Protokoll der Sitzung vom 29.04.2015

Deshalb rufe ich jetzt auf den Tagesordnungspunkt

10 Fragestunde

Drucksache 16/8470

Mit der Drucksache 16/8470 liegen Ihnen die Mündliche Anfrage 64 sowie die Mündlichen Anfragen 62 und 63 aus der letzten Fragestunde vor.

Als Erstes rufe ich aus der letzten Fragestunde die

Mündliche Anfrage 62

der Abgeordneten Ingola Schmitz von der Fraktion der FDP auf.

„Kostenexplosion bei den Bauarbeiten für das Projekt Burg Vogelsang im Nationalpark Eifel – Wie stellt die Landesregierung als Beteiligte der Standortentwicklungsgesellschaft eine termingerechte Fertigstellung im Rahmen des seinerzeit geplanten Finanzbudgets sicher?

Bereits seit mehreren Wochen berichten unterschiedliche Medien von der Kostenexplosion bei den Bauarbeiten auf Burg Vogelsang im Nationalpark Eifel. Nach Aussagen von Insidern droht das einstige Vorzeigeprojekt mittlerweile finanziell und organisatorisch zum Desaster zu werden.

Die Anlage Burg Vogelsang ist ein ursprünglich von den Nationalsozialisten auf dem Berg Erpenscheid errichteter Gebäudekomplex bei Gemünd/ Eifel oberhalb der Urfttalsperre, der insbesondere von 1936 bis 1939 als Schulungsstätte für den Führungskader genutzt worden ist und heute zu großen Teilen unter Denkmalschutz steht.

Seit dem Jahr 2006 ist die Liegenschaft wieder für die Bevölkerung allgemein zugänglich, nachdem in dem erweiterten Militärgelände der Nationalpark Eifel etabliert worden ist. Die bereits langfristig geplante Herrichtung sieht die Errichtung eines Dokumentations- und Besucherzentrums zur NS-Vergangenheit und einer Nationalparkausstellung vor.

Die Standortentwicklungsgesellschaft Vogelsang GmbH (SEV), an der das Land neben dem Bund und den Landkreisen der Region auch maßgeblich beteiligt ist, organisiert den Konversionsprozess für den ehemals belgischen Truppenübungsplatz und steuert die zukünftige Standortentwicklung. Das Land nimmt wesentliche Verantwortlichkeiten über seine Gesellschaft

NRW.URBAN wahr.

Aktuellen Berichten ist nun zu entnehmen, dass eine millionenschwere Finanzlücke im Vergleich zu den ursprünglichen Planungen aufgetreten ist und sich auch die Eröffnungstermine erheblich verzögern dürften. Diese Zeitverzögerung stellt ein großes Problem dar, da offenbar alle Bauar

beiten Mitte 2015 beendet sein müssen, weil sonst fest eingeplante Fördergelder nicht mehr abgerechnet werden können.

Trotz erheblicher Abstriche an Gegenleistungen für das mit 42 Millionen € seinerzeit kalkulierte Budget scheint dieser Betrag für eine erfolgreiche Fertigstellung der Arbeiten längst nicht mehr auszureichen.

Die Landesregierung sollte dem Parlament daher detailliert darlegen, wie der aktuelle Projektstatus für Burg Vogelsang und ihr weiteres Vorgehen in dieser Frage aussieht, um sämtliche Mehrkosten für die öffentliche Hand abzuwenden.

Offenbar geht auch der Landschaftsverband Rheinland bei der Baustelle Vogelsang längst von einer deutlich größeren Finanzlücke als bislang angenommen aus und rechnet locker mit einer Mehrbelastung von 5 Millionen €. In der Vorlage für den LVR-Kulturausschuss steht wörtlich:

„Darüber hinaus geht die Geschäftsführung von weiteren Mehrkosten in Höhe von bis zu 2 Millionen €für Restarbeiten und Nachbesserungen aus, die nach den bisherigen Erfahrungen im weiteren Projektverlauf zu erwarten sind.“

Da wohl noch unklar ist, ob eine Nachfinanzierung durch das Land erfolgt, sind die LVRGremien schon auf eine Ausfallbürgschaft von über 3 Millionen € zur Absicherung der zur Finanzierung der Mehrkosten erforderlichen Kreditaufnahme vorbereitet worden.

Wie stellt die Landesregierung als Beteiligte der Standortentwicklungsgesellschaft eine termingerechte Fertigstellung im Rahmen des seinerzeit geplanten Finanzbudgets sicher?

Ich bitte Herrn Minister Groschek um Beantwortung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens. Die Landesregierung ist nicht, wie man vielleicht den Eindruck haben könnte, Mitgesellschafter …

(Unruhe)

Ich bitte um noch einen Moment Geduld. – Kolleginnen und Kollegen, es ist sehr laut geworden. Es sind viele in den Plenarsaal gekommen. Das ist schön. Ich glaube aber, dass gerade auch die Fragestunde ein wichtiger Tagesordnungspunkt im Sinne des Parlaments ist. Deswegen bitte ich Sie um Ihre Aufmerksamkeit oder darum, den Plenarsaal zu verlassen. – Bitte schön.

Erstens. Die Lan

desregierung ist nicht, wie man vielleicht den Eindruck haben könnte, Mitgesellschafter der Projektgesellschaft, sondern nur Gesellschafter der Standortentwicklungsgesellschaft. Deshalb kann die Landesregierung eine termingerechte Fertigstellung nicht garantieren. Garant hierfür kann laut Satzung nur die Vogelsang ip gemeinnützige GmbH sein. Gebildet wird sie durch den Landschaftsverband, die Kreise und die übrigen kommunalen Partner, nicht durch das Land.

Zweitens. Die Geschäftsführung der GmbH hat uns folgende Informationen zur Verfügung gestellt: Erstens rechnet sie mit einer Beendigung der Bauarbeiten im August 2015. Zweitens soll die offizielle Gesamteröffnung im Dezember 2015 erfolgen. Drittens sollen die dreieinhalb Monate Zwischenzeit genutzt werden, um professionell den Aufbau der Nationalparkausstellung und der NS-Dokumentation zu gewährleisten. Viertens sollen ab Juli 2015 der Bauzaun rund um den Adlerhof Schritt für Schritt abgebaut werden und ab September 2015 die Gastronomie dauerhaft und der Besucheranlaufpunkt vorübergehend, bis die abschließende Lösung fertiggestellt ist, wieder in den Adlerhof integriert werden.

Drittens: zur Finanzierung. Seit Anfang des Jahres liegt uns ein Antrag über eine zusätzliche Förderung in Höhe von 3 Millionen € – das entspräche 8,5 % der ursprünglich zugesagten Fördersumme – vor. Entscheidungsgrundlage für uns ist der Kostendeckel, der im Jahr 2011 verabredet wurde. Die Entscheidung befindet sich noch im Abstimmungsprozess. Heute kann ich kein Ergebnis verkünden, weil die Ressortabstimmung noch läuft. Sie wird aber zeitnah beendet werden. Wir werden Sie dann schriftlich informieren und in geeigneter Weise sicherstellen, dass Sie unverzüglich informiert werden.

Viertens. Bauüberwachung, Termintreueüberwachung und Kostentreueüberwachung erfolgen nicht durch das Land, denn das Land hat 33 % der Standortentwicklungsgesellschaft Vogelsang GmbH. Wir kümmern uns um Konversion und künftige Standortentwicklung zusammen mit der BIma und den kommunalen Partnern in dieser Gesellschaft. Aber Sie können sicher sein, dass alle Beteiligten wissen, wie wichtig die fristgerechte Fertigstellung ist, die Eröffnung und die Abrechnung noch im Jahr 2015. Das gilt natürlich auch für den Kreis Euskirchen, der Förderempfänger war.

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt eine Frage der Frau Kollegin Schmitz.

Vielen Dank. – Herr Minister, nachdem die belgischen Truppen 2004 die Liegenschaft Vogelsang verlassen hatten, einigten sich Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik darauf, den Ort als Mahnmal zu erhalten und seine Geschichte

zu dokumentieren. Laut Pressebericht wurde schon früh bekannt, dass die Aus- und Umbauarbeiten schöngerechnet wurden. Was genau hat die Landesregierung unternommen, als ihr die Kostenexplosion zum ersten Mal bekanntgeworden ist?

Herr Minister, bitte schön.

Noch einmal: Wir haben die Zuständigkeit im Rahmen der Standortentwicklungsgesellschaft nicht im Rahmen der Projektentwicklungsgesellschaft. Dieser Projektentwicklungsgesellschaft obliegen die Bauüberwachung, die Termintreueüberwachung und die Kostentreueüberwachung.

Das Land muss als Mitgesellschafter der Standortentwicklungsgesellschaft und als Fördergeber vor allen Dingen darauf achten, dass die Fördermittel sachgerecht eingesetzt werden. Das haben wir selbstverständlich stets getan. Deshalb können wir in unserem Verantwortungsbereich keine Schönrechnerei unterstellen.

Danke schön. – Herr Kollege Witzel hat sich gemeldet. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident, dass Sie mir die Gelegenheit zu einer ersten Nachfrage geben.

Herr Minister Groschek, Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass aufgrund der Minderheitsbeteiligung des Landes das Land nicht federführend auf alle Fragen dort Einfluss hat. Trotzdem stellt sich natürlich die Frage für den Verantwortungsanteil, den auch das Land mitträgt: Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus, sowohl konkret für Vogelsang als auch für vergleichbare Projekte, was Kostenmanagement und Kostenkontrolle für die Steuerung solcher Projekte angeht?

Vielen Dank. – Bitte schön, Herr Minister.

Nach meiner Überzeugung gibt es keine vergleichbaren Projekte, und bei Vogelsang haben wir unsere Pflicht erfüllt.

Vielen Dank. – Es liegt eine zweite Frage von Frau Kollegin Schmitz vor.

Vielen Dank. – Herr Minister, in der kommunalen Politik wird inzwischen auch

darüber spekuliert, weitere Mehrkosten per Kredit zu tilgen. Würde die Landesregierung in diesem Fall der Gesellschaft über die NRW.BANK einen Kredit mit Sonderkonditionen gewähren, wohl wissend, dass der Kreis Euskirchen mit großer Wahrscheinlichkeit dann im Bereich der Bildung die finanziellen Mittel massiv kürzen wird, um das Geld einzusparen?

Ich möchte jetzt nicht über hypothetische Nachforderungen und Finanzierungskonstruktionen diskutieren. Ich kann Ihnen nur versichern: Unser Verantwortungsbewusstsein reicht so weit, dass wir jegliche verantwortliche Hilfestellung leisten, um das Projekt termingerecht und so kostentreu wie möglich realisiert zu wissen. Jegliche Form der Hilfestellung, die von uns erbeten wird, werden wir wohlwollend prüfen.

Danke schön, Herr Minister. – Herr Witzel hat eine weitere Frage.

Vielen Dank, Herr Präsident, für die Gelegenheit zu einer weiteren Nachfrage. – Herr Minister Groschek, es kursieren in den Medien unterschiedliche Zahlen zur Kostenexplosion. Teilweise ist die Rede von 3 Millionen € Unterdeckung. Der Landschaftsverband Rheinland kalkuliert aber

durchaus mit 5 Millionen €. Auch weitere Kosten, die entstehen können, sind nicht auszuschließen, gerade bei noch anstehenden, schwer einzuschätzenden Maßnahmen, zum Beispiel am Altbau. Deshalb kursiert öffentlich das Gerücht, dass die Gesellschaft kurz vor der Insolvenz stehe.

Was ist der Landesregierung zu diesem Komplex und zu der weiteren Zahlungsfähigkeit bis zum Abschluss des Projekts bekannt, bzw. wovon gehen Sie aus?

Der Landesregierung ist faktisch ein vorliegender Antrag zur Nachfinanzierung in Höhe von 3 Millionen € bekannt. Zu Gerüchten in Medien unterschiedlichster Art kann die Landesregierung keine Stellung nahmen.

Danke schön, Herr Minister. – Frau Schmitz hat eine dritte Frage. Bitte schön, Frau Schmitz.