Mein persönliches Highlight in der Anhörung zum Gemeindefinanzierungsgesetz war die Frage eines Abgeordneten aus der Koalition zu den Rückzahlungsmodalitäten der Milliarde.
Das fachkundige Publikum weiß, dass es überhaupt keine Modalitäten gibt. Das wiederum zeigt, auf welches Niveau die CDU im Kommunalausschuss mittlerweile abgerutscht ist.
Zu der Frage des Koalitionsabgeordneten passte wunderschön die Antwort eines Sachverständigen. Diese lautete: Interessant, dass Sie das fragen, aber dazu hätten wir eigentlich gerne Antworten von Ihnen gehört. – Das sagt, glaube ich, alles zum Niveau der Diskussion rund um das Gemeindefinanzierungsgesetz.
Werfen wir noch ein Blick auf die coronabedingten Belastungen kommunaler Haushalte: Diese können die Städte und Gemeinden jetzt isolieren, aber nicht etwa deshalb, weil sie Corona hätten, sondern damit sie praktisch weg sind, abgeschrieben, isoliert sind. Das hilft kurzfristig, keine Frage. Hinten raus wird es aber eine schwere Hypothek. Abschreiben ist kein Gelddrucken. Genau so wird aber getan, und das ist schlicht zu kurz gedacht.
Wunderbar ist, dass wir bei der Frage, was der Bund und das Land tun, um bei Corona zu helfen, von der CDU und der FDP immer vorgehalten bekommen:
Darum will ich den Einzelplan 08 aus meiner Betrachtung mit einem Wilhelm-Busch-Zitat schließen: Ein Onkel, der Geschenke mitbringt, ist mir lieber als eine Tante, die bloß Klavier spielt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten seit heute den Landeshaushalt für das kommende Jahr in zweiter Lesung. Ich spreche für meine Fraktion für den geplanten Haushaltsansatz im Bereich „Kommunales“, der in den Sitzungen des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen am 6. und am 20. November 2020 beraten wurde.
Vor dem Hintergrund der aktuellen epidemischen Lage mit all den fiskalischen Auswirkungen und Herausforderungen war 2020 für die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen keineswegs ein normales Jahr. Unsere Städte und Gemeinden waren und sind landesweit vor Aufgaben und Herausforderungen gestellt wie seit Jahrzehnten nicht. Das wird vorhersehbar auch für das kommende Jahr gelten.
Wer das Regierungshandeln der NRW-Koalition seit 2017 aufmerksam verfolgt, weiß, dass die kommunale Familie für unsere Landesregierung eine hohe Bedeutung hat. Anders ausgedrückt: Uns liegen die Kommunen am Herzen.
Wir agieren auf der Basis der Ergebnisse der Steuerschätzungen, die allein für die Städte und Gemeinden Verluste von bundesweit 12,8 Milliarden Euro für 2020 veranschlagen. Die für die Kommunen bedeutsamen Gewerbesteuereinnahmen sind massiv eingebrochen. Verluste liegen auch beim Gemeindeanteil an der Einkommens- sowie der Umsatzsteuer vor.
Wir handeln, damit die kommunale Handlungs- und Investitionsfähigkeit erhalten bleibt. In diesem Zusammenhang darf ich auf das umfassende Kommunalschutzpaket und weitere kommunale Hilfsmaßnahmen verweisen.
Die kommunale Familie in NRW erhält 2021 enorme 13,6 Milliarden Euro an Zuweisungen aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz; wir sagen immer kurz:
GFG. Über höhere Zuweisungen konnte die kommunale Ebene noch nie zuvor in Nordrhein-Westfalen verfügen. Die Ausgleichszahlung des Bundes an Nordrhein-Westfalen beläuft sich auf 1,381 Milliarden Euro. Mit dem Aufstockungsbetrag des Landes stehen insgesamt 2,72 Milliarden Euro als Ausgleich für Gewerbesteuermindereinnahmen zur Verfügung. Ohne einen finanziellen Ausgleich der kommunalen Steuermindereinnahmen gäbe es fatale kommunalfinanzwirtschaftliche Auswirkungen.
Darüber hinaus stehen mit dieser Rekordsumme den nordrhein-westfälischen Städten und Gemeinden 943 Millionen Euro mehr zur Verfügung, als dies sonst auf der Basis der regulären Berechnungen des GFG durch die Verbundsteuern der Fall wäre.
Ja, das ist eine Kreditierung; mit diesem Zwischenruf habe ich gerechnet. Wir haben aber genauso im Ausschuss darüber gesprochen. Über das Ob, das Wann und das Wie wird mit den kommunalen Spitzenverbänden vernünftig gesprochen. Das ist die Art von Politik, wie wir sie betreiben.
Selbstverständlich erwähne ich auch die im Haushaltsentwurf veranschlagten 65 Millionen Euro für das Förderprogramm zum Kommunalabgabengesetz bzw. das Thema „Anliegerbeiträge“. Sie wissen, dass die Zuständigkeit für kommunale Straßen nicht beim Land liegt. Künftig nehmen wir aber jährlich 65 Millionen Euro in die Hand und entlasten damit die Bürgerinnen und Bürger in einem erheblichen Ausmaß.
Als überjährige Finanzierung stocken nicht abgerufene Mittel die jeweiligen Finanzmittel der kommenden Jahre zusätzlich auf.
Zum überaus erfolgreichen Heimatförderprogramm, für das im Haushalt bis 2020 insgesamt 150 Millionen Euro zur Verfügung stehen, sage ich nur zwei Sätze; denn dazu wird gleich mein Kollege Fabian Schrumpf sprechen. Jedes geförderte Projekt ist ein Gewinn für unsere Kommunen und die Menschen vor Ort. Nur eine Politik, die wertschätzt, was Menschen jeden Tag in unserem Land im Großen und im Kleinen leisten, wird dazu beitragen, dass Heimat bewahrt und gleichzeitig für die Zukunft gearbeitet bzw. diese gestaltet werden kann.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die interkommunale Zusammenarbeit. Eine Vielzahl von Städten und Gemeinden ist in Bereichen wie Wirtschaft, Tourismus oder Kultur interkommunal vernetzt. Wir wissen, dass gerade die Anschubfinanzierung solcher Projekte eine hohe Hürde darstellt. Daher fördern wir die
interkommunale Zusammenarbeit 2021 mit einer Erweiterung des Förderprogramms und einem stark gestiegenen Budget in Höhe von 6 Millionen Euro. Im Vergleich zum Haushaltsansatz 2020 ist das fast eine Verdoppelung.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit Blick auf die Redezeit konnte ich nur einige wenige Beispiele nennen. Sie stehen jedoch exemplarisch für das Engagement der Landesregierung unter Ministerpräsident Armin Laschet und Kommunalministerin Ina Scharrenbach. Seit 2017 gibt es eine sich immer weiter verfestigende starke Partnerschaft zwischen dem Land und den Kommunen, die in schwierigen Zeiten und in den kommenden Jahren auf uns zählen können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von der CDU und der FDP – Stefan Kämmerling [SPD]: Derjenige, der Ihnen das aufgeschrieben hat, kann Sie aber nicht so gut leiden! – Henning Höne [FDP]: Diese Über- heblichkeit! Da kann man so überheblich grin- sen, wie man will! Keiner will das sehen, und keiner will das hören! – Sarah Philipp [SPD]: Was regst du dich denn so auf?)
Danke schön, Herr Déus. Gute Besserung auch für Ihr Bein. – Jetzt hat Herr Mostofizadeh für die grüne Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Beide Kollegen haben im Wesentlichen über das gesprochen, was nicht im Einzelplan 08 steht; insofern ist das weder ein Privileg der Regierung noch der Opposition. Aber wenn es um die Kommunen geht, ist die Auseinandersetzung natürlich wichtig.
Ich möchte mit dem beginnen, was tatsächlich im Einzelplan 08 steht, und das sind die Straßenausbaubeiträge. Auch wir sind der Meinung, dass die Straßenausbaubeiträge in dieser Form abgeschafft gehören.
Um direkt auf den Antrag der SPD zu sprechen zu kommen: Wenn man der Auffassung ist, dass die Straßenausbaubeiträge in den Kommunen durch Verwaltungstätigkeiten zu Mehrkosten führen, kann man eigentlich nicht die kompletten 130 Millionen Euro substituieren. Insofern werden wir uns bei dem Antrag der Stimme enthalten.
Die politische Aussage ist natürlich richtig, dass dieser Beitrag, der beim Einziehen und beim Verwalten mehr Kosten verursacht, als er Einnahmen bringt, in dieser Form nicht mehr zeitgemäß ist und deswegen abgeschafft gehört.
Ich möchte aber auf einen anderen Punkt hinweisen, der für die politische Auseinandersetzung von hoher Bedeutung ist.
Familienminister Stamp ist eben gegangen, Herr Kollege. Ich möchte jetzt auf das Thema „Flüchtlingsaufnahmegesetz“ zu sprechen kommen.
Es liegt nicht nur seit mehr als zwei Jahren das Gutachten von Herrn Lenk auf dem Tisch, das sehr deutlich macht, dass mindestens 2.500 Euro bis zu 4.500 Euro in den Großstädten fehlen, sondern ich möchte auch darauf hinweisen, dass dies in einer Situation geschieht, in der das Land nach wie vor Jahr für Jahr mehr als 2 Milliarden Euro in diesem Bereich einspart. Sie können nicht für sich reklamieren, das sei ungerecht und das Land hätte ja so große Belastungen. Nein, das Land Nordrhein-Westfalen muss mehr als 2 Milliarden Euro weniger für die Unterbringung und Integration von Geflüchteten ausgeben.
Ein weiterer Punkt, der nicht im Einzelplan 08, sondern im Einzelplan 20 steht, macht die ganze Schieflage der Landesregierung und ihrer Versprechen deutlich. Das Stichwort ist „Altschuldenfonds“.
Im letzten Jahr konnten Sie noch sagen: Wir müssen mal gucken, was der Bund macht, und es ist auch eine Geldfrage. – Sie sparen nicht nur beim Flüchtlingsaufnahmegesetz dreistellige Millionenbeträge ein, sondern Sie sparen auch hier – in diesem Fall kann man es am Haushaltsplan selbst ablesen – eine halbe Milliarde Euro ein, obwohl der Ministerpräsident dieses Landes gesagt hat, das sei eine der zentralen Aufgaben, die es zu lösen gilt, um den finanzschwachen Kommunen zu helfen. In diesem Punkt versagen Sie nicht nur, sondern Sie brechen sehr klar Versprechen. Das führt zu einer absoluten Schieflage für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Der Kollege Déus, dem ich auch gute Besserung wünschen möchte, hat einen Punkt nicht angesprochen, nämlich die Schul- und Bildungspauschale. Das hat in der letzten Kommunalausschusssitzung offensichtlich gewirkt. Aber Frau Kollegin Schlottmann konnte es nicht unterlassen, zu behaupten, dass durch die Erhöhung der Schul- und Bildungspauschale mehr Geld an die Kommunen und in die Schulinfrastruktur fließen würde. Das ist mitnichten der Fall. Das ist ungefähr so, als wenn ich im Restaurant sagen würde: Herr Ober, bringen Sie mal Geld, ich muss die Rechnung bezahlen.
Dort wird kommunales Geld umverteilt. Sie schreiben als Land den Kommunen vor, wie sie mit dem GFG umzugehen haben. Das mag eine richtige Richtung
sein, aber diese politische Entscheidung könnten die Kommunen natürlich auch höchstselbst treffen. Deshalb sorgen Sie nicht dafür, dass mehr für Bildung ausgegeben wird, sondern Sie verteilen es einfach nur im vorhandenen Säckel um.