Protokoll der Sitzung vom 04.12.2014

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Oh!)

Nordrhein-Westfalen fällt wirtschaftlich hinter die anderen Bundesländer zurück. Beim Wachstum und beim Arbeitsmarkt steht Nordrhein-Westfalen überall ganz hinten und hat die rote Laterne inne.

Der Grund dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, lautet: Es wird zu wenig investiert. Die Investitionsquote von Nordrhein-Westfalen ist pro Kopf niedriger als in allen anderen 13 Flächenländern der Bundesrepublik Deutschland. Laut Finanzplanung soll das bis zum Jahre 2017 so bleiben.

Genauso verhält es sich mit dem Verkehrshaushalt in Nordrhein-Westfalen. 2009 hatten wir für die Landesstraßen noch 172 Millionen € zur Verfügung. Im Jahr 2015 sind es noch 155 Millionen €. Aus dem Titel „Neubau“ fließen seit Jahren immer mehr Mittel in die Sanierung, weil beides gegeneinander deckungsfähig ist. Das ist völlig in Ordnung.

Wenn wir aber unter dem Strich insgesamt 20 Millionen € weniger für den Landesstraßenbau haben, ergeben sich dadurch weniger Möglichkeiten für die Sanierung unserer Landesstraßen. Dabei gibt es dort einen gewaltigen Sanierungsstau. Wir reden über sanierungsbedürftige Landesstraßen in der Größenordnung von 6.225 km – eine Strecke von Düsseldorf bis nach New York.

Der Neubau wird trotz des immensen Verkehrszuwachses, den wir in den nächsten Jahren erwarten, fast eingestellt. Eine einzige neue Maßnahme ist für das nächste Jahr vorgesehen. Es handelt sich also um eine reine Mangelverwaltung und eine große Gefahr für die Chancen, die wir für Wirtschaft und Arbeitsplätze brauchen.

Unser Minister, Mike Groschek, redet immer mit klaren und oft kurzen und präzisen Worten.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Damit Sie das verstehen!)

Das kann man hier zusammenfassen mit: „Groschek: Stau statt Bau.“ – So kann man das in aller Kürze ausdrücken.

(Beifall von der FDP und der CDU – Wider- spruch von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will noch einen Aspekt zum Haushalt anführen. Sie setzen nach unserer Auffassung falsche Prioritäten. 30 Millionen € für das Sozialticket – das Geld haben wir nicht. Das können wir besser anderswo investieren. Das ist auch keine Landesaufgabe, sondern das ist eine kommunale Aufgabe.

(Jochen Ott [SPD]: Nix!)

Sie platzieren dort neue Leuchtturmprojekte – zunächst mit Planungskosten, demnächst investiven Kosten –, etwa durch ein Projekt „Radverkehr”. Das soll von der Mangelverwaltung ablenken. Aber Leuchtturmprojekte, meine Damen und Herren, haben in Nordrhein-Westfalen noch nie funktioniert. Sie funktionieren nicht bei der Landesregierung, und sie würden auch nicht beim BVB funktionieren.

Kommen wir von der Landespolitik in die höhere Liga. Da hat der BVB nach Anfangserfolgen in der Champions League enttäuscht. Genauso war es auch bei der Landespolitik: Zunächst gab es überzeugende Auftritte von Minister Groschek in Berlin, anschließend folgte die Enttäuschung.

Vor und nach der Bundestagswahl hat NordrheinWestfalen einen großen Einfluss auf die Bundespolitik und auf den Koalitionsvertrag suggeriert. Doch am Ende: null – kein Ergebnis. Sämtliche Vorschläge vom Minister, von der Verkehrsministerkonferenz wurden ignoriert. Nordrhein-Westfalen fordert mehr Geld für den Bundesfernstraßenbau, schafft es aber 2013 noch nicht einmal, sämtliche Mittel abzurufen. 42 Millionen € mussten zurückgegeben werden.

Ich ziehe den Vergleich zu anderen Ländern. Hessen und Rheinland-Pfalz haben zusätzlich 40 Millionen €, Niedersachsen zusätzlich 80 Millionen € und Bayern zusätzlich 140 Millionen € bekommen. Das große Delta in Nordrhein-Westfalen beträgt also nicht nur 42 Millionen €, die zurückgegangen sind, sondern man kann locker 60 Millionen € dazurechnen, die wir wie andere Länder auch hätten zusätzlich abrufen können, wenn wir baureife Projekte gehabt hätten.

Deshalb, meine Damen und Herren, wird Nordrhein Westfalen mit dieser Regierung in Berlin belächelt, wenn eine Forderung nach mehr Geld formuliert wird. Das passt nicht zusammen. Auf der einen Seite kann man nicht abrufen, und auf der anderen Seite fordert man mehr Geld.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von der SPD: Wenn Ihr nicht so viel gekürzt hättet bei den Straßen, wäre das einfacher!)

Das Durchsetzungsvermögen in Berlin scheint auch sein Ende erreicht zu haben. Wir haben eine PkwMaut zulasten von Nordrhein Westfalen. Im Schienenpersonennahverkehr wird Nordrhein-Westfalen weiter benachteiligt. Mit Blick auf den Bundesverkehrswegeplan erleben wir gerade die Initiative von Bayern, das Gerüst so umzugestalten, dass Nordrhein-Westfalen weiter benachteiligt wird und Bayern wieder profitiert.

Beim RRX haben wir nur einen Bruchteil der Finanzierung im Bereich von Köln gesichert. Die restliche Finanzierung ist nicht ausreichend oder nicht gesichert.

Also, meine Damen und Herren, lautet das Fazit: falsche Prioritäten im Haushalt, Bundesmittel verschenkt. – Das ist das Ergebnis der rot-grünen Politik. Und Nordrhein-Westfalen hat zudem keinen Einfluss auf das Bundesverkehrsministerium. Und die Verantwortung dafür liegt bei den Kollegen der CDU und der SPD in Berlin, weil sie die nordrheinwestfälischen Interessen zu schwach vertreten.

Unterm Strich noch ein Satz, Herr Präsident: Die Landesregierung und der BVB agieren unter ihrem Niveau. Jetzt kommt aber der Unterschied: Der BVB wird die Wende natürlich in der Rückrunde schaffen. Bei der Landesregierung bestehen daran große Zweifel. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Jochen Ott [SPD]: Wir haben auch einen Klopp! Unser Klopp kommt gleich! – Minister Michael Groschek: Und ich habe noch Echthaar!)

Vielen Dank, Herr Rasche. – Nun spricht Herr Kollege Klocke für die grüne Fraktion.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich kann leider nicht mit einem Fußballbild glänzen; das war ein Versuch, aber kein guter.

Wir haben in der Debatte gelernt, dass die CDU in Berlin auch für NRW-Interessen eintreten würde, und Herr Schemmer hat sich als Mann der leisen Töne angeboten. Nach den vier Jahren war immerhin das bemerkenswert. Mir ist nämlich noch nicht aufgefallen, dass Herr Schemmer als Mann der leisen und ruhigen Töne agiert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Haushalt 2015 fällt genau in die Mitte der Legislaturperiode. Da bietet es sich an, einmal Bilanz zu ziehen. Diese fällt bei uns, den Grünen, besser aus als bei den Vorrednerinnen und Vorrednern. Ich möchte drei Beispiele nennen.

Erstes Beispiel: Erhalt vor Neubau. Wir haben uns im Koalitionsvertrag 2010 und 2012 darauf festgelegt, dass wir unsere Verkehrsinfrastruktur sanieren und auch entsprechend mehr Mittel einsetzen wollen.

Was den Haushalt 2008 oder 2009 von CDU und FDP angeht, so waren dort 77 Millionen € für den Neubau und 53 Millionen € für den Erhalt eingestellt. Wenn man jetzt in den Haushalt schaut, sieht man, dass wir dieses Verhältnis umgekehrt haben: 100 Millionen € wandern in den Erhalt der Infrastruktur unserer Straßen und nur 37 Millionen € in den Neubau. Wir werden weiterhin in diese Richtung gehen, sodass wir mehr Mittel für den Erhalt und die Sanierung ausgeben.

Priorität 2: Wir haben die Zahlungen und Zuschüsse für die Regionalflughäfen endgültig eingestellt. Der Flughafen Essen/Mülheim wird nicht mehr mit Landesgeldern gefördert. Stattdessen setzen wir das Geld in anderen Bereichen ein.

Was die Situation der Regionalflughäfen im Land angeht, so steht beispielsweise der Flughafen Münster kurz vor der Insolvenz, und in Dortmund wurden im letzten Jahr 128 Millionen € aus den klammen städtischen Kassen ausgegeben, um den Flughafen vor der Insolvenz zu retten. Wir brauchen ein Bündnis, das klar sagt, dass sich die Flughafenplanung auf die zentralen Flughäfen beschränken muss. Wir wollen nicht unnötig Mittel für defizitäre Regionalflughäfen ausgeben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Unsere dritte Priorität: Wir haben 1 Million € mehr in den Aktionshaushalt für Nahmobilität eingestellt. Wir haben 2012 den wichtigen „Aktionsplan zur Förderung der Nahmobilität“ aufgelegt, und diesen wollen wir jetzt Stück für Stück abarbeiten. Dabei ist 1 Million € mehr eine gute Summe. Wir müssen jetzt gemeinsam einen Blick darauf werfen, dass die fünf Radschnellwege, die ausgelobt worden sind, entsprechend umgesetzt werden und dass wir die Gelder dafür sukzessive in den Haushalt einstellen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte zum Schluss meiner Rede drei Bitten an die GroKo in Berlin richten; einige unter uns haben schließlich Kontakte dorthin.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Jetzt wer- den die ganz leise!)

Die erste Bitte bezieht sich auf die Regionalisierungsmittel. Wir brauchen dringend eine Verständigung über die Fortführung der Regionalisierungsmittel, und wir brauchen insbesondere eine Dynamisierung, die über das hinausgeht, was bisher verabredet worden ist. Wenn wir den ÖPNV und den SPNV hier in Nordrhein-Westfalen so erhalten wollen, dann muss es in Berlin endlich eine Verständigung geben, was die Regionalisierungsmittel angeht.

Meine zweite Bitte lautet: Motten Sie endlich diese Pkw-Maut ein.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD, der FDP und den PIRATEN)

Es wird von Woche zu Woche desaströser und alberner. Mittlerweile haben wir den Stand erreicht, dass die Kosten der Einführung der Pkw-Maut aufgrund der technischen Notwendigkeiten etc.

höchstwahrscheinlich höher sein werden als die Einnahmen durch die Pkw-Maut für den Haushalt.

Es handelt sich um ein reines Wahlkampfversprechen an die Bayern, das hier eingelöst werden soll. Wir Grünen haben dazu eine sehr klare Position: Wir lehnen die Pkw-Maut ab, und wir wollen, dass auf allen überörtlichen Straßen eine Maut für Lkw ab 3,5 t eingeführt wird. Wir als Landtag NordrheinWestfalen sollten dafür sorgen, dass die Pkw-Maut eingemottet wird, wenn sie am 17. Dezember ins Kabinett eingebracht wird. Dadurch würde uns vieles erspart, und wir könnten uns endlich auf das konzentrieren, was dringend notwendig ist. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage von Herrn Rehbaum?

Das ist nett von Ihnen. – Bitte schön, Herr Rehbaum.

Lieber Kollege Klocke, Sie haben dargestellt, dass der Bund wieder etwas für den SPNV und den ÖPNV tun müsse und dass Erhalt vor Neubau gehe. Sie wollen 30 Millionen € aus dem Etat für den Neubau von Straßen herausnehmen und nur 15 Millionen € in den Erhalt stecken. Wo bleiben die anderen 15 Millionen €?

Sie haben an dieser Stelle aber eines sträflich unterlassen, nämlich zu erwähnen, dass Sie die Zuschüsse für die ÖPNV-Infrastruktur um 30 Millionen € erleichtert haben. Sie haben die Zuschüsse für die ÖPNV-Infrastruktur von 150 auf 120 Millionen € gekürzt. Ich denke, es ist ein ganz schlechtes Signal, wenn …

Herr Kollege, bitte stellen Sie eine Frage.