Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer -drei sind noch auf der Tribüne. Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion, der Überschrift Ihres Antrages können wir folgen. Wir freuen uns natürlich auch darüber, dass Sie dieses für unser Land wichtige Thema der Personalgewinnung unter dem Vielfaltsaspekt federführend in unserem Ausschuss, im Integrationsausschuss, verhandeln wollen, ist es doch der Ausschuss, der die Umsetzung des § 6 des Teilhabe- und Integrationsgesetzes, in dem die weitere interkulturelle Öffnung der Landesverwaltung festgeschrieben ist, parlamentarisch begleitet und auch kontrolliert.
Die Tatsache, dass Sie sich konstruktiv mit der Frage der Personalgewinnung für das Land auseinandersetzen, unser Land als wichtigen Ausbilder und Arbeitgeber sehen, hebt sich auch wohltuend davon ab, dass seitens Ihrer Fraktion bei anderen Gelegenheiten des Öfteren, zuletzt beispielsweise bei der Haushaltseinbringung im vergangenen Plenum, Nordrhein-Westfalen schlechtgeredet wird und versucht wird, es als Trägerin der roten Laterne in sämtlichen Bereichen darzustellen. Das bedeutet ja im Gegenzug, dass es auch eher nicht erstrebens
Im Vorgriff auf die noch zu führende Ausschussdebatte will ich Ihnen einige unserer Kritikpunkte und Fragen zu Ihren Überlegungen, wie Sie die Personalgewinnung voranbringen möchten, nennen:
Die anonymisierte Bewerbung – so führen Sie in Ihrem Antrag aus – werde – ich zitiere – „gern als zielführend dargestellt“ für das Ziel, Menschen mit Zuwanderungsgeschichte im Landesdienst zu beschäftigen. – Sie kritisieren das Verfahren – was wir gerade noch einmal von Frau Güler gehört haben – sowie das entsprechende Pilotprojekt und erwecken wieder einmal den Eindruck, die Landesregierung beschränke ihre Maßnahmen ausschließlich auf dieses Instrument. In Ihrem Antrag unterstellen Sie die Konzentration auf die anonymisierte Bewerbung als isolierte Einzelmaßnahme.
Sowohl das Expertengespräch, das der Integrationsausschuss dazu führte, als auch die Auswertung im Ausschuss sowie der zweite Umsetzungsbericht zur Landesinitiative, der uns als Drucksache 16/1310 vorliegt, machen nun deutlich, dass dem nicht so ist.
Die anonymisierte Bewerbung eignet sich insbesondere für den Bereich der Ausbildung, für die Besetzung hochspezialisierter Stellenprofile jedoch nicht. So ist das Fazit aller Bewertungen.
Es wäre schön, wenn Sie das einfach zur Kenntnis nehmen und dann auch noch in politische Anträge umsetzen würden. Wir sehen damit einen Teil Ihrer unter Punkt 1 genannten Forderungen als erledigt an.
Der genannte Umsetzungsbericht schildert auch die bisherigen Maßnahmen, die Sie unter Punkt 3 Ihres Antrages trotzdem noch einfordern: die Schulung und Fortbildung zum Thema interkulturelle Kompetenz. Diese wird eben nicht mehr separat vorgenommen, sondern erfolgt, wie von Ihnen gewünscht, im Rahmen von Pflichtfortbildungsveranstaltungen von Nachwuchsführungskräften und erreicht somit deutlich mehr Zuständige, und dies verpflichtend.
Im letzten Absatz Ihres Textes fordern Sie, dass Personalmarketingmaßnahmen nicht ins Blaue hinein geplant und durchgeführt werden dürfen. Dazu kann ich nur sagen: Danke für diese Binsenweisheit.
Sie schlagen zudem vor, das Land möge Verbundinitiativen verschiedener Behörden und Kommunen fördern und fordern. Abgesehen davon, dass Sie dies – warum auch immer – nicht in den Beschlusstext Ihres Antrags übernehmen, hätte auch hier ein Blick in den Umsetzungsbericht, den ich schon genannt habe, weitergeholfen.
Bestandteil der Landesinitiative „Mehr Migrantinnen und Migranten in den öffentlichen Dienst“ ist der Baustein „Partnerinitiative“, dem inzwischen
Sie alle sind eine Selbstverpflichtung eingegangen, in ihren Arbeitszusammenhängen interkulturelle Öffnung, interkulturelle Kompetenz und die Sensibilisierung dafür mit umfangreichen Organisationsprozessen weiterzuentwickeln.
Wir werden uns im Ausschuss sicherlich gerne mit den Fragen beschäftigen, ob nun flächendeckend im ganzen Land, also von jeder Einrichtung, die von Ihnen gewünschte eignungsdiagnostische Norm gleichermaßen notwendig und sinnvoll einsetzbar ist und ob dies zu den von Ihnen gewünschten Zielen führt. Und wir werden uns sicherlich auch darüber unterhalten müssen, wie aufwendig die Qualifizierung ist und wie hoch die damit verbundenen Kosten sind. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hack. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Velte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Serap Güler: Und täglich grüßt das Murmeltier! Seit ich im Landtag bin, seit 2012, streiten wir uns über die anonymisierten Bewerbungen und darüber, was es bringt und was es nicht bringt.
Ich wollte eigentlich mit der Feststellung beginnen, die der Vorsitzende des Integrationsausschusses in der letzten Sitzung, in der wir uns mit dem Thema beschäftigt haben – das tun wir ja ständig –, gemacht hat. Im Ausschussprotokoll steht:
„eigentlich nicht habe zulassen wollen, weil er sich von dem Fachgespräch nicht viel versprochen habe. Die Fraktionen hätten die Sachverständigen selber eingeladen, sodass …“
Ihren Vorstellungen sei also Genüge getan, und man könne sich nie einigen – sagt der Vorsitzende. Und ein bisschen scheint mir das so zu sein.
Ich glaube, dass es ein Fehler ist, jetzt, nach diesen vielen Anhörungen, immer wieder auf diesem Thema herumzureiten. Es ist vor allem auch deswegen ein Fehler, weil die Maßnahmen, die seit 2010 von der Landesregierung eingeleitet worden sind und die seit 2011 auch Ausdruck im Teilhabe- und Integrationsgesetz sowie in vielen Bemühungen und Maßnahmen gefunden haben, um die interkulturelle Öffnung der Landesministerien, die interkulturelle
Öffnung der Landtagsverwaltung und die interkulturelle Öffnung der Kommunen ein Stück weit nach vorne zu bringen, erst greifen müssen. Wir sehen in jedem Umsetzungsbericht, dass sie Stück für Stück immer mehr greifen und dass es mit der interkulturellen Öffnung der Ministerien auch schon besser geworden ist. Das sage ich bewusst auch vor dem Hintergrund, dass die Frage der anonymisierten Bewerbung jetzt noch mal ausdifferenziert worden ist. Frau Ingrid Hack hat das ja beschrieben.
Ich glaube, dass das – sagen wir mal – von drängenderen Problemen ablenkt, deren Lösung wir uns im Ausschuss ja auch vorgenommen haben, nämlich von der Frage der Willkommenskultur und von der Frage: Wie bekommen wir die interkulturelle Öffnung auch in die Regeldienste? Wie können wir daran arbeiten, das zu befördern? – Da ist eine Diskussion, die wir nun schon seit zwei Jahren führen, eher hinderlich denn nach vorne führend.
Ich würde mir wünschen, dass wir ein Stück weit nach vorne denken und uns nicht mit Sachen beschäftigen, bei denen wir uns vielleicht nicht einigen können, weil wir nicht anerkennen wollen, dass in der Landtagsverwaltung das, was Sie vorgeschlagen haben, nämlich die DIN-Norm, zum Teil angewandt wird, dass für einige Berufe eine anonymisierte Bewerbung sehr sinnvoll sein kann und dass für andere Sachen etwas anderes sehr sinnvoll sein kann.
Ich glaube, in dem Zusammenhang können wir uns schnell einigen: darauf, dass das Leben so vielfältig ist wie die Landesregierung und dass wir an vielen Stellen natürlich ein herausragendes Interesse daran haben, dass der Anteil der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in verantwortlichen Positionen wächst. Unser gemeinsames Anliegen ist es natürlich auch, diskriminierungs- und barrierefreie Zugänge für alle Qualifizierten zu schaffen. In dem Zusammenhang – das war auch klar – kann die anonymisierte Bewerbung helfen.
Was ich nun nicht verstehe, ist der letzte Teil Ihres Antrags, wo Sie Vorschläge dafür machen, wie die Personalentwicklung in der Landesregierung in Zukunft vonstattengehen soll. Ich habe mal gelernt, dass das unter die Gewaltenteilung fällt, dass das auch Verwaltungshandeln ist. Ich glaube, wir sollten die Verwaltung in dem Rahmen arbeiten lassen, den wir vorgeben. Und das haben wir mit dem Teilhabe- und Integrationsgesetz für diese Landesregierung getan. Sie haben es für Ihre Landesregierung damals nicht getan.
Herr Präsident, ich darf mich herzlich für die Worterteilung bedanken. – Meine Damen und Herren! Wir haben – es ist angesprochen worden – über dieses Thema schon häufiger diskutiert. Frau Velte sagte: Und täglich grüßt das Murmeltier! – Heute ist wieder ein MurmeltierTag, aber diesmal von der anderen Seite. Denn uns hat gestört – deswegen haben wir ja auch auf dieses Expertengespräch gesetzt –, dass uns von Minister Schneider und anderen die anonymisierten Verfahren als Mittel zur stärkeren Gewinnung von Migranten für den öffentlichen Dienst permanent wie eine Monstranz präsentiert worden sind.
Wir haben gesagt: Das ist zu wenig. – Deswegen wollten wir das Expertengespräch haben. Der Bericht über Ihr eigenes Pilotprojekt hat doch gezeigt, dass das einfach nicht die Lösung ist.
Wir haben im Ausschuss mit erfahrenen Personalberatern und mit den Obleuten gesprochen. Es hat sich gezeigt, dass unsere Kritik berechtigt ist, dass wir andere Anstrengungen unternehmen müssen, damit wir eine Vielfalt in unseren Behörden bekommen, wie wir alle uns das natürlich wünschen. Das ist überhaupt keine Frage, denn die Vielfalt in der Gesellschaft muss sich auch in der öffentlichen Verwaltung abbilden. Das ist keine Frage. Aber das schaffen wir weder durch Quoten noch durch anonymisierte Verfahren.
Ich sage Ihnen an dieser Stelle ganz ehrlich: Ich habe selber sogar mal mit diesem Projekt geliebäugelt. Ich habe mich aber eines Besseren belehren lassen, unter anderem von grünen Integrationspolitikern aus anderen Bereichen, die mir gesagt haben:
Es ist doch schade, wenn man den Bewerbern ein wesentliches Kriterium ihrer Persönlichkeit im Bewerbungsverfahren nimmt. Es kann gerade für die Verwaltung einer Stadt, die eine hohe Migrantenzahl aus den Ländern XY hat, von Interesse sein, speziell Bewerber aus diesem Bereich zu suchen.
Für meine Begriffe nimmt man den Bewerbern hier ein Stück weit ihre eigene Identität, die für eine solche Bewerbung aber hilfreich sein kann; damit erreicht man am Ende möglicherweise sogar das Gegenteil.
Viel wichtiger ist, dass man mit denjenigen, die für Personal verantwortlich sind, das Gespräch sucht, dass man den permanenten Dialog führt. Dazu sind in dem Antrag der CDU – Frau Güler hat es vorgestellt – vernünftige Vorschläge gemacht worden.
Ich persönlich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss, und ich denke, dass wir da konsequent weiter diskutieren werden. Wenn Sie das wieder als „Murmeltiertag“ empfinden, dann ist das eben so. Ich glaube, dass es sich um eine wichtige Debatte
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Stamp. – Für die Piratenfraktion erteile ich Frau Kollegin Brand das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Zunächst einmal: Das Anliegen Ihres Antrages, mehr Migranten in den öffentlichen Dienst zu bringen, begrüßen wir.
Allerdings verstehe ich nicht, wieso Sie diesen Antrag dazu missbrauchen, das anonymisierte Bewerbungsverfahren schlechtzureden. Ich dachte eigentlich, dass Sie bei dem Expertengespräch des Integrationsausschusses im April dabei waren. Ich möchte kurz auf zwei Punkte dieses Expertengesprächs eingehen:
Erstens. Wenn Diskriminierung vorliegt, dann ist das anonymisierte Bewerbungsverfahren ein Mittel, um Diskriminierung zu umgehen. Das ist erwiesen.
Zweitens. Das anonymisierte Bewerbungsverfahren ist kein Allheilmittel. Aber das behauptet ja auch niemand. Es geht zunächst einmal darum, dass man überhaupt zum Bewerbungsgespräch eingeladen wird. Um nichts weiter geht es! So wird erreicht, dass Menschen, die vielleicht schon aufgrund ihres Namens – und das passiert ja leider nun mal – nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen würden, eine größere Chance haben, sich und ihre Qualifikation zu präsentieren. Und nur das ist zunächst das Ziel. Ob diese Bewerber eingestellt werden, liegt dann nicht mehr an dem anonymisierten Bewerbungsverfahren. Aber das scheinen Sie irgendwie immer zu verwechseln.
Meine Damen und Herren, liebe Serap Güler, wir sind an dieser Stelle allerdings gar nicht so weit von den Forderungen des Antrags entfernt. Sie sprechen davon, dass Sie die eignungsdiagnostischen Normen nach DIN 33430 zum Standard bei der Bewerberauswahl machen möchten. Ja natürlich! Wenn jede Personalauswahl nach dieser Norm durchgeführt würde, dann gäbe es äußerst treffsichere, faire, diskriminierungsfreie Entscheidungen.
Aber dann muss man auch mal die Kostenfrage stellen. Laut den Experten macht im Hinblick auf Kosten und Zeitaufwand die Auswahl nach DIN 33430 wirtschaftlich nämlich nur dann Sinn, wenn viele gleichartige Stellen zur gleichen Zeit zu besetzen sind. In dem uns geschilderten Beispiel ging es um 180 Stellen des Bundeszentralamts für Steuer.