Protokoll der Sitzung vom 10.09.2014

Ich möchte ausdrücklich das Gemeinsame unterstreichen. In den knapp zweieinhalb Jahren habe ich im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales bis jetzt von keinem Fachpolitiker, von keinem der Kollegen in den Fraktionen irgendetwas anderes gehört, als dass er den Menschen helfen möchte.

Gerade diesen Menschen, die extrem viel Hilfe brauchen, müssen wir gemeinsam helfen. Das Thema eignet sich einfach nicht weiter zum Politisieren und zum Auseinanderdividieren, wie es schon seit 20, 25 Jahren der Fall ist. Lassen Sie uns

das beenden, und lassen Sie uns diesen Antrag als kleinen Baustein dafür nehmen, hier wirklich im Sinne der Menschen – und zwar aller Menschen – zu handeln. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Sommer. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Schneider das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich Herrn Sommer nur anschließen: Wir sollten auch in der Arbeitsmarktpolitik einen permanenten Versuch unternehmen, Konsens herbeizuführen.

Allerdings heißt das nicht, dass man Fehler nicht benennen sollte. Ich bin wirklich etwas erstaunt über den vorliegenden Antrag der FDP. Die FDP hat die Langzeitarbeitslosen entdeckt – das ist doch die Nachricht des frühen Abends! Karl-Hermann Flach ist auferstanden.

Wenn man Ihren Antrag aber einmal näher anschaut, Herr Alda, kommt man zu der Einschätzung: So ganz stimmt das alles nicht.

Zunächst will ich Ihnen sagen: Wir tun alles dafür, auch Langzeitarbeitslose auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzubringen. Sie haben ein Anrecht darauf, am Erwerbssystem teilzuhaben; denn ich denke, dass Teilhabe an Erwerbsarbeit eine Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe schlechthin ist.

Wir dürfen nur nicht darüber hinwegsehen, dass von den eben schon genannten 300.000 Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, eine beträchtliche Anzahl aus vielerlei Gründen nicht so ohne Weiteres in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren ist.

Da gibt es vielfältige Hemmnisse, gesundheitlicher Art, auch anderer Art. Da gibt es vor allem auch das Thema „mangelnde Qualifizierung“. Unsere Arbeitsmarktpolitik in Nordrhein-Westfalen ist gekennzeichnet durch unterschiedlichste Formen beruflicher Qualifizierung.

Ich will nur darauf hinweisen, dass wir auch zweijährige Berufsausbildungen sowie Teilzeitausbildungen anbieten. Das ist übrigens ein Renner im Rahmen unserer Maßnahmen, sehr gut geeignet für Menschen, die schon älter sind und dringend beruflich qualifiziert werden müssen.

Dass wir über 300.000 Langzeitarbeitslose haben, ist natürlich auch Ergebnis und Konsequenz unserer Wirtschaftsstruktur: eines riesigen Strukturwandels, der im Übrigen nicht aufhört. Wir hatten einmal eine Wirtschaftsministerin, die laut posaunte, das Ende des Strukturwandels sei gekommen. In der

Marktwirtschaft gibt es aber das Ende des Strukturwandels nicht.

Deshalb haben wir diese Probleme, und wir versuchen, mit unseren bescheidenen Möglichkeiten – hier ist insbesondere die Finanzierung auch durch den Europäischen Sozialfonds gefragt – gegenzuhalten.

Ich kann natürlich nicht darüber hinweggehen, dass die Instrumentenreform, die schon angesprochen worden ist, dazu geführt hat, dass wir für die Arbeitsmarktpolitik von 2010 bis 2013 ein Minus von 660 Millionen € zu verzeichnen hatten. Das ist kein Pappenstiel. Da muss man wirklich rechnen. Das Geld fehlt für eine aktive Arbeitsmarktpolitik.

Viele Menschen werden den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt nicht schaffen. Dafür wollen wir einen sozialen Arbeitsmarkt installieren. Im Moment ist in diesen Maßnahmen die bescheidene Zahl von 1.200 Personen untergebracht. Wir hoffen, dass die neue Bundesregierung – ja, ich bin sicher, dass sie dies tun wird – hier nachlegen wird. Es gibt die Ziffer von 30.000 bundesweit, und davon benötigen wir eine ganze Anzahl, weil wir das Land sind, das am meisten betroffen ist.

Nun habe ich mich gefreut, dass sich die FDP mit der Langzeitarbeitslosigkeit beschäftigt. Dann hatten Sie wieder einen Rückfall in marktradikale Zeiten. Ihre Absage an einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn hat mit Arbeitsmarktpolitik überhaupt nichts zu tun, es sei denn, Sie konstruieren einen Kausalzusammenhang zwischen geringen Löhnen und dem Aufbau von Beschäftigung. Überall dort, wo versucht wurde, das in Gang zu setzen, ist man gescheitert.

8,50 € bedeutet nun keine grandiose Lohnerhöhung für die Betroffenen. Wenn Sie das auf 40 Stunden umrechnen, werden Sie feststellen, das ist etwas mehr als der Hartz-IV-Satz. Bisher waren wir uns darin einig, dass derjenige, der arbeitet, mehr kriegen muss als derjenige, der nicht arbeitet. Ich kann nur sagen: Dies stellen Sie über das Infragestellen des Mindestlohns auch infrage.

Dass Herr Kerkhoff darauf hinwies, dass die CDU mit dem Antrag mitgeht, heißt: Auch die CDU in diesem Hause stellt den Mindestlohn infrage. Dann müsste man in Berlin besser abklären, was man nun will. Ich dachte eigentlich, wir wären über diese Ebene der Diskussion hinausgekommen. Niemand in diesem Lande ist doch noch ernsthaft der Auffassung, dass der Mindestlohn nicht notwendig ist.

Herr Minister, darf ich Sie auf die Redezeit hinweisen?

Der letzte Punkt – die Rücknahme der Vorverlegung der Zahlungen für die Sozialversi

cherungen – ist ein alter Hut. Nähmen wir sie zurück, fehlten den Sozialversicherungskassen etwa 14 Milliarden €. Wir wissen – ich habe hier schon darauf hingewiesen –, dass auch die Wirtschaft eine Rücknahme der Vorverlegung gar nicht wünscht.

Sie sind hier in einer exotischen Ecke. Begeben Sie sich aus dieser Ecke heraus, damit wir zu einer wirklich seriösen Politik zurückfinden. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. – Die Landesregierung hat die verabredete Redezeit um etwa 40 % – in Zahlen: um zwei Minuten und zwölf Sekunden – überzogen. Das kann sie machen. Selbstverständlich steht diese Zeit dann auch den Fraktionen zur Verfügung. Wer möchte, kann also noch einmal in die Debatte eingreifen. – Herr Kollege Alda hat sich spontan gemeldet und erhält das Wort.

Danke, Herr Präsident. – Allgemein: Klischees und Prosa haben wir den ganzen Tag über gehört. Darauf gehe ich gar nicht mehr ein; das wird der Sache auch nicht gerecht.

Seien Sie mir nicht böse: Ich habe mir lange überlegt, ob ich das Wort „Mindestlohn“ in die Debatte einbringe – es steht übrigens gar nicht in dem Antrag –, aber, Herr Minister, ich wusste, über welches Stöckchen Sie wieder springen, und da habe ich gedacht: Bring es doch einmal hinein.

Ansonsten möchte ich ganz einfach sagen: Kollege Sommer, schönen Dank. – Das ist wenigstens einer, der uns zugehört hat. Wir sind nämlich überhaupt nicht gegen einen sozialen Arbeitsmarkt – aber nicht nur. Insbesondere mir kann keiner unterstellen, dass ich gegen einen sozialen Arbeitsmarkt sei.

Herr Minister, fragen Sie einmal Ihren Kollegen Kutschaty. – Jetzt ist er weg. Nein, da geht er gerade herum. Hallo! Können Sie sich erinnern, worüber wir beide uns in der Justizakademie Recklinghausen unterhalten haben? Da ging es zum Beispiel um einen Teil dieser Klientel, nämlich um die Vorbestraften. Was machen wir mit ihnen?

Da habe ich Ihrem Kollegen erklärt, wie man sich als Arbeitgeber fühlt: wie man zum Beispiel von Bewährungshelfern behandelt wird in dem Moment, in dem die Kollegen nicht mehr kommen. Man steht mit seinen Maschinen da und ruft dort an, und dann wird einem gesagt: Ja, Ihnen geben wir doch keine Auskunft.

Das sind die Probleme, auf die Sie endlich eingehen sollten – worum ich diese Regierung in der Diskussion intensiv bitte. Prosa können wir uns nach zweieinhalb Jahren sparen. – Danke sehr.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/6681 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer möchte dieser Überweisungsempfehlung zustimmen? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe auf:

3 Bauen mit Holz erleichtern – Bauordnung

Nordrhein-Westfalens ändern

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 16/6687 – Neudruck

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die erste der beiden antragstellenden Fraktionen, nämlich für die CDU-Fraktion, Herrn Kollegen Deppe das Wort. Da steht er schon. Bitte, Herr Deppe, Sie haben das Wort.

Herr Papke! Meine Damen und Herren! Nordrhein-Westfalen ist Schlusslicht beim Bauen mit Holz. Das wollen CDU und FDP ändern. In einer Untersuchung der Bauordnungen der Bundesländer in diesem Sommer durch das Thünen-Institut rangiert Nordrhein-Westfalen beim Bauen mit Holz mit minus 45 Punkten mit riesigem Abstand auf dem allerletzten Platz. Damit Sie das einordnen können: Auf Platz 1 steht BadenWürttemberg mit einem Wert von plus 2. Das ist die Spannweite dieser Untersuchung.

Die Folgen sind auf den Baustellen zu besichtigen.

Während in Baden-Württemberg 27 % der neuen Häuser aus Holz gebaut werden, sind es in Nordrhein-Westfalen gerade einmal 11 %. Bei rund 20.000 Ein- und Zweifamilienhäusern, die im Jahr 2013 in Nordrhein-Westfalen genehmigt wurden, ist es ein Unterschied, ob 2.200 oder 5.400 Häuser in Holzbauweise entstehen.

(Vorsitz: Präsidentin Carina Gödecke)

Und dann haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, dass die Landesregierung den wertvollen Baustoff Holz für den Geschosswohnungsbau de facto unterbindet, weil sie mit ihrer Landesbauordnung immer eine Sondergenehmigung verlangt,

wenn man Holz oberhalb der zweiten Etage als Baustoff einsetzen will.

Dabei liegen die Vorteile von Holz für den Nutzer auf der Hand. Ich nenne das gesunde Raumklima, den Wohnkomfort, die kurzen Bauzeiten, die fehlenden Trocknungszeiten, die Möglichkeiten zur Eigenleistung und die ausgezeichneten Dämmeigenschaften. Holz atmet, Holz lebt, meine Damen und Herren.

Im Sinne der Allgemeinheit hat das Bauen mit Holz einen weiteren Vorteil, nämlich eine unschlagbare Ökobilanz. Holz speichert, während es wächst, Kohlenstoff und bindet diesen während der gesamten Nutzungsdauer. Jeder verbaute Kubikmeter Holz speichert den Kohlenstoff von einer Tonne Kohlendioxid. Deswegen ist Bauen mit Holz aktiver Klimaschutz.

(Beifall von der CDU)

Herr Remmel – er ist leider nicht da –, lassen Sie doch Ihren wortreichen Sätzen zum Klimaschutz und zum Holzcluster NRW sowie den Ankündigungen im Koalitionsvertrag endlich einmal Taten folgen!

CDU und FDP wollen, dass Nordrhein-Westfalen zum Holzbauland Nummer eins wird. Wir setzen darauf, dass Ihre Ankündigungen nicht nur hohle Worte bleiben, sondern dass Sie mit uns gemeinsam dafür sorgen, die Hemmnisse abzubauen und dem Holzbau in Nordrhein-Westfalen zum Durchbruch zu verhelfen. – Herzlichen Dank.