Protokoll der Sitzung vom 02.07.2014

Wir haben hier also ausdrücklich ein zusätzliches Verfahren in die Diskussion gebracht, damit endlich – wie Sie, Herr Abruszat, schon richtig dargestellt haben – dieses Problem „Salz in der Weser“ gelöst wird.

Die Fraktionen sind da also politisch nicht weit auseinander. Ich bitte daher noch mal darum – diese Kurzintervention richtet sich auch an Herrn Berghahn, der mir eben zu schnell weggelaufen ist; ich konnte nicht schnell genug den Knopf für eine Zwischenfrage drücken –, dass wir alle versuchen, gemeinsam das Problem „Salz in der Weser“ zu lösen und die Pipeline auch nicht aus dem Auge zu verlieren. Aber zunächst sollten wir alles versuchen, was nicht dazu führt.

(Beifall von der CDU, der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Ortgies für diese Kurzintervention. – Jetzt hat Herr Kollege Abruszat die Möglichkeit, anderthalb Minuten darauf zu antworten. Er braucht die Redezeit aber nicht auszuschöpfen.

Herr Präsident, ich wollte eigentlich im Interesse des Kollegen Jürgen Berghahn antworten und sagen: Der Kollege Ortgies hat da recht. Genau so sollten wir diese gemeinschaftliche Aktion im Interesse der Weser-Anrainerkommunen fahren.

Es sollte dann aber auch in dem Antrag zum Ausdruck kommen, Herr Kollege Ortgies, dass die Alternativen der Untersuchung, neue Technologien in Hessen am Ort des Zustandsstörers und die Salzpipeline, nicht im Wege eines Entweder-oder, sondern im Wege eines Sowohl-als-auch untersucht werden. Das, glaube ich, ist ein entscheidender Gesichtspunkt. Ansonsten haben wir nicht den nötigen Druck auf dem Kessel, um das Thema „Salzpipeline“ weiter mit den Ländern Niedersachsen und Hessen zu diskutieren. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Abruszat. – Für die Piratenfraktion spricht der Kollege Rohwedder.

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN) : Vielen

Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und draußen in der großen weiten Welt! Wie sehr eine Verbesserung der Zustände im Salzabbau durch K + S nötig ist, sieht man schon daran, dass jahrzehntelang noch nicht einmal die Grenzwerte aus dem Jahr 1942 eingehalten wurden. Die waren damals als Folge der Kriegswirtschaft angehoben worden und wurden seitdem fast permanent überschritten. Flüsse, Böden und Grundwasser sind gnadenlos versalzt, sodass auf ehemaligen Landwirtschaftsflächen jetzt Meeresuferpflanzen gedeihen.

Bei der Düngergewinnung aus Kalisalz werden maximal 30 % verarbeitet. Den Rest, Kochsalz, kann man nicht gewinnbringend verkaufen, sagt K + S. Und so wird die Werra zum am stärksten belasteten Fluss Mitteleuropas.

Meine Vorredner sagten es ja schon: Die EU hat deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Verstoßes gegen die Wasserrahmenrichtlinie eingeleitet. Die Wasserrahmenrichtlinie ist seit 1999 auch in Deutschland geltendes Recht als Wasserhaushaltsgesetz. Wenn wir Glück haben, wird K + S die Grenzwerte von 1942 ab 2015 einhalten können, nicht etwa die heutigen Grenzwerte. Und das reicht uns nicht!

Herr Kollege Fehring von der CDU hat gesagt, dass K + S in den letzten Jahren Hunderte von Millionen Euro für Verbesserungen in die Hand genommen hätten. In Wirklichkeit haben die nur ihre Uraltanlagen aufgehübscht. Das hat nicht wirklich was verschlagen. Das war ohnehin unvermeidlich, das war normale Wartung und Pflege und wurde der Öffentlichkeit als Verbesserung verkauft.

Herr Kollege Markert von den Grünen hat darauf hingewiesen, dass Süßwasser Süßwasser bleiben soll, dass das aus der Wasserrahmenrichtlinie hervorgehe. Da hat er völlig recht.

Eine kleine Spitze aber doch noch an die Landesregierung: Gilt das dann auch für die Lippe, die an der Mündung wegen ihres Salzgehaltes praktisch Nordseewasser führt? Dieser entsteht durch die Einleitung des abgepumpten Wassers aus dem Steinkohlebergbau – Ewigkeitsschäden. Dorsche und Heringe könnte man dort auch züchten.

Herr Markert hat recht, wenn er eine Verbindung zur Chemie-Enquete sieht. Das ist sicherlich sinnvoll. Auch der Vorschlag einer wissenschaftlichen Anhörung klingt interessant.

(Beifall von den PIRATEN und Hans Christi- an Markert [GRÜNE])

Nachdem man zulasten der Allgemeinheit jahrzehntelang geltendes Recht missachtete, damit enorme Gewinne machte und den Börsenwert innerhalb von ein paar Jahren versechsfachte, sind Forderungen nach einer nachhaltigeren Bewirtschaftung dieser Ressource überfällig. Das Geld für die neuen Anlagen, vielleicht einige Hundert Millionen Euro, wurde in den letzten Jahren bereits mehrfach in die Kassen gespült – im selben Maße wie das Kochsalz in die Werra.

Eine Pipeline zur Nordsee ist in unseren Augen nur die zweitbeste Lösung. K + S muss lernen, dass wir nicht mehr unter Kriegswirtschaftsbedingungen in einem Unrechtsstaat leben. Oder sind 70 Jahre dafür eine zu kurze Übergangszeit?

(Beifall von den PIRATEN)

Eine Nachhaltigkeitsstrategie bedeutet, dass Gemeinnutz vor Eigennutz kommt. Sie bedeutet auch die Nutzung aller Rohstoffe auf hohem Niveau statt Rosinenpickerei. Dem Unternehmen selbst ist der Pipelinebau zu teuer gewesen. Bitte schön, dann nehmen wir doch die bessere Lösung – besser als Versalzung von Böden, Grund- und Oberflächenwasser, Schäden an Bauwerken wie Hafenanlagen und Brückenpfeilern flussabwärts. Wer zahlt Bremen die Kosten für die Wasserbrunnen, die gebohrt werden mussten, weil Trinkwassergewinnung aus der Weser in 300 km Entfernung seit mehr als 40 Jahren nicht mehr möglich ist?

Von einem Unternehmen, das in den letzten Jahren mehrere Hundert Millionen Euro jährlich zum Aufkauf von Konkurrenten übrig hatte, erwarten wir eine andere Einstellung zu den Dingen, zum Beispiel zur Einhaltung geltenden Rechts.

(Beifall von den PIRATEN)

Unter diesen Gesichtspunkten ist der Antrag der CDU als erster Schritt für uns auch zustimmungsfähig. Auf den nächsten Schritt – das kann ich jetzt

schon ankündigen – wollen wir nicht noch mal 70 Jahre lang warten. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN und Hans Christi- an Markert [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Remmel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es tut mir leid: Ich muss etwas Wasser in den Wein gießen. Und ich bitte den Landtag, Klarheit herzustellen, und zwar möglichst zügig und direkt. Wir sind nicht in irgendeinem wissenschaftlichen Seminar, wo es darum geht, verschiedene Methoden nebeneinanderzulegen, sondern wir sind in einer ganz konkreten politischen Situation.

Es gibt seit Langem das Einverständnis in diesem Landtag, dass wir einvernehmlich über alle Fraktionsgrenzen hinweg eine zügige, realistische Lösung des Problems anstreben. Bisher war allen Fraktionen klar: Das ist die Pipeline in die Nordsee. – Und so ist die Landesregierung unterwegs, so werden zurzeit entsprechende Verfahren abgewickelt. Wir sind im Vorstadium von Raumordnungsverfahren, ganz konkret, ganz aktuell. Wir haben ein Datum vor uns, nämlich 2015. Bis dahin müssen die Bewirtschaftungspläne bei der EU eingereicht werden.

Auch bei allen Expertinnen und Experten ist ganz klar: Die einzige Lösung, die zurzeit trägt, ist die Pipeline in die Nordsee. Ich bitte also um Klarheit, wenn das nicht mehr die Haltung des Landtages ist. Denn wenn das so wäre, würden die Landesregierung, aber auch viele andere in eine falsche Richtung laufen, und wir würden uns möglicherweise der Verantwortung stellen müssen, Vertragsverlet

zungsstrafen zu übernehmen, weil wir nicht alles dazu beigetragen haben, die richtigen Lösungen zeitnah auf den Weg zu bringen. Es ist jedenfalls die Absicht der Landesregierung, da mit aller Kraft unterstützend tätig zu sein.

In der Tat ist es so, dass in der Diskussion immer wieder neue, andere Verfahren auf den Tisch kommen. Meines Erachtens sind diese Anlässe aber dazu angetan, vom eigentlichen Ziel, nämlich einer Umsetzung und einer konkreten Investitionsentscheidung, abzulenken.

Es ist nicht ganz preiswert, eine solche Pipeline zu bauen. Das ist auch nicht ganz ohne Diskussionen und Verfahren möglich. Es ist zurzeit aber die einzige realistische Chance, eine Option auf eine saubere Weser zu bekommen und die europäischen Vorgaben zu erfüllen.

Ich erinnere daran, dass es in Hessen, aber auch darüber hinaus, großes Interesse daran gibt, die Firma Kali + Salz am Standort zu halten. Da sind Arbeitsplätze betroffen, da gibt es Wirtschaftlichkeitsberechnungen am runden Tisch, die genau in diese Richtung gehen. Jetzt wieder über Verfahren zu diskutieren, die irgendwann einmal in der Diskussion waren, würde auf alle Fälle dazu führen, dass das Unternehmen erneut Überlegungen anstellt, sich aus der Region zurückzuziehen. Das, glaube ich, kann keiner wollen.

Jeder kann Ideen entwickeln; aber wir sollten Klarheit in unserer Position haben. Die Position des Landes Nordrhein-Westfalen war bisher und die der Landesregierung ist es auch noch, eine Nordseepipeline anzustreben und die beteiligten Bundesländer in einen Geleitzug zu bekommen.

Es gibt die entsprechenden Signale aus Hessen. Es gibt auch die entsprechenden Signale aus Niedersachsen. Wir sollten das nicht infrage stellen und weder bei der Bevölkerung noch bei den Partnern, mit denen wir zu tun haben, einschließlich der Bundesregierung, Unsicherheit verursachen.

Also: Wissenschaftlich kann alles untersucht werden. Aber in der Praxis, tagesaktuell und bei dem, was wir tun müssen, muss die Richtung klar sein. Darum bitte ich, hier schnell Klarheit herzustellen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrages Drucksache 16/6135 an den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

8 Landesregierung muss Konzept zur flächen

deckenden Einführung eines nicht-konfessionellen Werteunterrichts an Grundschulen vorlegen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/6128

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die FDPFraktion der Frau Kollegin Gebauer das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unsere Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer stärker ausdifferenziert. Dies gilt für religiöse Überzeugungen, aber auch für eine wachsende Anzahl von Menschen ohne konfessionelle Bindung.

Auf diese Vielfalt, die meine Fraktion und ich ausdrücklich begrüßen, muss auch die Schulpolitik reagieren.

Während in weiterführenden Schulen mit der praktischen Philosophie ein nicht bekenntnisorientiertes Angebot als ordentliches Unterrichtsfach besteht, fehlt ein solches Angebot an unseren Grundschulen. Eltern können ihr Kind von der konfessionellen Religionslehre abmelden. Aber sie beklagen häufig zu Recht, dass ihre Kinder dann an den Schulen lediglich betreut werden.

Bei den zentralen Fragen der Lebensgestaltung und der Weltanschauungen geht es nicht zuletzt um den Respekt vor unterschiedlichen Lebensentwürfen. Deshalb möchte die FDP für Kinder ohne konfessionelle Bindung auch an Grundschulen ein Angebot schaffen, das kindgerecht Sinnfragen und ethische Werte behandelt. Alleine aus unserem Grundgesetz lässt sich eine Vielzahl großartiger Themenfelder ableiten – Themenfelder, auf denen ein nicht konfessionell geprägter Werteunterricht an unseren Grundschulen basieren kann.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, das Bundesverwaltungsgericht hat erklärt, dass es keinen Anspruch auf solch ein ordentliches Fach gibt. Es hat aber gleichzeitig die Möglichkeit zur Einrichtung eines solchen Faches in die Hände der jeweiligen Gesetzgeber, sprich: in unsere Hände, gelegt.