Protokoll der Sitzung vom 02.10.2014

Das Land Baden-Württemberg hat durch diese Gebührentatbestände im Jahre 2010 übrigens Einnahmen in Höhe von 5,4 Millionen € und im Jahre 2012 Einnahmen in Höhe von 6,1 Millionen € erzielt. Das Soll für die Jahre 2012 bis 2014 beträgt jeweils 5,5 Millionen € pro Jahr.

In den letzten fünf Jahren hat das relativ wohlhabende Baden-Württemberg – das ist der Unterschied zu Nordrhein-Westfalen – auf diese Weise also Einnahmen in Höhe von 28 Millionen € erzielt. Dass das hochverschuldete Nordrhein-Westfalen, in dessen Staatskanzlei die Gäste inzwischen nur noch Leitungswasser zu trinken bekommen, auf solche Einnahmequellen verzichtet, dürfte in der Bevölkerung wohl kaum jemand verstehen.

Eine Gebührenerhebung in den beschriebenen Fällen könnte nicht zuletzt für eine gewisse Angleichung zwischen Polizei und Feuerwehr sorgen. Denn die Feuerwehr darf dem Verursacher schon heute Kosten für Einsätze in Rechnung stellen, die nicht unmittelbar der Notfallrettung dienen. Das betrifft zum Beispiel die Beseitigung von Ölspuren, das Auspumpen von Kellern, das Entfernen von Insektennestern und das Einfangen von Tieren. Weshalb vergleichbare Polizeieinsätze regelmäßig zum Nulltarif durchgeführt werden, leuchtet daher nicht ein. Betonen möchte ich nochmals, dass der rechtstreue Bürger durch solche Gebühren gerade nicht belastet wird.

Deshalb bitte ich um Zustimmung zur Überweisungsempfehlung des Ältestenrats und freue mich auf sicherlich interessante Beratungen unseres Antrags in den Fachausschüssen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Golland. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dahm das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Gruß gilt den Damen und Herren auf der Besuchertribüne, ganz besonders meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen aus dem Polizeipräsidium Bielefeld! Ein herzliches Willkommen! Die CDU-Fraktion regt mit ihrem Antrag an, auch in Nordrhein-Westfalen über die Einführung von Gebührensätzen für Polizeieinsätze nachzudenken, und führt dabei – das hat der Kollege Golland gerade gemacht – die Gebührenordnung des Innenministeriums BadenWürttemberg an.

Ich will das gleich vorweg sagen, Herr Golland: Wir sind durchaus dafür, Mehreinnahmen für den Landeshaushalt zu generieren, aber nur da, wo es möglich ist, wo es machbar ist und da, wo es auch sinnvoll ist. Bei der Einführung von Gebühren für gewisse Polizeieinsätze bedarf es nach unserer Auffassung schon einer differenzierten Betrachtung.

Allein Ihre Ausführungen hier gerade, meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, Herr Golland – wer sich betrinkt, soll sich mit Anstand betrinken –, sind schon verwunderlich. Das will ich an dieser Stelle einmal sagen.

In Ihrem Antrag von ausufernden Alkoholexzessen zu sprechen, lässt den Eindruck entstehen, dass diese dafür verantwortlich sind, dass es vermehrte Polizeieinsätze gibt und dadurch die Kosten für in Polizeigewahrsam genommene Personen ansteigen. Ich meine, das ist ein Rückschluss und ein verzerrtes Bild, das nicht zulässig ist. Das entspricht auch wahrlich nicht der Realität.

Ihr Antrag wirft auch zahlreiche Fragen und Probleme auf. Einige will ich hier nur kurz anreißen.

Mit wem hat es die Polizei zu tun? Bei der Strafverfolgung natürlich mit Straftätern. Gerade im Strafverfahren bleiben die Kosten im Übrigen unberücksichtigt und fließen nur in bestimmten Fällen mit in das Verfahren ein.

Bei einer Vielzahl von Hilfeeinsätzen hat die Polizei mit gesellschaftlichen Randgruppen zu tun und mit Personen, die sich in einer Gefahrenlage oder in hilfloser Lage befinden. Hier stellt sich die Frage, ob überhaupt Gebühren erhoben werden können bzw. überhaupt beizubringen sind.

Ich meine, es sollte auch nicht nur eine fiskalische Betrachtung vorgenommen werden. Welche Einsätze sollten überhaupt gebührenpflichtig werden und welche eigentlich nicht? Nach welchen Gesichtspunkten soll so eine Gebührenordnung überhaupt aufgestellt werden? Diese Fragen haben Sie noch offen gelassen, Herr Golland. Da bin ich gespannt auf die weitere Diskussion im Fachausschuss. Denn nach unserer Auffassung brauchen wir hier eindeutige und rechtssichere Parameter. Ich sage ganz deutlich: Wir benötigen keine Preisliste für Polizeieinsätze.

Es stellt sich auch die Frage: Welcher bürokratische Aufwand ist mit einer Gebührenerhebung überhaupt verbunden? Das ist schließlich eine zusätzliche Arbeitsrate für die Polizistinnen und Polizisten, aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung in den Polizeipräsidien und Landkreisbehörden. Dazu würde ich gerne einmal die Meinung der entsprechenden Landräte einholen, wie die zu dem Vorschlag stehen, wenn sie möglicherweise zusätzliches Personal der Kreisverwaltung für die Polizei stellen müssen oder zusätzliches Personal – Landespersonal im Übrigen – für die Polizeipräsidien zur Verfügung gestellt werden muss.

Eines sollte in der heutigen Debatte aber klar und deutlich werden. Wer auch in Zukunft den Notruf der Polizei, nämlich die 110 wählt, sollte nicht befürchten, für den Einsatz der Polizei bezahlen zu müssen.

(Beifall von der SPD)

Die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung und das hoheitliche Handeln müssen auch in Zukunft kostenfrei bleiben. Ich bin im Übrigen froh, dass Sie das auch so sehen, meine Damen und Herren Kollegen der Opposition.

Es bleiben zahlreiche Fragen. Wir werden uns einer Debatte über Gebührenerhebung nicht verschließen. Wir sollten die Diskussion daher im Innenausschuss fortsetzen. Dabei sollten wir zunächst erst einmal abwarten, was die Abstimmung des Innenministers mit den übrigen Bundesländern an Informationen ergeben hat. Dann sollten wir eine gemeinsame Entscheidung treffen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Schäffer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, über das Thema an sich kann man offen diskutieren. Aber man muss sich dann schon noch einmal die einzelnen Bereiche angucken. Denn es ist schon ein Unterschied, ob wir über die Begleitung von Schwerlasttransporten sprechen oder aber über den Polizeieinsatz bei Fußballspielen. Das ist ja ein sehr beliebtes Thema. Die Frage, ob man da Gebühren erhebt, wird ja sehr heiß diskutiert. Das kommt in Ihrem Antrag nicht vor. Aber das ist eines der strittigsten Themen, die wir immer wieder diskutieren. Da meine ich zum Beispiel, das ist originäre Polizeiarbeit und sollte nicht bezahlt werden müssen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Worauf ich aber hinaus will, ist: Man muss sich sehr genau die einzelnen Bereiche angucken, wo man Gebühren erhebt und wo eben nicht. Denn – das muss man hier ganz deutlich sagen – die Polizei ist für die öffentliche Sicherheit zuständig, ohne dass die Bürgerinnen und Bürger dafür bezahlen müssen, dass ihre Sicherheit gewährleistet wird.

Deshalb stellt sich, wenn man über Gebühren spricht, auch direkt die Frage, wo man hier eigentlich die Abgrenzung trifft. Wo fängt das Verursacherprinzip an? Wo hört es auf? Dazu möchte ich gerne aus Ihrem Antrag zitieren. Sie schreiben in Ihrem Antrag:

„Wer sich nicht mit Anstand betrinken kann und deshalb Kosten für die Allgemeinheit verursacht,

sollte zumindest im Wege einer Gebühr daran beteiligt werden.“

Eine Definition, was es bedeutet, sich mit Anstand zu betrinken, haben Sie leider nicht geliefert. Das können Sie im Ausschuss ja vielleicht nachreichen. Aber ich finde, das zeigt schon ganz deutlich die eigentliche Frage. Wo ist die Abgrenzung? Wo greift das Verursacherprinzip und wo nicht?

Ich finde, eines ist in der Diskussion ganz wichtig, nämlich dass Gebühren auf keinen Fall dazu führen dürfen, dass die Polizei nicht mehr gerufen wird. Ich glaube, darüber sind wir uns auch alle sehr einig. Das darf nicht dazu führen, dass die Menschen die 110 nicht mehr anrufen, wenn es um ihre Sicherheit geht.

Das eigentliche Problem in der Innenpolitik im Bereich Polizeiarbeit ist aber, glaube ich, nicht die Frage, ob wir Gebühren erheben, sondern das ist die Arbeitsbelastung der Polizei. Wir haben häufig über Polizeieinsatzzeiten der Bereitschaftspolizeien im Bereich Fußball diskutiert. Wir haben auch häufig schon diskutiert über das Kippen der Einstellungszahlen im Vergleich zu den Pensionierungen, die wir in den nächsten Jahren zu erwarten haben, wo wir dringend eine Aufgabenkritik brauchen. Hier muss man ganz deutlich sagen, dass die Erhebung von Gebühren natürlich nicht dazu führt – auch wenn wir über Polizeieinsätze zum Beispiel beim Fußball sprechen und über die Frage, ob da Gebühren erhoben werden sollten –, dass die Polizei entlastet wird. Ich meine, das ist die eigentliche Frage, die wir im Innenausschuss inhaltlich diskutieren sollten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Einen anderen Aspekt, den ich noch aufgreifen will, hat mein Vorredner auch schon angesprochen. Das ist die Frage: Über welche Fallzahlen reden wir eigentlich, über wie viele Fälle, bei denen man diese Gebühren jeweils erheben würde?

Lohnt es sich überhaupt? Es ist die Frage, ob man sich hier nicht Verwaltungskosten einhandelt, die in keinem Verhältnis zu den Gebühren stehen, die man nachher zu erwarten hat. Gerade die CDU wirft uns immer vor, dass wir Bürokratiemonster aufbauen. Ich frage mal zurück: Bauen wir hier nicht ein Bürokratiemonster auf?

Darüber würde ich im Ausschuss gern noch einmal diskutieren. Ansonsten glaube ich, dass man zwar offen über diese Frage diskutieren kann, aber man muss es sehr differenziert machen und sich jeweils die einzelnen Fälle anschauen, damit man das beurteilen kann. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Orth.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Golland, das ist mal wieder ein Antrag von Ihnen nach dem Motto: Da zupfe ich mir an mein rechtes Ohr, und raus kommt ein Antrag.

Wir haben von Ihnen eine Begründung gehört, in der von dem rechtstreuen Bürger die Rede war. Ich habe gedacht, ich bin hier in einer Veranstaltung aus den 1950er-Jahren. Der rechtstreue Bürger ist schließlich derjenige, der in der städtischen Gartenanlage nicht über das Zäunchen springen darf, denn dadurch könnte der Rasen zertrampelt werden und Ähnliches. Das ist – jedenfalls in meinen Augen – ein Gesellschaftsbild, das wir nicht mehr haben. Es gibt bei uns Sachen, die sind erlaubt, und es gibt Sachen, die sind verboten; das stimmt. Für das, was verboten ist, gibt es das Strafgesetz, oder es sind Ordnungswidrigkeiten.

Dann gibt es im Leben noch solche Dinge: Es gibt Menschen, die sind einfach mal ein bisschen blöd und trinken ein Bier zu viel, oder sie machen irgendetwas anderes falsch, oder sie machen so was Schlimmes, wie ich es letztens gemacht habe: Ich bin nämlich letztes Jahr im Winter mit dem Auto von Österreich nach Düsseldorf zurückgefahren. In Baden-Württemberg hatte ich Dussel das Pech, dass mein Auto eine Panne hatte. Da es zu dieser Panne ausgerechnet in der Kurve einer baden

württembergischen Autobahn kam, habe ich gedacht, ich rufe einmal die Polizei an, das ist vielleicht für alle besser.

Die Polizei kam auch. Die Polizei belehrte mich darüber, dass sie gemäß dem baden-württembergischen Landesrecht nunmehr eine Gebühr dafür erheben müsse, dass sie zum Schutze aller Verkehrsteilnehmer – nicht nur zum meinem Schutz – angerückt sei. Ich kriege natürlich einen etwas nervösen Kopf, und dann sagt der Beamte: Aber wissen Sie was, ich trage das gar nicht in mein Tagebuch ein; das alles kriegt hier gar keine Nummer. Ich finde es unmöglich, dass wir für Polizeiarbeit nun Geld nehmen sollen.

Meine Damen und Herren, wenn sich ein badenwürttembergischer Polizist sozusagen genötigt

sieht, sich über sein eigenes Gesetz hinwegzusetzen, zeigt das doch, dass wir solche Gesetze nicht einführen sollten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Orth. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Schatz.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Golland, dem Ansinnen Ihres Antrags bin ich grundsätzlich gar

nicht abgeneigt, gerade weil er sich zunächst einmal auf einen Prüfungsauftrag beschränkt. Das ist auch so gefordert.

Ich möchte Ihnen einmal eine kleine Geschichte aus dem polizeilichen Alltag erzählen. Es gibt tatsächlich Menschen, die, wenn sie zum Gewahrsam gebracht werden, ins Auto urinieren und sich bekoten. Das Auto ist verschmutzt. Dann gibt es Menschen, die das sogar extra machen. Die beschmutzen ihre Gewahrsamszelle – den Boden etc. – mit Kot. Da frage ich mich, warum diese Menschen nicht an den Reinigungskosten beteiligt werden sollen.

Aber – deswegen ist der Antrag aus unserer Sicht zumindest zurzeit noch nicht zustimmungsfähig – Ihr vorgesehener Prüfauftrag greift an dieser Stelle einfach zu kurz. Sie wollen lediglich prüfen lassen, wieviel Geld man aus diesen Sachen generieren kann. Das reicht aber bei Weitem nicht, denn was ist denn – das wurde auch schon erwähnt – mit den wirklich wichtigen Fragen, die diese Sachen betreffen?

Die Bedenken, die man bei dieser Frage haben kann – nein, die man aus meiner Sicht haben muss und die auch ich habe –, sind groß: Wie genau wäre so etwas überhaupt umsetzbar? Wie kann man die Privatisierung und die Individualisierung von Kosten verhindern, die aus gutem und wichtigem Grunde vergesellschaftet sind? Wie genau kann man da Grenzen ziehen, und wo sollten diese Grenzen gezogen werden?

Bei dem Beispiel, das ich eben genannt habe – gerade bei den Menschen, die das extra machen –, wären diese Grenzen aus meiner Sicht, zumindest in den meisten Fällen, vermutlich überschritten. Aber mein Beispiel ist Gott sei Dank nicht der Regelfall, sondern die Ausnahme. Die ganz große Mehrzahl der Fälle bewegt sich, zumindest aus meiner Sicht, in einem Bereich unterhalb einer solchen Grenze oder in einer großen Grauzone. In Punkt 3 Ihres Antrags erwähnen Sie das in einem Nebensatz selber.