Meine Damen und Herren, ich darf diejenigen, die jetzt nicht aktuell der weiteren Debatte folgen wollen, bitten, sich möglichst draußen weiter zu unterhalten und, wenn Sie jetzt den Saal verlassen müssen, das möglichst geräuscharm zu tun, damit wir der Debatte die nötige Aufmerksamkeit widmen können. Vielen Dank für Ihr Verständnis. – Herr Hafke hat das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Vielen Dank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die rot-grüne Landesregierung hat mit der letzten KiBiz-Novelle im Juni vergangenen Jahres auch die Bedingungen für die Kindertagespflege verändert. Vor allem das Zuzahlungsverbot hat vor Ort ganz erhebliche Auswirkungen.
Sobald die noch laufenden Verträge mit privater Zuzahlung erst einmal ausgelaufen sind, werden sich viele Tagespflegepersonen überlegen, ob sich dieser Beruf überhaupt noch lohnt. In vielen Kommunen würde sich das aufgrund der niedrigen Fördersätze eben nicht mehr lohnen.
Für das kommende Kindergartenjahr sind, verglichen mit dem aktuellen Kindergartenjahr, bereits in 33 Kommunen weniger Plätze für U3-Kinder in der Kindertagespflege als im Vorjahr angemeldet worden. In 44 weiteren Kommunen stagniert die Zahl der Plätze – und das trotz der landesweit steigenden Nachfrage nach U3-Plätzen. Nicht der Bedarf der Eltern, sondern die Haushaltslage der Kommu
Wir brauchen daher endlich Orientierungshilfen für eine leistungsgerechte Festsetzung der öffentlichen Förderung. Kommunen und Tagespflegepersonen brauchen Gewissheit, welche Leistungen bei der Förderung zu berücksichtigen zu sind. Alle Fraktionen in diesem Parlament wollen das; trotzdem gibt es unter der rot-grünen Landesregierung keinerlei Fortschritte.
Wir Freien Demokraten wollen langfristig einheitliche, leistungsgerechte Förderstrukturen in Nordrhein-Westfalen. Nur so lässt sich dauerhaft der Flickenteppich an Förderungen und die Bezahlung nach Kassenlage der Kommunen verhindern. Solange wir das in Nordrhein-Westfalen nicht haben, halten wir die Möglichkeit der privaten Zuzahlung für unumgänglich.
Aber auch die Elternbeiträge müssen wir thematisieren. Es ist für viele Eltern so schon kaum nachvollziehbar, warum die Höhe der Elternbeiträge von Kommune zu Kommune unterschiedlich ist. Innerhalb mancher Kommune selbst unterscheidet sich sogar der Beitrag für die Betreuung eines Kindes in einer Kita von dem Beitrag für die Betreuung eines Kindes in der Kindertagespflege. Zu einer echten Gleichstellung gehören aber auch gleich hohe Elternbeiträge für Kitas und Tagespflege – und das in allen Kommunen.
Dass Kindertagespflege und Kindertageseinrichtungen von einer Gleichstellung noch weit entfernt sind, zeigen auch die vielen Wahlmöglichkeiten bei der Auswahl der Betreuungszeiten für das Kind. Für die Kita kann man frei und ganz nach dem eigenen Bedarf zwischen 25, 35 und 45 Stunden Betreuung wählen. Bei der Kindertagespflege ermitteln häufig jedoch die Kommunen den Bedarf, beispielsweise anhand der beruflichen Situation der Eltern. Das ist bürokratisch und bevormundend, und das sollte in Zukunft nicht mehr so sein.
Ich könnte nun noch zur Organisation von Vertretungen, zur Großtagespflege oder zur notwendigen Entlastung kleiner Jugendämter bei der fachlichen Beratung ausführen.
Jedoch gab es bereits 2012 einen guten Antrag der FDP, der zusammen mit den Kollegen von der CDU und den Piraten in einer 14-monatigen Beratung zu einem sehr guten Antrag gemacht wurde. Die Koalition hat diesen Antrag dann aber abgelehnt, nur um Tage später selbst einen nahezu wortgleichen Antrag in das Plenum einzubringen und anzunehmen.
„Für Rot-Grün sind die Aufwertung der Tagespflege, die Qualifizierung und die Professionalisierung nicht nur ein Lippenbekenntnis.“
Dennoch befinden wir uns ein Jahr später fast in derselben und aufgrund des Zuzahlungsverbotes wahrscheinlich sogar in einer deutlich verschlechterten Lage für die Kindertagespflege. Frau Asch, ich sage Ihnen deswegen: Das war ein Lippenbekenntnis.
Frau Asch, Sie haben gleich die Möglichkeit, klarzustellen, was Sie im letzten Jahr alles gemacht haben, um die Situation der Kindertagespflege vor Ort zu verbessern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir starten hier als FDP einen neuen Versuch, das Thema ernsthaft mit Ihnen zu diskutieren und erwarten von Ihnen den Mut, gemeinsam mit uns nach Lösungen zu suchen und diese hier zu vereinbaren. Im Sinne der Eltern, Kinder und Tagespflegepersonen bleibt zu hoffen, dass es endlich zu Taten seitens der Landesregierung kommt.
In diesem Sinne freue ich mich auf weitere Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank und auf Wiederhören.
Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Frau Kollegin Watermann-Krass das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hafke, ich stelle zunächst mal die Gemeinsamkeiten fest, auch die, die Sie in Ihrem Antrag erwähnen. Eine Gemeinsamkeit ist: Wir wollen eine Verbesserung in der Kinderbetreuung insgesamt, aber auch in der Tagespflege. Da sind wir nicht auseinander.
Wenn Sie sagen, Kindertagespflege solle keine Betreuung zweiter Klasse sein, kann ich sagen: Ja auch das unterstützen wir. Es ist ja so: Wenn man die Eltern fragt, äußern sie gerade bei dieser Art der Betreuung, die etlichen Eltern und Kindern ein sehr flexibles, ein individuelles Angebot bietet, ein hohes Maß an Zufriedenheit. Die Tagespflege findet, wie wir wissen, in kleinen Gruppen und im familiären Umfeld statt.
Im Rahmen des Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz für Ein- und Zweijährige ist die Kindertagespflege eine gleichrangige Alternative zur Betreuung in der Kindertageseinrichtung. Die Umsetzung des Rechtsanspruchs in Nordrhein
Westfalen – das muss man auch einmal sagen – ist nur möglich gewesen, weil wir diese Kindertagespflegeplätze hatten und sie darüber hinaus auch anerkannt haben.
Im Zuge der letzten KiBiz-Revision haben wir uns dem Thema: „Wie ist das mit den privaten Zuzahlungen?“ noch mal genähert. Wir haben gesagt: Wenn die Tagespflege eine Anerkennung bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs gefunden hat, wird es keine zusätzlichen Zuzahlungen mehr geben. Das ist untersagt, und das ist auch richtig so.
Die zweite Forderung, die Sie hier wiederholt haben, Herr Hafke, sehen wir allerdings sehr kritisch. Wir wollen keine Gleichstellung der Betreuungsangebote. Das wollen die Tagesmütter übrigens auch nicht, wenn Sie sie fragen. Denn sie bieten doch ganz bewusst etwas anderes an. Die meisten sind selbstständig tätig, lassen sich zertifizieren, nehmen an Fortbildungen teil und sind mit Begeisterung bei ihrer Arbeit.
Zu einigen Forderungen, die Sie in Ihrem Antrag wieder erwähnen, muss ich hier und heute und wiederholt entgegnen: Herr Hafke, das ist kommunale Verantwortung. – Die kommunale Bedarfsplanung bis hin zur Ausbildung, Qualifizierung zur Fachberatung in der Tagespflege wird von den jeweiligen Jugendämtern oder auch vom Landesjugendamt selber gemacht.
Die Verlässlichkeit der Tagespflege ist im Gesetz vorgeschrieben. Tagespflege muss verlässlich sein. Vor Ort wird die Tagespflege sehr häufig in Anlehnung an die Familienzentren organisiert.
Auf den Vorwurf des massiven Eingriffs in die Wahlfreiheit der Eltern kann ich nur erwidern: Ja, auch wir wünschen uns ein Angebot, das dem Wunsch von Eltern und Kindern entgegenkommt. Aber auch in der Kita muss ich, wenn ich als Mutter mein Kind anmelde und eine 45-Stunden-Betreuung haben möchte, einen Arbeitsvertrag vorlegen. Da ist die Wahlfreiheit ebenfalls nicht gegeben.
Wir sind dank dieser Tagespflegeplätze, da wir die Tagespflege als gleichwertige Betreuung anerkannt haben, der gesetzlichen Verpflichtung nachgekommen. Jetzt geht es doch darum, die Finanzlage im gesamten Bereich der Kinderbetreuung zu verbessern. Ich glaube, da sind wir auch beieinander.
Der aktuelle Streik der Erzieherinnen macht deutlich, um was es ihnen geht. Es geht um mehr Geld, und zwar für die Dinge, die sie zusätzlich in ihrem Beruf leisten müssen, aber im Wesentlichen geht es auch um die Anerkennung. Wir wissen jetzt schon, dass die Tarifabschlüsse, die sie fordern, deutlich höher sein werden als die Kindspauschale, die wir darin verankert haben. Deshalb ist klar: Wir müssen erreichen, dass sich diese drei – Bund, Land und Kommune – damit beschäftigen, wie man zu einer
Wir können uns auch gerne noch darüber unterhalten, ob wir die gesetzlichen Grundlagen für Rahmenbedingungen, die heute noch existieren und das Ganze etwas schwieriger machen, verbessern müssen. Da sind wir durchaus dabei.
Vielleicht gibt es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage, ob die Zahlung vom Bund beim Betreuungsgeld in dieser Form überhaupt rechtens ist. – Aus 900 Millionen € jährlich könnten wir hochgerechnet 26.000 Erzieherinnen finanzieren. Für das Land Nordrhein-Westfalen würde das 85 Millionen € bedeuten. Herr Hafke, ich wüsste sehr gut, wofür wir das Geld zur Qualitätsverbesserung in NRW einsetzen könnten.
In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion im Fachausschuss. Wir werden der Überweisung zustimmen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fünf Jahre sind Sie nun dafür verantwortlich, dass eine zukunftsweisende, fortschrittliche und innovative Kinder- und Jugendpolitik in Nordrhein-Westfalen gemacht wird, die auch unseren Eltern zugutekommt. Und wo sind Sie heute gelandet? – In der Sackgasse! Falsche Prioritätensetzung, ideologische Verbohrtheiten, falsche Einschätzungen, Nichtwahrnehmung der Wirklichkeit und mangelnde Kritikfähigkeit haben die Problemlagen in den letzten Jahren vergrößert und die Chancen für Kinder und Jugendliche in NordrheinWestfalen verringert.
Meine Damen und Herren, Ihre ständigen Verweise auf die Zuständigkeit der Bundesregierung und der Kommunen sowie die Anschuldigungen an die Vorgängerregierung sind schon seit Langem nicht mehr glaubwürdig. Das sind ständig nur Dokumente Ihrer Unfähigkeiten und Ausreden wegen mangelnder Ideen.
Sie, meine Damen und Herren, haben den Kitabereich an die Wand fahren lassen. Die Qualität in den Kitas ist zurückgegangen. Die Motivation der Erzieherinnen und Erzieher ist durch ständig neue Belastungen gesunken.
Auch im Jugendbereich, Frau Asch, sind Sie mit Ihrer Politik „Kein Kind zurücklassen!“ – wie die Beispiele der Inobhutnahmen von Jugendlichen zeigen – gescheitert. Sie lassen Kinder und Jugendliche allein, weil Ihre Präventionskette löchrig ist. Es gibt überall nur Baustellen, und Sie von der Regierungskoalition stehen als Zuschauer daneben.
Nun zur Tagespflege! Seit Jahren sind die Probleme, die im FDP-Antrag beschrieben werden, bekannt. Hier stellt sich die Frage: Wollen Sie von der Regierungskoalition tatsächlich Änderungen zum Besseren veranlassen? Ich zitiere aus einer Antwort von Ministerin Schäfer auf eine Kleine Anfrage vom 05.01.2004. Da wird auf die Bedeutung der Tagespflege – ich zitiere – hingewiesen:
„Tagespflege kann als ergänzende Betreuungsform unter bestimmten Voraussetzungen und für bestimmte Situationen ein unterstützendes Angebot sein. Für die Landesregierung hat wiederum weiterhin das Betreuungs-, Bildungs- und Erziehungsangebot der Tageseinrichtung für Kinder Priorität.“