Protokoll der Sitzung vom 18.03.2015

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Sommer. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Steffens das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Richtung der Piratenfraktion: Die Datenschutzregelungen sind sehr wohl mit denen des Katastrophenschutzgesetzes gleichgeschaltet. Sie haben nur gerade aus dem bisher geltenden Gesetz zitiert. Den neuen Entwurf können Sie noch gar nicht kennen. Wir haben versucht – das sage ich mit der Befürchtung, dass Sie ihm dann auch nicht zustimmen werden –, die Gesetze zu synchronisieren und gleichzuschalten.

Deswegen stimmt die Argumentation aus dem Ausschuss sehr wohl. Wir wussten einfach schon „nen Ticken“ mehr als Sie. Im Sinne der Transparenz möchte ich Ihnen das direkt ganz klar und deutlich sagen.

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Aber Daten- sparsamkeit, Frau Ministerin!)

Meine Damen und Herren, das ist aber nicht der Hauptpunkt, über den heute von den Rednern und Rednerinnen gesprochen worden ist.

Als Erstes möchte ich sagen: Ja, es ist ein unglaublich langer Prozess gewesen – ein Prozess, bei dem man auch im Detail sehen kann, warum bei der Arbeit an welcher Stellschraube wie viel Zeit vergangen ist.

Ich möchte mich aber vor allen Dingen bei denjenigen bedanken, die sich in diesem Prozess sehr konstruktiv mit eingebracht haben. Das sind die Hilfsorganisationen, die Angehörigen der kommunalen Familie, die Feuerwehrvertreter und -vertreterinnen, viele Abgeordnete und auch die privaten Anbieter gewesen.

Wir dürfen nicht vergessen, woher wir gekommen sind. Insofern ist heute in der Diskussion darüber, warum dieses Gesetzgebungsverfahren so lange gedauert hat, doch das eine oder andere wieder etwas falsch und in einem gewissen Wahlkampfmodus dargestellt worden.

Für uns war das erste Ziel der Novellierung: Die Patientinnen und Patienten müssen im Mittelpunkt stehen. Es muss klar sein, dass wir ein Rettungsgesetz haben wollen, das die bestmögliche Qualität der Leistungen für die Menschen gewährt und eine optimale medizinische Versorgung sicherstellt.

Bei manchen Debattenbeiträgen hatte man heute das Gefühl, dass die Menschen aus dem Blick dieses Versorgungssystems geraten sind. Um sie geht es aber. Sie sind als Letztbetroffene der Dreh- und Angelpunkt. Nur für sie müssen wir diese Regelungen schaffen.

Das Zweite, was wichtig war und obendrüber stand, war Folgendes: Die Zusammenarbeit des Rettungsdienstes mit dem Katastrophenschutz bei Großschadenslagen muss klar geregelt sein. Natürlich müssen beide Bereiche voneinander abgegrenzt, aber in der Praxis sehr wohl immer wieder miteinander verbunden sein. Es muss auch klar sein, dass es einen Einklang zwischen öffentlichen, freigemeinnützigen und privaten Anbietern geben muss. Das schafft das Gesetz auch.

Das duale System stand nie zur Disposition und nicht infrage. Bei allen, die sich an diesem Prozess beteiligt haben, war klar, dass wir die bewährten Strukturen – duales System und Submissionsmodell – erhalten wollen. Diese Grundsatzentscheidung stand vornean. Dann gab es, wie eben schon gesagt wurde, lange Diskussionen über die Be

reichsausnahmen und die Folgen und Konsequenzen einer möglichen und später auch erfolgten Novellierung der EU-Vergaberichtlinien.

Frau Scharrenbach, was Ihre erste Aufforderung von heute angeht, muss ich Ihnen leider sagen, dass das rechtlich und juristisch völlig falsch war. Sie haben hier gefordert, wir sollten den damaligen Erlass aufheben. Wir können und dürfen den damaligen Erlass nicht aufheben. Dazu existiert auch ein Schriftwechsel, den ich dem Ausschuss auch zur Verfügung gestellt habe, mit Bundeswirtschaftsminister Gabriel. Bis zur Umsetzung der Richtlinien durch den Bund gelten nämlich die vergaberechtlichen Regelungen des Bundes grundsätzlich fort. Da können wir nicht mit Landesrecht Bundesrecht brechen. Das muss auch Ihnen klar sein. Im Übrigen habe ich Ihnen das schon mehrfach erklärt. Insofern scheint bei Ihnen ein wenig der Wunsch, hier kritisieren zu wollen, ohne kritisieren zu können, im Vordergrund zu stehen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Außerdem haben Sie kritisiert, dass die Ausführungsbestimmungen zur Vollausbildung noch nicht als zweiter Teil auf dem Tisch liegen. Damit das direkt auch geklärt ist: Ich habe Ihnen hier im Plenum angekündigt, dass dafür erst das Gesetz und damit die Kostenregelung verabschiedet sein muss. Wenn das Gesetz heute verabschiedet worden ist, geht dies morgen auf den Weg. Es ist nämlich fertig und liegt da. Das habe ich Ihnen versprochen. Deshalb brauchen Sie das hier nicht einzufordern. Das war und ist unsere Planung. Normalerweise halten wir uns auch daran.

Der Gesetzentwurf – das sage ich in Ihre Richtung – liegt seit Juni 2014 im Parlament. Bevor wir ihn vorgelegt haben, hatten wir es mit einer Reihe von Problemen zu tun, die wir vom Bund mit auf den Weg bekommen haben. Für viele waren nämlich die Fragen der Kostenerstattung sehr offen, sodass wir im Gesetzgebungsverfahren zunächst Klarheit und Transparenz schaffen mussten. Seit 2014 liegt der Gesetzentwurf nun im Parlament. Zur Partizipation gehört dazu, dass man dann auch den Abgeordneten, Ihnen allen, die Zeit lässt, die notwendigen Gespräche zu führen und dass Ergebnisse dieser Gespräche auch in den Prozess einfließen können.

Das ist mir lieber, als ein Gesetz zu verabschieden, das wie Ihr Kopftuchverbot von Schwarz-Gelb hinterher von Gerichten kassiert wird. Wenn wir vorher ordentlich arbeiten, können wir hier auch ein wirklich umfassendes Gesetz beschließen.

In diesem Sinne glaube ich, dass wir jetzt, nachdem wir viele Punkte noch geändert haben, ein sehr rundes Gesetz haben.

Ich möchte nur noch auf einen einzigen Punkt eingehen, der von der CDU und auch von der FDP immer wieder angesprochen worden ist, nämlich Ihren Änderungsantrag, der angeblich eine Über

gangsregelung darstellen soll. Dieser Änderungsantrag von Ihnen stellt keine Übergangsregelung dar, sondern ist ein Scheinantrag. Es ist ein Antrag, der eine Verewigung festschreibt.

Wenn man sich ansieht, was der Antrag in der Folge für die Menschen bedeutet, dann kann man nur feststellen: Es ist eine Qualitätsverschlechterung. Sie möchten einem bestimmten Teil von Anbietern ohne Qualitätsprüfung in der Zukunft einen Ewigkeitsschutz gewähren. Sie möchten, dass diese Anbieter selbst dann, wenn die Kommune den Bedarf nicht mehr hat, weiter bestehen und ihrem Tätigkeitsbereich nachgehen können. Das führt zu einer Verzerrung zwischen den unterschiedlichen Anbietern.

Das ist keine Übergangsregel, sondern eine Ewigkeitsgarantie ohne Qualitätsanforderung. Das kann für die Menschen in diesem Land nicht akzeptabel sein, sondern wir wollen, dass die Qualität im Vordergrund steht. Daher können wir niemandem eine Ewigkeitsgarantie auf Bestand geben. – Danke.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Steffens. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Wir haben drei Abstimmungen vorzunehmen, zwei über die Änderungsanträge und dann eine dritte über den Gesetzentwurf.

Wir stimmen zunächst ab über den Änderungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/8206. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? – Die Fraktion der Piraten. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne, CDU stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Es enthält sich die FDP-Fraktion. Damit ist der Antrag mit Mehrheit von SPD, CDU und Grünen bei Enthaltung der FDP und Zustimmung der Piratenfraktion abgelehnt.

Wir stimmen zweitens ab über den Änderungsantrag von CDU und FDP Drucksache 16/8213. Wer stimmt diesem Antrag zu? – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD und Grüne stimmen dagegen. Wer enthält sich? – Es enthält sich die Piratenfraktion. Damit haben wir auch hier ein klares Ergebnis. Mit Mehrheit ist der Änderungsantrag von CDU und FDP bei Enthaltung der Piratenfraktion abgelehnt.

Wir kommen nun drittens zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 16/6088. Hier hat der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Drucksache 16/8143 empfohlen, den Gesetzentwurf 16/6088 in der Fassung seiner Beschlüsse anzunehmen. Wir kommen also zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung Drucksache 16/8143. Wer stimmt der zu? – SPD und Grüne stimmen zu sowie die CDU-Fraktion. Wer stimmt gegen den

Gesetzentwurf? – Die Fraktion der Piraten. Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Piraten ist die Beschlussempfehlung 16/8143 mit Mehrheit von SPD, Grünen und CDU angenommen und der Gesetzentwurf Drucksache 16/6088 in zweiter Lesung verabschiedet.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt:

10 Verfassungswidrige Pkw-Maut-Gesetzgebung

stoppen – Interessen von Nordrhein-Westfalen schützen

Eilantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/8177

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/8201

Die FDP hat den Eilantrag mit Schreiben vom 16. März fristgerecht eingebracht. Ich eröffne die Aussprache und erteile für die FDP-Fraktion dem Verkehrsexperten und Parlamentarischen Ge

schäftsführer Herrn Rasche das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Natürlich wurde unser Antrag fristgerecht eingereicht. Fristgerecht kommt es hinter mir jetzt auch zum Wechsel im Präsidium. – Kommen wir zum Thema, meine Damen und Herren: Wir haben in diesem Hohen Haus schon oft über den Sinn bzw. den Unsinn der Pkw-Maut geredet. Im Grunde waren wir auch alle einer Auffassung. Vier Fraktionen lehnen die PkwMaut ab, nur die CDU hat ihre Laschet-Pkw-Maut, nämlich eine Pkw-Maut auf Autobahnen, die von den anderen vier Fraktionen auch abgelehnt wird.

Im Gegensatz zu den vergangenen Diskussionen kommen wir aber in diesen Tagen zum Schwur, meine Damen und Herren. Der Bundesrat hat in einer Stellungnahme vom 6. Februar seine Ablehnung zum Mautgesetzentwurf deutlich gemacht und die Zustimmungspflicht des Bundesrates eingefordert, übrigens sehr eindeutig und glasklar begründet. Aktuell – heute und morgen – finden dazu die Anhörungen in Berlin statt. Der Deutsche Bundestag wird am 26. März in zweiter und dritter Lesung über das Pkw-Mautgesetz entscheiden. In diesen Tagen wird sich also zeigen, wie ernst es die SPD und die Ministerpräsidentin mit ihrem Widerstand gegen die Pkw-Maut meinen.

Schauen wir noch einmal kurz auf den Koalitionsvertrag der Großen Koalition und auf die dort formulierten Ziele bezüglich der Pkw-Maut: Einmal soll das Ganze EU-rechtskonform sein. Zweitens soll dabei ein angemessener und signifikanter Betrag zur Finanzierung des Erhalts und Ausbaus der

Bundesfernstraßen herauskommen. Drittens sollen die Einnahmen zusätzlich und zweckgebunden sein, meine Damen und Herren. Das Zahlenwerk, das Bundesverkehrsminister Dobrindt vorgelegt hat, wird allgemein bezweifelt, übrigens insbesondere von einigen Vertretern und Mitgliedern der SPDBundestagsfraktion.

Es gibt verschiedene Gutachten zu dem Thema. Ein Gutachten spricht im Ergebnis davon, dass unter dem Strich 0 € bei der Pkw-Maut herauskommen. Ein weiteres Gutachten, das gestern von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt wurde, sagt, dass von der Pkw-Maut rund 100 Millionen € übrig bleiben. Der Vorläufer dieses Gutachtens war auch schon mal Gegenstand einer Diskussion in diesem Hohen Haus.

Meine Damen und Herren, es stellt sich die Frage: Werden die Ziele des Koalitionsvertrags in Bezug auf die Pkw-Maut erreicht? Die 100 Millionen €, die dabei herauskommen sollen, entsprechen nicht einmal 5 % der Finanzierungslücke bei den Bundesfernstraßen. Ein angemessener und signifikanter Beitrag zur Finanzierung ist das nicht, der würde ganz anders aussehen. Zudem ist definitiv nicht gesichert, dass die Einnahmen aus der Pkw-Maut zusätzlich und zweckgebunden sind. Zur EU-Rechtskonformität gibt es keine Aussage aus Brüssel. Im Gegenteil! Die Kommissarin hat ein Ziel klar geäußert, und zwar eine europaweite Pkw-Maut. – Also kein Alleingang der Großen Koalition in Berlin, sondern eine europaweite Regelung.

Fazit: Durch das Gesetz wird der Koalitionsvertrag nicht eingehalten. Spannend ist, wie die Bundestagsfraktionen von SPD und CDU am 26. März abstimmen werden. Die CDU wird vielleicht dem Unionsminister folgen. Die SPD kenne ich als selbstbewusst, gerade unseren Verkehrsminister Mike Groschek.

(Jochen Ott [SPD]: Ah!)

Ich bin also gespannt, wie die Kollegen der SPD dort abstimmen werden.

Schauen wir kurz auf Nordrhein-Westfalen. Armin Laschet sagte am 14. Januar 2013, noch vor der Bundestagswahl, in der „WAZ“:

„Wenn die CSU wie angekündigt eine Pkw-Maut in ihr Wahlprogramm schreiben und später in Deutschland einführen will, wird dies den entschiedenen Widerstand der nordrhein-westfälischen CDU finden.“

Ein gutes Jahr später, am 18. Dezember 2013, ein Zwischenruf von Armin Laschet in der Plenardebatte: Diese Maut wird nie kommen!

Die SPD-Fraktion in Nordrhein-Westfalen hatte immer eine klare Position, sie war immer dagegen.