bei Tagesordnungspunkt 14 auf die Debatte zu verzichten und nur die Einbringung durch die Landesregierung vorzunehmen. Sie wird ihre Rede zu Protokoll geben. Bei 15 dasselbe Verfahren, bei 16 geben alle Rednerinnen und Redner ihre Reden zu Protokoll. Dasselbe gilt dann für den Tagesordnungspunkt 19. – Mit diesen Vorbemerkungen hat der Kollege Berghahn jetzt das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchertribüne! Die K + S Aktiengesellschaft mit Sitz in Nordhessen ist der größte Salzproduzent und gehört zu den größten Anbietern von Düngemitteln auf der Welt.

Bei dem Abbau des Kalisalzes fallen Laugenabwässer an, die zum Teil unterirdisch verpresst, aber auch zum Teil durch Einleitung in die Flüsse Werra und Weser in die Nordsee entsorgt werden. Ebenfalls auf diese Weise entsorgt werden die Haldenabwässer der Abraumhalden.

Die Laugenabwässer, die über Werra und Weser entsorgt werden, weisen eine hohe Kaliumkonzentration auf und beinhalten natürlich andere Reststoffe, was zu einer erheblichen Gewässerbeeinträchtigung führt. Unter anderem werden hierbei Schwefel- und Quecksilberanteile vermutet. Offizielle Angaben hierzu fehlen allerdings, und das macht eine Entsorgung über Weser und Werra natürlich umso problematischer.

Die Empfehlung eines 2006 eingesetzten runden Tisches ist der Bau einer Pipeline von Hessen zur

Nordsee, um die Flüsse von der Salzfracht zu entlasten. Dies wird auch im Koalitionsvertrag der regierungstragenden Parteien in NRW ausdrücklich unterstützt und eine weitere Einleitung in die Weser somit abgelehnt.

Auf der Werra-Weser-Anrainerkonferenz am 23.06. dieses Jahres wurden drei Varianten zur Entsorgung der Abwässer diskutiert. Erstens. Die Entsorgung über eine Pipeline zur Nordsee. Zweitens. Die Entsorgung über eine Pipeline zur Weser. Drittens. Das Eindampfen der Abwässer durch ein technisches Verfahren, was dem Antrag der CDU entsprechen würde.

Eine Salzpipeline zur Nordsee stößt nicht überall auf Zustimmung, zum Beispiel in den Landkreisen an der Nordsee, da sich die Einleiterstelle in der Nähe der Urlaubsorte Hooksiel und Horumersiel und damit in der Nähe des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer befindet. Somit verdient der vorliegende Antrag der CDU, dass wir ihn ernsthaft prüfen und diskutieren.

(Beifall von der SPD und der CDU)

Dies gilt umso mehr, da zeitlicher Druck für eine nachhaltige Lösung besteht. Denn die Genehmigung zum Verpressen der Lauge im Boden läuft 2015 aus. Die Entsorgung der Abwässer über die Werra und damit über die Weser läuft 2020 aus. Als ob das nicht schon genug wäre, hat die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet, wodurch eine Einleitung der restlichen Abwässer in Höhe von etwa 7 Millionen m3 ab dem Jahr 2015 unmöglich wird.

Der Antrag der CDU ist allerdings nicht neu. Die Salzlaugenaufbereitung ist bereits in der Vergangenheit diskutiert worden und laut einer Sachverständigenanhörung in Kassel als nicht machbar eingestuft worden. Hierbei standen der enorme Energiebedarf und die damit verbundenen Kosten einer weiteren Prüfung entgegen.

Aus meiner Sicht steht K + S aber auch eindeutig in der Pflicht, Verantwortung für eine umweltverträgliche Entsorgung ihrer Abwässer zu sorgen. Denn die Aktiengesellschaft verdient bereits über viele Jahrzehnte hinweg gutes Geld; Geld, das jetzt auch für die Erhaltung der Wasserqualität der Weser und des Grundwassers entlang der Weser eingesetzt werden muss.

Das Bundesumweltministerium hat angesichts des Vertragsverletzungsverfahrens ein Gutachten zur Bewertung einer technischen Aufbereitung beauftragt, das sicherlich auf die eine oder andere Art den Weg zu einer akzeptablen Lösung aufzeigen könnte. Auch in dieser Hinsicht steht K + S in der Pflicht, Lösungsbereitschaft zu zeigen.

Wir stimmen somit einer Überweisung des CDUAntrages zur weiteren Beratung in den Ausschuss

zu und schlagen die Einbeziehung des Gutachtens des Bundesumweltamtes vor.

Eines möchte ich zum Schluss noch anmerken: Ich war etwas irritiert, als ich den Antrag der CDU las. Denn noch in der Sitzung des Umweltausschusses vom 19. März 2014 – das ist noch gar nicht lange her – hat sich der CDU-Kollege Ortgies für den Bau der Salzpipeline zur Nordsee ausgesprochen, was in der jetzigen Überschrift des Antrages als nicht sinnhaft dargestellt wird. Das ist ein Widerspruch in sich. Ich denke, wir können das sicher im Ausschuss klären. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Berghahn. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Markert.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ziel der Wasserrahmenrichtlinie – das wurde bereits mehrfach angesprochen – ist es, den guten Zustand unserer heimischen Gewässer wiederherzustellen bzw. dort, wo es noch möglich ist, zu erhalten. Selbstverständlich müssen dafür Süßwassergewässer Süßwassergewässer bleiben und können nicht zu Salzwassergewässern umfunktioniert werden.

Liebe Kollegen Jürgen Berghahn, Hubertus Fehring, Kai Abruszat und Friedhelm Ortgies, es kann nicht sein, dass die Weser, ein bedeutendes Fließgewässer unserer gemeinsamen Heimat Ostwestfalen, jetzt zu einem Abwasserkanal mit hohem Salzgehalt umfunktioniert wird

(Kai Abruszat [FDP]: Richtig!)

und wir vor Ort in Zukunft Heringe fischen können, wie es einige Angelsportfreunde in Porta Westfalica schon jetzt berichten und befürchten.

Im Sinne des CDU-Antrages und vor dem Hintergrund neuer Erkenntnisse sowie politischer neuer Gegebenheiten ist es aller Mühen wert, darüber nachzudenken, wie wir dieses Problem gemeinsam lösen können. Bis jetzt ist immer wieder die sogenannte Nordsee-Pipeline – ich habe an einigen dieser Sitzungen für unsere Fraktion teilgenommen – als Lösung genannt worden ist. Der Widerstand in den Nordseebädern vor Ort war auch damals schon bekannt, aber alle haben gesagt, es sei zumindest besser, Salzgewässer zu nutzen, um dort Salzgewässer einzuführen, als weiterhin Süßwasserfließgewässer dafür zu nutzen.

Selbstverständlich bleibt natürlich noch die Frage offen, wie wir es durchgesetzt bekommen, eine so lange Pipeline in relativ kurzer Zeit – Kollege Berghahn hat darauf hingewiesen, dass die Verpressung 2015 und die Verklappung in die Fließgewässer 2020 endet – zu bauen. Zumal es in Ostwestfalen bereits genügend Stellen gibt, an denen es heißt:

Hier bitte keine Pipeline. Aus ähnlichen Vorhaben wissen wir, dass es immer wieder Leute gibt, die darauf hoffen, ihre Grundstücke für gutes Geld verkaufen zu können. Gegebenenfalls hätten wir dann sogar noch Rechtsverfahren zu erwarten. Das verzögert den ganzen Prozess ohnehin.

Insofern sind die Ausschussberatungen und die vorliegenden Gutachten ein guter Anlass, jetzt noch einmal gemeinsam darüber nachzudenken, wie die Lösung langfristig und damit endgültig aussehen könnte.

Die Verdampfung ist untersucht worden – das erwähnen Sie auch in Ihrem Antrag – und stößt nicht nur auf Gegenliebe.

Ich finde, wir sollten die Chance nutzen – ich tue das als Vorsitzender der Enquete-Kommission zur nachhaltigen Zukunft der chemischen Industrie –, mit den Chemieunternehmen zusammen vielleicht einmal zu überlegen, wie eine Lösung aussehen könnte. Denn die Chloralkali-Elektrolyse braucht zwingend Salzlaugen. Möglicherweise ist das ein Ansatz, zumal wir damit eine Technologie kombinieren können, die in Nordrhein-Westfalen an einem hiesigen Standort entwickelt worden ist, nämlich die sogenannte Sauerstoff-Verzehr-Kathodentechnologie.

Möglicherweise können wir das zusammenbringen. Das ist zumindest eine Frage, die wir diskutieren sollten, um nicht nur unsere Fließgewässer von möglichen Salzeinleitungen zu entlasten und die Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen, sondern auch diese Pipeline, die so schwer zu realisieren ist, womöglich überflüssig zu machen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Deswegen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehe ich den Beratungen im Ausschuss mit großer Freude entgegen. Da könnten wir noch einmal unsere verschiedenen Blaupausen übereinanderlegen und im Zweifel – ich will das hier jetzt nicht formal ankündigen – im Rahmen einer wissenschaftlichen Anhörung verschiedene Verfahren untersuchen lassen, um dann eine Lösung mit Industrie, mit Umweltverbänden und mit betroffenen Menschen in den entsprechenden Regionen zu ermöglichen.

In diesem Sinne stimmen wir der Überweisung in den Ausschuss zu und behalten uns noch eigene Vorschläge vor. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Markert. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Abruszat.

Ganz herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Fehring, der Antrag der CDU-Fraktion ist sicherlich ein Aufschlag, sich diesem Thema noch einmal neu und strukturiert zu widmen. Ich füge an der Stelle aber gleich hinzu: Für uns ist zunächst wichtig, dass wir das Landesinteresse definieren. Was liegt im Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen? Das Landesinteresse ergibt sich im Grunde genommen aus dem regionalen Interesse. Was ist also im Interesse der Region Ostwestfalen-Lippe?

(Zustimmung von Hans Christian Markert [GRÜNE])

An der Stelle will ich ausdrücklich sagen, lieber Herr Kollege Berghahn: Das, was der Kollege Ortgies zum Thema „Salzpipeline“ gesagt hat, ist völlig richtig und bleibt auch richtig. Wir müssen sämtliche Optionen in den Blick nehmen, prüfen und die am Ende geeignetste Form umsetzen, um das Problem der Weserversalzung im Interesse der Weseranrainerkommunen zu lösen. Insofern plädiert meine Fraktion ausdrücklich dafür: Es darf hier keine Denkverbote geben. Wir dürfen weder die neuen Technologien tabuisieren, die der Kollege Markert angesprochen hat, noch dürfen wir die Salzpipeline, die noch nicht mal im weiteren Planungsstadium ist, von vornherein ausschließen. Das ist, glaube ich, ein ganz entscheidender Gesichtspunkt. Das erwarten auch die vielen Kommunen in OstwestfalenLippe, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben.

Nun hilft an der Stelle, glaube ich, auch ein Blick nach Niedersachsen und nach Hessen. In Hannover und in Wiesbaden wird diese Thematik – um es mal etwas zurückhaltender zu formulieren – etwas anders, mit anderen Schwerpunkten diskutiert. Es gibt in Hannover und in Wiesbaden kein einheitliches, klares Bild, wie man mit diesem Thema umgeht – zumindest nicht im Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen; ich erkenne es zumindest nicht.

Gerade deshalb ist es so wichtig, dass wir nicht vornherein bestimmte Optionen, die bei einem Eingriff in Natur und Landschaft geeignet und verhältnismäßig sind, außen vor lassen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es ein Gebot auch regionaler Klugheit, Möglichkeiten einer Salzpipeline weiter zu untersuchen und – ich füge das ausdrücklich hinzu, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch wenn das jetzt ein bisschen an Sankt Florian erinnert – die Salzpipeline am besten nicht durch OstwestfalenLippe, sondern von Hessen, vom Zustandsstörer Kali + Salz, an Ostwestfalen-Lippe vorbei durch Niedersachsen zu führen. Das ist natürlich in der Tat die Variante, die, wenn ich nur das reine Landesinteresse sehe, am besten wäre. Aber da sind wir ja noch im Prozess.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Unter dem Strich, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren: Wir wollen die ökologisch effektivste Lösung und die nachhaltigste Lösung der Salzwasserproblematik auf den Weg bringen. Dazu kann dieser Antrag einen neuen Diskussionsimpuls geben. Ich sage aber ausdrücklich: Der regionale Konsens, der dergestalt aussieht, dass wir uns weiter der Untersuchung einer Pipeline zuwenden, darf dadurch nicht gefährdet werden. Das wäre nicht im Interesse der Weser-Anrainerkommunen im Regierungsbezirk Detmold. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP, der CDU und den GRÜNEN)

Herr Kollege Abruszat, würden Sie noch einen Moment am Pult bleiben. Es gibt eine Kurzintervention vom Kollegen Ortgies. – Bitte schön.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte die Gelegenheit nutzen, zunächst einmal – auch mit Blick auf die Rede von Herrn Berghahn – darauf hinzuweisen, dass hier vielleicht ein kleines Missverständnis besteht. In unserem Antrag zu dieser Salzpipeline steht ausdrücklich – ich lese vor –:

„Stellt sich allerdings heraus, dass die Aufbereitung vor Ort eine … nicht realisierbare Option ist, muss zielführend die so genannte Nordseepipeline realisiert werden.“

Wir haben hier also ausdrücklich ein zusätzliches Verfahren in die Diskussion gebracht, damit endlich – wie Sie, Herr Abruszat, schon richtig dargestellt haben – dieses Problem „Salz in der Weser“ gelöst wird.