Es hilft nichts, die SPD zu beschimpfen, auch nicht die Grünen, sondern es ist nur möglich, gemeinsam zu versuchen, wie man dieses Schulsystem stabilisieren kann – da hat die Kollegin Beer recht, Frau Vogt, das habe ich eben in meiner Rede angesprochen –; denn die Entscheidungen, die Sie hier in den nächsten Wochen und Monaten noch durchbringen müssen, werden im Schulbereich gewaltig sein, weil wir nun mal die Probleme haben, dass bestimmte Kinder in dem Rahmen mögliche Prüfungen nicht ableisten konnten, weil sie in Quarantäne sind, weil es Schwierigkeiten vor Ort gibt, weil Lehrerinnen und Lehrer ausfallen.
Sie müssen die Kolleginnen und Kollegen ernst nehmen. Wenn Sie es nicht tun, werden die sich selbst aus dem System abschalten, weil sie am Limit sind.
Ich habe in den letzten Tagen oft das Gefühl, Sie kriegen wirklich nicht mehr mit, was in der Fläche in diesem Schulsystem gedacht wird. Diesen Vorwurf hat vor wenigen Jahren Christoph Rasche in die andere Richtung gemacht. Das Ergebnis ist bekannt.
Steuern Sie um; denn wenn Sie so weitermachen, wird das ein nachhaltiger Schaden für das Schulsystem in Nordrhein-Westfalen sein.
Bevor ich die Aktuelle Stunde schließe, muss ich noch eine Rüge aussprechen. Herr Seifen, der Ausdruck in Ihrer Rede, der sich auf die beiden Fraktionen SPD und Grüne bezog – Sie haben sie als
„schädlich“ bezeichnet –, ist, glaube ich, in einem Parlament nicht zu vertreten. Deshalb rüge ich das als unparlamentarisch.
Ich denke, Sie wissen das auch einzuordnen, Herr Seifen. Sie sind ja ein kluger und gebildeter Mann.
Jetzt kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/11655. Die antragsstellenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt selbst. Wer stimmt dem Inhalt zu? – SPD und Grüne stimmen zu. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, AfD und Herr Langguth, fraktionslos, stimmen dagegen. Gibt es Enthaltungen? – Sehen wir von hier oben nicht. Damit ist der Antrag Drucksache 17/11655 mit den Stimmen der Mehrheit des Hohen Hauses abgelehnt.
Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/11738 (Neudruck)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Es ist der 19. September 1965. Wir sind in İskenderun, Provinz Hatay, Südtürkei. Dort kommt Uğur Şahin zur Welt. Durch das Ausländergesetz kommt Şahin gemeinsam mit seiner Mutter vier Jahre später nach Deutschland. Es geht nach Köln, dorthin, wo sein Vater bereits seit vielen Jahren als Gastarbeiter bei Ford angestellt ist. Der Vater ist dem Aufruf gefolgt, in Deutschland zu arbeiten – ermöglicht durch das Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei aus dem Jahr 1961. Nun, 1969, kommt auch seine Familie zu ihm.
In Köln aufgewachsen, studiert Uğur Şahin später Medizin. 1992 folgen die Promotion und die Anstellung als Arzt an der Uniklinik. Ein rasanter Bildungserfolg für die zweite Generation!
nehmen BioNTech, das Unternehmen, welches am Montag verkündet hat, einen Coronaimpfstoff mit 90%iger Wirksamkeit gefunden zu haben. Dieser Fund spendet uns aktuell Mut, die Pandemie endlich in den Griff zu bekommen.
Meine Damen und Herren, das ist eine Erfolgsgeschichte der Nachkommen der sogenannten Gastarbeiter in NRW, die seit 1955 durch die Bundesrepublik angeworben wurden, von einem Deutschland inmitten des Wirtschaftswunders und boomender Industrien. In wichtigen Schlüsselindustrien fehlen Arbeitskräfte im Land, egal, ob in der Automobilproduktion in Köln oder in Kohle und Stahl im Ruhrgebiet. Es herrscht Vollbeschäftigung. 1973 folgt dann der Anwerbestopp.
Vor allem aus der Türkei kamen bis dahin viele Arbeitswillige nach Deutschland. Heute ist die türkische Community die größte Gruppe mit Migrationshintergrund in NRW. Seit 1961 kamen über 850.000 Türken als Gastarbeiter nach Deutschland. Mit einer Aufenthaltsgenehmigung kam für viele ein paar Jahre später die Möglichkeit, die eigene Familie in das Land der Arbeit – nach Deutschland – zu holen. Es begann ein langer Prozess des Ankommens, verbunden mit vielen Schwierigkeiten. Kaum jemand dieser ersten Generation sprach deutsch; denn nur wenige haben darüber nachgedacht, hierzubleiben.
Lange hat es gedauert, bis sich Politik und Gesellschaft eingestanden haben, dass Nordrhein-Westfalen ein Einwanderungsland ist. Als NRW-Koalition sehen wir das auch so. Trotzdem sind Fehler passiert. Nicht alles lief rund aufseiten des Staates und der Community. Es fehlte an integrationspolitischen Ansätzen, es fehlte an einer Politik des Forderns und Förderns. Zu oft wurde weggeschaut. An dieser Stelle darf man auch die Ausländerfeindlichkeit, die den Gastarbeitern entgegengebracht wurde, nicht verschweigen oder schönreden.
Meine Damen und Herren, der eingangs erwähnte Uğur Şahin ist ein Beispiel für Integration und für die Gastarbeitergeneration. Uns ist aber auch klar, dass nicht alle Beispiele so erfolgreich sind. Der Prozess der Integration geht weiter. Er zieht sich durch die dritte und vierte Einwanderergeneration. Gemeinsam mit den Communitys müssen wir als Land weiter daran arbeiten, dass sie an der Mehrheitsgesellschaft teilhaben können und im besten Fall auch Teil dieser sind.
Die Gastarbeit hat unser Bundesland geprägt wie kein zweites. Deshalb müssen wir ein klares Signal an alle Generationen seit Beginn der Anwerbeabkommen senden und Anerkennung und Respekt für die wichtige Lebensleistung ihrer Vorfahren zeigen. Dabei ist eine Anerkennung des Landes NRW mehr wert als ein Mofa und ein Strauß Nelken. Das waren nämlich die Geschenke, die der millionste Gast
Wir als NRW-Koalition wünschen uns darüber hinaus eine entsprechende Würdigung im Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen und werben mit unserem Antrag darum, die Jubiläen der Anwerbeabkommen in einem angemessenen und feierlichen Rahmen zu begehen, um die vielen positiven Beispiele hervorzuheben, die unser Land dabei unterstützt haben, wirtschaftlich erfolgreich zu werden. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Einführung der sozialen Marktwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg hat zu einem massiven wirtschaftlichen Aufschwung und Wohlstand geführt. Der Bedarf an Arbeitskräften stieg deutlich. So wurde vor 65 Jahren mit Italien das erste Anwerbeabkommen geschlossen. 1960 folgten Griechenland und Spanien, 1961 dann die Türkei, und bis 1968 folgten noch fünf weitere Anwerbeabkommen.
Beim Anwerbestopp 1973 waren rund 2,6 Millionen ausländische Arbeitskräfte in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt. Vielfach kamen die Familien mit oder zogen später hierher. Nordrhein-Westfalen, die industrielle Herzkammer Deutschlands, profitierte wie kaum ein anderes Bundesland von der Arbeitsmigration. Wenn wir ehrlich sind: Das Wirtschaftswunder wäre ohne Arbeitsmigranten so nicht möglich gewesen.
Zur Ehrlichkeit gehört allerdings auch: Es wurden auch Fehler gemacht. – Die gilt es zu erkennen. Es kamen eben nicht nur Arbeitskräfte hierher. Es kamen vor allem Menschen mit ihren Familien. Die Integrationspolitik war damals auch in der Priorität bei Weitem noch nicht so weit wie heute. Es gab keine Deutschkurse in ausreichender Zahl. Städtebaulich hat man nicht angemessen reagiert, um für eine entsprechende Durchmischung der Bevölkerung zu sorgen, sondern größtenteils gab es Ortschaften, wo man eigentlich nur noch migrantische Einwohner vorfand. Das war dem Thema „Integration“ sicherlich nicht förderlich.
Aus diesen Fehlern haben wir gelernt. Integration hat heute einen deutlich höheren Stellenwert. Wir haben unter Demokraten einen integrationspolitischen Kon
Vielfältige Gesellschaften sind erfolgreiche Gesellschaften. Deshalb wollen und werden wir ein offenes Land bleiben. Deshalb setzen wir weiter auf Arbeitsmigration. Nicht nur Industrie, sondern auch Mittelstand und Handwerk setzen längst darauf.
Über die bessere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse haben wir in diesem Hause schon debattiert. Mit der Zentralstelle Fachkräfteeinwanderung in Bonn hat die NRW-Landesregierung ein klares Bekenntnis zu dem Thema abgegeben. Wir Freien Demokraten wollen auch an der Westbalkanregelung festhalten. Sie bringt Ordnung in die Arbeitsmigration und entlastet unser Asylsystem.
Vor 65 Jahren wurde das erste Anwerbeabkommen abgeschlossen. Damals gab es Fehler in Bezug auf das mangelnde Integrationsinteresse Deutschlands, aber Anwerbeabkommen und Arbeitsmigration sind ein Erfolg.
Kollegin Wermer brachte schon das Beispiel von Herrn Professor Uğur Şahin und seiner Ehefrau Özlem Türeci, die an ihrem Doktortitel arbeitet. Wenn wir auf solche Menschen verzichtet hätten oder verzichten wollten, wie es eine Fraktion hier im Hause vielleicht gerne täte,
hätten wir heute wohl kaum diesen vielversprechenden Impfstoff gegen COVID-19, den dieses Ehepaar mit dem Unternehmen BioNTech entwickelt hat.
Bevor die Zwischenrufe aus der hintersten rechten Ecke wieder losgehen, sage ich ganz offen: Ich möchte zum Beispiel auch nicht auf den Pianisten Kaan Cevahir aus meinem Wahlkreis verzichten, der sich neben seiner Promotion politisch, sozial und gesellschaftlich für seine Heimat Hückelhoven engagiert.
Er ist zur Kommunalwahl angetreten, hat für den Rat kandidiert und ist jetzt Mitglied des Integrationsrats.
Ich möchte auch nicht auf meinen Nachbarn Carino Giacomuzzi verzichten, der jahrzehntelang erst auf der Zeche und später in den Glanzstoffwerken in meinem Heimatort Oberbruch hart gearbeitet hat. Er ist ein Grund dafür, dass ich mich seit 1999 bei den Freien Demokraten engagiere.
Jetzt wissen zumindest meine Kollegen, wem sie das zu verdanken haben, nämlich einem italienischen Herrn, der über das Anwerbeabkommen zu
Das sind nur ein paar Beispiele für viele Männer und Frauen, auf die ich nicht verzichten möchte, die unsere Gesellschaft vielfältiger, bunter und stärker machen. Ihnen und ihren Großeltern und Eltern gelten unser Respekt und unsere Anerkennung.